Freistellungsauftrag, und 70 % der Dividenden

  • Guten Abend liebe Community,


    Aktiengewinne werden nur zu 70% besteuert.

    Also sind eigentlich nicht die 1000 Euro steuerfrei, sondern 1428,57 Euro.


    Aber wann greift diese 70%-Regelung?

    Ich habe bei meinem Depotanbieter einen Freistellungsauftrag von 1000 Euro. Davon sind 57 Euro durch Dividenden ausgeschöpft.

    Aber warum volle 57 Euro Dividende und nicht 70% davon?


    Viele Grüße

    Vasya

  • Aktiengewinne werden nur zu 70% besteuert.

    Das ist nicht richtig. Aktiengewinne werden zu 100% besteuert.


    Gewinne bestimmter Aktienfonds werden zu 70% besteuert, aber das ist eine komplizierte Geschichte.

    Also sind eigentlich nicht die 1000 Euro steuerfrei, sondern 1428,57 Euro.

    Von allgemeinen Kapitalerträge sind 1000 €/a steuerfrei, von Erträgen (echten oder fiktiven (!)) von bestimmten Aktienfonds sind über die Teilanrechnungsquote letztlich 1428 €/a steuerfrei.

    Aber wann greift diese 70%-Regelung?

    Sie greift bei Aktienfonds, sofern in dem Fonds mindestens 51% Aktien drinstecken.

    Ich habe bei meinem Depotanbieter einen Freistellungsauftrag von 1000 Euro. Davon sind 57 Euro durch Dividenden ausgeschöpft.

    Aber warum volle 57 Euro Dividende und nicht 70% davon?

    Weil Aktien-Dividenden keine Fondsausschüttungen sind.

  • Mögliche Abhilfe: bei ishares anrufen und um eine Bestätigung bitten, dass die Quote durchgängig >50% war. Lt. Abschluss zum 30.06.23 lag sie bei >99%.

    Wie, ist das wirklich möglich, als einzelner Mensch beim Fond anzurufen und das Kriterium für die Teilfreistellung ändern zu lassen ? Bei justETF steht auch, dass TFS nicht möglich ist.

    Die Bestätigung schickt man dann der Bank und diese ändert einfach die Steuerberechnung?

  • Wie, ist das wirklich möglich, als einzelner Mensch beim Fond anzurufen und das Kriterium für die Teilfreistellung ändern zu lassen ? Bei justETF steht auch, dass TFS nicht möglich ist.

    Die Bestätigung schickt man dann der Bank und diese ändert einfach die Steuerberechnung?

    Nein, du bekommst nur eine Mitteilung fürs Finanzamt. Dort bekommst du im Rahmen der Einkommensteuererklärung die zuviel gezahlten Steuern zurück.

    Das ist dann die "Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge". Eventuell noch die Günstigerprüfung ankreuzen, damit die Kapitalerträge nicht zum EInkommensteuersatz versteuert werden.

  • Nein, du bekommst nur eine Mitteilung fürs Finanzamt. Dort bekommst du im Rahmen der Einkommensteuererklärung die zuviel gezahlten Steuern zurück.

    Das ist dann die "Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge". Eventuell noch die Günstigerprüfung ankreuzen, damit die Kapitalerträge nicht zum EInkommensteuersatz versteuert werden.

    Danke.

    Aber sind die angegebenen 0 % dann eine Fehlinformation der Fondsgesellschaft, bei der der eine in Kenntnis der Details sich Steuern zurückholt, der andere aber im Vertrauen auf die 'Automatismen' nicht?

  • Aber sind die angegebenen 0 % dann eine Fehlinformation der Fondsgesellschaf

    Nein. Das ist einfach die Fondstruktur. Es gibt keine Mindestaktoenquote von 51% und damit auch keine grundsätzliche Teilfreistellung von 30%.


    Für einen Aktienfonds mit grundsätzlich allgemein gültiger Teilfreistellung bedarf es eben einer vorgegebenen mindestquote von 51%.


    Ist die Quote in Wirklichkeit dann doch entsprechend hoch, kann man sich das wie erwähnt bestätigen lassen und so dann doch die Teilfreistellung bekommen.

    Ja, da ist dann der begünstigt, der dieses wissen hat.

  • Aber sind die angegebenen 0 % dann eine Fehlinformation der Fondsgesellschaft, bei der der eine in Kenntnis der Details sich Steuern zurückholt, der andere aber im Vertrauen auf die 'Automatismen' nicht?

    Das ist das, was die Fondsgesellschaft der BAFIN bei der Zulassung des Fonds für den Vertrieb in Deutschland gemeldet hat. Entsprechend muß die Depotbank die Steuern abführen.


    Liegt die Aktienquote für dich steuerlich günstiger, musst du selbst aktiv werden. Dafür werden die bei der BAFIN eingereichten und genehmigten Daten nicht geändert. Das kostet nämlich Zeit und Geld. Und im Ausland aufgelegte Fonds haben da wenig Interesse dran.


    Für dich als Endkunde ist es einfacher, Fonds mit garantierter Aktienquote zu nehmen.

  • Dass das funktionieren soll, halte ich für ein Gerücht. Nach dem Gesetz kommt es für die Teilfreistellung gar nicht darauf an, wie der Fonds tatsächlich investiert ist oder war. Erforderlich ist, dass er "gemäß den Anlagebedingungen" fortlaufend mehr als 50% des Anlagevermögens in Kapitalbeteiligungen anzulegen hat. Wenn das nicht der Fall ist, ist er kein Aktienfonds i. S. von § 2 Abs. 6 InvStG, auch wenn er gerade tatsächlich sein gesamtes Vermögen in Aktien angelegt hat. Und dass die Fondsgesellschaft jedem Anrufer, den sie nicht kennt und von dem sie nicht einmal wissen kann, ob er den Fonds überhaupt hält, irgendwelche steuerlichen Bescheinigungen ausstellt, naja, wer's glaubt wird selig.

  • Ist das wirklich möglich, als einzelner Mensch beim Fonds anzurufen und das Kriterium für die Teilfreistellung ändern zu lassen? ... Die Bestätigung schickt man dann der Bank und diese ändert ,,, die Steuerberechnung?


    Nein, du bekommst nur eine Mitteilung fürs Finanzamt. Dort bekommst du im Rahmen der Einkommensteuererklärung die zuviel gezahlten Steuern zurück.

    Das ist dann die "Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge".

    Und das nur deswegen, weil 57 € Ausschüttungen im Rahmen eines Sparerfreibetrags von 1000 € zu 100% und nicht zu 70% angerechnet worden sind? Das ist Deutschland. Dort wirft man mit der Wurst nach der Speckseite, wenn es ums Prinzip geht.


    Hätte ich Anteile dieses Fonds gekauft, hätte ich vermutlich nicht vor dem Kauf 190 Seiten Factsheet studiert (Unverzeihlich!), und wäre wohl in die gleiche Falle getappt wie der Threadersteller. Einmal kurz ärgern, Verkaufsorder ausfüllen, anderen, ähnlichen Fonds kaufen, bei dem die Erträge und die Wertentwicklung teilfreigestellt sind.


    Lerneffekt für mich: Sollte ich in der Zukunft je vom Prinzip "Keep it simple" abweichen wollen, muß ich auf dieses Detail achten. Bei JustEFT erfordert das ja weniger Mühe, als das ganze "Factsheet" (besser: Factbook) durchzulesen.

  • Erforderlich ist, dass er "gemäß den Anlagebedingungen" fortlaufend mehr als 50% des Anlagevermögens in Kapitalbeteiligungen anzulegen hat. Wenn das nicht der Fall ist, ist er kein Aktienfonds i. S. von § 2 Abs. 6 InvStG, auch wenn er gerade tatsächlich sein gesamtes Vermögen in Aktien angelegt hat.

    §20 (4) sagt allerdings:


    Weist der Anleger nach, dass der Investmentfonds die Aktienfonds- oder Mischfonds-Kapitalbeteiligungsquote oder Immobilienfonds- oder Auslands-Immobilienfondsquote während des Geschäftsjahres tatsächlich durchgehend überschritten hat, so ist die Teilfreistellung auf Antrag des Anlegers in der Veranlagung anzuwenden.


    Was ich bisher aber nicht auf dem Schirm hatte: ist in dem Zusammenhang der §22 (1)


    Ändert sich der anwendbare Teilfreistellungssatz oder fallen die Voraussetzungen der Teilfreistellung weg, so gilt der Investmentanteil als veräußert und an dem Folgetag als angeschafft. 2Der Investmentanteil gilt mit Ablauf des Veranlagungszeitraums als veräußert, wenn der Anleger in dem Veranlagungszeitraum den Nachweis nach § 20 Absatz 4 erbringt und in dem folgenden Veranlagungszeitraum keinen Nachweis oder einen Nachweis für einen anderen Teilfreistellungssatz erbringt.

  • Bin zwar kein Experte aber versuche trotzdem zusammen zu fassen:


    Habe ich ein Fonds der laut Anlagebedingung immer zu mindestens 51% in Aktien investiert brauche ich nur 70% der Dividenden bzw. der Gewinne versteuern.


    Bei einem Fonds der zwar zu mehr als 51% in Aktien investiert ist, dieses aber nicht in explizit in seiner Anlagebedingung stehen hat, gilt die Teilfreistellung nicht und es sind 100% der Dividenden bzw. Gewinne zu versteuern.


    Jetzt kann ich von der Fondsgesellschaft eine Information anfordern und nachweisen das der Fonds im Investionszeitraum tatsächlich über 51% in Aktien investiert war kann ich diese Teilfreistellung der Erträge über die Steuererklärung nachreichen und müsste somit nur 70% versteuern.


    Halte ich diesen unter 51% Aktienqouten Fonds über mehrere Jahre muss ich diesen Aktienqoutennachweis jedes Jahr bei der Steuererklärung erbringen da sonst der Fonds als verkauft und wieder neugekauft gilt. Mit allen steuerlichen Nachteilen die sich daraus ergeben.


    Kurz ist die Zusammenfassung nicht geworden, aber ich hoffe das ich das richtig zusammen gebastelt habe.


    Also ich mache das mit den mindestens 51% Aktienfonds. Der Rest ist mir Zuviel Aufwand……


    Man muss aber auch immer aufpassen was man kauft.


    Euch gute Finanzentscheidungen.

  • nd dass die Fondsgesellschaft jedem Anrufer, den sie nicht kennt und von dem sie nicht einmal wissen kann, ob er den Fonds überhaupt hält, irgendwelche steuerlichen Bescheinigungen ausstellt, naja, wer's glaubt wird selig.

    Es gibt KAG, die eine derartige Bescheinigung zum Download bereithalten. Ja, ich weiß, ist kein ETF. https://fsl11.flossbachvonstor…8657/de/institutional/de/

  • Dass die Fondsgesellschaft jedem Anrufer, den sie nicht kennt und von dem sie nicht einmal wissen kann, ob er den Fonds überhaupt hält, irgendwelche steuerlichen Bescheinigungen ausstellt, naja, wer's glaubt wird selig.

    Es gibt KAG, die eine derartige Bescheinigung zum Download bereithalten. Ja, ich weiß, ist kein ETF. https://fsl11.flossbachvonstor…8657/de/institutional/de/

    Man könnte dieses Faktum im Geschäftsbericht schreiben, denn die Gesellschaft ohnehin erstellen muß. Ich sehe keinerlei Einschränkung, ein solches Papier für jedermann abrufbar ins Internet zu stellen (am besten so, daß der URL auf dem Papier mit drauf ist). Ohnehin kann nur der mit einem solchen Papier etwas anfangen, der den zugrundeliegenden Fonds hält und dem mehr KESt abgezogen worden ist, als notwendig gewesen wäre. Ich kann mir nicht vorstellen, wie mit einem solchen Papier Mißbrauch zu treiben wäre.

  • Man könnte dieses Faktum im Geschäftsbericht schreiben, denn die Gesellschaft ohnehin erstellen muß. Ich sehe keinerlei Einschränkung, ein solches Papier für jedermann abrufbar ins Internet zu stellen (am besten so, daß der URL auf dem Papier mit drauf ist).

    Wird ja auch so gemacht:

    https://www.deka.de/mms/Deka-ImmobilienEuropa_JB.pdf

    Seite 132


    Allerdings lesen sich nur die wenigsten einen Jahresbericht durch. Bislang habe ich das noch nie beantragt, weil ich unter dem Grundfreibetrag lag. Und weniger als nix geht ja nicht.