Preis Fernwärme

  • Hallo,


    wir wohnen in einem Neubaugebiet in NRW. Gemäß Grundstückskaufvertrag wurden alle Bauherren verpflichtet, die Heizung über Fernwärme zu betreiben. Dazu wurde im Baugebiet eine sogenannte Nahwärmestation errichtet, betrieben von den Stadtwerken. Der Betrieb erfolgt durch Erdgas und Biogas. Laut Internet beträgt der durchschnittliche Abreitspreis in Deutschland 119 €/MWh. Unser Arbeitspreis liegt 131% (275 €) über diesem Durchschnitt. Die Stadtwerke versorgen noch sechs weitere Baugebiete mit Fernwärme. Dort liegen die Preise maximal 24% über dem deutschen Durchschnitt und minimal 20% darunter.

    Wir suchen um Rat für eine Vorgehensweise gegenüber den Stadtwerken, um den Arbeitspreis auf einen akzeptablen Wert im Bereich des deutschen Durchschnitts anzupassen.

    War es rechtlich überhaupt zulässig, die Wärmeversorgung über Fernwärme der Stadtwerke zu bestimmen? Das ist eine starke Monopolstellung. Gibt es dafür strenge gesetzliche Regeln, die Missbrauch verhindern sollen?


    Danke für kompetente Kommentare und Ratschläge

  • Xenia

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Da war doch erst ein ähnlicher Fall in den Medien: Neubaugebiet das mit Fermwärme eines privaten Anbieters versorgt wird. Auch starker Preisanstieg. Einige im Wohngebiet wollten die immer weiter steigenden Rechnungen nimmer bezahlen und kauften sich z.B. Wärmepumpen. Dadurch stieg der Preis der übrigen Kunden nochmals. Daraufhin hat der Anbieter die Wärmeversorgung der säumigen Kunden abgestellt. Schön im Winter natürlich. Die Gemeinde/Stadt wollte/kann nicht helfen, da es ein keine Handhabe hat. ..... Echt unbefriedigende Situation für die Betroffenen.

  • Das ist (leider) ein brandheißes Thema in einer Zeit, in der alle Kommunen verpflichtet sind bis zu 2026 bzw. 2028 kommunale Wärme(-und Kälte)pläne aufzustellen und deren Ergebnisse umzusetzen. Viele Kommunen haben bereits kommunale Wärmenetze mittels Fernwärme, ebenso viele sollen und werden noch hinzukommen, sofern nicht dezentrale Versorgungen (regelmäßig ländlicher Raum) sinnvoller sind.


    Und ja, die Monopolstellungen sind teilw. gerichtlich bestätigt und seit langer Zeit, jetzt vermehrt, in der Kritik.


    Schlussendlich ist Dreh- und Angelpunkt der kommunalverfassungsrechtliche Anschluss- und Benutzungszwang (in den Gemeindeordnungen der Bundesländer) plus per Regelung tw. durch Bebauungsplan.


    Ob in deinem Fall nur eine (privatrechtliche) kaufvertragliche Regelung oder zusätzlich eine öffentlich-rechtliche per Satzung (zum Anschluss- und Benutzungszwang und über Bebauungsplan) vorliegt lässt sich leicht per Nachfrage bei den Stadtwerken erfahren; der anzunehmende Bebauungsplan (wegen Neubaugebiet) dürfte bekannt sein.

    Auch könnte man dort erfahren, ob optional (wenn es überhaupt in Frage kommt wegen des Kostenfaktors) eine Eigenversorgung mit erneuerbaren Energien (z.B. Wärmepumpe mit PV) rechtlich möglich ist. Ist aber, wie gesagt, ein enormer Kostenfaktor, der sich auch erstmal amortisieren muss, zumal eine Fernwärmeversorgung bereits vorhanden ist.


    Die Verbraucherzentrale hat rund um die Fernwärme und auch zur Monopolstellung einiges geschrieben:


    Fernwärme: Kosten sparen und gleichzeitig das Klima schonen | Verbraucherzentrale.de
    Heizen mit Fernwärme gilt als komfortabel und umweltschonend. Das stimmt aber nur unter gewissen Voraussetzungen. Die Verbraucherzentrale erklärt die Vor- und…
    www.verbraucherzentrale.de

  • Wir mal einen User, der sich bei überzogenen Preisen für Fernwärme ans Kartellamt gewandt hat: Energiepreisbremse bei Fernwärme

    Das würde ich an deiner Stelle auf jeden Fall auch tun, denn Wärmenetze sind immer ein Monopol. Unter Umständen hast du aber das Pech, dass dein Anbieter zum falschen Zeitpunkt längerfristige Verträge abgeschlossen hat.


    Anschluss- und Benutzungszwänge bei Wärmenetzen sind leider ein notwendiges Übel. Die Investition in solche Netze und der Netzbetrieb rentiert sich nur, wenn auch möglichst alle Häuser im Gebiet angeschlossen sind. Da die Politik für die Zukunft sehr viel mehr Wärmenetze vorsieht, würde ich nicht davon ausgehen, dass sich daran viel ändert. Lediglich die eine oder andere Detailregelung zur konkreten Preisgestaltung.

  • Mach hier nicht den Fehler die Preise von Fernwärme und Nahwärme zu vergleichen. Fernwärme stammt oft aus Abfallwärme von industriellen Prozessen, Kraftwerken oder Müllverbrennung.

    Nahwärme wird oft zu einem großen Teil aus regionalen Quellen wie Holzschnitzel oder Agrargas (Methangas/Biogas) aus der Landwirtschaft gewonnen.


    Die Preiskalkulation und die Preisänderungen verlaufen seit einigen Jahren hier völlig anders als bei Erdöl- oder Erdgaspreisen. In der Vergangenheit war beispielsweise Fernwärme in der Regel an den Ölpreis gekoppelt und nicht an der Preisentwicklung des tatsächlichen Brennstoffs. Das ist seit einigen Jahren nicht mehr statthaft. So sind die Preisentwicklung z.B. von Dienstleistungen/Löhnen jetzt viel stärker berücksichtigt als früher und die Entwicklung des Preises des tatsächlichen Brennstoffs.


    Der Anbieter muss übrigens die Preiskalkulationsformel öffentlich machen. Sollte er das nicht machen, kannst Du dem Bundeskartellamt schreiben, die haben die Anbieter gerade auf dem Kicker.


    Bei Nahwärme machen die Kosten der Errichtung und der Unterhaltung des kleinen Netzes mit wenig Kunden, mit langen Leitungen viel mehr aus als bei Fernwärme im urbanen Bereich mit vielen Abnehmern und Mehrfamilienhäusern.


    Ich habe seit 1986 Fernwärme. Fernwärme auf den ersten Blick immer teurer, allerdings benötigt man keinen Kessel, der ausgetauscht, gewartet werden muss. Auch keinen Schornsteinfeger. Die Fernwärme ist seit 1986 nur an zwei Tagen ausgefallen, weil sich Bauarbeiten verzögert hatten. Die Heizungsanlage in meiner vermieteten Wohnung in einem Mehrfamilienhaus fällt 3-5 Mal pro Heizsaison aus irgendwelchen technischen Gründen aus.


    In unserem Viertel haben wir mal eine Vergleichsrechnung mit den Nachbarn, die eine Gasheizung haben, gemacht. Über die Jahre haben die mit Gas durch hohe Investitionskosten, Wartung und Solarwarmwasseraufrüstungspflicht ca. 23% mehr bezahlt als die mit vermeintlich "teurer" Fernwärme. Man darf sich aber nix vormachen, die Transformation wird Geld kosten. Die Nah- und Fernwärmekunden werden den Netzausbau der nächsten Jahre mitzahlen müssen. Aber auch die Kosten für Gaskunden werden durch dramatisch weniger Gaskunden, die zur Wärmepumpe wechseln, steigen. In Augsburg wurde einigen Großgaskunden mitgeteilt, dass ein Teil des Gasnetzes in 10 Jahren stillgelegt werden soll, habe ich heute gelesen.

  • Ich würde den Vergleich nicht nur auf Gas gegen Fernwärme beschränken. Für die Anschlusskosten mancher Wärmenetze lässt sich auch eine Wärmepumpe installieren und bei den Grundgebühren und der Mindestanschlussleistung schlackert man teilweise auch ganz schön mit den Ohren. Mit den früher oder später kommenden PV-Pflichten wird auch WP attraktiver gegenüber Fernwärme. Und beim Strom hat man eben freie Anbieterwahl, während Wärmenetze immer durch Monopolisten betrieben werden.

  • Übrigens: vor kurzem habe ich einer Masterarbeit gelauscht, in der es um die Errichtung eines Nahwärmenetzes mit zentraler Wärmepumpe und PV Strom ging für einen ländlichen Ort mit 300 Bewohnern.

    Fazit: 1. Punkt - Die Errichtung und die laufende Unterhaltung des Netzes (also der Rohre) machen in der Regel über 33% der Kosten eines Nahwärmenetzes aus. Die Häuser müssen möglichst nahe beieinander stehen.

    2. Punkt - die Höhe der Temperatur, die am Hausanschluss ankommt, die spielt eine wesentliche Rolle für die Betriebskosten. Es dürfen nur Häuser am Nahwärmenetz, die einen gleichen guten Dämmstandard erfüllen. Je höher die Temperatur, desto überproportional steigt der Erzeugerpreis.

    3. Punkt - eine Wärmeversorgung für das Brauchwasser im Sommer ist relativ teuer

    4. Punkt - Strom für die Wärmepumpe muss vom kostengünstigen Windrad kommen. Mit PV-Strom und Netzbezug ist die Sache nicht wirtschaftlich - selbst mit Speichern nicht.

  • Nah- / Fernwärme Preise bei KFW40-Gebäuden:

    Einige Betreiber bieten vergünstigte Preise, wenn man sich nur an den Rücklauf des Netzes anschließen lässt. Der Dämmstandard und Heizkörper müssen für Niedertemperatur entsprechend ausgerüstet sein. Das Ganze kann auch mit einer Wärmepumpe funktionieren, die aus dem Rücklauf die Wärme zieht. Das bringt für den Netzbetreiber Effizienzgewinne. Ob das auch für Eigenheime angeboten wird, konnte mir niemand sagen.

  • Grundsätzlich kenne ich aus anderen Foren eher das Problem, dass der Betreiber eine Mindestanschlussleistung verlangt, die für moderne Häuser (egal ob EH55 oder EH40) deutlich überdimensioniert ist.


    Das von dir beschriebene ist mir nicht ganz klar. Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Wärmenetzen:

    - warme Wärmenetze, bei denen man im Haus nur noch den Wärmetauscher hat. Problematisch ist hier, dass der Vorlauf sich nach den schlechtesten Häusern im Netz zu richten hat und damit für die allermeisten viel zu hoch = ineffizient ist

    - kalte Wärmenetze, bei denen lauwarmes Wasser im Netz ist und die einzelnen Gebäude mit einer eigenen Wärmepumpe die passende Temperatur erreichen


    Bei ersteren könnte es für sanierte Gebäude reichen, sich an den Rücklauf anzuschließen. Eine Fußbodenheizung wird heute auf maximal 35 Grad VLT ausgelegt. Wenn der Heizungsbauer nicht nur Dienst nach Vorschrift macht, geht auch mit geringem Aufwand ein paar Grad weniger. Problem dürfte hier aber das Warmwasser sein, da du deutlich höhere Temperaturen brauchst.



    PS: dass PV-Strom im Winter nicht reicht, dürfte eigentlich vor der Arbeit schon klar gewesen sein. Und Netzstrom ist so eine Sache...gehen wir mal von 30c/kWh aus und einer JAZ=4, abzüglich Verluste von 25% (gefunden habe ich im Netz 10-35%, dörfliche Umgebung mit EFH ist sicherlich am oberen Ende). Dann kommt man auf Arbeitskosten von 10c/kWh Wärme, plus die ganzen Netzbetriebskosten. Ist jetzt nicht billig, aber noch halbwegs im Rahmen. Kürzlich ging ja eine Studie durch die Nachrichten, die was von 17-20c/kWh bei Fernwärme geschrieben hat