Warum profitieren lang eablierte europäische Chiphersteller nicht von "Unabhängigkeitsbeststrebungen"?

  • Warum profitieren etablierte europäische Chiphersteller nicht von den Bestrebungen, sich vom US Markt und von dem Markt in Ostasien (insbesondere China), unabhängig zu machen?

    Darunter sind welche, die über wirklich lange und umfangreiche Erfahrungen verfügen müssten, wie Infineon bzw Siemens/Nixdorf, Phillips, Bosch, und STMicroelectronics. Hat Siemens/Nixdorf nicht sogar Server-CPUs produziert? Vielleicht sind ja mal Produktionskapazitäten verlagert worden. Aber müsste sich nicht ein ehemalige Engagement in diesem Bereich viel leichter wiederherstellen lassen, als eine Einstieg komplett neuartig und unbeleckt aus der Taufe zu heben?

  • Du denkst da ein bisschen zu simplistisch. Da ist zum Beispiel das Problem, dass man das entsprechende Know-How braucht. Zumindest für die Highend-Chips, um die es normalerweise geht. Hat man das nicht und kann nur einfache Platinen für Waschmaschinen, etc. herstellen, wird keiner bei einem einkaufen. Ob man vor 20 Jahren mal bei der Weltspitze war, ist vollkommen irrelevant. Die Welt hat sich in dem Bereich extrem schnell gedreht. Aber selbst wenn wir jetzt davon reden, dass ein Unternehmen mit entsprechender Erfahrung hier in Europa eine Fabrik hochzieht...die Grundprobleme lösen sich ja nicht dadurch in Luft auf, dass man jetzt gerne etwas unabhängiger wären. Deutschland ist immer noch ein Standort mit hoher Bürokratie, teurer Arbeit und hohen Energiekosten.

  • Man muss sich nur fragen, warum wirkliche Schwergewichte wie NVidia, Apple oder AMD, z.T. sogar Intel ihre High-End-Chips nicht selbst produzieren, sondern das von TSMC machen lassen. Das liegt einfach daran, dass es auf technischer Seite extrem anspruchsvoll ist, Chips mit Strukturbreiten von 5 nm und weniger zu produzieren. Der "yield", also die Ausbeute an verwendbaren Chips ist entscheidend dafür, ob man so eine Produktion wirtschaftlich betreiben kann.

    AMD hat das schon vor vielen Jahren festgestellt und Chipfertigung abgetrennt. Intel hat das nicht getan und droht daran zugrunde zu gehen. Selbst wenn sie jetzt langsam ihren 18A-Prozess im Griff haben, liegen sie damit immer noch hinter TSMC. Daher lassen sie Teile ihres Portfolios bei TSMC produzieren, um nicht abgehängt zu werden.

    Die EU hat in diesem Spiel gar keine Karten. Die genannten Firmen wie Bosch oder Siemens verbindet man eher mit Haushaltsgeräten und Elektrowerkzeugen oder Kfz-Elektronik. Dafür benötigt man Chips mit Strukturbreiten um die 80 nm, die man billig in Asien kaufen kann. Der einzige, der international eine wichtige Rolle spielt, ist ASML in den Niederlanden. Die liefern die Belichtungssysteme, ohne die keine High-End-Chips hergestellt werden können.