Steuerliche Behandlung von Verlusten durch die gegenwertlose Ausbuchung von Wertpapieren (Aktien) aus meinem Depot

  • Hallo,

    ich habe im Jahr 2021 mehrere wertlose Aktien in meinem Depot bei der comdirect Bank gegenwertlos ausbuchen lassen. Diese Aktien hatte ich in den Jahren vor 01.01.2009 gekauft. Dadurch habe ich finanzielle Verluste erlitten. Einfach gesagt: Der Kaufpreis stellt für mich den Verlust dar.

    Jetzt habe ich Probleme mit meinem Finanzamt, das die Verluste gemäß meiner privaten Aufstellung nicht berücksichtigt hat. Das Finanzamt pocht auf eine Verlustbescheinigung von der comdirect. Die comdirect sagt, dass es darüber kein Formular gibt.

    Nun habe ich alles haarklein dokumentiert, vom Kauf bis zur Ausbuchung. In dem Schreiben von der Bank steht nur, dass sie die Aktien ausgebucht haben, dazu jedoch keine Summe, die ich als Verlust annehmen könnte. Deshalb habe ich alles selbst aufgestellt.


    Wer kann mir über diesen Fall einen Rat geben? Könnte die Sache ggf. in die Anlage SO gehören.

    Ich habe jetzt auch einen Steuerberater beauftragt. Der tut sich aber auch schwer damit.

    Wer kann mir mit einem guten Rat helfen?

  • ... und ansonsten hättest Du verkaufen müssen, um einen steuerlich Verlust zu generieren und nicht nur ausbuchen lassen - wurde schon mehrfach rechtlich durchgestritten... kein Verkauf, kein steuerlicher Verlust.

  • Sonntag, 30.4.2023

    Hier ist McProfit aus Stuttgart.

    Antwort an den Forumsfreund, DeGe.

    Zu der Frage kann ich meine Erfahrung beisteuern.

    Im Moment habe ich - so wie sehr viele andere Anleger - ADR-Aktien von Gazprom im Depot.

    Gazprom hat viele Jahre lang sehr hohe Dividende bezahlt.

    Wegen der politischen Sanktionen ist die Aktie zur Zeit nicht handelbar.

    Die Kurs-Verluste sind bei mir immerhin sechsstellig, da der ganze Kaufpreis betroffen ist.

    Das Finanzamt verlangt jedoch eine Verlustbescheinigung.

    Solange diese nicht vorliegt, kann ich den Verlust nicht verwerten

    Die Bank kann den nicht ausstellen weil ich die Aktie nicht verkauft habe.

    Daher habe ich jetzt einen entgeltlichen Depotübertrag gemacht.

    Auf einen Familien Angehörigen.

    Das ist wie ein Verkauf.

    Die Bank hat mir gesagt das ich diesem Fall eine Verlustbescheinigung bekomme, weil der Übertrag einem Verkauf entspricht und die Bank die Differenz zwischen Einkauf und Übertragungskurs als Verlust mir bestätigt. Daher kann ich den Verlust vermutlich verrechnen.

    Der Steuerberater hat mir aber gesagt,

    dass in solchen fällen, also nicht nur bei Gazprom,

    pro Jahr nicht mehr als 20.000 € vom Finanzamt anerkannt werden.

    Daher müssen so hohe Verluste wie in meinem Fall, über viele, viele Jahre verteilt werden. wenn dein Verlust doch unter 20.000 € ist, kannst du dir das überlegen.

    Viele Grüße. Viel Glück wünscht McProfit

    . Grüße aus Stuttgart.

  • pro Jahr nicht mehr als 20.000 € vom Finanzamt anerkannt werden.

    Daher müssen so hohe Verluste wie in meinem Fall, über viele, viele Jahre verteilt werden.

    Sieh es positiv: Du sparst über Jahre hinweg Steuern auf Gewinne, evtl auch auf Einkommen bzw Rente.

  • Wegen der politischen Sanktionen ist die Aktie zur Zeit nicht handelbar.

    Lieber McProfit, an dieser Stelle muss ich dich leider korrigieren. Die Gazprom ADRs sind nicht mehr handelbar, weil Russland sich entschieden hat, einen illegalen Angriffskrieg zu starten.


    Spätestens als Putin seine halbe Armee vor der Ukrainischen Grenze versammelt hat, hättest du noch zu einem guten Kurs verkaufen können.


    Allerspätestens am Tag des Krieges hättest du aussteigen müssen! Und selbst danach hattest du noch Monate Zeit, in der du hättest verkaufen können.


    Du hast eine Entscheidung getroffen zu zocken und damit verloren. Für zukünftige Fälle (taiwan) sollte man daraus rechtzeitig seine Schlüsse ziehen.


    Viel Erfolg bei deinen zukünftigen Anlagentscheidungen!

  • Komischerweise konnte man nach dem Irakkrieg noch Haliburton und alle anderen Firmen handeln, die mit dem Töten von zig Tausenden Menschen Milliarden gescheffelt haben.


    Selber schuld oder andere Gründe, kann sich jeder seine eigene Meinung bilden.

  • Von McProfit an Mac83

    Lieber Forumsfreund, da hast Du es mir ja drastisch erklärt:

    Nämlich:

    Meine Verluste hätte ich mir selbst zuzuschreiben weil ich gierig war und zocken wollte…“

    Ich hätte ja genug Zeit gehabt die Aktien noch rechtzeitig zu verkaufen.

    Es ist ja logisch, dass selbst ein normalerweise sehr entspannter Schwabe sich da noch einmal zu Wort meldet.

    Daher erst einmal der Reihe nach:

    Bei der Frage von DeGe ging es ja zunächst nur darum,

    ob man Verluste wertlos gewordener Aktien Steuerlich verwenden kann,

    obwohl man bei solchen Aktien keine Verlustbescheinigung der Bank besitzt.

    Weil man diese Aktie ja nicht verkaufen kann.

    In meiner Antwort habe ich darauf hingewiesen

    Dass ich den Weg gewählt habe, diese Aktien auf ein anderes Depot eines Familien Angehörigen entgeltlich zu übertragen.

    Wichtig ist der entgeltliche Übertrag, der gilt steuerlich wie ein Verkauf.

    Auf diese Weise kommt man doch noch zu einer Verlustbescheinigung.

    Ob das bei mir am Ende funktioniert, kann ich euch erst mitteilen, wenn es auch in meiner Steuer Erklärung vom Finanzamt akzeptiert wurde.

    Auf jeden Fall ist es ein Weg, zumal es bei solch wertlosen Aktien ja immer um hohe Beträge geht, weil ja der gesamte Einkaufspreis als Verlust gilt.

    Jetzt hat der liebe Forumsfreund Mac83 das Thema verfehlt weil er mir erklärt hat, dass mein Verlust gar nicht entstanden wäre, wenn ich vorher diese Gazprom Aktien verkauft hätte.

    Obwohl das gar nichts mit der Frage zu tun hat, muss ich dennoch ganz sachlich antworten:

    Wenn ich bei Kriegsbeginn meine Aktien verkauft hätte, dann hätte ich diese ja an einen anderen Anleger verkauft.

    in diesem Fall hätte eben nicht ich, sondern der andere Anleger den Verlust in seinem Depot.,

    so funktioniert die Börse nun mal.

    Aktien kann man nur verkaufen, wenn es an der Börse Käufer gibt. Natürlich auch umgekehrt.

    Bei diesem Thema ging es jedoch nur um die Frage, ob ein Anleger solche Verluste steuerlich geltend machen kann, obwohl er die Aktie im Moment gar nicht verkaufen kann.

    Ob ich in diesem Fall nun der arme Tropf bin, oder ein anderer ändert ja nicht an der Tatsache, dass irgend ein Anleger den Verlust eben am Ende in seinem Depot verbucht.

    Ich kann aber dem Forums Freund gerne mal separat erklären, warum ich Gazprom Aktien gekauft und behalten habe und mich trotzdem nicht als Zucker betrachte.

    . Das ist aber ein anderes Thema.

    Schönen Feiertag noch wünscht McProfit.

  • Im Moment scheint weder ein Verkauf noch eine Übertragung der russ. ADR möglich zu sein. Hauptproblem scheint die deutsche Clearstream zu sein, die Transaktionen blockiert. Vielleicht gibt es aber demnächst Ausnahmeregeln, mal etwas googeln.


    Ich selbst hatte am 25.02.22, also einen Tag nach der russ. Invasion und ein paar Tage vor dem Inkrafttreten der Sanktionen bis auf die Sberbank einen Großteil meiner russ. ADR mit hohem Verlust verkauft. Ein paar Tage vorher wäre besser gewesen, aber da hatte ich noch nicht mit derartigen Einschränkungen gerechnet und steckte in einer Corona-Quarantäne ohne Internetzugang fest. Es ist aber auch eine historisch einmalige und unvorhersehbare Situation gewesen, dass Aktien mit einem Tag auf den anderen quasi wertlos werden. Meine russ. Aktien hatten die höchste Rendite innerhalb meines Depots und einen Anteil von ca. 10%. Immerhin kann ich wenigstens diese Verluste steuerlich geltend machen. Wenn ich jetzt noch die letzten Sberbank ADR wertlos ausbuchen lasse, bekomme ich dafür keine Verlustbescheinigung. Ich werde warten, bis die BNY Mellon irgendwann mir vielleicht diese zurücknimmt und mir dafür ein vielleicht 1-2% des Kaufwertes an Entschädigung zahlt. Dann bekomme ich eine Verlustbescheinigung und bin diese toxischen "Wertpapiere" endgültig los.


    Nach meiner Meinung hat man als Besitzer von russ. ADR gar keine Ansprüche an das russ. Unternehmen oder irgendwelche Börsen oder Broker, sondern ausschließlich gegenüber dem Emittenten, in diesem Fall der BNY Mellon. Juristisch wäre sie verpflichtet, diese entweder zurückzunehmen oder umzutauschen. Ich wundere mich, warum es nicht schon längst hohe Sammelklagen gegen diese Bank in den klagefreudigen USA gibt. Mein Verdacht, den ich aber nicht beweisen kann ist der, dass diese Bank die russ. Aktien ausgeliehen hat und jetzt auch nicht wieder zurückbekommt und erstens gar keinen Überblick hat, wieviel ADR überhaupt durch ihren physischen Aktienbestand abgedeckt sind und zweitens pleite gehen würde, wenn sie die ADR-Besitzer entschädigen müsste.


    Meine Konsequenzen daraus:

    Keine China-Hongkong-Taiwan Aktien mehr

    Keine BRICS-Länder mehr im Depot: Indien, SA, BR raus

    Möglichst keine ADR mehr

    Ersatz für hohe Dividenden und niedriges KGV: Ost-und Südeuropa, PL, CZ, HU, GR 4%

    Japan-Aktien als antizyklischer Anteil 4%


    justmy2cent

  • Hallo Aktienjongleur

    Kompliment für die sehr ausführliche, verständliche und nachvollziehbare Darstellung zu diesem Vorgang.

    Dies entspricht auch meiner eigenen Meinung. Ich habe mich inzwischen einer Sammelklage eines Stuttgarter Anwaltsbüros angeschlossen.

    Ob das einen Erfolg hat, bezweifle ich.

    Die Alternative wäre - nichts tun.

    Und wie du schreibst, sind ADR nun mal keine Aktien und daher mehr oder weniger wertlos. Ich wäre schon froh, wenn ich den Verlust- Vortrag bekommen würde.

    Allerdings geht es bei mir um hohe 6- stellige Beträge.

    Investiert wegen sehr viele Jahre bezahlten hohen Dividende und dem sicheren Geschäftsmodell.

    halte dich gerne auf dem Laufenden, was der Anwalt hinbekommt. Im Moment gibt es extrem lange Schriftwechsel.

    Die Anwaltsgebühren halten sich noch in Grenzen.

    Viele Grüße aus Stuttgart im McProfit

  • Neue Nachricht meines Brokers, diese sollten ähnlich alle ADR-Besitzer auch erhalten haben. Grösste Hürde dürfte die Einreise nach Russland und die Eröffnung eines Kontos dort sein. Ich werde mir das nicht antun und die ADR bis auf weiteres liegenlassen.


    Sehr geehrte Depotkundin, sehr geehrter Depotkunde,

    wir informierten Sie bereits über Umwandlungsmöglichkeiten von Aktienzertifikaten (Depositary Receipts) in die zugrundeliegenden russischen Originalaktien.

    Auf Grundlage gesetzlicher Änderungen, die mit dem 11. Sanktionspaket der EU gegen Russland beschlossen und veröffentlicht wurden, ergibt sich eine zusätzliche Anforderung im Zusammenhang mit dem Umtausch von Aktienzertifikaten. Diese Anforderung besteht in einer Beantragung einer Ausnahmegenehmigung zur Umwandlung von Aktienzertifikaten in

    die zugrundeliegen Aktien (Artikel 6b Abs. 5aa der Verordnung (EU) Nr. 269/2014). Hierzu ist ein Antrag bei der Deutschen

    Bundesbank, Servicezentrum Finanzsanktionen, vorzugsweise elektronisch (sz.finanzsanktionen@bundesbank.de) zu

    stellen, dies bis spätestens zum

    25. September 2023

    Die Deutsche Bundesbank hat am 06.09.2023 auf ihrer Internet-Seite konkretisierende Hinweise zum Prozess der Antragstellung für diese Ausnahmegenehmigung veröffentlicht, die unter http://www.bundesbank.de unter dem Stichwort "Aktienzertifikate" abgerufen werden können.

    Wir weisen Sie darauf hin, dass auch für den Fall einer Genehmigungserteilung nicht sichergestellt werden kann, dass die angestrebte Umwandlung von Aktienzertifikaten und der anschließende Verkauf der Aktien tatsächlich gelingen. Dies ist

    weiterhin vom Handeln anderer Marktakteure und deren geschäftspolitischer Entscheidungen abhängig, auf die wir keinen Einfluss haben. So ist z.B. ein entscheidender Aspekt, ob die beteiligten Lagerstellen und Emittenten überhaupt eine Umtauschmöglichkeit anbieten. Auch ist möglicherweise der Verkauf der zugrundeliegenden Aktien aufgrund russischer Sanktionsmaßnahmen nicht möglich. Zudem ist eine der Bedingungen für die Antragstellung, dass Sie nachweisen können, dass Sie eine Depotverbindung zu einem Kreditinstitut in Russland unterhalten, über das die unterliegenden russischen Aktien eingebucht werden sollen.

    Für den Fall, dass Sie die Beantragung der Ausnahmegenehmigung wünschen und die erforderlichen Voraussetzungen erfüllen, finden Sie nachfolgend weitere Hinweise, um Sie in Ihrem Antragsprozess direkt bei der Deutschen Bundesbank bestmöglich zu unterstützen. Eine Antragstellung über unser Institut ist auch aufgrund der eng bemessenen Frist nicht

    vorgesehen.

  • Hallo zusammen! Ich möchte mich der Frage des Threaderstellers anschließen, jedoch handelt es sich bei mir um Aktien die ich im Jahr 2021 gekauft habe. Da die Aktien nicht mehr handelbar sind, hat mir mein Broker mir ein Formular zur gegenwertlosen Ausbuchung von Wertpapieren zur Verfügung gestellt. Nach den Ausführungen meines Brokers werden die Verluste aus der Ausbuchung in der Steuerbescheinigung ausgewiesen. Damit müsste ich den Verlust doch steuerlich bis zur einer Höhe von 20.000 EUR geltend machen können?


    Es wurde allerdings noch der Hinweis gegeben, dass bei einer wertlosen Ausbuchung von Wertpapieren, welche über keinen Referenzkurs zum Zeitpunkt der Ausbuchung verfügen, die Depotbank die Ersatzbemessungsgrundlage zum Steuereinbehalt bildet. Ich versteht diese Aussage so, dass die Depotbank damit festlegt, wieviel die Aktien noch "wert" sind. Das müssten dann 0,00 EUR sein. Oder versteht ihr diese Aussage anders?