Auswahl ETF

  • Die 70/30 Aufteilung ware vor ca. 5 Jahren rückblickend für die davor liegenden Jahrzehnte die ziemlich optimale Auteilung in Punkto Gesamtrendite. Deshalb sind in der Folge viele auf diese Verteilung aufgesprungen, in den letzten 5 Jahren wäre eine sehr viel niedrigere Quote der EM besser gewesen, was man damals natürlich noch nicht absehen konnte und auch heute für die Zukunft nicht absehen kann.

    Ich glaube, damals waren 1-ETF-Lösungen auch noch nicht so gängig, und wenn man die EM nichts komplett rauslassen wollte, musste man sie selbst irgendwie gewichten. 70/30 war vermutlich auch irgendwie gerundet als "griffige" Empfehlung.


    Was für einen selbst und den eigenen Anlagezeitraum optimal gewesen wäre, können wir dann irgendwann rückblickend am Ende unseres Lebens nachrechnen. ^^


    Was ich aber beruhigend finde: Egal ob 70/30, 1-ETF-Lösung oder nur MSCI World ohne EM, am Ende unterscheiden sich auf Jahrzehnte gesehen die Gewichtungen nicht wirklich wesentlich. Und in jedem Fall fährt man viel, viel besser als mit Sparbuch, Riester-Rente und Bausparvertrag.


    Deshalb bin ich auch der Meinung, Hauptsache anfangen und nicht zu lange an irgendwelchen Details bei der Gewichtung von Industrie- und Schwellenländern tüfteln. Einen ETF und fertig.

  • Ich finde es suboptimal nur über die Quote der EM die Gewichtung des Gesmatportfolios zu steuern. Innerhalb der beiden Klassen EM und Industrieländer wäre die Gewichtung dann ja immer noch nach MarketCap. Man gewichtet so halt nicht nur USA, sondern auch Europa und Asien-Pazifik und alle anderen Industriestaaten unter...

    Stimmt theoretisch. Nur hast du dir mal ganz praktisch ausgerechnet, um welche Teile bzw. Veränderungen von Anteilen es dabei faktisch geht? Der MSCI-World (z.B. der hier: https://extraetf.com/de/etf-pr…00B4L5Y983?tab=components) enthält zu gerade einmal 15% Aktien aus Europa und runde 8% aus Asien-Pazifik. Ob man diese eher marginalen Anteile dann noch etwas reduziert, macht für mich ehrlich gesagt dann auch keinen großen Unterschied mehr. Im Fall von Asien-Pazifik wären es 2,4%-Punkte weniger aufs Gesamtportfolio gerechnet, da seh ich ehrlich gesagt so gut wie keinen Impact...


    Was man aber nicht machen sollte, wie ich finde, ist als Ansatz für seine Strategie konkrete Marktmeinungen oder Prognosen einfließen zu lassen. "Die EM können die nächste Dekade besser laufen" usw. Man ist dann auch wieder geneigt zu traden, wenn nach 3 Jahren die Hoffnungen nicht aufgegangen sind.

    Mach ich meiner Wahrnehmung der Dinge nach an dieser Stelle nicht, auch weil "traden" für mich nicht in Frage kommt. Die 25% resultieren bei mir aus einem grob geschätzen Mittelwert zw. Marktkapitalisierung (ca. 10%) und GDP-Gewichtung (ca. 40%). Dennoch sei mir die Bemerkung erlaubt, dass die EM in den letzten 5 Jahren erstaunlich schlecht gelaufen sind, was mich auf etwas stärkere Kurszuwächse in der Zukunft hoffen lässt. Einfach auch deshalb, weil mir kein plausibler ökonomischer Grund einfällt, weshalb die im Weltmarkt vertretenen Großkonzerne aus Indien und China auf lange Sicht groß andere Renditen erwirtschaften sollten, als die Großkonzerne aus z.B. Europa oder den USA. Meine Erwartungshaltung ist, dass die EM auf ganz lange Sicht ähnlich performen, wie die Industrieländer. Falls noch die Political-Risk-Premium on top kommen sollte, umso besser! Falls nicht: Auch nicht schlimm und ich bin mit meinem EM-Anteil besser diversifiziert, als nur mit dem MSCI-World, was eine etwas geringere Gesamtvolatilität bedeuten sollte, da beide Märkte nicht völlig korreliert sind. Den Anteil der EM würde ich nur ändern, wenn Länder wie China den Index wechseln... ;)


    Ich habe in meinem Portfolio EM statt mit ca. 10% (MarketCap) mit ca. 15% gewichtet, und auch Asia-Pasific und Small-Cap habe ich leicht übergewichtet. Hintergrund ist, dass ich den Gesamtmarkt abbilden will, aber dass ich bereits mein Humankapital und meine Rentenansprüche in Deutschland/Europa allokiert habe und daher das weitere Invest in diese Region etwas senken möchte.

    Kann man so machen und sich deshalb genau so aufstellen.


    Ein Punkt, den wir hier wenig diskutieren: Hat nicht das Vorgehen von einem US-Unternehmen wie MSCI, das US-Politik und US-Gesetzen unterliegt und vor allem einen Index in US-Dollar (d.h. mit einer Gewichtung des gesamten Weltmarktes in USD und gerechnet in USD!) herausgibt ein - wie soll ich sagen - US-Bias? ;) Allein der Wechselkurseffekt, also dass man praktisch alles durch die "Brille" des US-Dollar sieht und rechnet, sollte m.E. schon zu einer gewissen Übergewichtung der USA führen. Von politischem/ökonomischem Interesse eines solchen Unternehmens mal ganz zu schweigen. Chinesische Yuan und europäische Euro sind je nach Geld- und Schuldenpolitik der USA je nach Lage der Dinge dann nicht selten relativ gesehen eben nicht ganz so viel wert, was den USA bzw. den Bewertungen der US-Unternehmen zu Gute kommt, m.E. den Blick auf den gesamten Weltmarkt aber etwas verzerrt. Auch deshalb habe ich die USA von 70% auf 40-50% runtergewichtet...


    Würde ich heute mit einem solchen Konzept nochmals starten? Wahrscheinlich nicht. Würde ich es einem jungen Mensch für einen wirklich langfristigen Sparplan empfehel? Wahrscheinlich auch nicht. Wenn jemand an Faktorprämien glaubt oder eine abweichende Allokation wünscht, dann wäre vieleicht auch der Griff zu dem Gerd Kommer ETF oder dem Global Portfolio One die einfacherer (aber teurere) Lösung.


    30% EM wäre mir to much.

    Nachvollziehbare Erfahrung, die hier viele so machen bzw. anschließend hier im Forum beschreiben. Wenn der Kommer-ETF aus unterschiedlichen Gründen raus ist und man den USA keine 60-70% im Aktienteil einräumen möchte, welche praktikablen Ansätze bleiben dann noch?


    Ich finde im Sinne eines KISS-Prinzips ein Portfolio mit drei Teilen ziemlich praktikabel, sofern man z.B. einen Sicherheitsbaustein von 30% haben möchte, um den MDD zu reduzieren: 50% Aktien Welt, 20% Aktien EM, 30% Staatsanleihe EUR kurzlaufend. Vorteil hierbei ist, dass man neben den EM (28,57% an den Aktien) auch Europa in Form einer anderen Anlageklasse ohne Währungsrisiko vertreten hat. Und die drei Bausteine lassen sich doch wirklich easy im Griff behalten. Das finde ich im Gegensatz zu vielen anderen Ansätzen (mit indiv. Gewichtung der Weltregionen) wirklich ziemlich praktikabel und einfach zu steuern...

  • FinanztipUser Genau da liegt der Hund im Pfeffer ;) KISS ist ein ACWI IMI oder vergleichbar. Auf lange Sicht sicher nicht verkehrt. Alles andere macht Aufwand und die Frage ist: Wofür?


    Was wäre denn damit:

    EM 15%

    MSCI World 42,5%

    MSCI World Equal Weight 42,5%


    Aber am Ende sind das alles Nuancen. 30% EM heist, wenn die 10% runter gehen sind das 3% aufs Portfolio. Das wäre mir zu krass. China ist unkalkulierbar. Ob die Risikoprämie dort angemessen ist lässt sich erst hinter sagen.


    Viel wichtiger - vor allem am Anfang der Investmentkarriere - ist es


    1.) Never go out of the market!

    2.) Sparrate erhöhen

    2.) Stoisch bei der Strategie bleiben (wenn sie denn solide ist)


    Ob jetzt 52% USA oder 62% oder was auch immer. Der Markt wird sich die nächsten 30 Jahre so extrem verändern, wie in den letzten 30 Jahren und in denen davor. Vieleicht auch mehr? Das Gewicht von heute ist nicht das von morgen und erst recht nicht das in 30 Jahren...

  • Es ist wichtig zu verstehen, dass vom reinen langfristigen Erwartungswert alle existierenden Gewichtungen am Ende bei ungefähr dem selben Ergebnis landen werden. Mal ist die eine Gewichtung besser, mal die andere, und langfristig gleicht sich das aus. Jedoch ist der individuelle Zeitraum bis zur Rente einer bestimmten Person nicht beliebig ausdehnbar, sondern begrenzt, sodass man nicht immer auf einen langfristigen Ausgleich warten kann. Daher wird es in den allermeisten Fällen so sein, dass für Person X irdendeine Gewichtung zum Zeitpunkt ihres Rentenbeginns besser abgeschnitten haben wird als eine andere. Aber welche Gewichtung das am Ende sein wird, ist nicht vorhersehbar. Daher ist die Empfehlung, es sich möglichst einfach zu machen und einen nach MCAP gewichteten ETF zu nutzen. Das spart Zeit, Mühe und Kosten. Wenn man allerdings eine konkrete und gut begründbare Vorstellung davon hat, welche Gewichtung nach 30 Jahren besser gelaufen sein wird, wie z.B. FinanztipUser, dann sollte man sich dem nicht verschließen und danach anlegen. Für alle anderen gilt: KISS mit einem All World oder ACWI IMI - und fertig!

  • Genau da liegt der Hund im Pfeffer ;) KISS ist ein ACWI IMI oder vergleichbar. Auf lange Sicht sicher nicht verkehrt. Alles andere macht Aufwand und die Frage ist: Wofür?

    Wofür? Weil man sonst die angepeilte Zielgewichtung nicht erreicht, zumindest nicht, wenn das Ziel nicht Marktkapitalisierung lautet…


    Was wäre denn damit:

    EM 15%

    MSCI World 42,5%

    MSCI World Equal Weight 42,5%

    Noch weniger KISS! ;) Also drei statt zwei Bausteine im Aktienteil. Mit einem Sicherheitsbaustein wären es dann schon vier ETF…


    Zumal: Siehst du nicht auch einen Vorteil darin, die Weltregionen (grob, also näherungsweise) steuern zu können. Also z.B. wenn die USA eine selbst zu definierende Schwelle (z.B. 50% im ACWI-IMI) unterschritten haben, dann die EM etwas geringer gewichten zu können? Auch das könnte ich trotz des zusätzlichen ETFs in deinem Beispiel oben nicht…


    China ist unkalkulierbar. Ob die Risikoprämie dort angemessen ist lässt sich erst hinter sagen.

    In Anbetracht der Wahlergebnisse und des neuen (Grusel-)Kabinetts der USA wäre ich eher geneigt zu sagen, die USA sind unkalkulierbar! :P Ob die Renditen des Aktienmarktes da gerade angemessen sind, lässt sich ganz sicher auch erst hinterher sagen. Wann auch immer hinterher ist! ;)


    Im Ernst: Was meinst du denn zum von mir gesehenen systematischen US-Bias? Seh nur ich den auf Grund der US-Dollar-Perspektive? Also auch mal abgesehen von den offensichtlichen politischen Ausschlüssen aus Indizes wie im Fall von Russland?


    Ich frage mich: Wie sähe die Zusammensetzung und die Gewichtung eines Weltmarkt-ETFs aus, der in China auf Basis eines chinesischen Index aufgelegt würde? Meine Vermutung: Anders als unsere ETFs auf „den Weltmarkt“… :/

  • FinanztipUser Alles richtig!


    Es ist immer eine Abwägung nötig und es läuft immer auf einen Kompromiss raus. Wenn man mit 30% EM leben kann, dann Feuer frei...


    Alternative, aber dennoch sinnhafte, Andersgewichtung ist halt mit Aufwand verbunden (wenn man nicht einfach das GPO oder Kommer nimmt und die dafür bezahlt). 70/30 MSCI World und EM sind eine recht einfache Lösung mit einem recht hohen EM Anteil und entsprechenden Risiken (wir haben 22 gesehen, was passieren kann. Es können ganze Länder plötzlich unhandelbar werden). Mein Vorschlag wäre eine Nummer komplexer, dafür aber insgesamt ausgewogener. Auch würde das "mitatmen" mit dem Markt. Alle Regionen individuell zu gewichten bedarf dann nochmehr Aufwand. Wenn man nicht auf SC verzichten will, obwohl sie fester Bestandteil der Weltwirtschaft sind, wirds noch komplexer. Da macht dann ein Gang zu Kommer oder Beck vieleicht doch Sinn? Zumal bei Beck die Anleihen auch der Teilfreistellung unterliegen würden, was ein bisschen was von Mehrpreis weg nimmt.


    Oder man lebt halt mit 30% EM. Ich wollte da auch kein Fass aufmachen. Nur mir sind die 30% zu viel und daher wollte ich das ansprechen...


    Das US und Dollargewicht kann man sehen, wie man will. Die Unternehmen machen ihre Umsätze ja auch in diversen Währungen. Die Unternehmen sicher jedoch Wechselkursrisken in der Regel ab. Dann ja wieder auf Dollar. Wie sich der schwache Dollar auf einen deutschen Anleger auswirkt sahen wir ja kürzlich. Andersherum geht das aber genauso. Political risk sehe ich aktuell vielerorts. Was in den USA passiert steht in den Sternen, aber auch hierzulande ist da einiges im Argen. USA/Taiwan... Naher Osten??? Also regionale Risiken sind definitiv da. Daher ist auch mir ein großer regionaler Klumpen im Portfolio unrecht. Ich möchte schon einigermaßen auch über Regionen und Branchen diversifiziert sein. Daher auch meine Andersgewichtung. Was passieren wird, wann und wo und mit welchen Folgen, das kann ich nicht sagen, da meine Glaskugel defekt ist. Bleibt also nichts ausser ausgewogen zu diversifizieren und da ist eine Andersgewichtung als Market Cap ein nachvollziehbarer Wunsch.

  • Wenn man allerdings eine konkrete und gut begründbare Vorstellung davon hat, welche Gewichtung nach 30 Jahren besser gelaufen sein wird, wie z.B. FinanztipUser, dann sollte man sich dem nicht verschließen und danach anlegen.

    Ich weiß nicht mal unbedingt, ob es die Hoffnung auf höhere Rendite bei mir ist, die mich zu der Aufteilung bringt!


    Mir wäre auch die gleiche Rendite am langen Ende z.B. nach 30 Jahren recht! Also gleich gemessen am ACWI-IMI oder von mir aus auch am MSCI-World. Was ich für mich als Vorteil sehen würde: Ich wäre breiter gestreut (zumindest im Vergleich zum MSCI-World) bzw. mit weniger Klumpenrisiken (im Vergleich zum ACWI-IMI) ans selbe Ziel gekommen. Ich erwarte durch diese Art der Streuung zwei Effekte:


    1. Ökonomisch: Breitere Diversifikation (zumindest ggü. der simplen Finanztip-Empfehlung „MSCI-World“) und geringere Klumpenrisiken und damit etwas geringere Volatilität auf dem Weg zum Ziel.


    2. Psychologisch: Das Gefühl, breiter gestreut zu sein und neben einem 25%-EM-Anteil dann z.B. noch 15% Small-Caps und einen 30%-Sicherheitbaustein (EUR-Staatsanleihe-ETF) im Depot zu haben. Falls dann die US-Big-Tech-Bubble so platzt, wie um die Jahrtausendwende, halte ich mich emotional an die EM und die Staatsanleihen. Wenn wie zuletzt die EM nicht gut laufen, dafür aber die USA, dann nehm ich mit dem größten Teil meines Depots diese Renditen mit. Falls die Small-Caps besser performen, freu ich mich darüber, u.s.w. Einzelne Teile des Depots werden dann immer relativ mal besser und mal schlechter laufen. Das finde ich für mich in psychologischer Hinsicht einfacher als z.B. nur 70/30, wo dann wie zuletzt die EM zum „Loser-ETF“ werden, über den man sich über Jahre nur ärgert.


    Viel wichtiger - vor allem am Anfang der Investmentkarriere - ist es


    1.) Never go out of the market!

    2.) Sparrate erhöhen

    2.) Stoisch bei der Strategie bleiben (wenn sie denn solide ist)

    Genau um diese Ziele zu erreichen, die Aktienquote insb. in Krisen nicht zu reduzieren und am Ball zu bleiben, helfen mir die beiden o.g. Punkte! Das sorgt aus meiner Sicht dann für die Gesamtperformance und den Anlageerfolg!


    Ob das Depot dann geringfügig besser oder schlechter gelaufen sein wird, als mit einem Aktien-Teil aus 100%-ACWI-IMI, ist mir dann letztlich fast schon egal… ;)

  • Das US und Dollargewicht kann man sehen, wie man will. Die Unternehmen machen ihre Umsätze ja auch in diversen Währungen. Die Unternehmen sicher jedoch Wechselkursrisken in der Regel ab. Dann ja wieder auf Dollar. Wie sich der schwache Dollar auf einen deutschen Anleger auswirkt sahen wir ja kürzlich. Andersherum geht das aber genauso.

    Ja, alles richtig, aber was ich meine ist nicht das USD-Gewicht im Index oder die Währungsverschiebungen, die entstehen, wenn man aus der EUR-Zone in einen Index investiert, der sehr US-Dollar-lastig ist. Das würde ich weg vom EUR-Home-Bias und dem eigenen strukturellen Währungsrisiko sogar begrüßen, also auch in möglichst viele nicht-EUR-Währungen investiert zu sein.


    Was ich meine ist der Zuschnitt der (investierbaren) Welt! Also die Frage, wie welche Weltregionen im Index gewichtet sind. Was MSCI aktuell macht, hat für mich tendenziell ein US-Bias (bzw. eine strukturelle Übergewichtung der USA zur Folge), einfach weil die Gesamtbetrachtung und vor allem die Gewichtung der Welt aus US-Dollar-Perspektive vorgenommen wird.


    Was ich meine ist also weniger ein „Währungsrisiko“ im engeren Sinne, sondern eher ein „Gewichtungsrisiko“ der Regionen bedingt durch den US-Dollar als Weltleitwährung und eben die Nutzung des US-Dollars als Rechengrundlage.


    Ich würde mich also z.B. fragen: Was ist, wenn der US-Dollar als Weltleitwährung abgelöst würde und man die Welt dann in dieser neuen Währung gewichten würde. Meine starke Vermutung: Die Gewichtungen der Weltregionen sähen dann ziemlich anders aus und die Schwellenländer aber auch Europa hätten mehr Gewicht…

  • FinanztipUser Hätte, könnte, wäre. MSCI gewichtet den MSCI World nach Marktkapitalisierung. Die relative Größe der Indexbestandteile (Unternehmen) zueinander wird aus meiner Sicht nicht maßgeblich von der Währung des Indexanbieters beeinflusst. Das ist eine interessante Frage, der nachzugehen ich aber aktuell keine Lust und Zeit habe. Spielt es aber dann eine Rolle, ob man EM mit 30% oder nur 20 oder 15% mittels MSCI Indizes gewichtet?

  • Hätte, könnte, wäre. MSCI gewichtet den MSCI World nach Marktkapitalisierung.

    … nach Marktkapitalisierung gerechnet und gewichtet in US-Dollar!


    Die relative Größe der Indexbestandteile (Unternehmen) zueinander wird aus meiner Sicht nicht maßgeblich von der Währung des Indexanbieters beeinflusst

    Es ist ja nicht die Währung des Indexanbieters. Sondern die Unternehmen werden eben gewichtet in USD, was man vll. als funktionale Währung des Index bezeichnen könnte. Und doch: Ich würde schon argumentieren, dass chinesische Unternehmen mit Marktkapitalisierung primär in CNY und gehandelt überwiegend an Börsen in China durch das Wechselkursverhältnis CNY/USD niedriger gewichtet werden, als Unternehmen aus dem US-Dollar-Raum (die nämlich dann praktisch mit USD/USD).


    Ich sehe darin den Hauptgrund für die ganz erheblichen Unterschiede der MCap- und der GDP-Gewichtungsmethode, nach der die gesamten Schwellenländer im ersten Fall gerade einmal auf 10% kommen und im zweiten Fall auf rund 40%. Das Missverhältnis zwischen Börsenwert (gerechnet und gewichtet in US-Dollar) und der tatsächlichen Wirtschaftskraft (GDP) ist doch ziemlich heftig an dieser Stelle…


    Spielt es aber dann eine Rolle, ob man EM mit 30% oder nur 20 oder 15% mittels MSCI Indizes gewichtet?

    Naja, aus meiner Sicht spielt es in etwa die Rolle, die der Unterschied zwischen einem Investment nach Marktkapitalisierung und einem nach GDP-Gewichtung ausmacht.


    Das war renditemäßig über die letzten Jahrzehnte oft vergleichbar, beim Platzen großer nationaler Blasen (wie zuletzt Japan) aber mit einem Gewissen Vorteil für GDP-Methode verbunden.


    Der Unterschied in Bezug auf die Ländergewichtung (konkret: USA ca. 30% nach GDP und über 60% nach MCap) ist aber doch ziemlich gewaltig. Unter den Tisch fallen lassen würde ich solche Diskrepanzen zwischen den Ansätzen auf jeden fall nicht. Auch und gerade nicht in Hinblick auf die zukünftige Rendite und mögliche Blasen-Folgen… :/

  • Aber am Ende sind das alles Nuancen.

    Genau.


    … nach Marktkapitalisierung gerechnet und gewichtet in US-Dollar!

    Ja, das ist so. Wird das am Ende meines persönlichen Anlagezeitraums der günstigste Weg gewesen sein? Ich weiß es nicht. Ich weiß aber auch nicht, wie ich es anders besser machen sollte.


    Von daher bleibe ich bei einem ETF und fertig. Mit irgendwelchen Spielchen rund um unterschiedliche Gewichtung unterschiedlicher Regionen würde ich mich nur verzetteln. Ganz zu schweigen davon, dass das Rebalancing ab einem gewissen Depotvolumen schwierig wird, wenn die Regionen sich auseinander entwickeln.

  • Oh, das wird mir jetzt zu komplex :P


    Die chinesischen Unternehmen machen aber ja auch Dollar- und Euroumsätze. Hast Du mal versucht das modellhaft nachzurechnen? Ich könnte mir vorstellen, dass wegen der Komplexität am Ende nicht ganz das rauskommt, was Du Dir vorstellst. Aber dennoch wäre ja das Verhältnis der US Unternehmen untereinander ja gleich, oder?


    Lass mich wissen, wenn Du ein Modell stehen hast. Finde ich spannend.

  • Die chinesischen Unternehmen machen aber ja auch Dollar- und Euroumsätze. Hast Du mal versucht das modellhaft nachzurechnen?

    Klar, machen sie, genau wie alle anderen großen Unternehmen dieser Welt ja auch. Das führt zu einem Währungsgeflecht in Bezug auf die operativen Währungen dieser Unternehmen. Aber das hat für mein Verständnis doch gar nichts zu tun mit der Frage, wie hoch dieses Unternehmen nach einem „neutralen“ Wertmaßstab in einem globalen Weltmarktindex gewichtet sein müsste…


    Aber dennoch wäre ja das Verhältnis der US Unternehmen untereinander ja gleich, oder?

    Jo, etwa so gleich wie die deutschen oder die französischen Staatsanleihen in einem EUR-Staatsanleihe ETF, zumindest wenn beide zuvor in EUR emittiert wurden.


    Mehr als ein Modell bräuchte man eigentlich erstmal einen neutralen globalen Wertmaßstab. Und eben nicht den US-Dollar, an den praktisch die gesamten Öl-Vorkommen dieser Welt gebunden sind, auf den weltweit die meisten Schulden laufen und den im Krisenfall auch mal das US-Militär verteidigt…


    Lass mich wissen, wenn Du ein Modell stehen hast. Finde ich spannend.

    Gedankenspiel: Was würde zum Beispiel bei rauskommen, wenn man in allen Ländern dieser Erde jeweils den lokalen Börsenwert der relevanten Unternehmen in Gold umrechnen und danach gewichten würde? :/


    Ich würde wieder vermuten: Eine Gewichtung die eher in Richtung globaler GDP-Gewichtung geht, als in Richtung der US-Dollar-Marktkapitalisierung.


    Und bevor du fragst: Nein, den Aufwand das bemessen und berechnen zu wollen mache ich mir nicht… :D

  • Der echte John Bogle sagte mal:


    Du musst investieren, sonst wirst du am Ende nichts haben. Aber mache es nicht komplizierter als es ist. Besitze den Aktienmarkt und besitze den Anleihenmarkt. Du kannst den Aktienmarkt halten durch einen Aktien Indexfonds (ETF) und du kannst den Anleihenmarkt halten durch einen Anleihen Indexfonds (ETF). Wenn du deine Asset Allokation eingerichtet hast, dann schaue nicht mehr zurück und schenke keine Beachtung was um dich herum passiert.


    Ignoriere auch den Lärm der Wallstreet. Immer wenn diese sagt "bleibe nicht stehen sondern tue etwas" so sage ich "tue nichts und bleibe nur stehen".


    Das kann natürlich jeder handhaben wie er will. Jeder hat unterschiedliche Voraussetzungen, Ziele und Anlagehorizonte. Aber nachdem wir nicht die Zukunft kennen halte ich mich zumindest daran. Ob es mit einer anderen Strategie denn besser wäre ? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Es gibt vielleicht auch bessere Strategien. Aber es gibt mit Sicherheit auch verdammt viele schlechtere. Wichtig ist keinen Blödsinn zu machen - und das für sehr lange Zeit. Das erachte ich um ein vielfaches wichtiger als vermeintliches Performance Chasing auf Biegen und Brechen. Besonders im risikoarmen Portfolioanteil. Das würde ich eher die Asset Allokation anpassen. Auch würde ich eher mit weiteren Assetklassen diversifizieren.

  • Besitze den Aktienmarkt und besitze den Anleihenmarkt. Du kannst den Aktienmarkt halten durch einen Aktien Indexfonds (ETF)

    Ja, nur war die Frage ja, wie man „den Aktienmarkt“ dann genau zuschneidet und den „einen Indexfonds (ETF)“ dann eben genau baut: Also mit welcher Technik des Gewichtens, aus der halt jeweils Vor- und Nachteile und andere Ergebnisse resultieren in Hinblick auf den Zuschnitt und die Abbildung des Marktes…


    Es gibt halt Faktisch nicht die Möglichkeit, den gesamten Weltmarkt zu besitzen. Jeder Index und jeder ETF ist eine nach einer bestimmten Herangehensweise, Perspektive, Prämisse (Ideologie?) gewählte und gewichtete Auswahl des gesamten Weltaktienmarktes.


    Hat das dein John Bogle mal reflektiert? Also MCap vs. GDP vs. equal Weight, vs. x ? Gerade das x dabei fänd ich wie gesagt besonders spannend…

  • Ja, nur war die Frage ja, wie man „den Aktienmarkt“ dann genau zuschneidet und den „einen Indexfonds (ETF)“ dann eben genau baut: Also mit welcher Technik des Gewichtens, aus der halt jeweils Vor- und Nachteile und andere Ergebnisse resultieren in Hinblick auf den Zuschnitt und die Abbildung des Marktes…


    Es gibt halt Faktisch nicht die Möglichkeit, den gesamten Weltmarkt zu besitzen. Jeder Index und jeder ETF ist eine nach einer bestimmten Herangehensweise, Perspektive, Prämisse (Ideologie?) gewählte und gewichtete Auswahl des gesamten Weltaktienmarktes.


    Hat das dein John Bogle mal reflektiert? Also MCap vs. GDP vs. equal Weight, vs. x ? Gerade das x dabei fänd ich wie gesagt besonders spannend…

    Ich habe doch geschrieben dass es vielleicht sogar bessere Strategien gibt!


    Nur ICH weiß es nun mal nicht besser. Alles was ich von Bogle, Collins, Ferri, Malkiel und Ellis gelesen habe oder auch aktuelle Podcast gesehen habe war pro Marktkapitalisierung (aus diversen Gründen). Es wurde auch immer für prognosefrei plädiert.


    BIP oder EW war (bislang) nicht die Rede gewesen.


    Man muss das auch über einen langen Zeitraum betrachten. Es gibt immer Perioden in denen BIP oder EW der MK überlegen war. Aber auch auf lange Zeit? Unter Berücksichtigung der Kosten ? Das muss jeder selbst beurteilen.


    BIP und EW überzeugt mich unabhängig von Bogle und Co trotzdem nicht.


    Man kann nun mal nicht in allen Unternehmen investieren. Beispiel die bekannten Aldis und Lidls. Warum also dann beispielsweise DHL und Siemens erhöhen damit ich dem BIP nahe komme? Kann man natürlich machen.


    Gerd Kommer sagte es neulich mal so schön: man sollte sich am Kapitalmarkt an den wissenschaftlichen finanzdaten orientieren und nicht an den politischen Geplänkel.

  • Es gibt halt Faktisch nicht die Möglichkeit, den gesamten Weltmarkt zu besitzen. Jeder Index und jeder ETF ist eine nach einer bestimmten Herangehensweise, Perspektive, Prämisse (Ideologie?) gewählte und gewichtete Auswahl des gesamten Weltaktienmarktes.

    Das stimmt zwar, aber die Gewichtung nach Marktkapitalisierung ist schon eine der neutralsten Herangehensweisen. Denn man hält von jeder Aktie auf der Welt einfach die gleiche Anzahl von Anteilen und lässt dann den Markt entscheiden, wie sich diese Anteile wertmäßig entwickeln. Bei allen anderen Herangehensweisen sind ständige Eingriffe und Anpassungen notwendig, um die gewählte Stategie aufrechtzuerhalten.

  • Gerd Kommer sagte es neulich mal so schön: man sollte sich am Kapitalmarkt an den wissenschaftlichen finanzdaten orientieren und nicht an den politischen Geplänkel.

    Klar, nur sind alle genannten Abbildungsverfahren des Weltmarktes finanzwissenschaftlich begründbar. MCap ist nicht "wissenschaftlicher" als die GDP-Gewichtung zum Beispiel und beides ist sicher kein politisches Geplänkel...


    Das stimmt zwar, aber die Gewichtung nach Marktkapitalisierung ist schon eine der neutralsten Herangehensweisen.

    Wie definierst du denn "neutral" in diesem Zusammenhang? Neutraler als was?

    Denn man hält von jeder Aktie einfach die gleiche Anzahl von Anteilen und lässt dann den Markt entscheiden, wie sich diese Anteile wertmäßig entwickeln.

    Naja, die gleiche Anzahl an Anteilen hält man ja gerade nicht, wenn man die Anzahl der Anteile (nach MCap) der Finanzmärkte übernimmt.

    Bei allen anderen Herangehensweisen sind ständige Eingriffe und Anpassungen notwendig, um die gewählte Stategie aufrechtzuerhalten.

    Auch bei den nach Marktkapitaliserung gewichteten ETF ist Bewegung (vulgo: Umschichtung) drin, wenn auch natürlich nicht in dem Maße, wie bei einem Gleichgewichtungsansatz.


    Ich finde halt gerade den Kontrast zu Equal Weight so frappierend: Das funktioniert theoretisch erstaunlich gut und die Relation aus Volatilität und Rendite ist da echt nicht uninteressant. Ich bin ja ein Fan der SRIs, weswegen so ein ETF für mich nicht in Fragen kommen würde. Trotzdem bin ich mal sehr gespannt, wie der folgende MSCI-World-EW-ETF in den nächsten Jahren relativ zu den üblichen MSCI-World-ETFs abschneidet. Gerade in Krisen oder falls die US-Big-Tech Bubble platzt, dürfe das sehr interessant werden:

    Invesco MSCI World Equal Weight UCITS ETF Acc | A40G12 | IE000OEF25S1
    Alle wichtigen Informationen und Vergleiche zum Invesco MSCI World Equal Weight UCITS ETF Acc (A40G12 | IE000OEF25S1) ➤ justETF – Das ETF Portal
    www.justetf.com

  • Eine ganz tolle und interessante Diskussion, der ich mit großer Neugierde gefolgt bin.


    Eine Frage drängt sich mir allerdings immer auf: warum sollte man eigentlich ernsthaft nach BIP Gewichten? An der Börse werden doch die Markterwartungen an Unternehmen gehandelt, und nicht die Erwartungen an einzelne Länder.


    Im Endeffekt ist das ein in meinen Augen völlig willkürlich gewählter Ansatzpunkt. Außerdem ist es meiner naiven Meinung nach auch keine echte Diversifikation, sondern nur eine Art Beruhigungspille. Wer im Aktienmarkt investiert sein und sich absichern bzw. Diversifizieren möchte, muss ich bewusst machen, dass es im Endeffekt immer auch nur um Aktien geht.

    Eine zumindest bedingte Korrelation etwa zwischen Industrienationen und emerging markets wird immer gegeben sein. Das haben wir bei Corona gesehen und das würden wir meiner Meinung nach auch im Falle einer Invasion von China in Taiwan sehen: Ob dann dein Portfolio noch 4 % weiter abschmiert, weil du einen all world etf statt einen msci world Index hast und China als Strafe für seine Invasion aus dem all world Index geschmissen wird, ist dann vermutlich auch egal.

    Echte Diversifikation erreicht man, glaube ich, nur durch die Hinzunahme anderer Assetklassen. Gold, sonstige Rohstoffe, vielleicht auch Cryptos in der Zukunft. Wer mehr Geld hat, geht in Immobilien oder Kunst oder sowas.


    Je mehr ich also darüber nachdenke, desto eher komme ich beim Gedanken an eine Diversifikation zu der Erkenntnis: hauptsache man ist zu jeder Zeit breit in den Markt investiert. Dazu nimmt man noch einen sicheren Baustein wie Tagesgeld, und für 99 % der Anleger ist das dann so in Ordnung.