Bewertung kapitalbildende Lebensversicherung

  • Hallo zusammen,


    meine Eltern haben 2004 eine kapitalbildende Lebensversicherung für mich abgeschlossen. Ehrlich gesagt habe ich mich damit nie weiter beschäftigt und zahle bis heute darin ein. Der Finanztip-Newsletter hat mich jetzt dazu gebracht, diese zu hinterfragen. Mein Problem ist, dass es mir schwerfällt, zu beurteilen, wie brauchbar die Versicherung tatsächlich ist. Man liest häufig, dass ältere Versicherungen durchaus rentabel sein können, da es früher höhere Garantiezinsen gegeben hat. In der Police sehe ich aber keine - für mich verständliche - Angabe zu Garantiezinsen oder sonstige Hinweise, die darauf schließen lassen, wie das Geld überhaupt angelegt wird und wie die Rendite zustande kommt.

    Daher möchte hier um Ratschläge bitten, wie man die Versicherung zu beurteilen hat. Zu diesem Zweck gebe ich hier die Rahmendaten und die Angaben aus der letzten Standmitteilung an:



    Mein Analyseanasatz wäre die bisher eingezahlte Summe (12.828,96 €) im Verhältnis zur garantierten Leistung bei Freistellung (22.053,46 €) im Verhältnis der Laufzeit (noch 22 Jahre) zu setzen. Um diese Leistung zu erreichen, müsste ich das Kapital mit etwa 2,5% Zinsen anlegen, wenn ich mich nicht irre. Das würde ich als eher mäßige Rendite betrachten. Andererseits "lockt" natürlich die Angabe zu der möglichen Leistung bei unveränderter Überschussbeteiligung. Bei der weiß ich aber halt nicht, wie die zustande kommt.


    Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr ein paar Gedanken zur Bewertung der Versicherung teilen würdet.

  • Moin Auron,


    nur mit garantierten Sachen rechnen. So Überschüsse sind ganz schnell kassiert.


    Unter Zinsen berechnen gibt´s so einen Rechner:

    Rendite einer Kapitallebensversicherung


    Vielleicht kannst du deinen Vertrag auch Rückabwickeln bzw. Widerrufen.

    Die Verbraucherzentrale Hamburg berät dazu.

    Die Dynamik solltest du jedenfalls schon mal stoppen.

    Lies dich noch ein bisschen schlau und entscheide dann wie du mit deinem Vertrag umgehst.


    Unsichere Lebensversicherer – ein Update - Prof. Dr. Hartmut Walz
    Lebensversicherern geht es schlecht. Deshalb auf keinen Fall mehr kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherungen, Riester- oder Rürup-Verträge abschließen!…
    hartmutwalz.de


    Ich wünsche dir gute Finanzentscheidungen.

  • Moin,

    ich habe Deine Zahlen mal in der Rechner bei Zinsen-berechnen eingetippt:

    Rendite einer Kapitallebensversicherung (zinsen-berechnen.de)


    Die Werte entsprechen dem, was man von einer Police aus 2004 erwarten darf. Seinerzeit galt ein Garantiezins von 2,75% auf den Sparanteil. Die Auszahlung ist steuerfrei (da vor 2005).

    Ob sich so eine 'Geldanlage' nach Inflation rechnet musst Du Dir selbst überlegen. Ich würde jedenfalls ernsthaft darüber nachdenken, ob die Fortführung der Police überhaupt Sinn für meine finanzielle Gesamtsituation ergibt. :/


    Mögliche Optionen wären Stilllegung, Kündigung oder gar eine Rückabwicklung. Was auf jedem Fall betrachtet werden sollte, in wie weit die Dynamik überhaupt noch Sinnvoll ist! Jede Dynamik erzeugt weitere Provisionskosten.


    Andererseits "lockt" natürlich die Angabe zu der möglichen Leistung bei unveränderter Überschussbeteiligung. Bei der weiß ich aber halt nicht, wie die zustande kommt.

    Ja, das ist die Prognose der Versicherung. ;(

    Ich habe auch noch so eine alte KLV von 1990. Ich könnte mit den alten Prognosen meiner Versicherung ein prima Märchenbuch schreiben. Seit 2010 kennt die Prognose meiner Versicherung nur noch eine Richtung. Und das war nicht nach oben! :/

    Allein im letzten Jahr, wurde die Prognose mal eben um 15% gekürzt (Die Zinsen sind ja auch gestiegen ;) ).

    Ich verlasse mich nur noch darauf, dass ich 2031 meine garantierte Ablaufleistung bekomme.

    Und genau das würde ich Dir auch empfehlen. Gehe nur von der Garantieleistung aus!

    Ich investiere seit einigen Jahren verstärkt in ein ETF Depot. Da sieht es mit der Rendite wesentlich erfreulicher aus als mit meiner Versicherung.

    Aber garantiert ist halt nix. Damit kann ich aber leben.

  • Vielen Dank für Eure Antworten.


    Der Hinweis auf den schwankenden Verlauf der Prognose zur Ablaufleistung hat mich dazu gebracht mal alle Prognosen zwischen 2006 und 2023 zusammenzutragen:


    48154,19
    50480,79
    52718,23
    54044,12
    56141,86
    58235,68
    57342,39
    53573,54
    52727,13
    52100,61
    50918,96
    50042,69
    51527,8
    80021,23
    75018,07
    75019,89
    75019,89


    Sie ist also lange Zeit zwischen 50.000 und 60.000 geschwankt und dann gab es 2019 einen großen Sprung nach oben. Danach leicht zurück und zuletzt konstant. Aber vielleicht sollte ich mich darauf tatsächlich nicht so sehr konzentrieren.


    Die Ratgeber bei Finanztip zur LV raten gefühlt von allen denkbaren Optionen ab:

    • Kündigung: Teuerste Variante, da Kosten nicht erstattet werden
    • Verkaufen: Fraglich, ob man noch einen Käufer findet
    • Beitragsfrei stellen: Wird nur für kurze Zeiträume empfohlen. Typischerweise kann man mit 1,5% bis 2,5% Verzinsung rechnen
    • Widerruf: Kaum noch erfolgreich
  • Die Ratgeber bei Finanztip zur LV raten gefühlt von allen denkbaren Optionen ab:

    Kündigung: Teuerste Variante, da Kosten nicht erstattet werden
    Verkaufen: Fraglich, ob man noch einen Käufer findet
    Beitragsfrei stellen: Wird nur für kurze Zeiträume empfohlen. Typischerweise kann man mit 1,5% bis 2,5% Verzinsung rechnen
    Widerruf: Kaum noch erfolgreich

    Ich wundere mich, dass Finanztip dermaßen die Kündigung als problematisch ansieht. Natürlich bleibt man auf den Kosten sitzen, aber wenn man nicht gerade schon dreißig Jahre einzahlt, ist das ein vergleichsweise kleiner Posten. Also selbst mit langjährigen Festgeldanlagen könnte man viele Rentenversicherungen schlagen (zumindest, wenn man sich die Summe nachher auszahlen lässt und nicht 120 Jahre alt wird). Wenn man da an eine Investition in ETFs denkt, würde ja selbst eine historisch niedrige durchschnittliche Rendite genügen, um eine höhere Rendite einzufahren. Ganz zu schweigen davon, dass man bei der Rentenversicherung nicht flexibel ist.

  • Bei den Prognosen der Versicherung wäre ich sehr vorsichtig!

    Im Prinzip ist es wie eine Karotte, die Dir von der Versicherung vorgehalten wird damit Du schön dabei bleibst.

    Nur kannst Du Dir für die Prognosen nix kaufen. Google mal etwas zu Prognosen und was die Versicherungen nachher auszahlen. Es gab schon Kunden die haben noch 3 Monate vor dem Ablauf eine Standmeldung erhalten und bei Auszahlung war oh Wunder der Betrag deutlich geringer.

    Die Bewertung der Reserven erfolgt genau zum Stichtag der Auszahlung und als Kunde hast Du keinen Einblick in die Berechnung der Versicherung. Das gilt als Betriebsgeheimnis und die Konzerne sind nicht verpflichtet den Kunden Ihre Berechnungsgrundlagen offen zu legen!


    Ich würde an Deiner Stelle eine andere Rechnung aufmachen. Welche Rendite muss mein Kapital in einer alternativen Geldanlage erzielen um die KLV zu schlagen (nach steuern!).

    Und wie Wahrscheinlich war es in der Vergangenheit, dass diese Rendite in der verbleibenden Zeit von 22 Jahren erzielt wurde (z.B. ETF-Sparplan).

    Ein guter Rechner dafür ist: https://www.zinsen-berechnen.de/fondsrechner.php


    Klar, keine Garantie!

    Aber hast Du eine Garantie dafür, dass Du noch 22 Jahre lebst?

  • Wie kommst Du darauf?
    (...)

    Aus dem Finanztip-Ratgeber zum Thema Widerruf der LV:

    • Um den Widerspruch durchzusetzen, ist oft eine Klage nötig. Die Erfolgschancen vor Gericht sind in den letzten zwei Jahren gesunken; eine Klage ist daher nur Versicherten mit Rechtschutzversicherung zu empfehlen.

    Die Beratung/Prüfung für 100€ durch die VZ-HH könnte ich mir ja noch vorstellen. Aber ein Gerichtsverfahren wollte ich dafür nicht durchführen.


    Mittlerweile bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht weiter in die LV einzahlen möchte. Ich denke mit einer Erhöhung meines ETF-Sparplans habe ich gute Chancen auf eine höhere Rendite und bleibe flexibler. Ob ich jetzt die LV beitragsfrei stelle, kündige oder widerrufe muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen.

  • Mittlerweile bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass ich nicht weiter in die LV einzahlen möchte. Ich denke mit einer Erhöhung meines ETF-Sparplans habe ich gute Chancen auf eine höhere Rendite und bleibe flexibler.

    Klingt absolut nachvollziehbar!

    Ob ich jetzt die LV beitragsfrei stelle, kündige oder widerrufe muss ich mir noch durch den Kopf gehen lassen.

    Ich würde nicht zu lange mit der Entscheidung warten. Das Geld liegt bei Beitragsfreistellung bei der Versicherung zu 2,3% p.a. rum (immerhin steuerfrei ;)).

    Bis November 23 hättest Du bei einer 10-jährigen Festgeldanlage bei einer deutschen Bank 4,25% p.a. bekommen. Das wären dann selbst mit Kapitalertragssteuer immer noch 3,13% p.a. gewesen! Die Zeiten sind erstmal vorbei, da die EZB bereits erste Leitzinssenkungen für 2024 in Aussicht gestellt hat.

    Da hast Du also schon mal einen guten Zeitpunkt verpasst um Dein Geld aus der KLV in eine sichere Anlage umzuschichten.


    Wenn Du das durch eine Kündigung freiwerdende Geld auch in Dein ETF-Depot investieren willst, solltest Du bedenken, dass jedes Jahr weniger Anlagehorizont Dein Risiko grundsätzlich erhöht.

    Das gilt natürlich nur, wenn Du die Summe aus der KLV auch am Tag X in voller Höhe benötigst.

  • Aus dem Finanztip-Ratgeber zum Thema Widerruf der LV:

    Die Beratung/Prüfung für 100€ durch die VZ-HH könnte ich mir ja noch vorstellen. Aber ein Gerichtsverfahren wollte ich dafür nicht durchführen.

    Du sollst den Widerruf ja nicht per Klage durchführen,


    sondern zuerst selber mit den Formulierungshilfen Mustertexten

    danach im Bedarf über Ombudsstelle.

  • Wenn Du das durch eine Kündigung freiwerdende Geld auch in Dein ETF-Depot investieren willst, solltest Du bedenken, dass jedes Jahr weniger Anlagehorizont Dein Risiko grundsätzlich erhöht.

    Das gilt natürlich nur, wenn Du die Summe aus der KLV auch am Tag X in voller Höhe benötigst.

    Große Ausgaben sind nicht geplant und die Rente ist noch drei Jahrzehnte entfernt. Ich denke, da habe ich noch viel Spielraum. Irgendwann muss man sich natürlich mit dem Thema Umschichten beschäftigen.

    Du sollst den Widerruf ja nicht per Klage durchführen,


    sondern zuerst selber mit den Formulierungshilfen Mustertexten

    danach im Bedarf über Ombudsstelle.

    Das schadet sicher nicht. Schlimmstenfalls würde abgelehnt und man hat eine normale Kündigung.

  • Ich denke mit einer Erhöhung meines ETF-Sparplans habe ich gute Chancen auf eine höhere Rendite und bleibe flexibler.

    Klingt nachvollziehbar. Vor allem auch der Aspekt der Flexibilität ist nicht zu unterschätzen.

  • Habe mir die Details zu den möglichen Fehlern bei der Widerspruchsbelehrung bei Finanztip durchgelesen. Das Widerspruchsrecht in meinem Versicherungsschein

    • ist durch Fettschrift und einen blauen Balken am Rand visuell hervorgehoben,
    • spricht von 30 Tagen Frist (statt 14 Tagen),
    • spricht von Textform (statt Schriftform),
    • erwähnt, dass rechtzeitige Absendung genügt (statt rechtzeitigem Eingang).

    Daher nehme ich an, dass ein Widerruf in meinem Fall nicht durchgehen würde.

  • Hallo Auron, wie alt warst Du als Deine Eltern die Versicherung für Dich abgeschlossen haben? Wenn Du minderjährig warst, wurde Deine Zustimmung zum Vertragsabschluss nachgeholt? Sonst hast Du einen Trumpf in der Hand, der noch besser ist als ein Widerruf. Der Vertrag ist bis zu Deiner Zustimmung schwebend unwirksam.

  • Pantoffelheld Zu dem Zeitpunkt war ich 17 Jahre alt. Als Versicherungsnehmer stehe ich allerdings bereits im Versicherungsschein, falls das eine Rolle spielt. Ich glaube, dass ich mich im Eingangspost nicht präzise ausgedrückt habe. Wenn ich mich richtig erinnere, haben meine Eltern das Thema zwar angeschoben aber letztlich dürfte ich den Antrag unterschrieben haben. Falls das mit 17 schon möglich ist.

  • aber letztlich dürfte ich den Antrag unterschrieben haben. Falls das mit 17 schon möglich ist.


    ...ist (von den gesetzlichen Vertretern) die vormundschaftsrechtliche Zustimmung des Familiengerichts einzuholen.

    Ein ohne die erforderlichen Zustimmungen geschlossener Versicherungsvertrag ist schwebend unwirksam und muss auf Verlangen des Versicherungsnehmers rückwirkend ab Beginn aufgehoben werden.

  • Das klingt so, als würde es auf meinen Fall zutreffen. Ich habe in meinen Unterlagen keinen Hinweis darauf gefunden, dass ich der Versicherung nachträglich zugestimmt hätte. Dass meine Eltern vor Abschluss das Familiengericht um Zustimmung gebeten haben, halte ich für nahezu ausgeschlossen; werde ich aber nachfragen.

    Im Netz habe ich leider keine weiteren Infos zu dem Thema oder gar Musterschreiben gefunden. Gibt es da eine Stelle, an die man sich am besten wendet, oder verfasst man nach besten Wissen ein eigenes Anschreiben?