Abschaffung Steuerklassen III/V

  • Ehegattensplitting: Die Mär vom unfairen Steuervorteil für Verheiratete - WELT
    Bundesfamilienministerin Paus propagiert die Abschaffung des Ehegattensplittings. Die Steuerkeule soll die Erwerbstätigkeit der Frauen erhöhen. Den Familien…
    www.welt.de


    Zitat

    Bundesfamilienministerin Paus propagiert die Abschaffung des Ehegattensplittings. Die Steuerkeule soll die Erwerbstätigkeit der Frauen erhöhen.

    ...

    Doch in den Augen linker Gleichstellungspolitiker sitzen all diese Frauen in der „Teilzeitfalle“. Noch erbärmlicher finden die selbsternannten Frauenbefreier, die Geschlechtskolleginnen, die gar nicht berufstätig sind. Bei SPD, Grünen und Linken strebt man nicht nach Gleichberechtigung – die in Deutschland längst existiert –, sondern nach Gleichstellung. Und diese sieht man erst dann erreicht, wenn die Frauen im gleichen Umfang wie die Männer erwerbstätig sind und sich die Paare auch die unbezahlte Arbeit zu Hause hälftig aufteilen.

    ...

    Für die wenigsten Paare mit Kindern ist die doppelte Vollberufstätigkeit ein Ideal. Doch die Wünsche der Bürger zählen für Paus weniger als ihre eigene Ideologie. Danach soll – wie dies schon in der DDR der Fall war – der Staat in die Familien hineinregieren und ihnen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Die Freiheit der Eheleute, gemeinsam zu entscheiden, welche Arbeitsteilung am besten zur eigenen Familie passt, soll nicht länger gelten.

    Anders als Paus suggeriert, ist das Ehegattensplitting keineswegs eine Bevorzugung eines überkommenen Rollenmodells. Der Fiskus trägt mit diesem Verfahren nur der Tatsache Rechnung, dass eine Ehe eine Wirtschaftsgemeinschaft mit weitreichenden Pflichten ist. Bei der gemeinsamen Veranlagung wird das gesamte Haushaltseinkommen des Paares halbiert und dann besteuert.

  • KaffeeOderTee

    Dass Frau Paus (wie die meisten Ihrer Parteikollegen) mal wieder massiv übertreibt und eine ideologische Agenda durchdrücken will, ist klar. Aber es ist mittlerweile in Deutschland sehr oft so, dass ein Vorschlag nur deshalb abgelehnt wird, weil er "von den Falschen" kommt. Da kann noch so ein großer Konsens vorhanden sein, wenn es der Falsche zur Sprache bringt, ist es halt per se schlecht und muss abgelehnt werden.

    Wobei ich dem Kommentar (das ist es schließlich und so ist es auch gekennzeichnet) nur bedingt zustimme, auch wenn ich die Welt grundsätzlich schätze. Zumal nicht nur eine Ehe eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, sondern eigentlich jedes Familienkonstrukt, sobald Kinder zum Haushalt gehören. Und die Pflichten sind, wie oben schon ausgeführt wurde, mittlerweile auch bei eheähnlichen Lebensgemeinschaften die Regel (Stichwort Bedarfsgemeinschaft).



    Wenn man überlegt, dass nach der Steuererklärung alles wieder glatt gezogen ist, ist die Aufregung ganz schön groß.

    Da sich das Thema hier mittlerweile von Steuerklassen zum Ehegattensplitting verschoben hat, stimmt deine Aussage so nicht mehr, da das Splitting schließlich ein klarer Steuervorteile ist (der Einfluss auf die Höhe der Steuerbelastung gem. Steuerbescheid hat). Da wird dann nichts mehr "glatt gezogen", zumindest nicht im Vergleich verheiratete Eltern zu unverheirateten Eltern ;)

  • Wie gut, dass es hier im Forum nüchtern denkende Leute mit ein bisschen Ahnung zum Thema Einkommenssteuer gibt!


    Die Diskussion, die heute im Büro geführt wurde, war erschreckend!

    So wenig Verständnis für die Sache, so viel Nachplappern von aufgeschnapptem Halbwissen!


    Wenn schon unbekannt ist, dass es das Faktorverfahren überhaupt gibt und dafür die Überzeugung herrscht, dass für Verheiratete mit Kind vom Gesetzgeber aus nur III/V erlaubt sei...

    Wenn, ähnlich wie vor ein paar Tagen hier von anderen schon beschrieben wurde, die Überzeugung herrscht, dass man (besser gesagt frau) nur für die Kindergartengebühr arbeiten geht, weil eben pro Monat nicht mehr raus kommt und sie sich selbst und auch ihrem Ehemann (und am Ende auch gegenüber den Diskussionsteilnehmern) argumentieren muss, warum sie trotzdem arbeiten gehen will (soziale Kontakte, andere Aufgaben, Anerkennung!)...

    Wenn dem alleinerziehenden Vater vermittelt werden muss, dass der Status "ich brauche keine Steuererklärung machen", meistens bedeutet, dass sich die Abgabe der Steuererklärung durchaus positiv auswirken kann...


    Ein Trauerspiel!


    Ich fände es nicht verkehrt, wenn es nur noch einen Lohnsteuersatz für alle gäbe und alle im neuen Jahr die Daten, die das Finanzamt von allen möglichen Stellen gesammelt hat, zur Prüfung und Bestätigung zugeschickt bekommen und daraus dann die tatsächliche Einkommenssteuer errechnet wird.

    Auf die Lohnsteuer als "sicher geleistete Vorauszahlung" verzichten möchte ich nicht, weil es in meinem Umfeld Leute gibt, die auch nach fünf Jahren in Folge mit einer Nachzahlung belegt und mit einer vierteljährlichen Vorauszahlung belastet, aufs neue überrascht sind, dass wieder eine Nachzahlung zu leisten ist und sie nichts dafür zurück gelegt haben...


    Grüße,

    DerDenker

  • Man könnte sogar soweit gehen, dass die Verweigerung des Splitting bei unverheirateten Eltern gegen Absatz 5 verstößt:

    Könnte man durchaus so sehen. Ein möglicher Fall von Patchwork-Familie wäre lösbar, beim Kinderfreibetrag gibt es ja auch pro Elternteil den halben. Und eine wie auch immer geartete spezielle Stellung der Ehe würde einem Familiensplitting nicht widersprechen.

    Als man das eingeführt hat, waren uneheliche Kinder die absolute Ausnahme. Heute sind es ca. ein Drittel aller Kinder. Und das übersieht, dass viele Eltern kurz vor dem ersten Kind heiraten, weil eben nicht nur die finanziellen Verhältnisse ungleich sind, sondern auch z.B. beim Thema Vaterrechte noch ein größerer Nachholbedarf besteht.

  • Es geht inzwischen auch um das Für und Wider des Ehegattensplitting.

    Eigentlich nicht.


    Die durchschnittliche Feministin rührt alles durcheinander und sagt: "Ehegattensplitting ist, wenn die Frau weniger verdient als der Mann und trotzdem deutlich mehr Steuer zahlt."


    Diese Fehlauffassung beherrscht die öffentliche Diskussion.

    Wenn man überlegt, dass nach der Steuererklärung alles wieder glatt gezogen ist, ist die Aufregung ganz schön groß.

    Ich sehe es nicht so, daß die Steuererklärung die Dinge wieder ins Lot bringt. Leute, die der oben genannten, weitverbreiteten Fehlauffassung nachhängen, können nicht rechnen.


    Paare, die rechnen können, bekommen das auseinanderklamüsert. Sie dürften aber in der Minderheit sein.

  • Steuerreform: Bundesfinanzminister lehnt Abschaffung des Ehegattensplittings ab
    Bundesfamilienministerin Lisa Paus sieht die Bundesregierung auf dem Weg zur Abschaffung des Ehegattensplittings. Christian Lindner widerspricht vehement.
    www.zeit.de


    Zitat
    Um das Ehegattensplitting gibt es seit Jahren immer wieder Diskussionen. Bisher wird bei dem Verfahren das gemeinsame Einkommen eines Paares rechnerisch halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Davon profitieren bei der Steuer vor allem Paare, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Begründet wird dies häufig mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie.

    Man könnte es auch anders formulieren:

    Dadurch werden Paare nicht benachteiligt, bei denen einer viel und der andere wenig verdient.


    Denn das Gesamteinkommen (G) des Paares (bzw. der Wirtschafts- und Zweckgemeinschaft) ist ja dasselbe, wenn für die Teile (Tx) gilt:

    G = T1 + T1

    G = T2 + T3

    T2 != T3


    Die Anschaffung des Splittingtarifs würde umso seltsamer erscheinen, wenn beide Eheleute nicht "gleich viel", aber "ähnlich viel" verdienen würden. Damit wären sie dem fragwürdigen Ideal dieser Form von Gleichstellung (oder ist es eher eine Gleichmacherei?) sogar nahe. Sie würden aber trotzdem um die Restdifferenz benachteiligt. Nur wenn sie exakt gleich viel verdienen würden, dann wäre die Besteuerung mit der Anschaffung des Splittingtarifs für eine Wirtschafts- und Zweckgemeinschaft "gerecht". Das wiederum würde aber voraussetzen, das jegliche Arbeit auch gleich bewertet wird. Warum eigentlich ansonsten nur geschlechtsspezifische Gleichstellung? Warum stellt man nicht auch den Manager dem Putzpersonal gleich? Wenn man das mit der Gleichmacherei konsequent zuende denkt, dann bekommen dann alle denselben "Lohn" - egal welche Tätigkeit sie ausführen? Bürgergeld für alle?

  • Die Autokorrektur hat zugeschlagen. Es sollte sein:


    Die Anschaffung Abschaffung des Splittingtarifs würde umso seltsamer erscheinen, wenn beide Eheleute nicht "gleich viel", aber "ähnlich viel" verdienen würden. Damit wären sie dem fragwürdigen Ideal dieser Form von Gleichstellung (oder ist es eher eine Gleichmacherei?) sogar nahe. Sie würden aber trotzdem um die Restdifferenz benachteiligt. Nur wenn sie exakt gleich viel verdienen würden, dann wäre die Besteuerung mit der Anschaffung Abschaffung des Splittingtarifs für eine Wirtschafts- und Zweckgemeinschaft "gerecht". Das wiederum würde aber voraussetzen, das jegliche Arbeit auch gleich bewertet wird. Warum eigentlich ansonsten nur geschlechtsspezifische Gleichstellung? Warum stellt man nicht auch den Manager dem Putzpersonal gleich? Wenn man das mit der Gleichmacherei konsequent zuende denkt, dann bekommen dann alle denselben "Lohn" - egal welche Tätigkeit sie ausführen? Bürgergeld für alle?

  • Ich weiß, jetzt kommt die Wortklauberei, aber leider muss es einfach sein, um die teilweise Schwachsinnigkeit des Splittings (welches ich ja nicht per se ablehne) darzustellen.


    In dem von dir zitierten Artikel heißt es:

    "Davon profitieren bei der Steuer vor allem Paare, bei denen einer viel und der andere wenig verdient."

    Es profitieren aber eben nicht alle Paare, die eine Bedarfs- und somit auch im Wirtschaftsgemeinschaft darstellen, sondern nur verheiratete Paare. Jede eheähnliche Wirtschaftsgemeinschaft profitiert aber eben nicht. Korrekt hatte es im Artikel heißen müssen:

    "Davon profitieren bei der Steuer vor allem Ehepaare, bei denen einer viel und der andere wenig verdient."


    Der Logik folgend (welche ja absolut korrekt ist) wird eine eheähnliche Lebensgemeinschaft jedoch benachteiligt. Die Formeln für das Gesamteinkommen sind weiterhin die gleichen, die Steuerlast ist allerdings unterschiedlich. Dieser Unterschied ist umso größer, je mehr T2 und T3 voneinander abweichen.


    Und was hier auch schon längst festgehalten wurde:

    Das Problem für diese unterschiedliche Steuerlast ist nicht das Splitting, sondern die Progression. Wenn es keine Progression gibt und z.B. jeder kategorisch 30% auf alles zahlen muss, dann hat sich auch das Splitting von selbst erledigt. Das ist politisch aber auch nicht gewollt, da man ja lieber hohe Einkommen stärker und niedrigere Einkommen weniger belasten möchte.

  • Du hast behauptet, dass der Unterhalt nach Trennung nur fur Kinder gezahlt werden muss. Es ist aber eben so, dass auch die Mutter Unterhalt bekommt, wenn sie wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten kann.

    Ja. Aber wie gesagt: Ausnahmsweise und auch nur für sehr kurze Zeit. Und Anknüpfungspunkt ist das Kind, nicht die Beziehung. Grundsätzlich gibts Unterhalt nur mit Trauschein.


    Pflege ist in erster Linie ein Thema des Alters, sagen wir 75 aufwärts. Wie hoch ist der Anteil der unverheirateten Paare 75+ an der gesamten Generation?

    Es geht nicht darum, ob es ein Thema ist, sondern um die Verpflichtung zum Unterhalt. Und die gibt es nunmal nur bei Ehepaaren.


    Und dann, da bin ich mir ziemlich sicher, wird die Pflegeversicherung versuchen, auch die "eheähnlichen Lebenspartner" in die finanzielle Pflicht zu nehmen. Und erst dann wird sich auch ein Bild in der Rechtssprechung herauskristalisieren (wenn vorher nicht schon der Gesetzgeber aktiv wird).

    Die Rechtslage ist glasklar geregelt: Ehepartner zahlen, Unverheiratete Partner nicht. Mag sein, dass der Gesetzgeber das irgendwann ändert, aber wir diskutieren über die aktuellen Fakten und die sind, wie sie sind.


    Mittelbar greift das Sozialamt wohl durchaus zu. Wenn die Ersparnisse des pflegebedürftigen Lebenspartners aufgebraucht sind, ist es den Sozialbehörden anscheinend durchaus möglich, da Leistungen für den Pflegebedürftigen zu verweigern und auf den unverheiraten Partner zu verweisen.

    Aus anekdotischer Evidenz weiß ich, dass die Behörden da sehr kreativ sein können, wenn auch nur irgendwie auf anderer Leute Geld verwiesen werden kann.

    Und da sind wir wieder bei Bürgergeld und Sozialhilfe. Dass es dort einen Regress gibt, ist unstreitig.



    Die aktuelle Förderung privilegiert aber die Ehe über die Familie. Das GG schreibt übrigens nichts von Splitting oder anderen Details, sondern nur von einem besonderen Schutz in Art 6 Abs. 1, der in den weiteren Absätzen konkretisiert wird. Die weiteren Absätze sprechen die Finanzen nicht explizit an und drehen sich auch alle um Familien, nicht um Paare (war damals ja quasi das Gleiche).

    Im Jurastudium lernt man ganz gut, den Schutzbereich des Art. 6 einzuordnen. Und der umfasst eben auch steuerrechtliche Maßnahmen.



    Und wenn wir schon das GG bemühen, dann sollten wir nicht nur Absatz 1 lesen, sondern auch Absatz 5, der explizit uneheliche Kinder den ehelichen gleichstellt.

    Der Zusammenhang ist mir nicht ganz klar.



    Der Vater (auch ein unverheirateter solcher) ist natürlich für das Kind unterhaltspflichtig, aber halt auch für die Mutter. Die ersten drei Lebensjahre des Kindes gilt das unbedingt, die Folgejahre je nachdem. Solltest Du die Vaterschaft anerkennen (ggf. schon bevor das Kind auf der Welt ist), wirst Du über diese Bestimmung belehrt, Du unterschreibst sie und es kommt ein Dienstsiegel drunter.

    Siehe oben. Anknüpfungspunkt an den Unterhalt ist das Kind, nicht die Beziehung.



    Das mit den 3 Jahren ist vermutlich Rechtsprechung dazu?

    Richtig. BGH, wenn ich mich recht erinnere.



    Man könnte sogar soweit gehen, dass die Verweigerung des Splitting bei unverheirateten Eltern gegen Absatz 5 verstößt:

    Sehr kreative Auslegung. Ist aber nicht so, denn auch uneheliche Kinder haben einen Kinderfreibetrag bzw. bekommen Kindergeld.



    Somit könnte man auch sagen, dass weniger Geld für das Kind vorhanden ist und es somit zu einer Benachteiligung des unehelichen Kindes kommen könnte.

    Nein, das Existenzminimum des Kindes wird durch seinen Freibetrag bzw. Kindergeld sichergestellt.


    Ich frage mich aber, wo das Ehegattensplitting dem" Schutz der Ehe" dient.

    Du hast als Ehepaar gewisse Verpflichtungen gegenseitiger Art. Dieser finanzielle Nachteil soll durch das Splitting ausgeglichen werden.



    Und dem Schutz der Familie (gleicher Artikel im GG) dient es definitiv nicht, da auch ein unverheiratete Paar mit Kindern eine Familie ist.

    Nicht jede Maßnahme muss beiden Zwecken dienen.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Nein, das Existenzminimum des Kindes wird durch seinen Freibetrag bzw. Kindergeld sichergestellt.

    Wobei Art. 6 Abs. 5 Grundgesetz ja nicht sagt, dass für uneheliche Kinder das Existenzminimum gesichert sein muss, sondern dass "die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen [sind] wie den ehelichen Kindern".


    Ich bin kein Verfassungsrechtler, finde den Gedanken aber nicht völlig abwegig, dass auch das Haushaltseinkommen einen Einfluss auf die Schaffung dieser "gleichen Bedingungen" zu tun haben könnte. Und ja, wenn ein eheliches und ein uneheliches Kind jeweils Eltern haben, bei denen die Mutter nicht arbeitet und die beiden Väter genau das gleiche verdienen, dann wächst aufgrund des Ehegattensplittings das uneheliche Kind in einem Haushalt mit deutlich weniger Geld (und damit schlechteren Bedingungen) auf als das eheliche Kind.


    Mir ist schon klar, dass derzeit der Gesetzgeber "Familie" (gleich ob eheliches oder uneheliches Kind) nur mit Kinderfreibetrag/Kindergeld fördert und "Ehe" (gleich ob Kinder oder nicht, aber nur mit Einkommensgefälle zwischen den Eheleuten, je mehr desto besser) mit dem Ehegattensplittung. Das heißt auch, Ehepaare die beide gleich viel verdienen, profitieren überhaupt nicht vom Ehegattensplitting. Heißt das, vom Grundgesetz geschützt sind nur Ehen mit Einkommensgefälle?


    Es gäbe da mit Sicherheit verfassungskonforme Möglichkeiten, das anders auszugestalten, so denn ein politischer Wille da wäre.

  • Ja. Aber wie gesagt: Ausnahmsweise und auch nur für sehr kurze Zeit. Und Anknüpfungspunkt ist das Kind, nicht die Beziehung. Grundsätzlich gibts Unterhalt nur mit Trauschein.

    Gegenüber dem Expartner ist man heutzutage nur noch unterhaltspflichtig, wenn dieser auf Grund der Kindererziehung kein eigenes Einkommen hat. Die Regelung gilt auch bei einer Scheidung! Sprich es hängt immer am Kind, der schlechter/nichts verdienende Partner hat für sich selber zu sorgen.


    Es geht nicht darum, ob es ein Thema ist, sondern um die Verpflichtung zum Unterhalt. Und die gibt es nunmal nur bei Ehepaaren.

    [...]

    Die Rechtslage ist glasklar geregelt: Ehepartner zahlen, Unverheiratete Partner nicht. Mag sein, dass der Gesetzgeber das irgendwann ändert, aber wir diskutieren über die aktuellen Fakten und die sind, wie sie sind.

    [...]

    Und da sind wir wieder bei Bürgergeld und Sozialhilfe. Dass es dort einen Regress gibt, ist unstreitig.

    Hast du eigentlich die verlinkten Artikel hier zu Thema Pflegeleistungen gelesen? Auch dort wird mittlerweile bei eheähnliche Lebensgemeinschaften der Partner in Regress genommen. Diesem kann man ggf. etwas leichter entkommen, aber man muss trotzdem konsequent sein. Und zu behaupten "wir sind getrennt" und gleichzeitig vielleicht noch ein Gemeinschaftskonto für die Miete zu haben wird schon schwierig!


    Du hast als Ehepaar gewisse Verpflichtungen gegenseitiger Art. Dieser finanzielle Nachteil soll durch das Splitting ausgeglichen werden.

    Dann Liste doch bitte mal ganz konkret die finanziellen Nachteile auf. Hier würde immer wieder ganz allgemein gesagt, dass es diese Nachteile gibt. Andere Mitforisten haben dann diverse Beispiele gebracht, wo Ehepartner gegenüber einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft eben nicht benachteiligt sind, da diese Pflichten auch auf eine eheähnliche Lebensgemeinschaft entfallen. Und mir fehlt mittlerweile die Kreativität, wo ich als Verheirateter finanziell schlechter gestellt bin als mein Bruder mit seiner langjährigen Lebensgefährtin?


    Nicht jede Maßnahme muss beiden Zwecken dienen.

    Das GG ist also selektiv auszugelegen? Steile These!

    Im Jurastudium lernt man ganz gut, den Schutzbereich des Art. 6 einzuordnen. Und der umfasst eben auch steuerrechtliche Maßnahmen.

    Gibt es dazu höchstrichterliche Urteile oder ist es nur die Auslegung der jeweiligen Dozenten-Generation?

  • Ich habe jetzt tatsächlich mal in die Literatur geschaut (Rudolf Wendt in Festschrift Käfer - Die Besteuerung von Ehe und Familie in Deutschland) und siehe da:


    Das Ehegattensplittung ist die Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, um eine Benachteiligung von verheirateten Paaren zu vermeiden.



    Hast du eigentlich die verlinkten Artikel hier zu Thema Pflegeleistungen gelesen? Auch dort wird mittlerweile bei eheähnliche Lebensgemeinschaften der Partner in Regress genommen.

    Ja. Bei Sozialhilfe und Bürgergeld. Habe ich auch immer explizit so geschrieben. Die Pflegekasse nimmt keinen Regress.


    Dann Liste doch bitte mal ganz konkret die finanziellen Nachteile auf. Hier würde immer wieder ganz allgemein gesagt, dass es diese Nachteile gibt.

    Im Falle der Scheidung Ehegattenunterhalt (Anknüpfungspunkt: Ehe, nicht Kinder) und ggf. Versorgungsausgleich, Rückgriff auf den Ehepartner bei Pflegekosten durch die Pflegeversicherung...



    Das GG ist also selektiv auszugelegen? Steile These!

    Das steht da nur leider nicht ;)



    Gibt es dazu höchstrichterliche Urteile oder ist es nur die Auslegung der jeweiligen Dozenten-Generation?

    Auf die Schnelle nichts gefunden, allerdings werden Verfassungsrichter oftmals aus der jeweiligen Dozenten-Generation rekrutiert. Dürfte daher nahezu deckungsgleich sein.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Ich habe jetzt tatsächlich mal in die Literatur geschaut (Rudolf Wendt in Festschrift Käfer - Die Besteuerung von Ehe und Familie in Deutschland) und siehe da:


    Das Ehegattensplittung ist die Reaktion auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, um eine Benachteiligung von verheirateten Paaren zu vermeiden.

    Kannst du bitte das Urteil verlinken (oder zumindest die Aktenzeichen bekannt geben), damit man endlich mal diese ganzen Nachteile erfährt.


    Ja. Bei Sozialhilfe und Bürgergeld. Habe ich auch immer explizit so geschrieben. Die Pflegekasse nimmt keinen Regress.

    Komisch, in diesem Post von Vormerkung sind zwei Links zu Seiten von Rechtsanwälten, die das durchaus anders sehen. Die hast du vermutlich "übersehen".



    Im Falle der Scheidung Ehegattenunterhalt (Anknüpfungspunkt: Ehe, nicht Kinder) und ggf. Versorgungsausgleich, Rückgriff auf den Ehepartner bei Pflegekosten durch die Pflegeversicherung...

    Auch hier gibt es ziemlich deutliche Grenzen, in denen der Unterhalt gezahlt werden muss. Sprich es gibt nicht einen grundsätzlichen Anspruch auf Unterhalt.

    Und dann mal im Gegenzug noch eine Frage:

    Wenn der Steuervorteil das Risiko eines Unterhalts abseits des Betreuungsunterhalts abdecken soll, muss man den dann nicht zurückzahlen, wenn "der Tod euch scheidet"?


    Das steht da nur leider nicht ;)

    Nicht explizit, aber implizit. Weil du sagst, dass ein Steuergesetz die Ehe schützen kann, während es gleichzeitig Familien ohne Trauschein benachteiligt. Somit wäre es ja in Ordnung, wenn ein Gesetz teilweise gegen das GG verstößt, wenn es einen anderen Teil (des gleichen Artikels!) schützt (wie auch immer der konkrete Schutz der Ehe durch das Splitting aussieht - das hat bisher auch noch keiner erklären können).


    Auf die Schnelle nichts gefunden, allerdings werden Verfassungsrichter oftmals aus der jeweiligen Dozenten-Generation rekrutiert. Dürfte daher nahezu deckungsgleich sein.

    Rekrutiert ja, ob dann aber die Urteile auch genau so aussehen, ist nur eine Vermutung. Und auch die gesellschaftliche Entwicklung wird nicht außen vor bleiben, da diese auch die Wertevorstellung und die Auslegung von Gesetzestexten beeinflusst (welche eben nie schwarz oder weiß sind).

    Übrigens: Wie lange hat es gedauert, bis die obersten Richter in Deutschland Frauen die gleichen Rechte wie Männern zugesichert haben? Laut Art 3. Abs. 2 GG sind Männer und Frauen gleichberechtigt. Dieser Absatz ist seit der ersten Fassung so enthalten. Trotzdem dauerte es noch fast 30 Jahre (!), bis Frauen selber entscheiden konnten, ob sie arbeiten gehen oder nicht. Warum hat es so lange gedauert? Weil ein gesellschaftliches Umdenken stattgefunden hat und auch die Richtergenerationen gewechselt haben.

  • Kannst du bitte das Urteil verlinken (oder zumindest die Aktenzeichen bekannt geben), damit man endlich mal diese ganzen Nachteile erfährt.

    BVerfGE 18, 97



    Komisch, in diesem Post von Vormerkung sind zwei Links zu Seiten von Rechtsanwälten, die das durchaus anders sehen. Die hast du vermutlich "übersehen".

    Nein, die sehen das exakt so wie ich. Steht sogar in deinem Zitat ausdrücklich so drin.



    Auch hier gibt es ziemlich deutliche Grenzen, in denen der Unterhalt gezahlt werden muss. Sprich es gibt nicht einen grundsätzlichen Anspruch auf Unterhalt.

    Es gibt ihn aber zumindest zeitweise. Und das auch nur Dank der Rechtsprechung.



    Wenn der Steuervorteil das Risiko eines Unterhalts abseits des Betreuungsunterhalts abdecken soll, muss man den dann nicht zurückzahlen, wenn "der Tod euch scheidet"?

    Jetzt wirds langsam zu Quatschjura...



    Nicht explizit, aber implizit. Weil du sagst, dass ein Steuergesetz die Ehe schützen kann, während es gleichzeitig Familien ohne Trauschein benachteiligt.

    Bitte schön. Hier, schön als Urteil ausformuliert.

    Moneyquote: "Der besondere Schutz, unter den Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe als besondere Verantwortungsbeziehung stelle, rechtfertige die Besserstellung der Ehe im Verhältnis zu ungebundenen Partnerbeziehungen, nicht jedoch im Verhältnis zu rechtlich verfassten Lebensgemeinschaften – wie der eingetragenen Lebenspartnerschaft –, die sich von der Ehe nur durch die Gleichgeschlechtlichkeit der Partner unterscheide."



    Rekrutiert ja, ob dann aber die Urteile auch genau so aussehen, ist nur eine Vermutung.

    Sicher. Vielleicht ist 1+1 morgen ja auch drei, wer weiß das schon. Die Gesellschaft ändert sich ja.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Wenn man überlegt, dass nach der Steuererklärung alles wieder glatt gezogen ist, ist die Aufregung ganz schön groß.

    In manchen Haushalten ist es schon eine relevante Frage, ob sie das Geld sofort auf dem Konto haben oder erst Monate/Jahre später nach der Steuererklärung.

  • In manchen Haushalten ist es schon eine relevante Frage, ob sie das Geld sofort auf dem Konto haben oder erst Monate/Jahre später nach der Steuererklärung.

    Und um das hier noch einen weiter zu denken:
    Mit der Abschaffung von III/V in einem Haushalt, für den es kein Problem ist, auf das Geld mindestens 1,5 Jahre warten zu müssen, hat der Finanzminister für diese 1,5 Jahre einen kostenlosen Kredit vom Steuerzahler.

  • In manchen Haushalten ist es schon eine relevante Frage, ob sie das Geld sofort auf dem Konto haben oder erst Monate/Jahre später nach der Steuererklärung.

    Regelmäßig ist genau das Gegenteil der Fall. Es ist vielen Leuten wichtig, daß sie vom Finanzamt etwas zurückbekommen. Offensichtlich erzeugt das ein Gefühl einer "ausgleichenden Gerechtigkeit", ein Gefühl, dem Staat weniger ausgeliefert zu sein. Häufig erzeugt eine Steuererstattung auch ein Gefühl wie ein kleiner Lottogewinn.


    Diesen Gefühlen ordnen die Leute die finanzmathematische Wahrheit unter, die da heißt: Besser unterjährig die Steuer unterzahlen und mit der Steuererklärung nachzahlen als umgekehrt.


    Bei den Steuerklassen geht es aber primär um etwas anderes. In vielen Ehen gibt es halt doch ein Mein und ein Dein, und man rechnet sich gegenseitig vor, was man zum gemeinsamen Leben beiträgt. Da spielt sich der meist besser verdienende Ehemann eben doch als Ernährer auf und blickt auf seine Frau herunter: "Du mit Deinen paar Kröten!" Dieses Moment fällt mit der Abschaffung von III/V weg, und deswegen ist die Abschaffung auch wichtig und richtig.