Mehr oder weniger China im Portfolio

  • Hallo zusammen,


    folgende Fragen:


    1. Momentan habe ich Emerging Markets mit 25% in meinem ETF-Portfolio. Auf der einen Seite denke ich auch darüber nach direkt in eine oder zwei interessante chinesische Firmen mit Aktien zu investieren. Auf der anderen Seite bin ich wegen der ganzen Taiwan Thematik skeptisch und überlege mir, ob es besser ist den EM Anteil herunterzufahren. Dann wiederum denke ich mir, dass sowieso alle Märkte in die Knie gehen würden, falls dort etwas passiert. Also unabhängig ob man da zu 25% oder zu 20% oder zu 15% investiert ist, es würde ziemlich steil bergab gehen. Was meint Ihr?


    2. Angenommen es würde irgendwann in Taiwan knallen, könnten dann chinesische Aktien vom Handel ausgeschlossen werden? Würden Aktien von chinesische Firmen aus den ETFs rausgenommen werden? Weiß jemand, was mit russischen Aktien oder anderen ähnlichen Fällen passiert ist? Im Endeffekt würde ich gerne wissen, ob man sozusagen Aktien verlieren könnte, bzw. bei EM ETFs chinesische Aktien aus dem Index geworfen werden könnten.


    Bitte keine politische Diskussion, davon gibt es in anderen Foren genug. Nur die investorische Sicht bitte. Danke!

  • Auf der einen Seite denke ich auch darüber nach direkt in eine oder zwei interessante chinesische Firmen mit Aktien zu investieren.

    Bei allen Geldanlagen bzw. Investitionen in volatile 'Dinge' spricht man ja bekanntlich von Spekulationen... Man spekuliert darauf, dass ein Kurs steigt und/oder die jeweilige AG, sofern man in Einzelaktien investieren will, Dividenden zahlt.

    Wenn du wirklich in chinesische Aktien investieren willst, solltest du für dich definieren, was eine 'interessante Aktie' darstellt. Ferner solltest du wissen, wie das mit dem Aktienhandel funct, wie und wo du kaufst und ggfs. verkaufst, und zu welchen Kosten.

    Von Investitionen in Einzelaktien wird häufig abgeraten... besonders dann, wenn Kleinanleger betroffen sind. MMn kann man ruhig auch in Einzelaktien investieren, sollte sich aber darüber im Klaren sein, dass gerade dann, wenn nicht gestreut wird, der Markt beobachtet gehört und solche Aktien durchaus auch mal schnell von jetzt auf gleich aus dem Portfolio fliegen dürfen.

  • Hallo FragenUeberFragen und Herzlich Willkommen im FT-Forum,

    zu Deinen Fragen.

    Ja, halte ich Beides für möglich. Wobei 1. mit nahezu 100%iger Sicherheit eintreten würde. Die gesamte Weltwirtschaft ist einfach viel zu abhängig von China, als das es nur geringe Auswirkungen wie im Falle des Angriffskriegs Russland gegen die Ukraine geben würde.


    Ich bin selbst auch mit rund 30% in den EM investiert (= ca. 10% direktes China-Investment). Risiko ist immer da bei einer Geldanalage. Wer weiß schon was die Zukunft bringt?


  • 1. Ja, ich bin aktuell in einen Chinawert direkt investiert (wegen des enormen Wachstumspotenzial) und habe den bereits im Zweifel als Totalverlust abgeschrieben. Also hohes Risiko und daher auch nur geringes Investment. Ansonsten Anteile in den EM-ETF baue ich schon lange nicht mehr aus. Auch wenn die Weltwirtschaft mit Sicherheit im Falle eins Konfliktes auch herunter geht, so sehe ich die lokalen Auswirkungen als größer an.


    2. Das weiß man nicht so genau. Die EM-ETFs werden reallokieren, das Problem ist aber, wie sie sie mit den Anteilen umgehen, wenn tatsächlich Sanktionen einen Verkauf erschweren. Der einfachste Fall ist, die Anteile auf 0 zu setzen, was im Fallen von Russland passiert ist. Das wird beim MSCI-EM wegen der extrem hohen Anteile aber nicht so einfach gehen.


    Tatsächlich könnten daher in einigen Fällen synthetische ETFs besser sein, als physische (aus der Theorie).

  • Für die Altersvorsorge würde ich die Finger davon zurück halten, mit übrigen Spielgeld kann man es machen. Bei einem EM ist auch was dabei, bei einem eventuellen Krieg mit Taiwan weiß keiner was mit chinesischen Aktien passiert, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es so dramatisch wie bei den russischen wird. Da wird es für die gesamte Weltwirtschaft interessant, da China da eine sehr große Rolle spielt und der Rest der Welt dort produziert.

  • Der einfachste Fall ist, die Anteile auf 0 zu setzen, was im Fallen von Russland passiert ist. Das wird beim MSCI-EM wegen der extrem hohen Anteile aber nicht so einfach gehen.

    Kleine Korrektur dazu. Die Anteile wurden nicht auf Null gesetzt, sie sind nicht handelbar und wurden zu Null ausgebucht. Würde die chinesische Regierung Ausländern verbieten, Aktien zu verkaufen, würde genau das Gleiche passieren. Egal, zu welchem Anteil China enthalten ist. Keine Handelbarkeit, kein Bestandteil des Index.

  • ..., bei einem eventuellen Krieg mit Taiwan weiß keiner was mit chinesischen Aktien passiert, allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass es so dramatisch wie bei den russischen wird.

    Erstmal: China ist nicht Taiwan. Taiwan ist eine Demokratie und bietet auch einen entsprechenden offenen Kapitalzugang zu den Aktienmärkten bzw. Unternehmen des Landes an.

    China ist da schon ganz anders. Es gibt keinen freien Kapitalmarkt bzw. Zugang zu den Aktienmärkten. Daher die unterschiedlichen Aktienklassen oder ADR-Konstrukte damit Ausländer überhaupt in chinesische Unternehmen investieren können.


    Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es in einem bewaffneten Konflikt China/Taiwan ganz ähnliche Probleme mit den chinesischen Aktien geben würde. Wenn die Anteile nicht mehr frei handelbar sind, müssen die Indexanbieter die Aktien aus den Indizies nehmen.

    Wie auch immer. Wollen wir hoffen, dass die Chinesen 'nur' mit dem Säbeln rasseln und nicht so irrational handeln wie ein Putin.

  • Sind schon Unterschiede. Zum einen wurde in vielen Medien das als Sanktion dargestellt, ist es aber nicht. Es ist natürlich nicht auszuschließen, dass im Zweifelsfall die US-Regierung Druck ausübt, im Fall von Russland war das aber nicht nötig.

    Das andere ist, dass die Aktien ja noch da sind, da nicht handelbar. Irgendwann sind die vielleicht wieder etwas wert.

    Und der dritte Punkt ist, dass es eben keine willkürliche Entscheidung ist, diese Aktien herauszunehmen, die man treffen kann oder auch nicht. Da das technisch bedingt ist (mangelnde Handelbarkeit), ist es auch unerheblich, ob wir hier von 2% Russland reden oder von 30% China. Im Zweifelsfall gibt es nicht die Möglichkeit zu sagen "die sind zwar nicht handelbar, aber wir lassen die drin, weil es so viele sind".

  • Beim EM-ETF musst du damit leben, dass er die chinesischen Aktien solange hält, bis sie aus dem Index geworfen werden. Das kann dann ein Totalverlust sein. Schlimmstenfalls wird der ETF auch aufgelöst, wenn er nur in China investieren darf.


    Die China-Aktie kannst du (noch) verkaufen, wenn dir das Säbelrasseln zu laut wird. Somit könntest du noch mit einem blauen Auge davon kommen. Wie groß der Spread zwischen Geldkurs und Briefkurs dann ist, ist eine andere Frage. Ich kann drauf verzichten.

  • Das politische Risiko für China-Investments ist mir klar zu hoch. Nicht nur das außenpolitische, auch das innenpolitische. Ich glaube weder, dass das Eigentum von Ausländern in China geschützt ist (es gibt nicht einmal mehr in Hongkong unabhängige Gerichte), noch dass der aktuelle Trend zum Totalitarismus nach innen oder zur Wolfskrieger-Rhetorik nach außen größere Innovations- und Wachstumsimpulse setzen wird, von denen Ausländer nachhaltig profitieren können.

    Taiwan würde ich von dieser (Negativ-)Bewertung ausdrücklich ausnehmen. Dort sehe ich eigentlich nur (!) das Risiko eines chinesischen Überfalls, aber ansonsten stabile demokratische und rechtsstaatliche Verhältnisse sowie ungebrochene Innovationskraft. Im Falle eines chinesischen Überfalls rechne ich mit massiven Reaktionen der USA und anderer Verbündeter. Ob Taiwan fallen würde, scheint mir offen - aber ein Investment in Festlandchina auf jeden Fall weg (letztlich egal ob durch Sanktionen oder chinesische Eingriffe).


    Nachhaltige Gewinnchancen sehe ich daher weniger in Festlandchina als in den Staaten, die potenziell von einer (wegen der Negativentwicklung) verstärkten Diversifizierungsbewegung hin zu anderen Partnern profitieren könnten. Dazu zählen m.E. die meisten ASEAN-Staaten, Korea und Japan, aber auch die Klassiker USA, Kanada und Europa sowie solche Emerging Markets, die entweder marktwirtschaftliche und rechtsstaatliche Demokratien sind oder zumindest geringere politische Risiken mit sich bringen, z.B. Indien, Brasilien, die meisten lateinamerikanischen Staaten, Südafrika, Israel, Türkei etc. Außerdem natürlich Australien, Neuseeland etc.

  • Wow, zunächst mal vielen Dank für die rege Diskussion. Man merkt, dass das Forum lebt :)


    Ich würde die verschiedenen Stimmen bisher folgendermaßen zusammenfassen:

    - Risiko auf Totalverlust der Aktien bei Krieg ist da.

    - EM ETF würde starke Verluste verzeichnen. Genauso wie die anderen ETFs, da es große Verflechtungen mit China gibt.

    - Es gibt unterschiedliche Stimmen bzgl. gleichbleibendes, weniger und gar kein Investment in China .


    Ich denke

    - Aus dem EM ETF rausgehen, ist für mich keine Option, da für mich das Wachstumspotential einfach viel zu groß ist. Ich würde wahrscheinlich wenn das Säbelrasseln lauter wird auf 20% Anteil EM reduzieren.

    - Auf Aktien dort werde ich wohl vorerst verzichten.

    - Ggf. werde ich mir mal eine Option bzgl. China only ETF anschauen und ein EM ETF ohne China. Den habe ich heute zum ersten Mal gesehen: https://www.finanzfluss.de/informer/etf/lu2009202107/ . So ist man im Notfall vielleicht flexibler. Allerdings ist dort der Anteil von Taiwan sehr hoch. Also gleiches Problem. Ich glaube, da müssten Anbieter erstmal reagieren und auf den Markt bringen.


    Hoffen wir, dass es friedlich bleibt.