Aktive "Index"-ETFs

  • Indexfonds basieren ja auf der Idee, dass alle Aktienkurse alle zugänglichen Informationen beinhalten und man somit keine unter- oder überbewerteten Aktien finden kann.


    Gleichzeitig wird aber immer wieder vor Hypeaktien gewarnt und es gibt Studien die zeigen, dass ein großer Teil der Finfluencer mit ihren Hypetipps das Geld ihrer Follower systematisch verbrennen. Es scheint also eine Strategie zu geben, überbewertete Aktien zu finden.

    Wie passt das zusammen?


    Dann wird oft argumentiert, dass aktive Fonds ja meist underperformen würden bzw ihre Overperformance eher zufällig wäre.

    Aber liegt das nicht einfach daran, dass Aktiengewinne stark durch einzelne Ausreißer bestimmt werden, sodass ein möglicher Skill des Managers einfach von solchen Ereignissen massiv überschattet wird? Und dass Wetten belohnt werden, da einmalige zufällige Überrenditen belohnt werden, während man bei verlorenen Wetten halt den Fonds schließt? Dann kommt noch Markettiming und prozyklisches Windowsdressing hinzu und die Katastrophe ist perfekt.


    Wenn man nun aber sehr nah im Index bleibt, sodass Einzelaktienereignisse einem keine Zufallsschwankungen bescheren und man im Markettiming nichts versemmeln kann, muss man ja nur noch eins schaffen: Mit kleinen Über-/Untergewichtungen bzw Ausschlüssen von 0,x%-Aktien häufiger richtig als falsch liegen.

    Glaubt ihr, der Markt ist derart Effizient, dass man das nicht halbwegs konstant schafft?

    Man schafft durch die Nähe zum Index natürlich keine Mondrenditen. Aber 1% pro Jahr machen einen massiven Unterschied.


    Wie seht ihr das? Ist passives Investment wirklich der heilige Gral, oder ist man doch etwas zu dogmatisch geworden, indem man Analysten wirklich jeglichen Vorteil abspricht?


    Denn die aktiven "Index"-ETFs scheinen bei Privatanlegern keine große Aufmerksamkeit zu bekommen und sind eher so das schwarze Schaf der ETFs.

    Dabei hat der JPMorgan ETF bisher alle 5 Jahre eine kleine Überrendite von im Schnitt etwa 1% erreicht (außer in den EM) und auch andere Anbieter springen aktuell auf den Zug auf.

  • Ich würde nicht sagen das es keine überbewerteten gibt. Ich bin der Meinung sogar, dass die meisten Aktien überbewertet sind. Schaue ich mir das KGV des ETFS an finde ich diese deutlich zu hoch. Aber trotzdem wird investiert weil die heutigen Höchstwerte die Tiefstände der Zukunft sind. Auch gibt es irgendwann die Rückkehr zum Mittelwert der den Aktienmarkt bereinigt. Dies erfolgt entweder durch einen Crash wo es abwärts geht oder der Aktienmarkt wird für eine sehr sehr lange Zeit seitwärts verlaufen.


    Auch denke ich, dass es noch unterbewertete Aktien gibt auch wenn bereits vieles eingepreist ist. Nur diese Aktien sind rar und vermutlich können diese in einem Markt wie China (schwer zugängliche Informationen) ausfindig gemacht werden. Sehr schwer von nicht professionellen Investoren. Nur stellt sich die Frage ob es dann wirklich können oder doch Glück war.


    Zudem ja die vermeintliche Mehrrendite durch eine Unterbewertung zu einer zwingenden Minderrendite eines Marktteilnehmers führen muss.


    Bye the way: niemand ist schlauer als der Markt. Darum versuche ihn nicht zu schlagen.


    Ich tagge das mal für Impidimpi da ich seine Meinung sehr schätze und es mich interessiert was er dazu sagt. Vielleicht findest du Zeit um ein paar Zeilen dazu zu schreiben. Danke!

  • Ja, eine Mehrrendite wäre eine Unterrendite einer anderen Person.

    Aber ist das so abwegig? Es gibt sie doch, die Hypes bei einzelnen Lotterieaktien (okay, eher bei Smallcaps) oder das Hinterherrennen nach vergangenen Renditen.

    Auch der Ausschluss von Hypes könnte eine Mehrrendite bringen, nicht nur das Suchen nach Unterbewertungen.


    Die Idee dieser aktiven ETFs ist es ja nicht, groß vom Markt abzuweichen, sondern kleine Einzeloptimierungen vorzunehmen. Auch ein paar mal 0,x% Abweichung, mit denen man öfter richtig als falsch liegt, summieren sich.


    Die Frage ist als: Glaubt man, dass der Markt so perfekt ist, dass man wirklich nichts durch kleine Optimierung gewinnen kann?

    Diese ETF-Anbieter sind ja keine Kleinanleger, sondern JPMorgan, Blackrock oder Fidelity.


    Edit: Hier mal der ETF mit dem glaube ich längsten Trackrecord.

    JPMorgan Global Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF USD (acc) | A2DWM6 | IE00BF4G6Y48
    Key facts and comparisons for JPMorgan Global Research Enhanced Index Equity (ESG) UCITS ETF USD (acc) (JREG | IE00BF4G6Y48) ➤ justETF – The ETF Screener
    www.justetf.com

  • Gewinnen durch Optimierung...Vielleicht möglich aber auch auf lange Sicht? Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Ich bin der Meinung wer gegen den Markt wettet hält such für schlauer. Bitte verstehe mich nicht falsch dann kann man natürlich tun. Mit alles sich daraus ergebenen Konsequenzen. Ich stelle mir auch die Frage ob in der Zukunft die Märkte durch KI vielleicht noch schneller eingepreist werden?

  • Das Risiko ist ja überschaubar, da es ja quasi eine Art optimiertes Sampling des MSCI World ist. Ziel ist glaube ich, irgendwie +-2% oder so am Index zu bleiben.


    Ich habe keinen dieser ETFs, aber ganz abwegig finde ich es nicht, dass man da was rausholen kann.

    Gerade Übertreibungen bei Einzelwerten sind nur schwer vom Markt auszugleichen. Denn Leerverkäufe sind nunmal schwerer durchzuhalten als überbewertete Longpositionen.


    Solange es Dinge wie den Arkk ETF gibt, fehlen mir die Argumente dagegen, dass man am Markt durchaus noch irgendwo 1% pro Jahr mehr rausholen kann, ohne den Index wirklich stark zu verlassen

  • Gewinnen durch Optimierung...Vielleicht möglich aber auch auf lange Sicht? Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Ich bin der Meinung wer gegen den Markt wettet hält such für schlauer.

    Man kann aber auch anders argumentieren: Viele (vor allem private) Marktteilnehmer verhalten sich nicht schlau und betreiben extensives stock picking und market timing Diese Gruppe ist in der unteren Hälfte des Marktes angesiedelt. Vielleicht ist es für ein renommiertes Haus wie JP Morgan, die z.B. gegenüber Privatanlegern einen deutlichen Vorteil haben, gar nicht so schwer durch minimale tilts den Markt zu schlagen. Bisher war es kaum möglich, weil die hohen Kosten jedes Alpha ausradiert haben. Aber mit 0,25% TER? Die Outperformance der ETFs ist sehr deutlich und läuft schon sehr lange.


    Die einzige Frage, die relevant ist: Underperformen die meisten Fonds und Verwalter wegen ihrer hohen Kosten oder wegen falschem Handeln? In dem Punkt bin ich mir nicht so sicher.


  • Die einzige Frage, die relevant ist: Underperformen die meisten Fonds und Verwalter wegen ihrer hohen Kosten oder wegen falschem Handeln? In dem Punkt bin ich mir nicht so sicher.

    In einem 2% p.a. Fonds kann man die Strategie eigentlich so gar nicht fahren.

    Alleine um die Kosten auszugleichen muss man schon stärkere Wetten gegen den Markt eingehen.

    Und dann schlägt halt irgendwann einfach der Zufall in Einzelpositionen, Faktoren oder Sektoren zu und überdeckt alles andere.

    Dann fängt man uU mit Markettiming und Windowsdressing (Hinterherrennen von vergangenen Gewinnen) an um die Performance zu retten oder nicht zu dumm auszusehen.


    Aber genau das, was du im ersten Teil deines Posts schreibst, geht auch in meinem Kopf vor ;)


    Edit: Interessant finde ich übrigens, dass der ETF 2022 ähnliche Performance gebracht hat wie der MSCI World. Die Performance lag also nicht an einer leichten Übergwichtung der Bigtech, sonst hätte man stärker verlieren müssen.

  • Der JPMorgan Global Research Enhanced will "die Wertentwicklung des Referenzindex, MSCI World übertreffen", indem "nach Fundamentaldaten unterbewertete Titel übergewichtet werden".

    Im Core MSCI World sind zur Zeit ca. 1.400 Aktien, im JPM sind nur 680. Das KGV im Core MSCI World liegt bei 18,8, beim JPM bei 20. Länder- und Branchenzusammensetzung unterscheiden sich nur unwesentlich.

    Es scheint mir so, als würden in erster Linie langjährige Low Performer mit niedrigem KGV rausgeschnitten.

    Der JPM hat seit 2019 in jedem Jahr besser performt als der iShares Core MSCI World (trotz höherer TER).

    M.E. kann man da reingehen, um einen kleinen Rendite Boost mitzunehmen. Zumindest als Alternative für den MSCI World.

  • Ist in meinem zweiten Post verlinkt.

    IShares hat aber auch gerade eine Reihe aufgelegt, wobei die da eine etwas abgehobenere Technik beschreiben. Glaube Fidelity hat da auch was.


    Sind alles etwas andere Ansätze, JPMorgan scheint so der fundamentalste Ansatz zu sein, die sind ja auch ein großes Analysehaus.


    Der Trackrecord ist halt noch nicht sooo lang. Gerade iShares ist noch ganz neu.

    Bei JPMorgan sieht's bisher ganz gut aus, auch wenns in den Emerging Markets gerade etwas schwächelt.


    Aber der Trackrecord ist noch zu kurz in den ETFs. Ich vermute aber mal, dass die Strategien selbst nicht zwingend neu sind. Ich meine JPMorgan hat in irgendeinem Interview mal gesagt, dass sie das schon länger nutzen und erfahrungsgemäß mit 1% pro Jahr rechnen.


    Die Frage ist aber halt: Glaubt man das?

    Glaubt man, dass die Märkte genug Ineffizienzen aufweisen und traut man dem Anbieter zu, diese zu erkennen?


    Und leider gibt's die alle nur mit ESG (wenn auch eher sanft).

  • Hat ehr was von 6 aus 49, der ewige Drang den Markt zu schlagen, geht wie immer, bis auf ganz wenige Ausnahmen, schief. Die Kosten weisen schon darauf hin, dass es ein gemanagter ETF ist, die langjährigen Statistiken verheissen nichts gutes.

  • Hat ehr was von 6 aus 49, der ewige Drang den Markt zu schlagen, geht wie immer, bis auf ganz wenige Ausnahmen, schief. Die Kosten weisen schon darauf hin, dass es ein gemanagter ETF ist, die langjährigen Statistiken verheissen nichts gutes.

    Was siehst du in den Statistiken des JPMorgan Global Research Enhanced besorgniserregendes?

  • Nichts, ich sehe den Drang den Markt schlagen zu wollen, besorgniserregend. Fonds mit hohen Kosten verlieren regelmäßig gegen normale weltweite ETFs.

    Sehe ich auch so. Die Mehrkosten sind gewiss. Die Mehrrendite jedoch nicht. Wenn ich aus meinem Investment mehr Rendite möchte so würde ich die Asset Allokation von risikoreich und riskoarm (ETF zu Tagesgeld) anpassen. Nur manchen ist das nicht kompliziert genug.

  • Es gibt quasi ständig neue Finanzprodukte.

    Jetzt kann man sich beständig Produkte heraussuchen, dass dann in den letzten X-Jahren besser als ein MSCI World 'gelaufen' sind.


    Nur die Aussage für die Zukunft ist schlichtweg NULL!


    Wir wissen es einfach nicht wie sich ein bestimmtes Produkt in den nächsten X Jahren gegenüber einem MSCI World entwickelt. Evtl. passt genau die aktuelle Marktphase ideal auf das betrachtete Produkt, dass kann aber in der Zukunft dann wieder ganz anders aussehen.


    Ein hervorragendes Beispiel ist der Stoxx Global Select Dividend 100. Wer dort vor 2000 investiert hätte, würde heute noch vor dem MSCI World liegen:

    Backtesting for the European index investor


    Aber einfach mal den Startzeitpunkt auf z.B. 2007 ändern. ;)

    Oder mal per Sparplan 'spielen'. Dann läge rund 20 Jahre lang der Stoxx Global Select Dividend 100 vor dem Sparplan auf den MSCI World (1999-2018).

    Aber die letzten 6 Jahre hat das Konzept des ETF halt eher schlecht funktioniert.

    Nur, was die Zukunft bringt wissen wir eben nicht. Kann ja zukünftig auch wieder anders laufen.


    Leute, investiert doch in was Ihr wollt! Aber zieht das dann auch durch!

    Mir reicht es wenn ich langfristig die Marktrendite abgreife.

  • Und warum soll der MSCI World plötzlich der Standard sein an dem sich alle anderen messen müssen? :/ Der MSCI World ist ein sehr einfaches Modell die Unternehmen der Weltwirtschaft abzubilden. Er investiert nur in 20% der investierbaren Unternehmen der Welt und schließt über 40% der Länder nach BiP aus. Ein von einem amerikanischem Unternehmen willkürlich aufgesetzter Index, der regelmäßig willkürlich durch MSCI geändert wird.

  • Und warum soll der MSCI World plötzlich der Standard sein an dem sich alle anderen messen müssen? :/ Der MSCI World ist ein sehr einfaches Modell die Unternehmen der Weltwirtschaft abzubilden. Er investiert nur in 20% der investierbaren Unternehmen der Welt und schließt über 40% der Länder nach BiP aus. Ein von einem amerikanischem Unternehmen willkürlich aufgesetzter Index, der regelmäßig willkürlich durch MSCI geändert wird.

    Sehe ich genauso. Zudem scheinen ja in einigen Betrachtungen sogar gleichgewichtete Indizies über längere Zeiträume besser zu performen als nach Marktkapitalisierung gewichtete (siehe Anlage).
    Aber für die US-amerikanischen ETF Emittenten ist der MSCI World natürlich ein nices Heimspiel :)

  • Sehe ich genauso. Zudem scheinen ja in einigen Betrachtungen sogar gleichgewichtete Indizies über längere Zeiträume besser zu performen als nach Marktkapitalisierung gewichtete (siehe Anlage).
    :)

    Die small-size-Faktorprämie.

    Auch bei den Affen war nicht der Affe schlauer, sondern kleinere Unternehmen wurden automatisch höher gewichtet.


    ,,Brauch ich alles nicht" ist eine legitime Einstellung bei dem Thema. Funktioniert ja trotzdem.

    Aber die Daten sprechen eine sehr deutliche Sprache. Ist halt momentan schwer zu akzeptieren nach so vielen Jahren Momentum. Klassischer hindsight bias.

  • Die small-size-Faktorprämie.

    Auch bei den Affen war nicht der Affe schlauer, sondern kleinere Unternehmen wurden automatisch höher gewichtet.


    ,,Brauch ich alles nicht" ist eine legitime Einstellung bei dem Thema. Funktioniert ja trotzdem.

    Aber die Daten sprechen eine sehr deutliche Sprache. Ist halt momentan schwer zu akzeptieren nach so vielen Jahren Momentum. Klassischer hindsight bias.

    Absolut.