Ältere Euro-Anleihen-ETFs - aussitzen oder umschichten?

  • Hallo,


    Als ich mich vor 5 Jahren zum ersten Mal intensiv mit Geldanlage beschäftigt habe, hat die Finanztest recht überzeugend für ihr Pantoffel-Modell geworben:

    Je nach Risiko 75 oder 50% des Kapital in einen weltweiten ETF, der Rest in wertstabile Sicherheitsbausteine.


    Mich hat das überzeugt und ich habe viel in einen MSCI World gesteckt und gleichzeitig mit Tages- und Festgeld gearbeitet. Und ich habe einen Sparplan auf den damals empfohlenen iShares Euro Government Bond Capped 1.5-10.5yr ETF (DE000A0H0785) eingerichtet.


    Alles in allem ist das auch vernünftig gelaufen. Mit der gewonnenen Erfahrung habe ich erkannt, dass ich ein bisschen mehr Risiko tragen kann und habe irgendwann dann den Sparplan auf den iShares beendet und das Geld auch in den MSCI angelegt.


    Nun hat die Zinswende die alten Anleihen natürlich kräftig durchgerüttelt. Der iShares steht bei - 16% in diesem Jahr. Eine Trendwende ist nicht abzusehen und ich weiß auch nicht wie diese aussehen würde. Wieder 0-Zinsen sind ja unwahrscheinlich.


    Ich habe da aktuell einen knapp fünfstelligen Betrag drauf. Würdet ihr das aussitzen und hoffen, dass sich das in 10 Jahren ausgleicht?

    Oder das Geld umschichten auf eine Anlage, die in absehbarer Zeit wieder steigen wird? (In meinem Fall wäre das der MSCI World, der aktuell natürlich auch dümpelt, aber da kann ich mir vorstellen, dass es absehbar einen Aufachwung gibt.)


    Ein Argument für das Umschichten wäre auch, dass mann durch die Realisierung der Verluste ggf. auch Steuern auf die Gewinne des MSCI sparen könnte, wenn man da parallel auch etwas von verkauft und dann nach einiger Zeit anders anlegt.


    Vielen Dank für eure Meinung!

  • Irgendwann hattest Du für Dich beschlossen, es sei eine gute Idee, in einen Anleihe-ETF zu investieren. Bestehen die Gründe dafür nach wie vor? Wie haben sie ausgesehen?


    Denn kurzum:


    Wenn Du es nicht mehr für sinnvoll erachtest, in Anleihen investiert zu sein, solltest Du ASAP umschichten.

    Wenn Du es nach wie vor für sinnvoll erachtest, in Anleihen investiert zu sein, solltest Du es nicht tun (sondern mglw. sogar günstig nachkaufen).


    Insofern wäre es das richtigste, jetzt nicht isoliert über „Umschichten - ja/nein/vielleicht?“ zu sprechen, sondern über Deine Gründe, in einen Anleihen-ETF zu investieren.

  • Das zeigt eigentlich nur mal wieder das es eine absolute Sicherheit nicht gibt.

    Da wurden Anleihen immer als Sicherheitsbaustein bezeichnet, was sie ja eigentlich auch sind.

    Bei einer einzelnen Anleihe die du bis zum Ende der Laufzeit hältst, hättest du ja auch immer den Nennwert wieder zurück bekommen wenn der Emittent nicht pleite geht.

    Anleihen-ETF´s bündeln jetzt ganz viele Anleihen und kaufen und verkaufen diese wieder um die entsprechenden Durchschnittslaufzeit zu behalten und deswegen kommt es bei einem Zinsanstieg zu diesem Kursverlust.

    Deswegen halte ich als Sicherheitsbaustein auch Festgeld für mich als bessere Lösung. Die 100k€ Einlagensicherung reichen mir erstmal noch. ;)


    Wie sich dein Anleihen-ETF jetzt entwickelt kann Dir auch niemand mit Gewissheit sagen. Langfristig sollten Anleihen-ETF wieder auf das aktuelle Zinsniveau zurück kehren. Nur sagt Dir niemand wie lange du warten musst.


    Wenn du jetzt Verluste mit Gewinnen verrechnen kannst ist das vielleicht eine gute Gelegenheit deinen Sicherheitsbaustein umzuschichten......musst du Dir mal in Ruhe durchrechnen. Leider hilft Dir Finanztest dabei auch nicht. Ob´s richtig gut geklappt hat kann man sowieso immer erst nachher sagen.


    Viel Erfolg beim Finanzen selber machen.

  • Irgendwann hattest Du für Dich beschlossen, es sei eine gute Idee, in einen Anleihe-ETF zu investieren. Bestehen die Gründe dafür nach wie vor? Wie haben sie ausgesehen?

    Wie gesagt hieß es 2018, dass Anleihen als ausgleichender Faktor Stabilität ins Depot bringen, da sie eher nicht parallel zu Aktien an Wert verlieren.


    Das ist jetzt in der Zinswende nicht eingetreten. Die Gründe dafür kann ich nachvollziehen, aber mit den Schlüssen für die Zukunft tue ich mich schwer.

  • Die Annahme, gilt meistens. In manchen Jahren aber halt nicht und letztes Jahr war eines davon.

    Die andere Frage ist, ob Anleihen für Privatanleger mit normalem Budget überhaupt eine gute Idee sind. Stichwort Kursrisiko. Bei Tages- und Festgeld hast du kein Kursrisiko

  • kurze Zusatzfrage in dem Kontext: Wenn eine weitere Zinserhöhung durch die EZB zu erwarten ist:

    Sollte man dann den Kauf (Neukauf, Umschichten) von bereits laufenden Anleihen bis dahin verschieben, weil mit fallenden Kurse zu rechnen ist?

  • Das ist irrelevant. Gäbe es einen 1:1 Zusammenhang zwischen der tatsächlichen Leitzinserhöhung oder deren Ankündigung (wenn wir davon reden, dass die Zinsen erhöht werden, wird die Erhöhung nur angekündigt) und dem Kurs einer noch mehrere Jahre laufenden Anleihe, wäre das eine schöne Möglichkeit zur Arbitrage.

    Die Zentralbank kontrolliert nur die Zinsen am ganz kurzen Ende. Den Rest macht der Markt.

  • Wenn du ruhig schlafen willst, mach es wie bei einem Sparplan:
    Jeden Monat einen Teil umschichten, dann hast du immer den jeweils aktuellen Marktzins.


    Bei Neuemissionen deiner Hausbank sparst du nebenbei noch die Transaktionsgebühren.

  • Das ist irrelevant. Gäbe es einen 1:1 Zusammenhang zwischen der tatsächlichen Leitzinserhöhung oder deren Ankündigung (wenn wir davon reden, dass die Zinsen erhöht werden, wird die Erhöhung nur angekündigt) und dem Kurs einer noch mehrere Jahre laufenden Anleihe, wäre das eine schöne Möglichkeit zur Arbitrage.

    Die Zentralbank kontrolliert nur die Zinsen am ganz kurzen Ende. Den Rest macht der Markt.

    ist es nicht genau das, was flip in dem anderen thread hier sagt?

    Emissionspreis von Staatsanleihen?


    Bei Anliehen, die am Sekundärmarkt gehandelt werden, ist einzi die aktuelle Rendite wichtig, die sich aus aktuellem Kurs und aktuellem Zinsänderungsrisiko bemisst. Wie du siehst, beträgt sie gut 2,75% und ist damit in etwa genau so hoch, wie wenn ich jünger aufgelegte Staatsanleihen kaufe. Der Markt preist die höheren Coupons also voll ein und balanced die Rendite durch Arbitrage aus. Für dich als Sekundäranleger ist der initiale Kurs oder der Coupon irrelevant.

  • Anleihen eignen sich nicht per se als Sicherheitsbaustein.

    Bei Dir hat sich letztes Jahr das Zinsänderungsrisiko realisiert. Der Kurs ist deshalb so stark eingebrochen, weil Du einen ETF mit hoher Duration hast.

    Als Sicherheitsbaustein werden in der Regel nur Anleihen mit kurzer Laufzeit, bester Bonität und in der eigenen Währung empfohlen.

    Dein ETF bringt zwar mehr Rendite als Kurzläufer, bringt aber auch ein höheres Risiko bei steigenden Zinsen / eine höhere Chance bei fallenden Zinsen mit.

    Hier findest Du unter „Oktober 2022“ eine kleine Aufstellung, wie sich Anleihen ETFs in den verschiedenen Zinsumfeldern verhalten.


    Wenn Du mit Deiner Strategie grundsätzlich zufrieden bist, gibt es keinen Grund, den ETF umzuschichten.

    Du solltest ihn aber nicht Deinem Sicherheitsbaustein zuordnen.

  • ist es nicht genau das, was flip in dem anderen thread hier sagt?

    Emissionspreis von Staatsanleihen?


    Bei Anliehen, die am Sekundärmarkt gehandelt werden, ist einzi die aktuelle Rendite wichtig, die sich aus aktuellem Kurs und aktuellem Zinsänderungsrisiko bemisst. Wie du siehst, beträgt sie gut 2,75% und ist damit in etwa genau so hoch, wie wenn ich jünger aufgelegte Staatsanleihen kaufe. Der Markt preist die höheren Coupons also voll ein und balanced die Rendite durch Arbitrage aus. Für dich als Sekundäranleger ist der initiale Kurs oder der Coupon irrelevant.

    Nein, das ist was ganz anderes. In dem anderen Thread geht es darum, dass der originale Verkaufspreis egal ist. So wie niemand sich dafür interessiert, was du vor 5 Jahren mal für dein Auto bezahlt hast, sondern nur dafür in welchem Zustand es jetzt ist und was vergleichbare Autos kosten. Und um mal bei der Auto-Analogie zu bleiben, die Leitzinsen stehen mit der Bundesanleihe etwa so im Verhältnis wie ein Dacia zu einem Mercedes. Die Preise sind voneinander unabhängig, aber normalerweise ist das eine immer teurer als das andere