Zuschlag für den. Rentenaufschub

  • Hallo zusammen,

    ich bin heute im Bekanntenkreis auf eine Konstellation gestoßen, die ich so noch nicht kannte.

    Der Bekannte war zuletzt lange Jahre selbstständig, hat davor aber auch in die Rente eingezahlt. Die Altersgrenze ist jetzt erreicht. Er hat aber die Rente gar nicht abgerufen, da der Anspruch bei Nichtabruf monatlich um 0.5% steigt. Das entspricht einer "sicheren" Rendite von 6% jährlich. Dazu kommen noch die normalen Rentenerhöhungen. Er hatte ausreichend privat vorgesorgt, sodass er zumindest aktuell die Rente noch nicht braucht.

    Der Plan ist nun, noch einige Jahre auf die Rente zu verzichten und den Anspruch als Absicherung für ein langes Leben wachsen zu lassen.

    Ich frage mich, ob ich hier einen entscheidenden Nachteil übersehe?

    Für mich wären negativ z.B. gegenüber Abruf der Rente und Anlage:

    - bei frühem Tod wurde das Geld nicht abgerufen und ist weg

    - keine Möglichkeit der Vererbung

    - weniger Flexibilität


    Auf der Habenseite stehen:

    - Absicherung Langlebigkeitsrisiko

    - sichere Rendite von 6%

  • Das ist halt eine Wette auf ein langes Leben. Wenn es sich im Mittel für den Versicherungsnehmer lohnen würde, dann gäbe es das Angebot wahrscheinlich nicht. Ich würde erst die Rente verfrühstücken und meine sicheren Ersparnisse weiter arbeiten lassen. Legt man die in einen der üblichen ETFs an, sollte man auf eine vergleichbare Rendite kommen. Und dieses Vermögen verfällt nicht.

  • Deine Rechnung ist mathematisch falsch. Es ist keine 6% Rendite und sicher schon gar nicht.

    Bau mal eine simulation in Excel. Dann wirst du es sehen. Die Rechnung ist, dass du auf eine komplette Jahresrente verzichtest, dafür aber 6% mehr auf die verbleibenden Jahresrenten bekommst.

  • Hallo.

    Der zu versteuernde Teil der Rente steigt um gewaltige 0,5% pro Jahr. (Ahhhhh, Steuern!!!)

    Ansonsten Teilrente (10%) ab spätestens Dezember und irgendwann, wenn es genehm ist, auf Vollrente wechseln.

    Solange man die Rente hinterher mindestens 200 Monate bezieht, ist alles easy.


    Wie ist die Bekanntschaft krankenversichert?

  • Deine Rechnung ist mathematisch falsch. Es ist keine 6% Rendite und sicher schon gar nicht.

    Bau mal eine simulation in Excel. Dann wirst du es sehen. Die Rechnung ist, dass du auf eine komplette Jahresrente verzichtest, dafür aber 6% mehr auf die verbleibenden Jahresrenten bekommst.

    Richtig.
    Da muss man den realen Fall simulieren.
    Stellen wir uns mal vor, es gibt eine jährliche Bruttorente von 12.000 €.
    Dann muss man konkret ausrechnen, was hier nach Abzug von Krankenkasse und Steuern übrig bleibt. Auf dieses Geld verzichtet die potentielle Rentner:in.

    Dann muss man die hierfür erlangte Kompensation errechnen.

    Und wichtig; in der Simulation vereinfacht den Exitus an Silvester jeden Jahres theoretisch berücksichtigen.

    Also „Death drill“.

  • [Ein] Bekannte[r] war zuletzt lange Jahre selbstständig, hat davor aber auch in die Rente eingezahlt. Die Altersgrenze ist jetzt erreicht. Er hat aber die Rente gar nicht abgerufen, da der Anspruch bei Nichtabruf monatlich um 0,5% steigt. Das entspricht einer "sicheren" Rendite von 6% jährlich.

    Denkfehler.

    Dazu kommen noch die normalen Rentenerhöhungen. Er hatte ausreichend privat vorgesorgt, sodass er zumindest aktuell die Rente noch nicht braucht.

    Wirtschaftlich sinnvoll ist es, die Rente so früh wie irgend möglich zu beziehen, selbst wenn das diese fürchterlichen Abschläge kostet. Das läßt sich leichter verdeutlichen, wenn man davon ausgeht, daß der Rentner das Geld der Rente nicht braucht, sondern zur Seite legt.

    Warum ist das so?

    Weil man hat, was man hat.

    In Deinem Beispielfall steigt die Rente pro Jahr um 6%, wenn sie nicht in Anspruch genommen wird. Dafür bekommt der Rentner aber 12 Rentenzahlungen weniger.

    Rentner A nimmt die Rente zum vorgesehenen Zeitpunkt in Anspruch und bekommt dann angenommene 240 Rentenzahlungen (also 20 Jahre lang). 100 x 240 = 24000.

    Rentner B nimmt die ersten 12 Zahlungen nicht in Anspruch, bekommt dafür nur 228 Zahlungen zu je 106%. 106 x 228 = 24168, formal lediglich 0,7% mehr.

    Rentner C zieht die Rente sogar um 1 Jahr vor und nimmt dafür eine Minderung von 3,6% in Kauf, bekommt von der gekürzten Rente aber 252 Zahlungen. 96,4 x 252 = 24293.

    Rentner D zieht die Rente sogar um 4 Jahre vor und nimmt dafür fürchterliche Abschläge in Höhe von 14,4% in Kauf. Wenn er gleich alt wird wie alle anderen, bezieht er 288 Zahlungen zu 85,6% = 24653.

    Alle diese 4 Rentner brauchen dieses Geld eigentlich nicht, sondern können es zur Seite legen, also kommt noch ein Kapitalertrag dazu, logischerweise mehr, wenn man die Rente früher bezieht als später. Das heißt: Die Rechnung verschiebt sich weiter in Richtung Frührentner. Rechnest Du auch nur einen mäßigen Kapitalertrag dazu (sagen wir: 3%), ist der Rentner, der pünktlich mit 63 seine Rente in Anspruch nimmt, der klare Sieger.

    Selbstverständlich müssen alle diese Rentner gleich lang arbeiten, also gleich lang Erwerbseinkommen beziehen. Wenn der Rentner mit 63 tatsächlich zu arbeiten aufhört, hat der gegenüber dem Rentner, der bis 68 voll weiterarbeitet und 5 Jahre länger volles Gehalt bezieht, logischerweise weniger Geld, auch spielt es eine Rolle, ob einer 5 Jahre länger Rentenbeiträge bezahlt oder nicht.

    Aber die prinzipielle Richtung ist so, wie oben skizziert.

  • Er ist 100% privat versichert. Stimmt, die Berechnung bezieht sich ja nicht wie bei etfs auf das große Ganze sondern auf die (spätere) monatliche Rente.

    Da bin ich ehrlicherweise mathematisch überfordert.

    Die Rechnung (brutto) lässt sich doch recht leicht in ein Excel-Sheet ziehen.

    Der Beitragszuschuss aus der Rente steigt analog dem Zahlbetrag der Rente, kann man also miteinkalkulieren.

  • Denkfehler.

    Genau deshalb habe ich ja diese "Ermittlungen" hier angestoßen. Danke für den bisherigen Input!
    Ich habe jetzt mal in Excel dargestellt, was bei drei Fallkonstellationen (Rente jetzt, in 5 Jahren und in 10 Jahren) an Rente zufließt und wie Renditen mit 6, 3 und 1 Prozent aussehen würden, wenn man das Geld investiert.
    Dazu noch das Ganze für "man lebt bis 93" und "man lebt bis 83". Man sieht hier ganz gut, dass wie du schilderst, der direkte Abruf selbst bei einer Anlage mit 3% noch im Vorteil ist.
    In Fall 2 wo man "nur" 83 wird, wäre sogar die 1%ige Rendite noch vorne.
    Steuern sind hier natürlich außen vor.

    Habe ich das jetzt annähernd korrekt dargestellt? :)

  • Ich ahne nicht, was Du da rechnest.

    Angefangen hast Du mit einem Freund, der das gesetzliche Rentenalter erreicht hat, die Rente finanziell nicht braucht und daher bewußt den Rentenantrag um 1 Jahr verzögern will. Das hat zur Folge, daß er 12 Rentenzahlungen weniger bekommt, die einzelne Rentenzahlung aber 6% höher ist.

    Es vereinfacht die Überlegung, wenn man sich sagt: Die Renten steigen langfristig etwa mit der Inflation, und die Inflation ist etwa so hoch wie die Rendite einer festverzinslichen Anlage. Mit dieser Annahme gleichen sich die drei Steigerungen aus, und man kann formal mit Nominalwerten rechnen.

    In diesem einfachen Fall kann man sich also ausrechnen, daß der Rentner A von oben in einem Jahr 100% Rente bekommt (und z.B. zur Seite legt), der Rentner B aber erst 1 Jahr später mit 106% hinterherläuft. Frage: Wann haben die 6% Rente mehr die 100% eingeholt, die Rentner A im ersten Jahr kassiert hat? Klare Rechnung: 100 / 6 = 16 Jahre 8 Monate. Nachdem wir dieses Rennen mit 68 Jahren angefangen haben, sind die beiden Rentner also 84 Jahre und 8 Monate alt, wenn Rentner B Rentner A einholt. Leben beide länger, stellt sich Rentner B besser, leben sie kürzer, stellt sich Rentner A besser.

    Die genannte Zahl liegt in der Größenordnung der Lebenserwartung für einen Mann, also dürfte der Unterschied letztlich nicht groß sein - eben so wird die GRV die Steigerung auch bemessen haben.

    Wäre ich in der Lage, würde ich immer die frühere Zahlung wählen mit dem oben schon genannten Argument: Was ich habe, habe ich.

    Gehst Du vom gesetzlichen Rentenalter rückwärts, also Richtung Frührente, verbessert sich das Ergebnis immer mehr: Der Punkt, an dem sich die beiden Geraden schneiden, der Zeitpunkt, ab dem der Später-Rentner also summarisch mehr bekommt als der Früher-Rentner, verschiebt sich in ein immer höheres Lebensalter.

    Der Rechnungszins macht noch nicht einmal einen so großen Unterschied, weil der "Früherrentner" seinen Rentenabzug ja primär rechnerisch aus dem Kapital deckt und nicht aus dem Kapitalertrag. Dennoch: Ich bin im Kopf Aktionär und erwarte von meinen Geldanlagen einen höheren Ertrag, als eine Festzinsanlage durchschnittlich bringt, also dürfte ich von meinen Anlage (z.B. aus vorzeitiger Rente) einen höheren Ertrag erwarten als die Inflation/der Festzins/die übliche Rentensteigerung.

    Auch die Steuer macht einen Unterschied, aber auch die macht nicht so fürchterlich viel aus. Ich erwähne sie nur der Vollständigkeit halber.

    In allen Fällen gilt: Wer mehr Rente bekommt, wird immer den einholen, der weniger Rente bekommt. Fragt sich halt, wann. Das ist bei Renten grundsätzlich der Unsicherheitsfaktor, den man aus der Rechnung niemals herausbekommen wird.

    Der französische Notar, der der damals 90 Jahre alten Mm. Calment ihre Wohnung gegen eine Leibrente abkaufte, hat bekanntlich ein schlechtes Geschäft gemacht.

  • Kann er die Rente denn vererben?

    Kann er sie als Einmalbetrag auszahlen lassen?

    Wenn nein ist da nichts mit "sicherer Rendite". Wenn er morgen stirbt, hat er gar nichts rausbekommen, und seine Erben auch nicht.

    Auch wenn er die Rente nicht benötigt, hat er meiner Meinung nach mehr davon, wenn er sie sich trotzdem auszahlen lässt und anderweitig anlegt.