Abschaffung Steuerklassen III/V

  • Bei den Steuerklassen geht es aber primär um etwas anderes. In vielen Ehen gibt es halt doch ein Mein und ein Dein, und man rechnet sich gegenseitig vor, was man zum gemeinsamen Leben beiträgt. Da spielt sich der meist besser verdienende Ehemann eben doch als Ernährer auf und blickt auf seine Frau herunter: "Du mit Deinen paar Kröten!" Dieses Moment fällt mit der Abschaffung von III/V weg, und deswegen ist die Abschaffung auch wichtig und richtig.

    Fällt das wirklich weg, wenn man es durch das Faktorverfahren ersetzt?

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Regelmäßig ist genau das Gegenteil der Fall. Es ist vielen Leuten wichtig, daß sie vom Finanzamt etwas zurückbekommen. Offensichtlich erzeugt das ein Gefühl einer "ausgleichenden Gerechtigkeit", ein Gefühl, dem Staat weniger ausgeliefert zu sein. Häufig erzeugt eine Steuererstattung auch ein Gefühl wie ein kleiner Lottogewinn.


    Diesen Gefühlen ordnen die Leute die finanzmathematische Wahrheit unter, die da heißt: Besser unterjährig die Steuer unterzahlen und mit der Steuererklärung nachzahlen als umgekehrt.


    Bei den Steuerklassen geht es aber primär um etwas anderes. In vielen Ehen gibt es halt doch ein Mein und ein Dein, und man rechnet sich gegenseitig vor, was man zum gemeinsamen Leben beiträgt. Da spielt sich der meist besser verdienende Ehemann eben doch als Ernährer auf und blickt auf seine Frau herunter: "Du mit Deinen paar Kröten!" Dieses Moment fällt mit der Abschaffung von III/V weg, und deswegen ist die Abschaffung auch wichtig und richtig.

    Vom Finanzamt zurückbekommen - mit dem Wegfall von III/V werden viele Haushalte im laufenden Monat weniger Geld zur Verfügung haben als heute. Klar, sie bekommen viel zurück, aber sie haben im laufenden Monat spürbare Einschnitte und ob der Frust darüber am Ende durch die Erstattung kompensiert wird...


    Zusammenleben in der Ehe - Ich denke nicht, dass diese Frage der Antrieb staatlichen Handelns sein sollte. Wie sich die Ehepartner ihr Einkommen, ihre Haushaltsaktivitäten, ihre Kinderbetreuung organisieren, ist ihre Sache. Auch wenn es unpopulär ist - es gibt auch Jobs (mit Dienstreisen, häufig wechselnden Arbeitsorten, auch im Ausland usw), wo das Gehalt extrem gut ist, das aber mit einem (in Vollzeit) arbeitenden Partner nicht zu machen wäre.

  • Vom Finanzamt zurückbekommen - mit dem Wegfall von III/V werden viele Haushalte im laufenden Monat weniger Geld zur Verfügung haben als heute. Klar, sie bekommen viel zurück, aber sie haben im laufenden Monat spürbare Einschnitte und ob der Frust darüber am Ende durch die Erstattung kompensiert wird...

    Ohne Emotionen geht nichts auf dieser Welt. Ich habe es erst gestern geschrieben: Steuern sind immer hoch, Löhne sind immer niedrig, Abzüge sind immer hoch, Mieten sind immer hoch, Darlehenszinsen sind immer hoch, Habenzinsen immer niedrig. Bereits für minimale Disposchulden muß man horrende Zinsen zahlen.


    Mit der Abschaffung der Steuerklassen wird die Lohnsteuer für den ehemaligen IIIer steigen, aber natürlich drastisch, wohingegen die Lohnsteuer für den ehemaligen Ver allenfalls minimal sinkt - so jedenfalls wird es der Ehemann darstellen.

    Zusammenleben in der Ehe - Ich denke nicht, dass diese Frage der Antrieb staatlichen Handelns sein sollte.

    Es gab und gibt keine einzige menschliche Gesellschaft, die nicht in das letztlich se*uell motivierte Zusammenleben von Menschen hineinregieren wollte. Das hat also eine lange Tradition. Wenn Du daran rüttelst (Was man ja kann!) rüttelst Du halt an den Grundfesten unserer Zivilisation.

  • Sicher. Vielleicht ist 1+1 morgen

    Achja, ich vergaß. Über Mathematik wird immer diskutiert, weil die Ergebnisse nicht eindeutig sind. Bei Jura ist das natürlich ganz anders. Da ist der Gesetzestext so eindeutig, dass es nie Diskussionen gibt (und erst recht nicht unter Juristen) ;)


    "Der besondere Schutz, unter den Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe als besondere Verantwortungsbeziehung stelle, rechtfertige die Besserstellung der Ehe im Verhältnis zu ungebundenen Partnerbeziehungen, nicht jedoch im Verhältnis zu rechtlich verfassten Lebensgemeinschaften – wie der eingetragenen Lebenspartnerschaft –, die sich von der Ehe nur durch die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheide."

    Vielen Dank für das Urteil (wenn auch nicht höchstrichterlich, aber das ist erstmal egal), dieses war mir bisher nicht bekannt. Interessant an der Begründung finde ich jedoch, dass hier eben nur auf den Teil Ehe, eingegangen wird, jedoch nicht auf den Teil Familie. Ich sehe nämlich schon einen Unterschied zwischen einer uneheliche Lebensgemeinschaft ohne Kinder und einer mit Kinder (welche meiner Meinung nach eben mit einer ehelichen gleichgestellt sein sollte). Die uneheliche Lebensgemeinschaft mit Kindern wird schon benachteiligt, zumal der Grund für das geringere Einkommen eines Partners in beiden Fällen der gleiche ist (Betreuung der Kinder).

  • Ich sehe nämlich schon einen Unterschied zwischen einer uneheliche Lebensgemeinschaft ohne Kinder und einer mit Kinder

    Den gibt es unbestritten.



    Die uneheliche Lebensgemeinschaft mit Kindern wird schon benachteiligt, zumal der Grund für das geringere Einkommen eines Partners in beiden Fällen der gleiche ist (Betreuung der Kinder).

    Nein, wird sie tatsächlich nicht.

    Du hast vier Fallgruppen: Ehe mit Kinder, Ehe ohne Kinder, wilde Ehe mit Kindern und wilde Ehe ohne Kinder.


    Nun hast du einen Artikel 3 GG, der sinngemäß sagt: Lieber Staat, behandle gleiche Sachverhalte gleich, ungleiche Sachverhalte ungleich. Welche Sachverhalte sind denn nun konkret vergleichbar?


    Aus Sicht des Juristen: Die beiden Konstellationen ohne Kinder und die beiden Konstellationen mit Kindern.


    Bei den kinderlosen Paaren kein großes Thema: Da setzt man das Urteil zum Ehegattensplitting um und fertig.


    Bei den Paaren mit Kindern ist nun die Frage, ob wir einen vergleichbaren Sachverhalt ungleich behandeln. Die Splitting-Thematik spielt hier schon deswegen keine Rolle, weil wir den Unterschied ja bei den kinderlosen Paaren höchstrichterlich vorgegeben haben. Es geht nun also darum, die Kindererziehung irgendwie auszugleichen.

    Und da stellen wir eine absolute Gleichbehandlung fest: Für beide Kinder wird Kindergeld gezahlt, beide Elternpaare erhalten Kinderfreibeträge.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Mit der Abschaffung der Steuerklassen wird die Lohnsteuer für den ehemaligen IIIer steigen, aber natürlich drastisch, wohingegen die Lohnsteuer für den ehemaligen Ver allenfalls minimal sinkt - so jedenfalls wird es der Ehemann darstellen.

    Wie die Darstellung durch interessierte Kreise aussieht, ist mir relativ egal.
    Fakt ist, dass es Fälle geben wird, die im laufenden Monat über weniger Geld verfügen können als heute, sich das Geld nach Monaten über die Steuererklärung wieder zurück holen können und so dem Finanzminister einen kostenlosen Kredit geben.


    Zitat

    Es gab und gibt keine einzige menschliche Gesellschaft, die nicht in das letztlich se*uell motivierte Zusammenleben von Menschen hineinregieren wollte. Das hat also eine lange Tradition. Wenn Du daran rüttelst (Was man ja kann!) rüttelst Du halt an den Grundfesten unserer Zivilisation.

    Das mag ja sein. "Schon immer" ist selten ein gutes Argument. Und ich schließe mich dieser Einmischung in das Privatleben von Erwachsenen nur in Ausnahmefällen an :)

  • Ohne Emotionen geht nichts auf dieser Welt. Ich habe es erst gestern geschrieben: Steuern sind immer hoch, Löhne sind immer niedrig, ...


    Mit der Abschaffung der Steuerklassen wird die Lohnsteuer für den ehemaligen IIIer steigen, aber natürlich drastisch, wohingegen die Lohnsteuer für den ehemaligen Ver allenfalls minimal sinkt - so jedenfalls wird es der Ehemann darstellen.

    Wie die Darstellung durch interessierte Kreise aussieht, ist mir relativ egal.

    Nö. Beileibe nicht, das zeigt Dein Posting ja.

    Fakt ist, dass es Fälle geben wird, die im laufenden Monat über weniger Geld verfügen können als heute, sich das Geld nach Monaten über die Steuererklärung wieder zurück holen können und so dem Finanzminister einen kostenlosen Kredit geben.

    Das Geld kommt allenfalls nach Jah-ren wieder zurück, und der Kredit an den Finanzminister ist natürlich verdammt hoch. Wenn man dafür wenigstens Zinsen bekäme! Ach nein, Habenzinsen sind ja immer lächerlich niedrig, nur Sollzinsen sind stets horrend hoch.


    Hatte ich schonmal erwähnt, daß diesbezüglich die Emotionen unangemessen hochgehen und ohne Emotionen eigentlich auf dieser Welt nichts läuft?

    Es gab und gibt keine einzige menschliche Gesellschaft, die nicht in das letztlich se*uell motivierte Zusammenleben von Menschen hineinregieren wollte.

    "Schon immer" ist selten ein gutes Argument.

    Es ist aber halt eine schlichte historische Tatsache.

    Und ich schließe mich dieser Einmischung in das Privatleben von Erwachsenen nur in Ausnahmefällen an :)

    Damit bestätigst Du meine Darstellung.

  • Nun hast du einen Artikel 3 GG, der sinngemäß sagt: Lieber Staat, behandle gleiche Sachverhalte gleich, ungleiche Sachverhalte ungleich. Welche Sachverhalte sind denn nun konkret vergleichbar?


    Aus Sicht des Juristen: Die beiden Konstellationen ohne Kinder und die beiden Konstellationen mit Kindern.


    Bei den kinderlosen Paaren kein großes Thema: Da setzt man das Urteil zum Ehegattensplitting um und fertig.

    Bis hierhin sind wir absolut d'accord.

    Hier könnte man theoretisch jetzt noch über die Sinnhaftigkeit des Splittings bei einem Ehepaar ohne Kinder diskutieren, aber langsam reich es. Das ist der Punkt, wo wir beide mit unseren Meinungen auseinander liegen (Nachteile des Ehe), was aber am Ende auch in Ordnung ist (also das wir unterschiedliche Meinungen haben - Art 5 GG, damit aber genug Verweise auf das GG ;)).


    Bei den Paaren mit Kindern ist nun die Frage, ob wir einen vergleichbaren Sachverhalt ungleich behandeln. Die Splitting-Thematik spielt hier schon deswegen keine Rolle, weil wir den Unterschied ja bei den kinderlosen Paaren höchstrichterlich vorgegeben haben. Es geht nun also darum, die Kindererziehung irgendwie auszugleichen.

    Und da stellen wir eine absolute Gleichbehandlung fest: Für beide Kinder wird Kindergeld gezahlt, beide Elternpaare erhalten Kinderfreibeträge.

    Hier ist in meinen Augen die Frage, ob lediglich auf den Schutz der Ehe und nicht eher auf den Schutz der Familie abzustellen ist. Es muss also geklärt werden, was Sinn und Zweck des Splittings ist. Geht es darum, dass die Eltern sich selbst die Arbeitszeit aufteilen können, um die Kinderbetreuung zu gewährleisten und in jeder Kombination (bei gleichem Gesamteinkommen) die gleiche Steuer zu zahlen? Oder geht es darum, dass die Frau ausreichend Zeit hat, um dem Mann das Essen zu kochen, die Wäsche zu waschen und hinter ihm herzuputzen?

    Der zweite Fall würde ein Splitting für unverheiratete Eltern ausschließen, passt aber irgendwie nicht mehr in unser westliches Weltbild (okay, ich muss doch nochmal das GG rauskramen und zwar den oben schon erwähnten Art. 3 GG). Bei Fall 1 wäre es wohl eher eine Benachteiligung der unverheirateten Eltern und somit der gesamten Familie (da das verfügbare Familieneinkommen bei sonst gleichen Bedingungen niedriger ist).

  • Es muss also geklärt werden, was Sinn und Zweck des Splittings ist.

    Historisch gesehen war es so, dass bei Ehepaaren die Einkünfte zusammen gerechnet wurden und dann die Summe versteuert wurde. Das hat dazu geführt, dass Ehepaare natürlich mehr Steuern gezahlt hatten und als unverheiratete Paare, was das Bundesverfassungsgericht klar als Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG angesehen hat. Die Reaktion darauf war das Splitting.

    Es stecken also nicht überall böse patriarchale Strukturen dahinter ;)

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Kann auch an den Chefs liegen.

    Meiner schaut mich immer sehr schief an, wenn ich wegen den Kindern mal etwas später komme oder früher gehen muss. Kannst zu schweigen davon, wenn ich mal einen ganzen Tag im Home Office arbeiten möchte.

    Krank sind unsere Kinder zwar fast nie, aber es fällt so unfassbar viel Unterricht aus (gerade auf der weiterführenden Schule), das hätte ich so nie erwartet. Oder sie planen einen Ausflug mit Treffpunkt um 09:00 am Bahnhof. Da haben wir dann die Wahl, das Kind um 07:00 mit dem Bus zum Bahnhof zu schicken, wo sie dann 90min dort rumlungern darf, oder wir fahren sie dann halt zum entsprechenden Zeitpunkt hin.


    Egal, jedenfalls bin ich der Meinung, dass solche Sachen nicht immer automatisch die Mama übernehmen muss. Mein Chef versteht das aber nicht unbedingt. Und ja, ich erledige meine Arbeit dann trotzdem, hänge die Zeit hinten dran oder so.

  • Krank sind unsere Kinder zwar fast nie, aber es fällt unfassbar viel Unterricht aus (gerade auf der weiterführenden Schule). Das hätte ich so nie erwartet.

    Aber - wehe! - Du nimmst Deine Kinder aus privaten Gründen mal einen Tag aus der Schule! Dann kannst Du Dir aber eine lange Gardinenpredigt über das Thema Schulpflicht anhören!

  • Kann auch an den Chefs liegen.

    Meiner schaut mich immer sehr schief an, wenn ich wegen den Kindern mal etwas später komme oder früher gehen muss. Kannst zu schweigen davon, wenn ich mal einen ganzen Tag im Home Office arbeiten möchte.

    Krank sind unsere Kinder zwar fast nie, aber es fällt so unfassbar viel Unterricht aus (gerade auf der weiterführenden Schule), das hätte ich so nie erwartet. Oder sie planen einen Ausflug mit Treffpunkt um 09:00 am Bahnhof. Da haben wir dann die Wahl, das Kind um 07:00 mit dem Bus zum Bahnhof zu schicken, wo sie dann 90min dort rumlungern darf, oder wir fahren sie dann halt zum entsprechenden Zeitpunkt hin.


    Egal, jedenfalls bin ich der Meinung, dass solche Sachen nicht immer automatisch die Mama übernehmen muss. Mein Chef versteht das aber nicht unbedingt. Und ja, ich erledige meine Arbeit dann trotzdem, hänge die Zeit hinten dran oder so.

    Kenn ich. Bei meinem Bruder gab es folgenden Dialog (mit vom Chef ungewollter Komik)


    Chef: Ich gebe ihnen aber nur so viel Elternzeit, wie Ihnen gesetzlich zusteht.

    Bruder: Wie viel wäre das denn?

    Chef: Keine Ahnung. Aber nur das Minimum.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Kenn ich. Bei meinem Bruder gab es folgenden Dialog (mit vom Chef ungewollter Komik)


    Chef: Ich gebe ihnen aber nur so viel Elternzeit, wie Ihnen gesetzlich zusteht.

    Bruder: Wie viel wäre das denn?

    Chef: Keine Ahnung. Aber nur das Minimum.

    Mich würde mal der Gesichtsausdruck des Chefs interessieren, wenn man ihm sagt, dass auch Väter einen gesetzlichen Anspruch auf 3 Jahre haben :D


    Da bin ich echt froh, wie es bei uns läuft. Mein Chef betont selber immer wieder, dass die Familie das Wichtigste ist und daher zuckt er nicht mal mit der Wimper, wenn man das Thema Elternzeit anspricht. Aber ich weiß auch, dass das leider eher die Ausnahme ist.

  • Mich würde mal der Gesichtsausdruck des Chefs interessieren, wenn man ihm sagt, dass auch Väter einen gesetzlichen Anspruch auf 3 Jahre haben :D


    Da bin ich echt froh, wie es bei uns läuft. Mein Chef betont selber immer wieder, dass die Familie das Wichtigste ist und daher zuckt er nicht mal mit der Wimper, wenn man das Thema Elternzeit anspricht. Aber ich weiß auch, dass das leider eher die Ausnahme ist.

    Mittlerweile hat den Arbeitgeber gewechselt und fühlt sich woanders deutlich wohler ;)

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist