Verständisfragen zu Anleihen

  • Hallo liebe Forumgemeinde,


    Ich habe Verständnisfrage zu Anleihen.


    Nehmen wir an, ich kaufe eine Anleihe mit einem Nennwert von 100 Euro. Kouponzins beträgt 3 % und die Laufzeit ist 3 Jahre.


    Warum wird es immer negativ betrachtet und als Risiko bewertet, wenn der Anleihekurs am Markt aus welchen Gründen auch immer, fällt? Ich treffe ja die Entscheidung, um dieses 3 % Kouponzinsen 3-mal pro Jahr zu erhalten und dann wieder 100 Euro zu bekommen. Mir ist es doch am Ende egal, ob die Anleihe jetzt an der Börse mit z. B. 70 Euro gehandelt wird. Am Ende erhalte ich immer noch meine 100 Euro + 9 Euro Zinsen, so wie ich es am Anfang beim Kauf für meine Strategie festgelegt habe.


    Wo ist hier ein Risiko, das verstehe ich nicht? Ich verliere kein Geld, sondern bekomme das, was ich strategisch zum Kaufzeitpunkt festgelegt habe.


    Außerdem wenn der Kurs am Markt fällt wie z. B. auf 70 Euro. Dann dann ist eine persönlich Rendite von 4,2 %, wenn einer entscheidet die Anleihe zu kaufen. Denn die Anleihe kostet 70 Euro, ich bekomme aber jährlich 3 Euro darauf. Und am Ende dann die 100 Euro dazu. Dann mache ich doch als Käufer ein Gewinn, wenn ich diese vergünstigte (aus welchen Gründen auch immer) Anleihe kaufe?


    Viele Grüße

    Vasya

  • Nehmen wir an, ich kaufe eine Anleihe mit einem Nennwert von 100 Euro. Kouponzins beträgt 3 % und die Laufzeit ist 3 Jahre.


    Warum wird es immer negativ betrachtet und als Risiko bewertet, wenn der Anleihekurs am Markt aus welchen Gründen auch immer, fällt? Ich treffe ja die Entscheidung, um dieses 3 % Kouponzinsen 3-mal pro Jahr zu erhalten und dann wieder 100 Euro zu bekommen. Mir ist es doch am Ende egal, ob die Anleihe jetzt an der Börse mit z. B. 70 Euro gehandelt wird. Am Ende erhalte ich immer noch meine 100 Euro + 9 Euro Zinsen, so wie ich es am Anfang beim Kauf für meine Strategie festgelegt habe.

    Das ist richtig. Du frierst mit dem Kauf einer Anleihe quasi das Zinsniveau zum Kaufzeitpunkt ein.


    Wenn der Zins dann steigt, sinkt der Kurs. Das kann Dir (das hast Du richtig dargestellt) egal sein, wenn Du die Rente bis zur Fälligkeit hältst. Wenn Du aber z.B. in einem Notfall verkaufen mußt, kostet es Dich halt Geld.

    Außerdem wenn der Kurs am Markt fällt, wie z. B. auf 70 Euro. Dann dann ist eine persönlich Rendite von 4,2 %, wenn einer entscheidet die Anleihe zu kaufen. Denn die Anleihe kostet 70 Euro, ich bekomme aber jährlich 3 Euro darauf. Und am Ende dann die 100 Euro dazu. Dann mache ich doch als Käufer ein Gewinn, wenn ich diese vergünstigte (aus welchen Gründen auch immer) Anleihe kaufe?

    Nicht ganz. Deinen Zahlen stimmen nicht. Wenn der Zins von 3% auf 4% steigt und die Rente noch 2 Jahre läuft, dürfte ihr Kurs nicht auf 70% gehen, sondern auf 98%, denn der Käufer erwartet 4% Rendite, das sind 3% Coupon und 1% pro Jahr Kursgewinn.


    Der Anleihenmarkt ist hocheffizient (Bonität mal außen vor gelassen). Der Käufer in obigem Beispiel erwartet für 2jähriges Geld 4% p.a., und die bekommt er, wenn er Dir Deine Rente abkauft: 3% vom Coupon und 2% über den Kurs, der andererseits dann Dein Verlust ist. Denn Du bekommst keine 100% beim Verkauf, sondern nur 98%, also 2% weniger.


    Grundsätzlich bist Du also schon auf dem richtigen Dampfer, es fehlt nur etwas an den Details. :)

  • In der Tat hast Du bei einer Anleihe ein Kursrisiko, wenn Du zwischendurch verkaufen willst oder musst.


    Du hast aber den großen Vorteil, dass Du jederzeit (wenn auch ggf. nur zu 98%) verkaufen kannst!


    Das ist bei Festgeld nicht der Fall. Dort musst Du zwingend bis zur Rückzahlung warten.


    Daher würde ich bei ähnlichen Rendite immer Anleihen ggü. Festgeld bevorzugen.


    Natürlich muss man in beiden Fällen auch das Ausfallrisiko im Blick haben.

  • Was ist besser - individuelle Anleihen zu kaufen oder Anleihe ETF?

    Es ist vor allem etwas völlig anderes.

  • Ich würde keinen Anleihen-ETF kaufen. Dort wird idR die Duration recht konstant gehalten, d.h. Du kannst eben gerade nicht auf die Rückzahlung zu 100% warten, wenn die Kurse zwischenzeitlich gefallen sind.


    Auch wenn kurzfristig fallende Zinsen gut möglich sind, längerfristig sind steigende Zinsen (=fallende Kurse) sicherlich nicht auszuschließen.


    Daher ist der Ansatz von Vasya Pupkin m.E. richtig, Anleihen idR bis zur Fälligkeit zu halten.

  • Ich würde keinen Anleihen-ETF kaufen.

    Das kann man m. E. so pauschal nicht sagen - es kommt einfach darauf an, was man machen will. Sucht man bspw. eine relativ wenig mit Aktien korrelierte Anlageklasse zum Re-Balancen, kann man schon an EM-Bonds denken. Oder zu anderen Zwecken an andere Anlageklassen.

  • Daher ist der Ansatz von Vasya Pupkin m.E. richtig, Anleihen idR bis zur Fälligkeit zu halten.

    Hornie

    Danke ?


    Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Anleihen „besser“ als Anleihen ETF, right ?


    Begründung - ich halte die Anleihen bis zur Fälligkeitstag-da entgehe ich das Kursrisiko.

  • Wenn ich das richtig verstanden habe, sind Anleihen „besser“ als Anleihen ETF, right ?

    Wenn man sie wie Festgeld will … ja. Wenn man was anderes damit erreichen will … nein.


    Das ist wie: Was ist besser: Tiramisu oder Rostbraten? Als Nachtisch das eine, als Hauptgericht das andere.

  • Wenn man sie wie Festgeld will … ja. Wenn man was anderes damit erreichen will … nein.


    Das ist wie: Was ist besser: Tiramisu oder Rostbraten? Als Nachtisch das eine, als Hauptgericht das andere.

    Sorry @TamInvest

    Aufgrund meiner Schreibfaulheit habe ich mein Use-Case nicht beschrieben.


    Ich möchte ein Ersatz für Festgeld.


    Da ich Vegetarierin bin verzichte ich auf Rostbraten - aber Tiramisu geht immer ?

  • Könntest du mir bitte ein Beispiel Anleihe nennen.

    Ich kaufe schon lang keine Anleihen mehr, mein letztes Festgeld habe ich im letzten Jahrtausend abgeschlossen.


    Als ich mich noch für Anleihen interessiert habe, war der beste Anlaufpunkt die Börse Stuttgart. Du überlegst Dir, wie lange Du einen Betrag welcher Höhe anlegen möchtest und gibst das dann in die Suchmaske ein. Den Betrag brauchst Du für die Stückelung. Manche Anleihen gibts erst ab 10.000 € (manche auch erst ab 100.000 €, die wirst Du nicht erschwingen können). Wenn Du 5000 € hast, kannst Du damit eine Anleihe mit 10.000 Stückelung nicht kaufen.


    Und dann kaufst Du die halt. Der Rentenmarkt ist sehr liquide.


    <Nachguck> Ist heute auch noch so. Börse-Stuttgart.de

  • Was ist besser - individuelle Anleihen zu kaufen oder Anleihe ETF?

    Kommt drauf an. Mit Anleihen-ETF kommt man an viele Anleihen, die Kleinanlegern nicht zugänglich sind. Sei es rein rechtlich oder durch die Stückelung. Gerade Unternehmensanleihen lassen sich als Kleinanleger fast nur durch einen Fonds entsprechend diversifiziert investieren. Dafür fängt man sich halt das Kursrisiko ein.

    Die eigentliche Frage ist aber, ob man die Anleihen braucht. Für den durchschnittlichen Kleinanleger ist der Konsens, dass er mit Tagesgeld und Festgeld ein einfacheres Konstrukt hat, bei geringfügig schlechterer Rendite. Insbesondere auch, was so Themen wie die Reinvestition eines 3% Coupon bei 30k Volumen anbelangt.Wer Investieren zum Hobby macht, kann natürlich in Staatsanleihen und staatsnahe Unternehmen gehen.

  • Was ist besser - individuelle Anleihen zu kaufen oder Anleihe ETF?

    Kommt drauf an. Mit Anleihen-ETF kommt man an viele Anleihen, die Kleinanlegern nicht zugänglich sind. Sei es rein rechtlich oder durch die Stückelung. Gerade Unternehmensanleihen lassen sich als Kleinanleger fast nur durch einen Fonds entsprechend diversifiziert investieren. Dafür fängt man sich halt das Kursrisiko ein.

    Ein Rentenfonds ist ein anderes Produkt als eine Rente.


    Kaufst Du eine Rente, willst Du einen bestimmten Betrag eine bestimmte Zeitlang weglegen. Du schaust Dir die aktuelle Rendite an, findest die ok, also kaufst Du die Rente. Prinzipiell hast Du das bei einem Festgeld genauso. Mal davon abgesehen, daß das Festgeld an der Bank hängt (Einlagensicherung!) und die Rente Sondervermögen ist, ist der wesentliche Unterschied zwischen beiden, daß Du auch im Notfall aus einem Festgeld nicht herauskommst, bei einer Rente aber woh. Eine Rente kannst Du bei Bedarf zwischendrin verkaufen, ein Festgeld aber nicht auflösen. Eben drum mag ich Festgelder nicht und empfehle Festgeldanlegern statt einem Festgeld besser eine Rente zu kaufen.


    Bei einer normalen Zinsstrukturkurve hat man mit einer Rente übrigens auch eine Kurschance, das wird in diesem Forum regelmäßig unterschlagen. Diese Kurschance hat sogar eine gewisse Systematik, das heißt: Auch ein Angsthasenanleger kann sie ggf. regelmäßig nutzen und verbessert so seine Rendite: Dazu kauft man Renten einfach etwas länger, als man sie eigentlich haben will, und schaut z.B. ein Jahr vor Fälligkeit nach der Nachfolgeanlage. Bei normaler Zinsstrukturkurve mag die vorhandene Rente über pari notieren, den Kursgewinn steckt man zusätzlich ein.


    Bei einem Rentenfonds kauft man sich die Marktrendite ein. Ein Rentenfonds hat grundsätzlich keine Fälligkeit. Ein Rentenfondsanleger kauft Anteile, der Fondsverwalter kümmert sich um die Verwaltung. Wird eine Rente fällig, kauft er eine andere davon. So muß sich der Anleger selbst nicht um die Verlängerung seiner Anlagen kümmern.


    Daß ein Anleger auf diese Weise auch an Renten partizipieren kann, die er etwa der Stückelung wegen nicht selbst erreichen kann, stimmt zwar, ich halte das aber für unbedeutend. Der Rentenmarkt ist so vielfältig und auch liquide, daß man sich nichts vergibt, wenn man diese Möglichkeit nicht nutzen kann.

    Die eigentliche Frage ist aber, ob man die Anleihen braucht. Für den durchschnittlichen Kleinanleger ist der Konsens, dass er mit Tagesgeld und Festgeld ein einfacheres Konstrukt hat, bei geringfügig schlechterer Rendite.

    Ich bin bei diesem Konsens nicht dabei. :)


    Soweit ich es überblicke, ist die Rendite eines Festgeldes minimal höher als die einer ähnlichen Rente. Die Unterschiede sind aber gering. Ich würde immer die Rente statt des Festgeldes nehmen, der Ausstiegsmöglichkeit wegen.

  • Ich bin bei diesem Konsens nicht dabei. :)

    Nee, ich auch nicht. Höchstens bei sehr kurzen Laufzeiten aufgrund der Transaktionskosten.

    Darf ich fragen wo du dein Depot hast.

    Ich kaufe Anleihen beim Smartbroker.

    Könntest du mir bitte ein Beispiel Anleihe nennen.

    Bundesanleihen findest Du z.B. hier: Rendite.pdf (deutsche-finanzagentur.de)

    Bei einer Laufzeit von 2 Jahren hast Du etwa 3% Rendite.


    Mein Lieblingsemittent ist www.helaba-zertifikate.de - Carrara Festzinsanleihen (nur im Sekundärmarkt).

    Bei 2 Jahren über 4% Rendite, z.B. www.helaba-zertifikate.de - Produktdetails HLB3DQ

  • Bei einer normalen Zinsstrukturkurve hat man mit einer Rente übrigens auch eine Kurschance, das wird in diesem Forum regelmäßig unterschlagen.

    Die letzten Jahre gab es dank Nullzins nur ein Kursrisiko. Jetzt gibt es wieder einen gewissen Spielraum nach unten und damit eine mögliche Chance. Für einen langfristigen Anleger dürften sich Kurschance und -risiko aktuell aber eher ausgleichen.


    Mal davon abgesehen, daß das Festgeld an der Bank hängt (Einlagensicherung!) und die Rente Sondervermögen ist

    Wenn die Einlagensicherung zusammenbricht, würde ich auch hinter Anleihen hoher Bonität ein großes Fragezeichen setzen.


    Eine Rente kannst Du bei Bedarf zwischendrin verkaufen, ein Festgeld aber nicht auflösen.

    Da ist die Frage nach dem Zweck der Anlage. Ist das Teil des Notgroschens, Teil von mittelfristigen Rücklagen für ein neues Auto/Heizung/... oder Teil der Altersvorsorge? Bei ersterem ist man falsch investiert, bei letzterem sollte eine spontane Liquidation nicht nötig sein. Bleibt noch der mittlere Fall, bei dem tendenziell das Kursrisiko die Liquidität schlagen dürfte.

  • Bei einer normalen Zinsstrukturkurve hat man mit einer Rente übrigens auch eine Kurschance, das wird in diesem Forum regelmäßig unterschlagen.

    Die letzten Jahre gab es dank Nullzins nur ein Kursrisiko. Jetzt gibt es wieder einen gewissen Spielraum nach unten und damit eine mögliche Chance. Für einen langfristigen Anleger dürften sich Kurschance und -risiko aktuell aber eher ausgleichen.

    Das ist nicht so, ich habe das oben auch dargestellt. Du hast das allerdings gesnippt.


    Die Deutschen sind in ihrer Mehrheit Bedenkenträger, die fixieren das Negative, nämlich das Risiko und übersehen dabei die Chance, also das Positive. Bei gleichem Füllstand ist für den einen das Glas halbvoll, für den anderen halbleer.


    Das Leben ist, wie es ist. Man lebt leichter, wenn man sich am Positiven freut und das Negative gelassen hinnimmt, als wenn man immer nur nach Sorgen sucht.


    Wenn die Einlagensicherung zusammenbricht, würde ich auch hinter Anleihen hoher Bonität ein großes Fragezeichen setzen.


    Das ist nicht so. Für eine Rente steht der Emittent gerade, bei einer Bundesanleihe beispielsweise der deutsche Staat. Die geht nicht kaputt, wenn eine Bank pleite geht. Hinter einem Festgeld steht auch der Emittent, beispielsweise eine lokale Sparkasse. Die Wahrscheinlichkeit, daß die pleite geht, mag nicht groß sein, aber sie ist größer als daß der deutsche Staat pleite geht.


    Da ist die Frage nach dem Zweck der Anlage. Ist das Teil des Notgroschens, Teil von mittelfristigen Rücklagen für ein neues Auto/Heizung/... oder Teil der Altersvorsorge? Bei ersterem ist man falsch investiert, bei letzterem sollte eine spontane Liquidation nicht nötig sein. Bleibt noch der mittlere Fall, bei dem tendenziell das Kursrisiko die Liquidität schlagen dürfte.


    Nein, das ist hier nicht die Frage. Generell ist eine Anlage, aus der man bei Bedarf herauskann besser als eine, in der man auf Gedeih und Verderb gefangen ist. Mag ja sein, daß ein Anleger sich diese Option abkaufen läßt, etwa durch eine um 1 Prozentpunkt bessere Rendite. Das mag dann eine Güterabwägung sein. Bei gleicher Rendite aber ist eine Anlage, die ich liquidieren kann, besser als eine, bei der das nicht geht.


    Das Leben hat so viele unerwartete Wendungen auf Lager, da möchte ich in keinem Fall ausschließen, daß ich an eine lange Zeit nicht an mein Geld kann, zumal wenn dieser Verzicht nicht entsprechend bezahlt wird.

  • Hallo zusammen,


    aus meinen Vor-Finanztip-Zeiten habe ich noch einen Anleihen-ETF in meinem Depot liegen, der mir mal "aufgeschwatzt" worden ist. Danke der kürzlichen Podcast-Folge von Saidi kann ich nachvollziehen, warum der ETF aktuell bei -15% notiert (wg. steigender Zinsen). Mir ist allerdings nicht klar, ob mittelfristig mit einer Erholung bzw. Steigerung des Kurses zu rechnen ist. Irgendwann müssten doch die alten, "schlechten" Anleihen ausgelaufen sein und durch aktuelle ersetzt worden sein?


    Unterm Strich will ich die Position loswerden und auf einen MSCI-World umschichten. Die Frage ist nur, ob man das jetzt macht, und die Buchverluste realisiert, oder noch wartet...


    Viele Grüße und Danke!