Erbschaftssteuer - wer kann für etwas Klarheit sorgen ???

  • Liebe Finanztip-Community,


    ich habe Fragen zum Thema Erbschaft. Hintergrund ist, dass bei bei meinen verstorbenen Vater zwei Testamente gefunden wurden. Ein "unvollständiges" Berliner Testament (Hinweis auf Nacherben fehlt) sowie ein späteres Testament (nur meines Vater), das meine Mutter und uns drei Kinder zu je einem Viertel vorsieht. Beides nur handschriftlich und ohne Notar. Nun ist die Situation die, dass meine Mutter in jedem Falle möchte, dass wir drei schon jetzt vollständige Eigentümer des Hauses werden, sie möchte "da raus sein", hat bereits eine sogenannte Abschichtungserklärung gegen lebenslanges Wohnrecht beim Notar unterschrieben. Es wird also auch am Ende so sein.


    Bei der Eröffnung der Testaments bei Gericht sieht es jetzt so aus, dass die von "Vor- und Nacherbschaft" ausgehen, auch entgegen der Vermutung des Notars.


    Daraus ergibt sich für mich insbesondere eine Frage, natürlich bezüglich der Erbschaftssteuer:


    Mein Vater ist alleine im Grundbuch des Einfamilienhauses. Bedeutet das im Falle, dass meine Mutter (60 Jahre Ehe) im Falle des Berliner Testaments das ganze Haus erbt oder gehört ihr nicht durch den Zugewinn bereits ein (großer) Teil, dass also "nur" auf den Rest Erbschaftssteuer fällig würde, wenn überhaupt?


    Diese Frage wäre zunächst ja auch dann von Bedeutung, wenn wir auf unseren Pflichtteil (Pflichtteil wovon?) bestehen, um dann die Erbschaftsteuer zu reduzieren .


    Wenn "geviertelt" wird, sind wir alle deutlich in dem Freibetrag.


    Eine zweite Frage noch zusätzlich: Ist eine "Abschichtung" eine Schenkung, die z.B. zur Deckung von Pflegekosten zurückgefordert werden kann? Dann wäre die erste Frage ja noch einmal von Bedeutung...


    Vielen Dank schon einmal im Voraus für klärende Antworten!

  • Das Erbe nach Deinem Vater ist bereits eingetreten. Hier kannst Du also nichts mehr bzgl. der Erbschaftssteuer beeinflussen!


    Also lasse das Nachlassgericht klären, wer was bekommt (Nach meinem Verständnis kann ein Einzelner das gemeinschaftliche Testament nicht ändern) und zahle ggf. Erbschaftssteuer.


    Nur für den nächsten Erbfall (nach Deiner Mutter) könnt ihr noch etwas ändern, z.B. indem Deine Mutter das Haus an die Kinder verkauft o.ä..

    Das solltet ihr in Ruhe überlegen, wenn der erste Erbfall abgewickelt ist.

  • Ich kann nur den kleinen Tipp geben, dass beim Bestehen einer Rechtsschutzversicherung eine Erstberatung von der Versicherung übernommen wird.
    Vielleicht wartest du ab, welches Testament anerkannt wird und gehst dann mit deinen Fragen zu einem Anwalt, dann weißt du näheres? :)

  • Hallo Zesy,


    Laienmeinung, keine Rechtsberatung.


    Ein sog. Berliner Testament wird nicht ungültig, nur weil darin keine Nacherben genannt sind. Sie haben hoffentlich beide Testamente dem Nachlassgericht vorgelegt, das entscheiden wird. Sollten Sie nicht einverstanden sein, können Sie klagen.


    Der Zugewinn gilt nur im Falle einer Scheidung. Alleiniger Eigentümer einer Immobilie ist der, der im Grundbuch steht, d.h. die Immobilie fällt voll in das Erbe. Da hätten Ihre Eltern zu Lebzeiten Ihres Vaters etwas ändern müssen.


    Die Ehefrau hat einen Steuerfreibetrag von 500k. Aber selbst, wenn das Haus mehr wert ist, auf das von Ihrer Mutter bewohnte „Familienheim“ muss sie keine Erbschaftssteuer bezahlen. Falls sie es aber verkauft oder verschenkt, wird es kompliziert.


    Eine Abschichtung kann nur unter Miterben vereinbart werden. Wäre das Berliner Testament gültig, wären Sie und Ihre Geschwister (erst einmal) keine Erben. Ihre Mutter kann Ihnen und den Geschwistern natürlich das Haus schenken oder verkaufen. Da kommen aber dann die Steuerfragen und auch der Rückforderungsanspruch des Sozialamtes auf Sie zu.


    Mein Rat, wenn klar ist, welches Testament gilt, lassen Sie sich durch einen auf Erbrecht spezialisierten Anwalt beraten.


    Gruß Pumphut

  • Ich bin bei Hornie und Pumphut :

    - Ein (gültiges) Berliner Testament kann nicht von einer Partei geändert werden.

    - Ein selbstbewohntes Eigenheim (und der Haushalt) werden gesondert behandelt.


    Ich vermute also Eure Mutter ist (ohne Steuerprobleme) jetzt Eigentümerin des Eigenheims.

    Sie kann es Euch natürlich dann schenken gegen Nießbrauch (Nießbrauch mindert auch den Wert bzgl. Schenkungssteuer).

    Ob es andere Varianten gibt, also z.B. im Rahmen der Erbschaft, weiß ich nicht.


    Hinweis: Überlegt Euch das gut. Mit mehreren Geschwistern zusammen ein Haus zu bewirtschaften, noch dazu mit Nießbrauch, auch wenn's die eigene Mutter ist, ist nicht immer spaßig.

  • Erst einmal vielen Dank für eure schnellen und auch interessanten Rückmeldungen.


    Bereits nach so kurzer Zeit sind aus euren Antworten Fakten zu entnehmen, die ich im Internet so nicht gefunden habe. Die gewiss auch anderen helfen!!


    Natürlich ist jetzt der Notar gefordert, uns die möglichen Wege im konkreten Fall aufzuzeigen, aber die Infos helfen zumindest für gezielte Fragestellung.

  • Hallo,


    damit es nicht falsch verstanden wird: Es gibt im Erbfall für den überlebenden Ehegatten einer Zugewinngemeinschaft in der gesetzlichen Erbfolge einen pauschalen Ausgleich. Erläuterungen hierzu siehe z.B. https://www.finanztip.de/ehegattenerbrecht/.

    Falls das zweite Testament des Vaters gültig wäre, hätte er die Mutter sogar teilweise enterbt. Denn nach gesetzlicher Erbfolge würde sie zur Hälfte und die drei Kinder zu je 1/6 erben.


    Gruß Pumphut

  • Mein Vater ist alleine im Grundbuch des Einfamilienhauses.

    Berliner Testament hin oder her - wenn der Vater erst ein Berliner Testament aufgesetzt hat und später ein neues, welches Frau und Nachkommen berücksichtigt, dann sollte doch m.M.n. klar sein, dass er das wohl alleine entscheiden kann (nur auf das Haus bezogen).


    Nur auf das gemeinsame Inventar und andere gemeinsame Vermögenswerte hat das Berliner Testament, und nicht das einseitig aufgesetzte spätere Testament, Auswirkungen.


    So jedenfalls mein Laienverständnis..

    Bitte berichtigt mich, falls ich das falsch verstanden und widergegeben habe.

  • Hallo DeSa,


    da muss ich Sie berichtigen. Im Standardfall haben sich die Eheleute wechselseitig zum Erben eingesetzt. Dass kann einer allein nicht mehr so ohne weiteres ändern. Zum Einlesen z.B. https://www.erbrecht-ratgeber.…t/testament-aufheben.html Der Kernsatz für unseren Fall daraus: “ Vor dem ersten Erbfall kann ein einseitiger Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung durch eine notariell beurkundete und dem Ehepartner zuzustellende Erklärung erfolgen, §§ 2271 Abs. 1, 2296 BGB.“ Unser TE hat nichts in dieser Richtung anklingen lassen.


    Also gut überlegen, bevor man ein Berliner Testament unterschreibt.


    Noch eine Bemerkung zu handschriftlichen Testamenten, die zu Hause aufbewahrt werden. Die Erben können sie finden – oder nicht.


    Gruß Pumphut