Ehegatten-Erbrecht Dein Partner bekommt nur einen Teil des Nachlasses

Expertin für Recht - Dr. Britta Beate Schön
Dr. Britta Beate Schön
Finanztip-Expertin für Recht

Das Wichtigste in Kürze

  • Ohne Testament oder Erbvertrag erbt Dein überlebender Ehepartner neben den Kindern zunächst immer ein Viertel Deines Nachlasses.
  • Dieses Viertel erhöht sich auf die Hälfte, wenn Ihr keinen Ehevertrag hattet und deshalb in einer Zu­ge­winn­ge­mein­schaft gelebt habt. Die Kinder erben die andere Hälfte. 
  • Bist Du kinderlos, erbt Dein Ehepartner drei Viertel des Nachlasses. Leben Deine Eltern oder Geschwister noch, bekommen diese den Rest.

So gehst Du vor

  • Überleg Dir genau, wer in Deiner Familie nach der gesetzlichen Erbfolge Deinen Nachlass bekommt.
  • Möchtest Du selbst festlegen, wer erben soll, oder eine Erbengemeinschaft verhindern, dann solltest Du ein Testament aufsetzen, vielleicht gemeinsam mit Deinem Partner. Viele Paare entscheiden sich für ein Berliner Testament.

Hast Du Dir schon mal Gedanken darüber gemacht, wer Dein Erbe wird? Du kannst das selbst bestimmen, indem Du zum Beispiel ein Testament aufsetzt. Unternimmst Du nichts, ergibt sich die Erbfolge aus dem Gesetz. Dabei werden in erster Linie Ehegatten und Kinder berücksichtigt.

Was erbt der Ehegatte nach dem Gesetz?

Wer als Paar ohne Trauschein zusammenlebt, erbt vom anderen nichts. Wer verheiratet ist, erbt vom anderen nach dem Gesetz.

Doch wie viel bekommen Verheiratete? Um zu berechnen, wie viel der Ehegatte erbt, sind zwei Fragen entscheidend:

  1. Welche Verwandten erben neben dem Ehepartner – Kinder, Eltern, Geschwister?
  2. In welchem Güterstand lebte das Paar zur Zeit des Erbfalls – Zu­ge­winn­ge­mein­schaft (das ist der Regelfall), Gütergemeinschaft, Gütertrennung?

Grundsätzlich gilt: Der überlebende Ehegatte erbt neben den Kindern der verstorbenen Person zunächst ein Viertel des Nachlasses (§ 1931 Abs. 1 BGB). Kinder werden immer als Erben erster Ordnung bezeichnet.

Dieses Viertel erhöht sich für den Ehepartner auf die Hälfte, wenn das Paar nach der Heirat ohne Ehevertrag gelebt hat. Dann lebte es nach der Heirat automatisch in einer sogenannten Zu­ge­winn­ge­mein­schaft. Das bedeutet: Die Vermögen der Partner bleiben während der Ehe getrennt, am Ende wird jedoch abgerechnet, was während der Ehe erwirtschaftet wurde und hälftig verteilt.

Diese Abrechnung nennt sich Zugewinnausgleich. Der wird bei einer Scheidung durchgeführt, aber eben auch, wenn ein Partner stirbt. Der überlebende Partner bekommt nach dem Gesetz als pauschalen Zugewinnausgleich zusätzlich ein weiteres Viertel der Erbschaft (§§ 1931 Abs. 3, 1371 BGB). Insgesamt erbt er also die Hälfte.

Beispiel: Anton stirbt und hinterlässt seine Ehefrau Berta und die zwei Kinder Christoph und Dagmar. Die Eheleute haben keinen Ehevertrag geschlossen und lebten deshalb in einer Zu­ge­winn­ge­mein­schaft. Es gibt kein Testament, auch kein gemeinsames Berliner Testament.

Nach dem Gesetz erbt Berta die Hälfte, Christoph und Dagmar je ein Viertel. Zu dritt sind sie in einer Erbengemeinschaft.

Gesetzliches Erbrecht, wenn ein Paar keine Kinder hat

Hat ein Paar keine Kinder, gibt es keine Erben erster Ordnung. In einer solchen Konstellation erbt der überlebende Ehegatte mindestens die Hälfte des Nachlasses. Leben noch die Eltern des Verstorbenen oder hat er Geschwister – das sind sogenannte Erben der zweiten Ordnung –, dann erbt der Ehepartner neben diesen die Hälfte des Nachlasses (§ 1931 Abs. 1 BGB).

Die Hälfte erhöht sich für den Ehepartner auf insgesamt drei Viertel des Nachlasses, wenn das Paar nach der Heirat ohne Ehevertrag gelebt hat, also im Güterstand der Zu­ge­winn­ge­mein­schaft. Dieses zusätzliche Viertel ist der pauschale Zugewinnausgleich am Ende der Ehe.

Beispiel: Anton stirbt und hinterlässt seine Ehefrau Berta. Die Ehe war kinderlos, aber die Eltern des Ehemanns, Carsten und Doris, leben noch (Erben zweiter Ordnung). Für die Ehe galt der gesetzliche Güterstand der Zu­ge­winn­ge­mein­schaft, sie hatten also keinen Ehevertrag mit Gütertrennung oder Gütergemeinschaft abgeschlossen.

In diesem Fall wird die Ehefrau Berta Erbin zu drei Vierteln, die Eltern von Anton erhalten je ein Achtel vom Nachlass. Sie bilden gemeinsam eine Erbengemeinschaft.

Sind die Eltern des Erblassers schon verstorben, erben an deren Stelle die Geschwister des Verstorbenen neben dem Ehepartner – unabhängig davon, wie eng das Verhältnis zu Lebzeiten war. Eine häufig ungewollte Situation, die Du mit einem Testament vermeiden kannst.

Hatte die verstorbene Person weder Kinder noch Geschwister, und sind Eltern und Großeltern schon verstorben, dann erbt der überlebende Ehegatte den gesamten Nachlass (§ 1931 Abs. 2 BGB).

Wann sollte ein Ehegatte das Erbe ausschlagen?

Im Einzelfall kann es für den überlebenden Ehegatten finanziell günstiger sein, das Erbe auszuschlagen, zum Beispiel, wenn der tatsächliche Zugewinn des verstobenen Partners während der Ehe sehr hoch war.

Hat der Erblasser während der Ehe sein Vermögen aufgebaut und hat der überlebende Partner in dieser Zeit selbst wenig Vermögen angespart, dann ist der Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns regelmäßig viel höher als der pauschalierte Zugewinn nach Gesetz. Der beläuft sich nämlich immer auf ein Viertel der Erbschaft.

Der noch lebende Partner kann das Erbe in einem solchen Fall ausschlagen. Er verlangt dann den regulären Zugewinnausgleich von den anderen Erben. Die Ausgleichsforderung für den tatsächlichen Zugewinn wird vom Nachlass abgezogen. Zusätzlich hat er Anspruch auf den sogenannten kleinen Pflichtteil (§ 1371 Abs. 2 BGB). Der besteht in der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil neben den Kindern ohne die Zugewinnpauschale beträgt ein Viertel, die Hälfte davon ein Achtel. Dazu eine vereinfachte Berechnung:

Beispiel: Die verstorbene Person hinterlässt einen Ehepartner und zwei Kinder. Das Ehepaar lebte in einer Zu­ge­winn­ge­mein­schaft. Der verstorbene Partner hat einen Zugewinn von 200.000 Euro erwirtschaftet, die hinterbliebene Person hat keinen Zugewinn erwirtschaftet. Es gibt weder Testament noch Erbvertrag.

Nimmt die hinterbliebene Person die Erbschaft an, dann erbt sie neben den Kindern die Hälfte, also 100.000 Euro.

Schlägt sie die Erbschaft aus, bekommt sie zum einen den Zugewinnausgleich von 100.000 Euro. Zusätzlich bekommt sie aber noch den kleinen Pflichtteil in Höhe von einem Achtel von den verbleibenden 100.000 Euro, also insgesamt 112.500 Euro.

In Konstellationen mit einem großen Zugewinn solltest Du Dich unbedingt beraten lassen, am besten von einer Fachanwaltskanzlei für Erbrecht. Du solltest Dir genau berechnen lassen, welche Variante für Dich günstiger ist: entweder das gesetzliche Ehegattenerbrecht mit pauschaliertem Zugewinnausgleich oder tatsächlicher Zugewinnausgleich und erbrechtlicher kleiner Pflichtteil.

Weniger Erbschaftsteuer für die Kinder

In bestimmten Konstellationen in einer Familie kann es wegen der Erbschaftsteuer sinnvoll sein, dass der Ehepartner zugunsten der Kinder die Erbschaft ausschlägt. Damit diese den steuerlichen Freibetrag möglichst zweimal voll ausnutzen können. Das kann bei Erbfällen mit gesetzlicher Erbfolge vorkommen, aber ganz besonders bei Berliner Testamenten, wenn so viel Vermögen da ist, dass die Freibeträge überschritten werden. Mehr dazu im Ratgeber Erbschaftsteuer Berliner Testament.

Wichtig: Willst Du die Erbschaft ausschlagen, musst Du das innerhalb von sechs Wochen nach dem Erbfall gegenüber dem Nachlassgericht erklären.

Was erbt ein Ehepartner bei Gütertrennung?

Haben die Eheleute Gütertrennung in einem Ehevertrag vereinbart, so entfällt der pauschale Zugewinnausgleich. Es gilt die allgemeine gesetzliche Erbfolge. Der Ehegatte erbt neben den Verwandten der ersten Ordnung, also Kindern und Enkeln, ein Viertel und neben Verwandten der zweiten Ordnung, also Eltern und Geschwistern des Erblassers, die Hälfte (§ 1931 Abs. 1 BGB). Sind weder Verwandte der ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.

Sonderfall: Hinterlässt der Erblasser neben seinem Ehegatten ein oder zwei Kinder, so erbt jedes Kind und der Ehegatte den gleichen Teil der Erbschaft (§ 1931 Abs. 4 BGB). Hinterlässt der Verstorbene neben dem Ehegatten drei oder mehr Kinder, so erbt der Ehegatte ein Viertel des Nachlasses. Durch diese Sonderregelung wird erreicht, dass der Erbteil des überlebenden Ehegatten nie geringer ist als der eines erbenden Kindes.

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Was erbt ein Ehepartner in einer Gütergemeinschaft?

Hat das Ehepaar Gütergemeinschaft im Ehevertrag vereinbart, steht dem überlebenden Partner zunächst die Hälfte des gemeinsamen Vermögens zu. Es gibt keinen Zugewinnausgleich. Von der anderen Hälfte des Erblassers erbt der überlebende Partner ein Viertel, falls Kinder vorhanden sind. Er bekommt die Hälfte des Erbteils, falls Erben der zweiten Ordnung oder Großeltern vorhanden sind. Andernfalls erbt der überlebende Ehegatte allein.

Wer erbt den Hausrat?

Zusätzlich zu seinem gesetzlichen Erbteil erhält der überlebende Ehegatte den sogenannten Voraus. Damit sind die Dinge gemeint, die zum Haushalt gehören. Ob der Ehegatte alles bekommt oder nur einen Teil des Hausstands, hängt davon ab, wer neben dem überlebenden Ehegatten noch erbt (§ 1932 BGB).

Hinterlässt der Verstorbene Kinder oder Enkelkinder (Erben erster Ordnung), stehen dem Ehegatten nur die Gegenstände zu, die er zur Führung eines angemessenen Haushalts benötigt. Dazu zählen Möbel, Wäsche, aber auch das Familienauto. Luxusgegenstände darf er nicht behalten, die fallen in den allgemeinen Nachlass und werden innerhalb der Erbengemeinschaft aufgeteilt.

Ist die Ehe kinderlos und erben nur Geschwister oder Eltern (Erben zweiter Ordnung), steht der gesamte Hausrat dem überlebenden Ehegatten zu, also auch die teuren Gemälde und Teppiche.

Dieser Anspruch auf den Voraus gilt nur bei gesetzlicher Erbfolge. Liegt ein rechtswirksames Testament oder ein Erbvertrag vor, muss der Erblasser in einem Vermächtnis festlegen, wer nach seinem Tod welche Gegenstände aus seinem Haushalt erhalten soll.

Was ist das Recht des Dreißigsten?

Das „Recht des Dreißigsten“ ist eine gesetzliche Regelung zur Ehewohnung. Die Erben sind dementsprechend verpflichtet, den überlebenden Ehegatten, der zum Zeit­punkt des Todes mit dem Erblasser in einem Haushalt lebte, weiter in der ehelichen Wohnung bis dreißig Tage nach dem Erbfall wohnen zu lassen. Soweit der Erblasser dem Ehepartner Unterhalt gewährt hatte, müssen die Erben diesen Unterhalt ebenfalls während der ersten dreißig Tage nach dem Todestag weiterzahlen (§ 1969 BGB).

Nicht nur der Hinterbliebene profitiert vom Recht des Dreißigsten. Die Rechtsvorschrift spricht von Familienangehörigen des Erblassers. Die Rechtsprechung zählt auch den nichtehelichen Lebenspartner dazu.

Was passiert mit dem Erbe bei Scheidung?

Ein rechtskräftig geschiedener Ehepartner hat kein Erbrecht. Er kann dementsprechend auch keinen Pflichtteil einfordern. Gleiches gilt, falls im Zeit­punkt des Todes die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vorlagen und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte (§ 1933 BGB).

Stand dem überlebenden geschiedenen Ehegatten Unterhalt vom Ex-Ehepartner zu, kann er den Unterhalt weiter von den Erben verlangen (§ 1586b BGB). Das ist allerdings in der Höhe begrenzt. Er kann nicht mehr verlangen als seinen Pflichtteil, falls die Ehe nicht geschieden worden wäre.

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