Umgang mit ausschüttendem ETF-Depot, wenn Pauschbetrrag ausgeschöpft ist?

  • Hallo zusammen,


    ich habe mal eine Verständnisfrage: Ich habe nun mein Depot freigeschaltet und möchte zum Januar mit einem ETF-Sparplan beginnen. Eigentlich hatte ich einen thesaurierenden MSCI World im Fokus, habe jedoch nun an verschiedener Stelle (u.a. auf dem Finanztip-Youtube-Kanal) die Empfehlung gesehen, zunächst einen ausschüttenden ETF so lange zu besparen und die Erträge (ggf. auch automatisch) zu re-investieren, bis der jährliche Pauschbetrag ausgeschöpft ist. Dann soll auf einen Thesaurierer gewechselt werden. Mir ist jedoch immer noch nicht so ganz klar, wie das in der Praxis genau läuft. Folgende konkrete Fragen stellen sich mir:


    1. "Lohnt" sich dieses etwas aufwendigere Vorgehen überhaupt, wenn man langfristig Vermögensaufbau für die Altersvorsorge betreiben möchte (d.h. mind. 15 Jahre)?


    2. Wahrscheinlich wird es bei einer geplanten monatlichen Sparrate von 500,- EUR so einige Jahre dauern, bis der Pauschbetrag ausgeschöpft wird. Wenn ich es richtig verstehe, gilt es dann rechtzeitig den Sparplan zu stoppen und auf einen Thesaurierer zu wechseln. Was geschieht dann aber mit dem ausschüttenden Fonds? Dieser generiert ja ohne Sparplan weiterhin Erträge, die dann auch über dem Pauschbetrag liegen werden. Sollte dieser Fonds dann verkauft werden? Oder kann ich die enthaltenen ETFs auf den dann neu anzulegenden Thesaurierer umschichten?


    Wahrscheinlich habe ich hier irgendwo noch eine Wissens-/Erkenntnislücke, daher wäre ich für jede Erleuchtung dankbar! Und vorab allen einen guten Rutsch!

  • Nee, der Ausschütter sollte stehen bleiben und weiter mit seinen Ausschüttungen den Freibetrag ausnutzen. Die Ausschüttung ist dann schon fertig versteuert und kann für XY verwendet werden.


    Beim thesaurierenden ETF müsste man zur Ausnutzung des Freibetrages manuell eingreifen.

    Die Arbeit will sich nicht jeder machen.

  • Ah, okay. Aber dann würde man mit dem Thesaurierer also wesentlich später starten, richtig? Ich bin etwas unsicher, ob sich der zusätzliche Aufwand langfristig betrachtet lohnt oder eher zu vernachlässigen ist. Meine Vorstellung als Anfänger ist, dass ein Ausschütter als erster ETF nicht nur den Pauschbetrag nutzt, sondern evtl. auch psychologisch vorteilhaft sein könnte, da es eben regelmäßig Ausschüttungen gibt, wenngleich diese natürlich direkt wieder zum Kauf weiterer Abteile genutzt werden sollten.

  • Wenn man die Steuer optimal nutzen will verkauft man gegen Jahresende so viele Anteile, dass der verbliebene Pauschbetrag ausgenutzt wird und kauft sie wieder. Dafür benötigt man jedoch eine aufwändige Nebenbuchhaltung, außer man ist bei Comdirect, dort gibt es das als "Steuersimulation" fertig.


    Beim Ausschütter nutzt man am Anfang nur einen je nach Sparrate geringen Teil des Pauschbetrags. Wenn das Depot mal größer ist reicht durch den Wertzuwachs (hoffentlich) der Pauschbetrag nicht mehr aus.


    MMn gibt es keine einfache optimale Lösung. Tendenziell neige ich zum Thesaurierer mit gezieltem Verkauf. Insgesamt geht es um rund 250€ p.a. Steuerersparnis, dafür mache ich mir schon ein wenig Arbeit.

  • Ein ausschüttender ETF bietet geringfügig mehr Flexibilität, wenn man keine Anteile verkaufen möchte:


    Während man den Thesaurierer nur nicht weiter besparen kann, kann man beim ausschüttenden ETF auch entscheiden, ob man überhaupt die Ausschüttung reinvestieren will.

    Bei Ausnutzung des zukünftigen Pauschbetrags und einem Aktien-ETF wären das überschlagsmäßig 1000€ / 0.7, also rund 1429€ pro Jahr oder rund 119€ pro Monat.

  • Ich bin etwas unsicher, ob sich der zusätzliche Aufwand langfristig betrachtet lohnt oder eher zu vernachlässigen ist.

    Wo siehst du denn zusätzlichen Aufwand?

    Ein paar Mal im Jahr den Sparplan um die Ausschüttung erhöhen?

    Das sind ein paar wenige Klicks.

    Zur Not macht man es halt 1x zum Ende des Jahres für die gesammelten Ausschüttungen. Oder, falls das Geld vorhanden ist, grob Anfang des Jahres im Voraus.

  • Der Aufwand die Ausschüttung wieder anzulegen ist dermaßen gering. Bei einigen Brokern geht das (ab einem gewissen Betrag) Automatisch, bei anderen ändert man einfach die Sparrate.

    Ich habe meine Gestern erhalten für den FTSE AW. Kurz eingeloggt, den Sparplan für den 02.01. um die Ausschüttung erhöht und fertig.

    3 Tage nach Ausschüttung ist das Geld steuerfrei zurück im Markt.


    Nach Ausführung wird der Sparplan wieder auf den alten Wert geändert. Bis zum 29.03., denn da gibt es die nächste Ausschüttung.

    Wenn der FSA ausgeschöpft ist oder man weiter Streuen will, macht man die Ausschüttungen dann eben in einen anderen ETF. Bei mir z.B. den FTSE AW als Thesaurierer.

  • Erstmal eine gute Entscheidung in weltweite ETFs zu investieren.


    Ich würde einen ausschüttenden ETF mit 510€ besparen und dann die ersten Dividenden verbraten und mir etwas schönes gönnen und mich freuen das ich endlich investiert bin. ;)


    Bei 2% Ausschüttungen kannst du erstmal einige Jahre Sparen bis der Sparer-Pauschbetrag erschöpft ist. Den Sparbetrag dann jährlich um die Ausschüttung erhöhen. Fertig.


    Saidi sagt doch auch immer: Keep it simple


    Dann kannst du in 5 Jahren immer noch überlegen in einen thesaurierten umzusteigen.

  • Vielen Dank für die Erläuterungen. Meine Bedenken hinsichtlich des Aufwands bezogen sich nicht auf das ändern der Sparrate nach Ausschüttung, sondern auf das spätere Wechseln auf einen Thesaurierer. Wenn ich es richtig verstehe, lässt man den Sparplan auf den Ausschütter also so lange laufen, bis man den Pauschbetrag ausgeschöpft hat. Dann legt man einen völlig neuen Sparplan für einen Thesaurierer an, beginnt hier aber quasi wieder bei "Null", sofern keine Einmalanlage als Start erfolgt? Hätte dann also dauerhaft einen nicht mehr besparten Ausschütter, der den Pauschbetrag ausnutzt und einen ab dann langfristig besparten Thesaurierer?

  • Korrekt, wird in diesem Hause genauso gehandhabt. :)


    Bei uns, und das kannst du als Info nehmen aber erstmal ignorieren, habe ich vorher aufgehört weil wir noch verzinsliche Anlagen haben. Alleine der bald fällige Bausparvertrag wirft inzwischen einen dreistelligen € Betrag jährlich ab.

    Wenn der Fällig wird stocke ich wieder in den Auschütter auf.

    Bis zur Rente ist noch eine Weile ;)

  • Danke. Da es mein Ersteinstieg ins Investieren mit ETFs ist, überlege ich, evtl. statt einem gleich zwei - sowohl einen ausschüttenden als auch einen thesaurierenden - ETF zu besparen, um entsprechend Erfahrungen zu sammeln. Ich würde jedoch wohl beide auf einen normalen MSCI World oder ggf. einen MSCI World und einen FTSE All World laufen lassen. Da würde doch vermutlich auch nichts dagegen sprechen?

  • Danke. Da es mein Ersteinstieg ins Investieren mit ETFs ist, überlege ich, evtl. statt einem gleich zwei - sowohl einen ausschüttenden als auch einen thesaurierenden - ETF zu besparen, um entsprechend Erfahrungen zu sammeln. Ich würde jedoch wohl beide auf einen normalen MSCI World oder ggf. einen MSCI World und einen FTSE All World laufen lassen. Da würde doch vermutlich auch nichts dagegen sprechen?

    Nein, da spricht nichts dagegen.

    Bei ETFs ist mehr "erlaubt" als man denkt. ;)


    Alles, was gefällt, ist in Ordnung.

    Was richtig ist, weiß man ohnehin erst hinterher.

  • Hätte dann also dauerhaft einen nicht mehr besparten Ausschütter, der den Pauschbetrag ausnutzt und einen ab dann langfristig besparten Thesaurierer?

    So funktioniert das eben nicht, da der Ausschütter weiter im Wert wächst und damit auch die Ausschüttungen. Entweder wählt man den Betrag, bis zu dem man in den Ausschütter investiert, klein, dann nutzt man den Pauschbetrag lange nicht aus, oder man macht ihn groß, dann werden die Ausschüttungen schnell teilweise steuerpflichtig.


    FT empfiehlt die erste Variante bis zu ca. 50% des maximalen Betrags (ca. 71 T€ aus 1.000 / 0,7 / 0,02) , dann hat man ca. 15 Jahre Zeit bis der der Pauschbetrag überschritten wird.


    Deswegen meine Aussage, dass gezieltes Verkaufen und Neukauf eines Thesaurierers die optimalere wenn auch aufwändigere Variante ist.


    Ich darf bei all den mathematischen Spielereien aber versichern, dass diese Aussage die eigentlich wichtige ist

    Alles, was gefällt, ist in Ordnung.

    Was richtig ist, weiß man ohnehin erst hinterher.

  • FT empfiehlt die erste Variante bis zu ca. 50% des maximalen Betrags (ca. 71 T€ aus 1.000 / 0,7 / 0,02) , dann hat man ca. 15 Jahre Zeit bis der der Pauschbetrag überschritten wird.


    Deswegen meine Aussage, dass gezieltes Verkaufen und Neukauf eines Thesaurierers die optimalere wenn auch aufwändigere Variante ist.

    Was sich mir bei diesem FT-Tipp nicht wirklich erschließt, ist, warum dies nicht ein grundlegender Nachteil ist, wenn man dann den Thesaurierer erst deutlich später (nach mehreren Jahren des Besparens eines Ausschütters) zu besparen beginnt? Nach meinem Verständnis müsste dies doch langfristig ein deutlicher Nachteil gegenüber dem direkten Besparen eines Thesaurierers von Anfang an sein, da doch bei letzterer Variante die Größe des Fonds und damit auch der Effekt deutlich größer wäre? Aber vermutlich habe ich hier einen grundlegenden Denkfehler?

  • Ich verstehe die Frage nicht, habe aber eine Vermutung: Wie oben schon ausgeführt ist es (vor Steuern und Transaktionskosten) (im Grundsatz) gleich, ob man einen Ausschütter oder Thesaurierer bespart, solange man die Ausschüttung wiederanlegt. Deswegen ist das spätere Beginnen des Sparplans auf den Thesaurierer unschädlich.


    Die Optimierungsfrage ist lediglich, ob man sich den Steuervorteil aus dem Pauschbetrag holt (über Ausschüttung oder gezielten Verkauf / Kauf) oder nicht, wobei dieser Vorteil sich in späteren Jahren durch die Steuer auf die Ausschüttung je nach Depothöhe umkehren kann.

  • Dazu sei noch gesagt das das ganze immer eine Momentaufnahme ist.

    Also mit aktuellen Gesetzten etc etc.

    Wir reden hier aber oft von einer Ansparphase von 20-40 Jahren + einer Rentenphase die dann hoffentlich auch nochmal lange geht.


    Man weiß also überhaupt nicht wie lange diese Detail-Optimierungen, mehr ist das ganze nicht, überhaupt über 40,50 oder 60 Jahren bestand haben. Es ist sogar möglich das wir dann nicht mal mehr den Euro als Zahlungsmittel haben ;)


    Es kann also gut sein das man nach x Jahren seine Strategie so oder so nochmal ändern muss, egal für welche Variante man sich entscheidet.

  • Ich verstehe die Frage nicht, habe aber eine Vermutung: Wie oben schon ausgeführt ist es (vor Steuern und Transaktionskosten) (im Grundsatz) gleich, ob man einen Ausschütter oder Thesaurierer bespart, solange man die Ausschüttung wiederanlegt. Deswegen ist das spätere Beginnen des Sparplans auf den Thesaurierer unschädlich.


    Die Optimierungsfrage ist lediglich, ob man sich den Steuervorteil aus dem Pauschbetrag holt (über Ausschüttung oder gezielten Verkauf / Kauf) oder nicht, wobei dieser Vorteil sich in späteren Jahren durch die Steuer auf die Ausschüttung je nach Depothöhe umkehren kann.

    Vielen Dank. So hatte ich das auch bereits verstanden. Bei mir sitzt wohl nur die Blockade im Kopf, dass ich beide ETFs in diesem Szenario getrennt betrachte und daher den durch das spätere Starten verzögerten Aufbau des Thesaurierers (und damit auch das verzögerte Einsetzen des Zinsenszinseffekts) als Nachteil eingeschätzt habe.

  • Vielen Dank. So hatte ich das auch bereits verstanden. Bei mir sitzt wohl nur die Blockade im Kopf, dass ich beide ETFs in diesem Szenario getrennt betrachte und daher den durch das spätere Starten verzögerten Aufbau des Thesaurierers (und damit auch das verzögerte Einsetzen des Zinsenszinseffekts) als Nachteil eingeschätzt habe.

    Offensichtlich kommt - trotz der bisherigen Aufklärungsarbeit hier im Thread - weiterhin die falsche Annahme hinzu, dass ein Ausschütter keinen Zinseszinseffekt haben würde.