100.000 Euro Depot auflösen oder halten bei Hauskredit

  • Hallo Freunde, es ist so:


    Ich und meine Partnerin wollen ein Haus kaufen. Das wird uns inkl. Sanierung wohl 450.000 Euro kosten.


    Meine Überlegung ist daß wir 140 000 Euro Eigenkapital reinstecken und für den Rest von 310.000 Euro einen Kredit (3,5%) aufnehmen und diesen in 8 Jahren abzahlen und in der Zeit aber auch nichts in irgendwelche Anlagen stecken (können).


    Das würde eine Rate von 3700 Euro pro Monat bedeuten und die Kosten für den Kredit lägen bei ca.: 46.000 Euro. Würde ich meine 100.000 Euro aus meinem ETF nun ebenfalls hinzufügen hätte ich den Kredit bei gleicher Rate in 5 Jahren abgezahlt (Kreditkosten ca.: 20.000 Euro). So könnte ich natürlich drei Jahre früher anfangen wieder anzusparen- aber würde wieder bei 0 Euro starten.


    Macht es nicht mehr Sinn das Depot zu erhalten und dafür lieber mehr Kredit auf zu nehmen?


    Wenn ich den 100.000 Euro ETF diese 8 Jahre halte und nichts einzahle würde dieser auch ohne Einzahlungen auf ca. 126.000 wachsen (bei 3% Zins). Und sobald der Kredit abbezahlt ist würde ich diesen ja wieder besparen und würde natürlich viel höhere Renditen rausholen als wenn ich wie in der anderen Variante den Kredit zwar um 3 Jahre schneller abbezahle dann aber in meinem Depot wieder bei Null starte...


    ist eine ganz klar wirtschaftlich gemeinte Frage...alles andere wie Sicherheit, Schulden immer schnell abbezahlen, etc... ist hier erst mal egal...


    Was denkt Ihr?


    Alles rein und möglichst kleiner Kredit, oder lieber ETF laufen lassen und dafür höherer Kredit und dadurch zwei Jahre länger abbezahlen?


    Danke für Eure Einschätzungen

  • ist eine ganz klar wirtschaftlich gemeinte Frage...alles andere wie Sicherheit, Schulden immer schnell abbezahlen, etc... ist hier erst mal egal..

    Rein wirtschaftlich lässt sich das nicht beantworten, weil du nicht weißt, welche Rendite der ETF in den jeweiligen Jahren erwirtschaften wird.


    Liegt die ETF-Rendite (grob überschlagen) bei mehr als 4,75% (vor ca. 26% Kapitalertragsteuer und Soli) schlägt sie den Immobilienkredit von 3,5% (jede Zahlung bietet eine steuerfreie Rendite in dieser Höhe). Liegt die ETF-Rendite darunter, ist der Kredit günstiger.


    Was davon zutreffend war, weißt Du erst hinterher.


    Historischer worst case auf 8 Jahre waren beim MSCI World bei Einmalanlage minus (!) 6,7% im Jahr (!). Quelle: https://www.dividendenadel.de/…tedreiecke-2024-WEISS.pdf Wenn ein solcher Fall eintritt, fährst du mit dem Einbringen in den Kredit mit einer sicheren Rendite von PLUS 3,5% um Längen besser.


    Historischer best case auf 8 Jahre waren beim MSCI World bei Einmalanlage plus (!) 18,2% im Jahr (!). Quelle: gleicher Link wie oben. Wenn ein solcher Fall eintritt, fährst du mit dem Liegenlassen im Depot um Längen besser als mit der vergleichsweise geringen sicheren Rendite von 3,5% aus der Immobilienfinanzierung.

  • Hier einen sinnvollen Tipp zu geben ist unmöglich, hängt vom Charakter des betroffenen ab. Hältst du ein minus an der Börse aus oder nicht. Wie von 12345 bereits beschrieben, das Pendel kann in beide Richtungen ausschlagen.

  • Ich will den ETF eigentlich bis zur Rente durchlaufen lassen...also ab heute noch ca. 22 Jahre...daher habe ich eigentlich wenig Sorgen vor Schwankungen...aktuell steht dieser halt bei 100.000 Euro...wenn ich den nun auflöse und für das Haus verwende starte ich nach abzahlen des Kredites wieder bei Null... Behalte ich den ETF, zahle ich zwar den Kredit , aufgrund der höheren Summe ein paar Jahre länger ab (und habe höhere Kreditkosten) aber der ETF wächst weiter und läuft vor allem insgesamt dann mehr als 20 Jahre. Haue ich jetzt den ETF in die Immobilienfinanzierung starte ich nach Abbezahlen bei 0 Euro und habe nur noch eine kurze Sparphase von unter 15 Jahren...das ist dann (je nachdem was in dieser Zeit so los ist an der Börse) doch eher kritisch, oder nicht?

  • Du solltest auch das Thema Beleihungsauslauf bedenken. Wenn du mit zusätzlichem Eigenkapital die "nächste Stufe" erreichst, kann sich dies im Zinssatz bemerkbar machen. Damit sinken die Kosten zusätzlich.

    Aktuell liegst du bei etwas unter 70%. Mit weiteren 45k Eigenkapital sind es bereits knapp 60% und mit 90k sind es unter 50%.

  • Rein Wirtschaftlich würde ich nochmal nach einen anderen Kredit schauen.


    Wir sind in fast der gleich Situation wie Ihr.

    Hauskauf und Eigenmittel liegen in ähnlicher Höhe.


    Stand heut bekommen wir einen Kredit für die gleiche Summe mit Sollzins 3,17%. Effektiver Jahreszins 3,25%.

  • Ich würde die schnelle Abbezahlung des Hauses priorisieren, insbesondere, da die 100k riskant investiert sind und Zinsdifferenzüberlegungen nach hinten losgehen können. Wenn du in der Lage bist, 3700 € im Monat ab dem 5. Jahr weiter zu investieren, hast du nach drei Jahren bereits wieder über 133k ins Depot eingezahlt. Selbst wenn du dann 1,5k monatlich weniger ins Depot stecken könntest, hättest Du bereits 80k wieder investiert. Wären für mich gute Aussichten.

  • Hallo Freunde, schon mal danke für die Antworten...werde mir die eine oder andere Sache mal näher ansehen müssen, z.B.: Beleihungsauslauf...da kenne ich mich nicht aus...ich melde mich bestimmt wieder... ;)

  • Aktuell liegst du bei etwas unter 70%. Mit weiteren 45k Eigenkapital sind es bereits knapp 60% und mit 90k sind es unter 50%.

    Wobei es bei vielen Banken ab 60% Eigenkapital nicht mehr günstiger wird.


    Bei uns war das damals jedenfalls so (haben unsere Baufinanzierung bei der ING, und nach meiner Erinnerung war das bei vielen anderen Banken ähnlich) - da waren die Konditionen gestaffelt, 60% Beleihungsauslauf war aber der günstigste Zinssatz, mehr Eigenkapital hätte den Zinssatz nicht mehr weiter verbessert. Mag aber sein, dass es Banken gibt, bei denen das anders ist. Wir haben damals mit wenigen tausend EUR mehr Eigenkapital als ursprünglich geplant, mit denen wir ganz knapp unter die 60% kamen, den Zinssatz nochmal gedrückt.


    PatCash Ganz vereinfacht gesagt ist es für die Bank günstiger und weniger riskant, je weniger Kredit in Relation zum Objektwert sie geben muss. Wenn die Rate nicht mehr bedient wird und sie das Objekt notverkaufen oder zwangsversteigern muss, hat sie weniger Risiko, je mehr "Puffer" zwischen Objektwert und Kredit ist.


    Beispiel: Das Objekt hat einen Wert von 500.000 EUR, der Kredit beträgt knapp unter 300.000 EUR (d.h. knapp unter 60%). Im worst case, wenn der Schuldner kurz nach Darlehensbeginn ausfällt und noch fast nichts abbezahlt hat, und bei Notverkauf/Zwangsversteigerung des Objekts abzüglich Kosten am Ende vielleicht nur 400.000 EUR rumkommen, bekommt die Bank immer noch ihre vollen 300.000 EUR zurück. Beträgt der Kredit dagegen 500.000 EUR (100%-Finanzierung), würde die Bank im beschriebenen Beispielszenario 100.000 EUR verlieren. Dieses höhere Risiko lässt sich die Bank durch einen höheren Zinssatz vergüten, bzw. im Umkehrschluss bringt ein niedrigerer Beleihungsauslauf einen besseren Zinssatz.

  • Macht es nicht mehr Sinn das Depot zu erhalten und dafür lieber mehr Kredit auf zu nehmen?

    Du kannst kalkulieren und es hin- und herwenden, es ist und bleibt Finanzwette. Schlägt dein Depot die Zinsen oder nicht?

    Bei 3,5 Prozent wäre es nach meinem persönlichen (!) Riskoprofil ein No-Brainer. Ich habe das mit 5 Prozent Hauskredit im Jahr 1999 durchexerziert und bin ohne Zaudern mindestens von 8 Prozent Depotrendite ausgegangen.


    Da wir hohe Sondertilgungen vereinbart haben und die auch größtenteils geleistet haben, war der Kredit nach 6 Jahren abgelöst noch vor der 10jährigen Bindungsfrist. Da hat die Sparda-Bank leider die Konsequenzen von hoher Sondertilgung bei der Laufzeit nicht berücksichtigt. Das war aber noch in der guten alten Zeit, als ich die Kreditkonditionen der Bank handschriftlich auf einem DIN A4 Blatt angeboten bekam (ich habe das Blatt noch, hat historischen Wert :D).

    Es hat sich gelohnt, meine Wette habe ich gewonnen. Nach 6 Jahren schuldenfrei, pünktlich nach Ablösung des Kredit hat die Börse 2006 einen Sprung nach oben gemacht, womit meine Renditeerwartung damit dann auch erfüllt wurde. Nebenbei haben wir kräftig weitergespart, als ob wir noch Schulden hätten und das gesammelte Geld dann 2008 im Crashjahr investiert. Das holt man übers Sparen nicht mehr ein. Das sind sehr rare Investitionschancen, muss man gerechterweise so sagen und die gibt es natürlich nicht ohne Risiko.