Wechsel des Arbeitgebers nach langjähriger Beschäftigung - schlau oder Selbstmord?

  • Interessant, gerade heute steht da ein Artikel auf focus.de zum Thema: https://www.focus.de/experts/f…-gehalt_id_259880473.html


    Das Resümee:

    Fazit: Wertschätzung und gute Beziehungen wichtig

    Zusammenfassend ist Nico Rose zuzustimmen, dass gute Beziehungen der Zufriedenheitstreiber Nummer 1 sind – im Leben allgemein sowie in der Arbeitswelt. Wertschätzung und gute Beziehungen zu Vorgesetzten sind zwei der häufigsten Antworten auf die Fragen „Was macht sie glücklich auf der Arbeit?“ Und zufriedene Arbeitnehmer sind gebundene sowie leistungsfähige Arbeitnehmer – das gilt nicht nur für Mitarbeitende, sondern auch für die Führungskräfte selbst. Somit kann hier eine Win-win-Situation entstehen!

  • madize


    Das erfährt auch Bestätigung, wenn man sich dem Thema von anderer Seite aus nähert.


    Meine Erfahrung: An Geld (auch (viel) mehr Geld) gewönnen sich viele bis die meisten Menschen oft relativ schnell; nicht selten binnen weniger Monate (zumal nicht selten dann auch parallel eine "Konsum-Inflation" stattfindet) - das diesbezügliche Glücks- oder Zufriedenheitsgefühl nimmt relativ schnell wieder ab - an ein schlechtes bzw. negatives Arbeitsumfeld (Stimmung, Atmosphäre, Vorgesetzte, Team, fehlende Wertschätzung, belastende Beziehungen, ebensolcher Umgang miteinander usw.) gewöhnt sich kaum bis fast niemand; beim Aussitzen, Durchhalten usw. solcher Situationen werden manche auch noch krank dazu (psychisch und/oder physisch), der Output sinkt dabei so gut wie fast immer ohnehin.


    Wirklich gut geführte Unternehmen berücksichtigen dies schon lange in angemessener Weise.



    Nur meine persönliche Sicht basierend auf langjährigen Erfahrungen.

  • Weitere 10J können lang werden. Arbeitszeit macht einen grossen Teil der Tage aus. Vielleicht beschäftigen Dich die Probleme zusätzlich in Deiner Freizeit.


    Ich bin in einer ähnlichen Situation beim AG geblieben, insgesamt 32J. Hat mit Bossing, Streit vor Arbeitsgericht, einem Unfall, folgenden anderen Erkrankungen und einer mageren Abfindung geendet. Bin am Ende nach etwas ALG-Zeit vorzeitig (mit Abschlägen) in Altersrente gegangen. Seither ist mein Leben viel, viel besser und ich lebe sehr zufrieden. Zurückblickend denke ich, es wäre besser gewesen den Job zu wechseln - weis natürlich nicht, wie sich das entwickelt hätte.


    Was die Abfindung betrifft: brauchst Du die wirklich, oder ist absehbar auch ohne ein gutes Leben (im restlichen Arbeitsleben, im Ruhestand) möglich?


    Vielleicht ist auch eine Trennung mit Abfindung in gegenseitigem Einvernehmen möglich - sowas würde ich aber vor Ansprechen mit einem Arbeitsanwalt besprechen.

  • pmeinl , nein brauchen tue ich das Geld nicht, wäre natürlich schöner mit als ohne (könnte ja z. B. als Einzahlung in die GRV im Hinblick auf einen früheren Renteneintritt verwendet werden).


    Heute habe ich mit einem Führungskollegen aus unserer Firma gesprochen, dieser ist ein Jahr älter als ich und offenbar in ähnlicher Verfassung in Bezug auf die Motivation und das Verhältnis zur Geschäftsführung. Es scheint also ein eher generelles Problem zu sein, nicht unbedingt beschränkt auf mein Verhältnis zu meinem neuen Chef.


    Er war sehr optimistisch, dass sich auf Firmenseite zwangsläufig (eventuell kurzfristig) etwas ändern müsse, wenn sich die Situation verbessern solle. Warten wir mal ab, vielleicht stimmt das tatsächlich.

  • Wenn sich in der Firma wirklich etwas ändert, wäre das immer noch das Beste.


    Fachkraft hin oder her, mit Mitte 50 geht man bei einer eigenen Kündigung ein extrem hohes Risiko ein. Und die 6-stellige Abfindung - wenn es umgekehrt gemacht wird - wäre auch noch weg.


    Ein Verwandter von mir hatte auch vor ein paar Jahren aus ähnlichen Motiven gekündigt und in einer neuen Firma scheinbar aussichtsreich neu begonnen. Wenige Tage vor Ablauf der Probezeit (6 Monate) war er draußen.


    Sein Alter: Mitte 50. Danach ging nichts mehr.


    Also bloß keine Abenteuer eingehen.

  • Es kommt immer auf die Position und die Person und die Firma an. Wechsel mit 58 und happy.

    Anregungen finden Sie beim VDI Mell

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  • Bei mir anders:


    1. Hatte einen guten Arbeitsplatz mit gutem Chef

    2. Wollte dennoch deutlich mehr Gehalt

    3. Wurde abgelehnt

    4. heimlich wo anders beworben

    5. Stelle bekommen, 30% mehr Gehalt

    6. Bei Kündigung bot mir die alte Firma sofort ebenfalls 30% mehr, ich lehnte ab - verließ nach Jahren die Firma mit etwas Wehmut

    7. Neue Firma war Schrott. Nach 3 Monaten suchte ich was Neues.

    8. Fand was nach 1 Woche

    9. Nach 4 Monaten sagte ich zu meinem dortigen Chef: "Sie haben bei mir die Probezeit nicht bestanden. Begründen werde ich es nicht."


    Er war massiv irritiert, mir egal. Es hatte gute Gründe aber ich war zu faul da zu "erziehen".

    Er hatte den Nerv mir vertraglich etwas zuzugestehen, den Vertrag wohl nie gelesen zu haben und mich dann für das was er zugestanden hatte vor allen in Grund und Boden zu beschimpfen: ich hatte Urlaub nach 4 Wochen ausgehandelt, weil der schon viel früher gebucht war. Er unterschrieb. Dann wollte er mich mitten im Urlaub zu sich zu einem Gespräch zitieren. Ich hatte keine Ahnung (kein Handy dabei, was er kritisierte) und meinte:


    "Sie hätten kommen müssen!" Ich dachte: "fängt ja gut an. Ein Mann ein Wort! - Hier wohl nicht".


    Mein alter Chef dem ich es erzählte war entsetzt ob diesen Verhaltens - und vor allem: vor allen Leuten. Also weg.


    10. Neue Firma noch einmal glaube 10% drauf gepackt an Gehalt, inzwischen nach 1,5 Jahren sind es 20% mehr und 50% mehr als ich vor 2 Jahren hatte.


    11. Neue Firma super. Da bleibe ich noch ein wenig (nicht zu lange, bald Ruhestand aber ein paar Runden drehe ich noch. Bin 57.



    Fazit: So kann es auch gehen. Ohne Wagnis, null Verbesserung.



    Neue Firma ist in jeder Hinsicht echt gut.

  • pmeinl , nein brauchen tue ich das Geld nicht, wäre natürlich schöner mit als ohne (könnte ja z. B. als Einzahlung in die GRV im Hinblick auf einen früheren Renteneintritt verwendet werden).

    Muß ins Konzept passen. Wenn Du verantwortlich mit eigenem Geld umgehen kannst, kannst Du das auch selber machen. Vermutlich hast Du ja bereits den einen oder anderen Rentenpunkt.

    Heute habe ich mit einem Führungskollegen aus unserer Firma gesprochen, dieser ist ein Jahr älter als ich und offenbar in ähnlicher Verfassung in Bezug auf die Motivation und das Verhältnis zur Geschäftsführung. Es scheint also ein eher generelles Problem zu sein, nicht unbedingt beschränkt auf mein Verhältnis zu meinem neuen Chef.

    Er war sehr optimistisch, dass sich auf Firmenseite zwangsläufig (eventuell kurzfristig) etwas ändern müsse, wenn sich die Situation verbessern solle. Warten wir mal ab, vielleicht stimmt das tatsächlich.

    Beim Computerspiel kann man auf "Reset" drücken und das Level nochmal von vorn spielen. Im echten Leben kann man das nicht. Könnte sein, daß es besser wird und Du dann getrost weiterarbeiten kannst. Könnte auch sei, daß es Dir geht wie pmeinl, der schreibt, er habe es sich zu lange bieten lassen. Wenn Du Dir durch das Betriebsklima einen Herzinfarkt einfängst, hast Du zu hoch gepokert.


    Könnte sein, daß in Deiner Position ein Standard-Arbeitsrechtler eine Nummer zu klein ist. Dennoch könnte es eine gute Idee sein, eine Arbeitsrechtschutzversicherung abzuschließen. Die kostet nicht viel, spart Dir aber ggf. die Rechtsanwaltskosten (oder zumindest einen Teil davon).

  • Achim Weiss , ja, der ein oder andere Punkt in der Rentenversicherung ist vorhanden. Der Gedanke, eine eventuelle Abfindung in die gesetzliche Rente zu stecken, ist vor allem durch die enormen Abgaben hervorgerufen, die eine Abfindung bei Auszahlung schmälern würden...


    Herzinfarktgefährdet bin ich - soweit ich sehen kann - nicht. Was aber nicht heißt, dass es schön ist, noch 10 Jahre im "Dienst nach Vorschrift" Modus zu verharren. Der Weg von pmeinl oder gar von Gaensewein lassen am Horizont erfolgreiche Möglichkeiten des Ausstiegs erkennen, birgt natürlich auch Risikien, die einem das Leben in den letzten 10 Berufsjahren auch zur Hölle machen können. Rechtsschutzversicherung habe ich damals (vor 20 Jahren) abgeschlossen, als mir klar war, dass die Arbeit für eine amerikanische Aktiengesellschaft gewisse Risiken birgt...


    Ich werde erst mal bleiben, aber durchaus die Augen aktiv offen halten und bei Angeboten, die ich nicht ablehnen kann, den Absprung wagen.

  • Ich werde erst mal bleiben, aber durchaus die Augen aktiv offen halten und bei Angeboten, die ich nicht ablehnen kann, den Absprung wagen.



    Einen Aspekt finde ich solltest Du zwingend und zwar mit Priorität im Auge behalten:


    Deine Gesundheit und dazu gehört auch die psychische. Das ist KEINE Schande und kein Grund sich zu schämen.


    Niemand hat das Recht Dir hier eigene Verantwortung für Dich selbst abzusprechen. Wer das macht, muss nämlich die Folgen eines "Durchhaltens" nicht tragen. Die trägst immer Du und nachrangig Deine Lieben.


    Ich entsinne mich noch sehr gut als ich wiederum 2017 zu meinem allerersten Wechsel antrat, Ich war richtig krank. Als ich weg ging, war ich kurz beim Arbeitsamt. Die sagten mir: "aber Sie können doch jetzt nicht in den Urlaub fahren".


    Ich habe geantwortet: "ich habe mich beworben, im Zweifel verzichte ich auf jede Transferleistung und stemme alles was ich brauche selber".


    Ich verwies darauf, dass ich einen gültigen Reisepass habe und wir nicht in der DDR leben.


    Während der Reise trudelte die ersten Zusagen für Vorstellungsgespräche ein (das war noch vor dem Headhunter) und ich genoss meinen Urlaub mit Töchterchen in Asien. WEIL ich NUR mein Ding durchzog, endete auch dort alles gut - na klar: nicht tatenlos.


    Ich würde aktiv werden, mich zurück lehnen und sagen: "ich mache was ich nur kann aber ich mache mich nicht kaputt".


    Kein Arbeitsplatz rechtfertigt eine Totaldemontage des eigenen Seelenbefindens. Nur verantwortungslos abhauen aus den Problemen ist genau so dumm wie verantwortungslos an einem Arbeitsplatz kleben.


    Bereite Dich vor. Organisiere das gut. Aber die Richtung muss stimmen:


    Verbesserung Deiner Situation.



    Viel Glück - wird schon, nur Mut!


    P.S. was ich bei einer hohen Abfindungssumme beachten würde wäre dennoch Diversifizierung. Ich halte die Rente in Deutschland für "bedingt sicher".


    Einmal Rentenpunkte gekauft, Vorgang nicht rückgängig zu machen.


    Bei sagen wir 100 000 Euro würde ich mindestens 50% anders investieren:


    Aktien

    Gold

    Festgeld

    Fremdwährungen

    Anleihen

  • Achim Weiss, ja, der ein oder andere Punkt in der Rentenversicherung ist vorhanden. Der Gedanke, eine eventuelle Abfindung in die gesetzliche Rente zu stecken, ist vor allem durch die enormen Abgaben hervorgerufen, die eine Abfindung bei Auszahlung schmälern würden...

    So mancher starrt nur auf die Steuer heutiger Tage. Sie verstellt ihm den Blick darauf, daß er die Rente, die er aus den jetzt steuerlich absetzbaren freiwilligen Zahlungen bekommen wird, nicht nur versteuern, sondern als GKV-Versicherter auch verbeitragen muß (was den Unterschied zwischen dem heutigen relativ hohen und im Ruhestand vermutete geringeren Steuersatz um 12% reduziert).


    Würde man die unerwartet hohe Belastung im Ruhestand heute schon erkennen, wäre die freiwillige Rentenbeitragszahlung möglicherweise weniger interessant.


    Die freiwillige Rentenbeitragszahlung muß wie alles ins Konzept passen.


    Im Newsletter der letzten Woche wurde über die Vorbereitung auf den Ruhestand geschrieben. Nach meinem Dafürhalten fehlte dabei der mit Abstand wichtigste Hinweis, nämlich: private Vermögensbilanz und mittelfristige Finanzplanung aufstellen.

  • Cao : Klar, ich wäre sogar bereit, mich noch mal in eine komplett neue Thematik einzuarbeiten, vorausgesetzt die Firma macht einen positiven und wertschätzenden Eindruck. Letzten Freitag war ich auf dem Bewerbertag einer Firma, die in fahrbarer Entfernung zu meinem Heimatort liegt. Dort wurde eine Position ähnlich der meinen ausgeschrieben, allerdings in einer komplett anderen Industrie. Habe dort mal meine Unterlagen abgegeben, mal schauen, ob sich da etwas Interessantes ergibt...


    Achim Weiss , ich sehe Deinen Punkt. Die Steuerersparnis heute (die sowieso in der Höhe gedeckelt und durch meine heute sowieso abführbare Altervorsorge schon zum großen Teil in Anspruch genommen wird) ist möglicherweise kleiner als die zusätzlichen Abgaben, die mir in den Rentenphase dadurch entstehen (mal ganz abgesehen davon, dass meine besser Hälfte im Alter durch sonstige (Miet-)Einkünfte unser gemeinsames Einkommen auch ziemlich nach oben treiben wird). Vielleicht ist es tatsächlich überlegenswert, bei Auszahlung einer Abfindung in den sauren (Steuer-)Apfel zu beißen... (zumal Abfindungen ja sogar noch sozialabgabefrei sind).

  • Ich drücke die Daumen, dass du entweder einen tollen neuen Job in einem positiven, wertschätzenden Arbeitsumfeld findest oder sich ein Sinneswandel bei der Geschäftsführung deiner jetzigen Firma einstellt.


    Ob ein Wechsel die richtige Entscheidung ist, kann man ja leider oft erst in Nachhinein so richtig beurteilen. Aber selbst falls sich eine neue Stelle als Wechsel vom "Regen in die Traufe" herausstellen sollte, könntest du ja ggf. nochmal wechseln ... 10 Jahre sind eine lange Zeit. Andererseits wäre es vermutlich auch ziemlich anstrengend, sich dann abermals anderswo einzuarbeiten und einzufinden.


    Wirklich schwierige Entscheidung, alles Gute auf jeden Fall!

  • madize


    Ich bin in einer ähnlichen Situation und ungefähr gleichen Alters, da noch ca. 14 Jahre bis zur Rente. Ich habe auch heute einen Thread dazu eröffnet.

    Ein Job in der Schweiz mit ca. 100% mehr Netto-Gehalt; ich mache am Ende das, was ich hier in der Firma mache (bin im Konzern seit ca. 25 Jahren).

    Aber ich bin nicht sicher, ob mit 54 Jahren der Jobwechsel und Umzug in die Schweiz Sinn macht. ABER ich habe schon länger überlegt, mir einen Job in der Schweiz zu suchen. Ich habe bereits kurz in 2020 als Freiberufler dort gearbeitet, als ich eine Auszeit genommen habe.