Rechtsschutzversicherung rückwirkend notwendig?

  • Hi zusammen,

    ich benötige eine Rechtsschutzversicherung im Bereich Immobilien/Wohnen/Nachbarschaft und bin mir nun nicht sicher, ob ich eine brauche, die rückwirkend tätig wird oder nicht.

    Der Sachverhalt ist folgender: Es gibt ein Problem mit dem Nachbarn (sein Zaun ist auf unserem Grundstück). Er und ich haben das Problem identifiziert, über das Problem gesprochen und versucht eine unkomplizierte Lösung zu finden. Die wird es jedoch offensichtlich nicht geben. Für den etwaig anstehenden Rechtsstreit würde ich gerne eine Rechtsschutzversicherung abschließen.

    Bis auf die Gespräche wurde noch kein Anwalt konsultiert.

    Benötige ich nun eine rückwirkende Rechtsschutzversicherung, weil das Problem schon mit dem Abschluss der Verischerung "bekannt" war?

    Vielen Dank!

  • Also anders formuliert:

    Ich benötige eine rückwirkende Rechtsschutzversicherung, die gibt es aber nicht?

    In den Versicherungsbedingungen von Rechtsschutzversicherungen ist die Kostenübernahme für Streitigkeiten, die bereits laufen, regelmäßig ausgeschlossen. Weiterhin gibt es eine Wartezeit von beispielsweise 3 Monaten, bis die Versicherung überhaupt greift, vermutlich deswegen, weil die Versicherung der Kostenübernahme für Streitigkeiten aus dem Weg gehen möchte, die bereits in der Luft liegen, aber noch nicht offen ausgebrochen sind.

    Im Grunde liegt das nahe: Prinzip jeder Versicherung ist, daß viele jeweils wenig Geld in einen Topf bezahlen, damit für wenige große Schäden bezahlbar werden.

    Wäre ja zu schön: "Das Haus brennt! Schnell noch eine Feuerversicherung abschließen!"

    Das geht so aber nicht.

  • Danke!

    Habe alles verstanden.

    Mir war grundsätzlich klar, dass es rückwirkende Versicherungen gibt. Mir war jedoch nicht bewusst, dass es diese nur in bestimmten Bereichen gibt.

  • Nur als Hinweis. In Rechtsstreitigkeiten kann man sich auch ohne Rechtsschutzversicherung anwaltlich vertreten lassen...im Schnitt und über längere Zeit wird man dabei sicherlich Gute machen (die Versicherungsvertreter und die schönen Hochglanzgebäude wollen schließlich auch bezahlt werden)

  • Also: Das Nachbarhaus steht seit 15 Jahren. Der Nachbar hat damals (vermutlich irrtümlich) den Zaun etwas zu weit ins damalige Ackerland gesetzt und will den jetzt nicht zurücknehmen. Rechtlich ist das eine klare Sache. Dafür braucht man keine Rechtsschutzversicherung, das klagt man durch, wenn man das für den rechten Weg hält. Das wird man in aller Regel gewinnen, somit zahlt der Nachbar die Kosten. Aber will man das?

    Einer der Nachteile von Immobilieneigentum ist, daß man (wenn es Krach gegeben hat) nicht einfach wegziehen kann. Du gewinnst den Prozeß, der Nachbar muß auf seine Kosten den Zaun versetzen und Du hast Dir einen Feind geschaffen für den Rest Deiner Zeit, die Du da wohnst.

    Wie weit die Sache bereits ist, deutest Du nur vage an. Ich hätte mir angesichts des obigen vermutlich gut überlegt, ob ich die Sache eskalieren lasse.

    Frieden hat zwar keinen expliziten Preis, bei Licht besehen ist er aber unbezahlbar.

  • Ich musste bisher noch nicht anwaltlich vertreten werden und daher mir war nicht bewusst, dass der "Verlierer" jegliche Kosten bezahlen muss. Ich wäre davon ausgegangen, dass die Kosten für meinen Anwalt auf jeden Fall auch von mir zu tragen sind, daher der Gedanke mit der Rechtsschutzversicherung.

    Die Situation ist bisher noch nicht eskaliert, wir loten lediglich die Möglichkeiten aus. Insgesamt geht es um ca. 6qm unseres Grundstücks, welche wir durch den Zaun "verlieren".

    Die bittere Pille zu schlucken und einfach die Situation hinzunehmen kommt aus meiner Perspektive nicht in Frage. Ob es eine unkomplizierte Lösung gibt, entweder freiwillige Demontage oder Entschädigung wird sich in den kommenden Tagen/Wochen entscheiden.

  • In den meisten Rechtssachen ist es so, daß der Verlierer des Prozesses den Prozeß bezahlt, also Gerichtskosten, Anwaltskosten der Gegenseite, eigene Anwaltskosten. Meines Wissens ist es nur im Arbeitsrecht anders, da zahlt man in der ersten Instanz immer die eigenen Kosten.

    Die Sache mit dem Zaun ist Zivilrecht, dort zahlt der Verlierer (wenn es einen klaren Verlierer geben wird!).

    Es gibt im Netz reichlich Gerichtskostenrechner. Dafür mußt Du aber den sog. Streitwert kennen, also den Betrag Geld, um das es geht. Das könnten in Deinem Fall die 6 m² Grund sein, die Du bezahlt hast und der Nachbar mit seinem Zaun beansprucht.

    Meine Erfahrung ist die, daß aus einem Gerichtssaal in der Regel zwei Verlierer herauskommen. Auch der, der formal gewonnen hat, hat im Zuge des Prozesses meist so viel Blessuren hinnehmen müssen, daß man auch ihn als Verlierer bezeichnen kann. Ein Verständigungsfrieden (meist mit Kompromiß, vielleicht sogar mit faulem Kompromiß) ist in aller Regel besser.

    Nach meiner unmaßgeblichen Einschätzung dürftest Du den Prozeß gewinnen, wenn Du den Nachbarn darauf verklagst, den Zaun zu versetzen. Aber Du schaffst Dir damit einen dauerhaften Feind, und das möchte man ja nicht haben.

    Ohne die Details Deines Falles zu kennen, möchte ich Dir dringend ans Herz legen, eine friedliche Lösung zu suchen, selbst wenn Du damit formal nicht zu 100% "gewinnst", wie Du es gern hättest. Meines Wissens ist bei Nachbarschaftsstreitigkeiten vor einer eventuellen Klage ohnehin ein Schiedsverfahren obligatorisch.

  • Hallo mabodeluxe,

    für eine formaljuristisch korrekte Lösung Ihres Falles gibt es drei Lösungswege:

    • Der Nachbar baut den Zaun zurück;
    • Der Nachbar zahlt Ihnen eine jährliche Pacht oder
    • Der Nachbar kauft Ihnen die 6 m² ab.

    Bei alle drei Varianten kommen Sie ohne Gericht und damit Rechtsschutzversicherung aus. Übrigens, der Streitwert dürfte so niedrig sein, dass sich auch die Anwälte nicht unbedingt um den Fall reißen bzw. wenn einer schon das Mandat übernimmt, keine große Mühe geben. Wie schon andere Foristen betont haben, selbst wenn Sie juristisch siegen, dürften Sie auch Verlierer sein.

    Wenn das Gespräch mit dem Nachbarn schwierig wird, gehen Sie zur Schiedsfrau oder Mediator.

    Gruß Pumphut

  • Was trägt der Nachbar denn vor? Mit welchen Argumenten stellt er sich gegen den Rückbau? Und von was für Größenverhältnissen sprechen wir? Wenn vom 750-qm-Garten 6 qm abgehen, hat man vielleicht eine andere Offenheit für andere Lösungen, als wenn vom 40 qm großen Garten 6 qm abgehen.

  • Hallo,

    Ich glaube ich würde das erstmal fristwahrend beim Bauamt melden. Danach kann man sich über eine jährliche Kompensationszahlung einigen und eine Dienstbarkeit eintragen.

    Wenn der Zaun selbst kein genehmigungsbedürftiges Bauwerk darstellt (selten) und nicht gerade durch die falsche Grenzziehung Abstandsflächen verletzt werden (nicht vorgetragen) interessiert sich das Bauamt für den Fall nicht. Bis auf exotische Ausnahmen ist der falsch gestellte Zaun keine öffentliche Angelegenheit, sondern allein eine Zivilsache zwischen den Nachbarn.

    Gruß Pumphut