Ich bin seit bald 50 Jahre an der Börse und kaufe seit dieser Zeit unverändert Aktien, Aktien.
Nachdem ich in den ersten Jahren meines Börsenlebens so ziemlich alle Fehler gemacht hatte, bin ich irgendwann mal in den 1980er Jahren bei einer Langfristanlage mit BlueChips gelandet.
Ich habe mir damals gesagt, ich kaufe nur noch Aktien von Firmen, deren Aktienkurs seit 10. 20. 50 oder 100 Jahren immer stets von links unten nach rechts oben geht.
... und außerdem jedes Jahr die Dividende erhöhen, das wollen wir nicht vergessen!
Eine Firma, die über Jahrzehnte steigende Kurse hat, muss daher ein erfolgreiches Produkt oder Geschäftsmodell haben.
Auf diese Weise bin ich bei den damals als langweilig geltenden Aktien von beispielsweise Procter&Gamble/Pampers, von Colgate, Coca Cola, Microsoft, Stryker-Hüftgelenke, Walt Disney, McDonalds, aber auch AirLiquide Frankreich oder Novo Nordisk oder Nestle oder l'Oreal gelandet.
Ich bin noch keine 50 Jahre dabei, sondern kürzer, aber meine allererste Aktie habe ich immer noch. Genauer: Ich habe noch 4 verschiedene Werte, die ich in meinem ersten Börsenjahr gekauft habe. Darunter ist auch Procter & Gamble, daneben noch eine Aktie, von der Dein Landsmänny nicht müde wird, sie als Versager zu bezeichnen.
Witzigerweise ist die Rendite dieser vier Aktien (Kursrendite plus Dividendenrendite nach internem Zinsfuß) über diese nicht unerhebliche Zeit fast gleich, jedenfalls innerhalb eines Prozentpunktes. Nochmal laienhaft gesagt: Alle diese vier Aktien, die berühmten und die verachtete haben sich praktisch gleich gut rentiert, nämlich zwischen 10,5% und 11,4% pro Jahr.
Ich habe auch zwei andere Aktien im Depot, nämlich einen Hersteller einer braunen Brause und einen Anbieter von Burgern. Diese Aktien habe ich zufälligerweise an genau dem gleichen Tag gekauft. Beide Kurse laufen von links unten nach rechts oben und haben auch Jahr für Jahr die Dividende erhöht. Sie sind nach meinem Kauf einige Jahre parallel angestiegen, dann aber hat eine den Turbo eingeschaltet, die andere aber nicht. Insgesamt aus meiner Sicht gesehen (also unter Berücksichtigung meines Kaufzeitpunkts) hat sich der eine Wert über die Jahre mit 8,2%/a rentiert (NB: Weniger als oben!), der andere mit 13,8%/a, so daß für mich der zweite Wert bisher das deutlich bessere Geschäft war. Ich habe für beide den gleichen Betrag eingesetzt, jetzt aber ist der zweite Posten doppelt so viel wert wie der erste. Den geschätzten Mitforisten McProfit ficht dieser Unterschied nicht an, der lobt beide Aktien gleichermaßen und nennt sie stets im gleichen Atemzug.
Manche Aktien sind lange Zeit von links unten nach rechts oben gelaufen und haben auch eine jährlich steigende Dividende gezahlt. Seit etlichen Jahren aber dann schon nicht mehr. Man schaue sich diesbezüglich mal die Charts von Nestle und Novo Nordisk an. Mag schon sein, daß man diese trotzdem halten will, weil man trotz eines Rückgangs von 30% oder 50% im Vergleich zum Höchstkurs noch im Plus ist. Nur sollte man die Story von links unten nach rechts oben für diese Papiere nicht ständig wieder nennen, sie stimmt nämlich schon seit Jahren nicht mehr.
Meine Procter&Gamble, die ich erstmals 1980 für 10 Dollar gekauft habe (wegen den Pampers), sind zuletzt bis auf 150 Dollar gestiegen. Wenn dann so eine Aktie 1987 oder 1990 bei der Lehmankrise um 50% fällt, dann ist das nur für einen Kurzfristanleger ein Aufreger.
[Meine] Procter&Gamble [sind bis] zum Lehmann-Börsenkrach von 10 auf 60 Dollar gestiegen und dann auf 30 Dollar gefallen. Kurzfristanleger haben damals der Börse den Rücken gekehrt.
Ich bin ... bis heute gelassen geblieben. Inzwischen hat die Aktie nicht nur den alten Höchststand von 60 wieder erreicht, sondern sich nochmal verdoppelt auf über 150 Dollar.
Selbst bei einem neuen Rückschlag um 30 oder 50% habe ich mein Einsatzkapital immer noch verfünffacht oder verzehnfacht.
Die 45. Wurzel (2025-1980=45) aus 15 beträgt 1,062. Das heißt: Im Durchschnitt hat sich der Aktienkurs Deiner Procter&Gamble 45 Jahre lang um jährlich 6,2% erhöht. Mit Exponentialrechnungen kann man mathematische Laien enorm beeindrucken. Den Mathe-Kenner aber nicht. 6,2% mehr jedes Jahr ist sicher ein schönes Ergebnis, aber nicht der Brecher, als der es auf den mathematischen Laien wirkt.
Genauso ist es aber auch bei NESTLE, bei NOVO Nordisk
Die sind in der Tat zuletzt stark unter die Räder gekommen.
Schau Dir doch mal den Kursverlauf der von Dir zitierten NOVO an.
Man mag es bezweifeln, ob es mit diesen Papieren genauso geht. Aktuell sieht man einen erheblichen Rückgang bereits über Jahre.
Wer aktuell vor einer Anlageentscheidung steht, für den ist es völlig unwichtig, ob ein McProfit in den vergangenen Jahrzehnten mit diesem Wert satte Gewinne eingefahren hat. Den interessiert ausschließlich, wie es mit dem Wert wohl weitergehen wird - und da zeigt der Trend halt eindeutig nach unten. Seit vielen Jahren heißt es, daß Pharma eine große Zukunft habe, da die vielen alten Menschen immer mehr Medikamente bräuchten. Schaut man sich die Kursentwicklung der Pharmabranche in den letzten Jahren an, ist man dann aber ernüchtert. Die erhofften deutlichen Kurssteigerungen zeigen sich auf breiter Front nicht, und der ehemalige Highflyer Novo Nordisk mit seiner Abnehmpille ist deutlich zurückgekommen. Aktuell notiert der Wert in Euro etwa dort, wo er schon vor 4 Jahren war.
Das ist der Grund lieber ArminL. warum bei mir der aktuelle Rückgang in meinem Langfristchart nur ein Zacken im rechten oberen Eck darstellt.
Mit dieser Ansicht schwindelt man sich selbst etwas in die Tasche. Für die Vergangenheit kann man sich an der Börse nichts kaufen. Es ist ja schön für Dich, wenn Dein Depot voller Tenbagger ist. Es wäre trotzdem verkehrt zu sagen: Weil ich selbst seit 1980 mit diesem Wert gute Gewinne eingefahren habe, muß derselbe auch jetzt weiterlaufen.
Schau Dir mal Intel an! Vor 25 Jahren "wußte" jeder, daß dem PC die Zukunft gehört und sein Herz unvermeidlich von Intel kommen müßte. Und wie ist es heute? PC sind eine Art Schüttgut geworden, die CPUs von Intel sind nicht mehr konkurrenzfähig, die Musik spielt woanders. Ich könnte mir mittlerweile sehr gut vorstellen, daß Intel pleitegeht (bzw. aufgekauft wird).
MSFT hingegen, die in den frühen 2000er Jahren jahrelang seitwärts gegangen sind, steht aktuell glänzend da.
Mag schon sein, daß ein Einzelkönner wie Warren Buffet den Markt schlagen kann (Er kann es mittlerweile nicht mehr, weil sein "Fonds" zu groß ist, aber das steht auf einem anderen Blatt). Unsereiner kann das mit Einzeltitelauswahl nicht, noch nicht einmal Du, und wenn Du noch so treuherzig das Gegenteil behauptest.
Du kommst als Anleger aus einer anderen Zeit (wie auch ich, der ich viel jünger bin als Du). Wer steuerfreie Altbestände im Depot hat, sollte sich immer überlegen, ob er diese stehenläßt, weil ein solches Papier sich durchaus weniger rentieren kann als ein anderes, die Minderrendite aber durch die Steuerfreiheit ausgleicht. Für einen Neuanleger spielt diese Überlegung aber keine Rolle, und ich halte es für unsachgemäß, ihm das immer und immer wieder aufs Brot zu schmieren.
Dividenden sind rechnerisch unsinnig, aber sie haben eine emotionale Komponente - übrigens nicht nur eine gute. Es nervt, wenn ein fremder Fiskus übermäßig viel Steuer abzieht und dann unglaubliche bürokratische Hürden für die Erstattung aufbaut. Das gilt beispielsweise für dänische Quellensteuer, für spanische, für italienische, besonders aber für französische. Wenn man jeweils 20.000 € Dividende bekommt, kann man die Gebühren locker bezahlen, die die Bank für den Rückerstattungsantrag berechnet. Wenn man aber "nur" 200 € Dividende bekommt, von denen neben dem deutschen auch der ausländische Fiskus herunternagt. Wenn man keine realistische Möglichkeit hat, die überzählige Quellensteuer zurückzubekommen, so ärgert das einen mehr, als wenn man das Geld gleich gar nicht bekommen hätte.
Unter heutigen Bedingungen ist ein Nicht-Superanleger mit einem passenden ETF schlichtweg besser dran als mit Einzelaktien.