FAZ: "Eine Bürde für die Bundesbank"

  • Und es wäre selbst dann ungerecht, wenn der Zinssatz der EZB an den Kunden der Geschäfsbanken voll weitergegeben werden würde. Denn nicht jeder Bürger könnte im gleichen Maße davon profitieren. Einige haben viel Barmittel zur freien Verfügung und könnten dann Geld zu 4% anlegen. Andere haben ein geringes Einkommen und kommen damit gerade so über die Runden und leiden zusätzlich noch mehr als andere unter der Inflation (Lebensmittel, Energie), die die Zinserhöhung paradoxerweise ja bekämpfen soll.

  • Es tut mir leid, ich muss jetzt heftiger widersprechen.


    1. Die Fokussierung auf den Einlagenzinssatz ist zu kurz gedacht


    Vor nicht all zu langer Zeit wurde argumentiert, dass die Niedrig- und Negativzinsen den deutschen Sparer schädigen würden. Jetzt gibt es wieder Zinsen. Das ist für den Einleger gut, für den Kreditnehmer schlecht. Eine grundsätzliche Ungerechtigkeit vermag ich da nicht zu erkennen, da auch genügend Bürger von niedrigen Zinsen z.B. für Baukredite profitiert haben.


    2. Die bei der Bundesbank entstehenden Verluste heute auf Anleihen im Bestand durch die höheren Marktinsen sind die Quittung für Subventionen der Vergangenheit.


    Das Fluten der Märkte mit Geld sollte die Folgen der Euro-Schuldenkrise und Corona abmildern. Damit wurden zumindest nach der Theorie Unternehmen am Leben erhalten und Arbeitsplätze gesichert. Dass das irgendwann auch auf die Steuerzahler zurückfällt war schon immer klar. s. den Beitrag #13 von Sovereign


    3. Die Bundesbank leiht auch Geld aus, u.a. an die Geschäftsbanken und den Bund, und erwirtschaftet damit einen Überschuss.


    4. Die Inflation wurde durch die ultralaxe Geldpolitik mit verursacht, zumindest begünstigt.


    Stichworte Vermögenspreisinflation, sichtbar u.a. durch stark gestiegene Immobilienpreise. Aber auch die Coronahilfen haben letztlich zu mehr Nachfrage geführt. Insofern ist es richtig die Nachfrage über höhere Zinsen zu dämpfen, weil damit weniger Geld zur Verfügung steht. Wenn die Menschen über hohe Preise jammern und sich einschränken ist genau die richtige Mechanik am Werk, um am Ende die Preise mangels Nachfrage zu drücken.


    Auch wenn das niemand gerne hört: selbst das Bundeswirtschaftsministerium geht von weiter steigenden Energiepreisen aus. Die Einschränkung der verfügbaren Einkommen samt Wohlstandverlust ist absehbar und ist nicht durch die Leitzinsen induziert.


    Um vielleicht eine versöhnliche Kurve hin zu bekommen: aufgrund der schlechten Wirtschaftssituation in Europa und speziell in D wird allgemein eine baldige Zinssenkung erwartet.

  • Wir streiten uns ja nicht im negativen Sinne oder widersprechen um des Widersprechens willens. Wir diskutieren, damit wir andere Standpunkte und Inhalte kennenlernen, die wir bisher nicht auf dem Schirm hatten. Ich persönlich will auch nicht recht haben. Davon habe ich gar nix. Ich will etwas lernen. Und ich bin froh, über jede Korrektur von falschen Annahmen meinerseits. Das seh' ich so, wie in dem Film "Tron Legacy": Man muss sich selbst (und sein Ego) aus der Gleichung herausnehmen. Sonst steht man sich selbst im Weg.


    Ich kann nicht erkennen, dass Deine Ausführungen im "Widerspruch" zu meiner Aussage in #20 stehen. Du hast erklärt, warum es so gekommen ist, wie es jetzt ist. Und Du hast andere Aspekte mit eingebracht (Danke dafür!).
    Und man kann ja auch darüber sprechen im Sinne von "Ja, das ist ein negativer Effekt, den ich da beschreibe. Aber es ist im grossen und ganzen immer noch die bessere Lösung, weil ....".

    Zitat

    Auch wenn das niemand gerne hört: selbst das Bundeswirtschaftsministerium geht von weiter steigenden Energiepreisen aus. Die Einschränkung der verfügbaren Einkommen samt Wohlstandverlust ist absehbar und ist nicht durch die Leitzinsen induziert.


    Um vielleicht eine versöhnliche Kurve hin zu bekommen: aufgrund der schlechten Wirtschaftssituation in Europa und speziell in D wird allgemein eine baldige Zinssenkung erwartet.

    Wenn ich das richtig verstanden habe, nimmt die krasse inverse Zinsstrukturkurve die Erwartungshaltung, dass die Zinsen wieder sinken, auch schon vorweg.

    Wenn wir Pech haben, dann werden wir in die Mangel genommen: Immer noch hohe Inflation aber geringe Zinsen (wobei das ja schon ein Luxus ist, von hohen Zinsen - sofern vorhanden - profitieren zu können -> siehe mein Beitrag #21). Bzw. wenn die Inflation einmal gewirkt hat - und weiterhin dauerhaft in Form hoher Preise wirkt! - aber die Zinsen nur kurzzeitig mal aufflatterten, dann haben wie im Effekt vielleicht - ähnlich wie mit der Euro-Einführung - nach ca 20 Jahren eine erneute Halbierung unserer Kaufkraft, wegen der erheblich gestiegenen Preise für Lebensmittel und Energie; zumindest für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung.

  • Hier ein paar andere Details:


    Bundesbank mit Rekordverlust von fast 22 Milliarden Euro - die Gründe
    Die Währungshüter verlieren 21,6 Milliarden Euro und retten sich durch Auflösung der gesamten Rückstellungen auf plus minus null.
    www.sueddeutsche.de


    Zitat

    Die Bundesbank erwarb deutsche Staatsanleihen von den großen Geschäftsbanken und schrieb den Banken den Kaufpreis auf deren Girokonten bei der Notenbank gut. Dadurch sitzen diese deutschen Banken auf mehr als einer Billion Euro Überschussreserven. Diese Einlagen verzinst die EZB mit vier Prozent - dem Leitzins.

    Es ist ein Milliardengeschäft für den Bankensektor, aber ungleich verteilt, weil die Notenbanken die Anleihen vor allem den großen Instituten abgekauft haben. Die Bundesbank schlüsselt Reserven der Geschäftsbanken nicht auf, sagt aber auf Anfrage, dass zehn Institute fast die Hälfte der gesamten Überschussreserven halten. Das dürften vor allem die großen Privatbanken und Landesbanken sein. Ungerecht? Einige Experten meinen, ja: Der bankenkritische Verein Finanzwende forderte in einem offenen Brief an EZB-Präsidentin Christine Lagarde, die Zentralbanken sollten im Sinne einer neutralen Geldpolitik die Banken nicht mit öffentlichen Geldern bedingungslos bereichern. Doch die Notenbanker sehen das anders: "Wir haben die Zinsen erhöht, um die Inflation zu bekämpfen, das war nötig. Deswegen koppele ich gedanklich komplett ab, was dadurch bei den Banken geschieht", sagte Nagel und verwies darauf, dass die Einlagen der Institute im Zuge des Bilanzabbaus der Notenbank sinken würden.



  • "Keine Nanosekunde an den Verkauf des Goldes gedacht" (Head/Artikel FAZ, Rubrik Finanzen, vom 24. Feb. 2024, Seite 27); zitiert wird mit der Überschrift der Präsident der Deutschen Bundesbank Joachim Nagel



    Der Artikel steht im Zusammenhang mit dem Verlust der Bundesbank in Höhe von ca. 21,6 Milliarden Euro. Aus dem Artikel:


    "Die Bundesbank kann den höchsten Verlust in ihrer Geschichte nur durch einen tiefen Griff in die Reserven ausgleichen, Die Zinswende in Verbindung mit den früheren Anleihekäufen hat das Zinsergebnis 2023 einbrechen lassen. Die Überweisung für den Bund aus Frankfurt (Anmerkung von mir - der Bundesbankgewinne) dürfte für mehrere Jahre ausfallen. Der Fehlbetrag liegt bei fast 21,6 Milliarden Euro. Eine Wagnisrückstellung für Zinsänderungsrisiken in Höhe von 19,2 Milliarden Euro, die unter dem früheren Bundesbankpräsidenten Jens Weidmann aufgebaut worden war, wurde zum Ausgleich der laufenden Verluste komplett aufgelöst".


    "Hinter den hohen Verlusten steckt ein Phänomen ... das mit den früheren Anleihekäufen zusammenhängt: Die Notenbanken haben auf der Aktivseite ihrer Bilanz - dort stehen die Vermögenswerte - als Folge der Anleihenkäufe gewaltige Bestände an Anleihen, deren Zinsen auf einem niedrigen Niveau festgeschrieben sind. Auf der Passivseite - dort stehen de Verbindlichkeiten - finden sich dagegen Posten, für die von den Notenbanken jetzt im Zuge der Zinswende höhere Zinsen gezahlt werden müssen: Zum Beispiel für die Einlagen von Geschäftsbanken. Dies führt zu hohen Verlusten. Die Bundesbank trifft dies besonders, weil die Bundesanleihen, die im Zuge der Arbeitsteilung im Eurosystem gekauft wurden, wegen der hohen Bonität Deutschlands besonders niedrig verzinst sind"


    "Die gewaltigen Anleihebestände der Bundesbank haben über die Zinsprobleme hinaus (Anmerkung von mir: Siehe oben) mit dem Anstieg der Renditen erhebliche Kursverluste erlitten. Allerdings sollen diese Anleihen bis zur Endfälligkeit gehalten werden, und die Bundesbank bilanziert sie nicht zu Marktwerten, sondern zu fortgeschriebenen Anschaffungskosten. Müßte der Wertverlust der Euro-Wertpapiere für die Ermittlung des Jahresverlustes berücksichtigt werden, wäre dieser Verlust laut Bundesbank noch mal um stolze 97,8 Milliarden Euro höher ausgefallen".


    In dem Kontext (größter Verlust in absoluten Zahlen in der Geschichte der Bundesbank) wird in dem Artikel auch das Thema Gold bzw. Goldbestände der Bundesbank thematisiert:


    "Die Bundesbank habe noch erhebliche Bewertungsreserven in Höhe von fast 200 Milliarden Euro, sagte Mauderer (Anmerkung von mir: Meines Wissens Dr. Sabine Mauderer, Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank, zuständig u. a. für die Rechnungslegung), davon entfielen 197 Milliarden Euro auf die Goldvorräte".


    In abweichender Einschätzung zu dieser pointierten Haltung beispielsweise bezüglich dem Thema Gold

    Dann empfehle ich Backsteine. Die sind geifbar und man weiß, was man hat.

    wird der Bundesbankpräsident Joachim Nagel wie folgt zitiert:


    "Über einen Verkauf des Bundesbank-Goldes zum Ausgleich von hohen Verlusten habe er aber keine Nanosekunde nachgedacht" sagte der Bundesbankpräsident. Und weiter: "Das Gold spiele eine wichtige Rolle für das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesbank"


    Die Bedeutung von Gold wird also von unterschiedlichen Protagonisten offensichtlich ganz unterschiedlich eingeschätzt. Für meinen Teil subsumiere ich meine Haltung eher unter jene des Bundesbankpräsidenten.

  • Geschäftsbanken wollen Geld verdienen. Verständlich.


    Eine Notenbank hat andere Ziele. Sie soll die Währung steuern und dabei insbesondere die Inflation. Eine Steuerung kostet eher Geld. Trotzdem ist Geldwertstabilität zum Vorteil der Bevölkerung/Steuerzahler.

    Natürlich kann man immer diskutieren, wie gut die EZB an der Zielerreichung arbeitet und ob die Instrumente die Richtigen sind. Da wird es nie eine einheitliche Meinung geben.


    Die Beeinflussung des Marktes geschieht insbesondere durch kurzfristige Offenmarktgeschäfte. Gerade in der Nullzinsphase wurden den Banken auch längerfristige Geschäfte zu extrem niedrigen Zinssätzen angeboten, um Kreditvergaben zu erleichtern (Längerfristiges Refinanzierungsgeschäft – Wikipedia). Das hat auch teilweise funktioniert und gleichzeitig haben viele Banken damit gutes Geld verdient.


    Natürlich kann man kritisieren, dass Geschäftsbanken hier Geld verdienen, aber so funktioniert eben Marktwirtschaft. Unattraktive Angebote einer Zentralbank würden sie nicht annehmen, denn Geld verdienen gehört zu deren Zielen, s.o.. Gemeinnützige Ziele eher weniger. Daher kostet die Steuerung der Geldwertstabilität manchmal Geld, ggf. auch sehr viel.

  • Daher kostet die Steuerung der Geldwertstabilität manchmal Geld, ggf. auch sehr viel.

    Es ist keine Frage, daß die "Geldwertstabilität" im Sinne der Preisniveaustabilität bzw. Kaufkraftstabilität gemäß den offiziellen EU-Verträgen das prioritäre (wörtlich "vorrangige") Ziel der EZB zu sein hat. Dazu reicht ein kurzer Blick in die diesbezüglichen EU-Verträge siehe Art. 119, Art. 127 und Art. 282 AEUV.


    Die Frage ist nur, ob es in der extrem langen Phase der ultra-expansiven Geldpolitik der EZB (ab 2009 bis in 2023 hinein) vorrangig um die dieses Ziel ging ? Oder ob da nicht ganz andere Ziele im Vordergrund standen ? Wie etwa das "Whatever it takes" von Herrn Draghi (2012) , also das "koste es, was es wolle, um den Euro zu retten" und/oder um die Schuldentragfähigkeit einzelner Länder und/oder um eine Eurozone in der immer gleichen Zusammensetzung sprich keiner darf da (r)ausfallen ...


    Auch auffällig, daß die EZB über die Jahre hinweg ihre Definition von "Geldwertstabilität" - semantisch und dann auch in praxi - immer weiter nach oben geschraubt hat (was unter Geldwertstabilität zu verstehen ist, kann sich die EZB selbst definieren): War da anfangs noch alles zwischen einem Wert von "Null bis zwei Prozent" akzeptabel (danach besteht bei einer Inflationsrate von z. B. ein 1,5% kein Grund zum Eingreifen ...), wurde dieser Korridor dann auf "nahe aber unter zwei Prozent" signifikant erhöht (also auf irgendwas zwischen "1,6 bis 1,9 Prozent"), dann weiter auf "fix zwei Prozent" erhöht - um schließlich ein mittelfristiges "symmetrisches Inflationsziel" zu definieren nach dem Motto "ist die Inflation einige Zeit unter zwei Prozent, kann sie danach auch längere Zeit über zwei Prozent liegen". Meine Einschätzung ist, daß der EZB klar sein dürfte, daß diverse Länder der Eurozone auf höhere Inflationsraten angewiesen sind, sollen diese (trotz ihre hohen bis exorbitanten) Staatsverschuldung irgendwie in der Eurozone gehalten werden ...

  • Hier noch Informationen von der Bundesbank selbst zur schon erwähnten Vorgeschichte:

    Anleihekäufe der Zentralbanken: Der Zusammenhang zwischen Zentralbankbilanz und Staatsfinanzen
    Vor dem Hintergrund sehr niedriger Zinsen können sich Staaten derzeit sehr günstig verschulden. Auch deshalb finanzieren sie sich zunehmend längerfristig. Die…
    www.bundesbank.de


    Mit dem Hinweis

    Zitat

    Allerdings erhöht sich dadurch auch die Anfälligkeit der Staatsfinanzen im Fall von Zinsänderungen.

    Und hier weitere Informationen von der Bundesbank, wieso das mehr Finanzmittel/Geld für die Geschäftsbanken verfügbar gemacht hat:

    Anleihekaufprogramme und quantitative Lockerung
    Anleihekäufe können eine geldpolitische Maßnahme sein, um in einem Niedrigzinsumfeld die Inflationsrate auf das gewünschte Niveau zu heben. Der nachfolgende…
    www.bundesbank.de

    Zitat

    Doch wie können diese Anleihekäufe durch die Zentralbank die Inflationsrate erhöhen? Hierbei wirken zwei wesentliche Effekte: Zum einen wird beim Anleihekauf Zentralbankgeld geschaffen, weil die Zentralbanken die Anleihen mit Zentralbankgeld bezahlen. Die Zentralbankgeldmenge nimmt also zu. Dadurch steigt grundsätzlich der Spielraum der Geschäftsbanken für ihre Kreditvergabe.

    Wenn dafür keine Kredite vergeben wurde (bzw. nicht vollständig oder nicht in dem Maße) oder die ausgedehnte Geldmenge nach dem wieder Einsammeln von den Kreditnehmern bei den Banken hängengeblieben ist und die Banken jetzt "darin schwimmen" und es nun zu 4% bei der Bundesbank "parken", dann kann da schon ordentlich etwas zusammenkommen.

    Hätte die Bundesbank das Geld rechtzeitig genug wieder einsammeln müssen?

    Und welche Möglichkeiten hat sie dafür?

    Muss sie dafür warten, bis zur Fälligkeit der Anleihen?

    Welche Anleihen mit welchen Laufzeiten sind angekauft worden? Solche mit langen Laufzeiten?

    Hätte man von langen Laufzeiten Abstand nehmen müssen, anbetracht der zu erwartenden steigenden Zinsen und den Problemen, die die Bundesbank absehbar damit haben wird und jetzt auch hat?

  • Zitat

    Welche Anleihen mit welchen Laufzeiten sind angekauft worden?


    Warum die Bundesbank vor Riesenverlusten steht – und damit leben kann
    Während Geschäftsbanken die Zinswende feiern, wird sie für andere zur Last. Die Zentralbank hat noch jahrelang daran zu knabbern. Das ist auch für den…
    www.rnd.de

    Zitat
    Diese Papiere mit mehrjährigen Laufzeiten besitzt die Bundesbank nach wie vor und bekommt dafür sehr niedrige Zinsen – im Durchschnitt weniger als ein halbes Prozent, wie Vorstandsmitglied Sabine Mauderer sagte. Gleichzeitig zahlt sie aber Geschäftsbanken 4 Prozent für Geld, das diese bei der Notenbank parken. So hoch ist nach zehn schnellen Erhöhungen der Einlagensatz der EZB.
  • KaffeeOderTee


    Zu den rein technischen Detail-Fragen (u. a. Procedere der Umsetzung der EZB-"Geldpolitik" (in Anführungszeichen, da es meines Erachtens in weiten Teilen längst Fiskalpolitik war und damit außerhalb des Mandats der EZB lag) weiß ich zu wenig, um mich dazu äußern zu können.


    Siehe schon Nr. 13

    Zum Verständnis: Zu dem allgemeinen Thema (Währungen, Währungsunionen, monetäre Ökonomik usw.) habe ich halbwegs Grundkenntnisse - zu dem Vorgehen der EZB en detail dagegen nur minimales Basiswissen.

    (nachträglich gefettet von mir)


    Dazu kommt noch generell siehe schon Nr. 10

    Wobei die Bundesbank ja eh nix mehr zu melden hat - sondern die EZB über unser Geld "wacht".

    (nachträglich gefettet von mir)


    Auch da wieder Anführungszeichen bei dem "wacht" - da die EZB - meines Erachtens - statt ihrem in den EU-Verträgen normierten vorrangigen Ziel "Preisniveaustabilität" sprich "Kaufkraftstabilität" (siehe Art. 119, Art. 127 und Art. 282 AEUV) längst und in weiten Teilen ganz andere Ziele verfolgt hat (u. a. einzelne Länder finanziert).


    Aus meiner diesbezüglichen absoluten Laiensicht (technische Seite der Umsetzung bzw. Abwicklung der Geldpolitik) ist es daher mehr als fraglich, ob die Deutsche Bundesbank da überhaupt noch eigenständig oder gar autark handeln kann. Vermutlich besteht da ein striktes Über- bzw. Unterordnungsverhältnis in dem Sinne, daß die EZB entscheidet - und die nationalen Notenbanken in die Umsetzung nur mit einbezogen werden (als eine Art "Erfüllungsgehilfen" sozusagen, für Dinge, die eine EZB nicht selbst abwickelt).


    Inwieweit da also die Deutschen Bundesbank auf ihre Bilanz (und damit auf Gewinnen bzw. Verluste) überhaupt noch einen Einfluß hat scheint mir mehr als fraglich ... ?!


    Exkurs: Daher auch die damalige Aufregung um den ANFA-Vorgang (diverse Fachleute hatten auch vom "ANFA-Skandal" der EZB gesprochen ("Agreement on Net Financial Assets"). Im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit war ein Doktorand (Daniel Hoffmann war, glaub ich, der Name) in die Tiefen der EZB-Bilanzen gestiegen (um 2015 herum) und da auf signifikante Unstimmigkeiten gestoßen. Es ging um gigantische Beträge. Die diesbezüglich Nachfrage wurde von Herrn Draghi in einer PK ausweichend bzw. gar nicht beantwortet ("often" ... "very hard to understand" - angeblich also selbst für Herrn Draghi und die EZB ...). Schließlich war der Druck auf die EZB so groß (auch wegen diverser Veröffentlichungen), daß man sich doch erklärte: Hinter ANFA stand ein Geheimabkommen, daß nur ganz wenigen Spitzenbeamten der EU bzw. EZB bekannt war, für das Handeln nationaler Notenbanken ausnahmsweise in "Eigenregie" (s. o.; eigentlich sind die nationalen Notenbanken nur noch als Erfüllungsgehilfen zu sehen). Letztlich war Fakt, daß sich einige Notenbanken (eigenständig) dreistellige Mrd.-Beträge selbst gedruckt hatten (u. a. Italien, Frankreich und auch wohl noch einige andere). Kann man pointiert so sehen, daß sich "nationale Notenbanken praktisch Falschgeld im Keller drucken können, was dann in anderen Ländern als echtes Geld gilt mit dem man da einkaufen kann" (Prof. Sinn damaliger Chef des Ifo-Institutes gehörte zu denen, die das so gesehen haben; nach meiner Erinnerung jedenfalls). Das Geheimabkommen wurde (mehr oder weniger) öffentlich gemacht - und diese Praxis danach wohl auch beendet. Der Vorgang zeigt aber, daß ein eigenständiges Vorgehen aufgrund eigener Entscheidungen der nationalen Notenbanken im Eurosystem nicht mehr vorgesehen ist.


    Insofern hat - aus meiner Laiensicht - die Deutsche Bundesbank konzeptionell (Eurosystem) praktisch kaum bis keinen Einfluß auf ihre Vorgehensweise. Und damit auch nicht auf ihre Bilanz. Vielleicht (vermutlich) gibt es hier Kundigere, die dazu was schreiben könnten ... ?


    Nur am Rande: Selbst die deutschen Mitglieder in der EZB (viele in der Bundesbank ohnehin) haben ja das Vorgehen der EZB über die Jahre immer kritischer gesehen. Die Rücktritte deutsche EZB-Mitglieder (teilweise weit) vor dem Ende ihrer regulären Amtszeit reihen sich wie Perlen auf eine Kette:


    * Axel Weber, damals Bundesbank Präsident; (April 2011) Rücktritt aus dem EZB-Rat

    * Jürgen Stark, damals Chefvolkwirt der EZB; (September 2011) Rücktritt aus EZB-Direktorium

    * Jörg Asmussen, (2013) Rücktritt aus dem EZB-Direktorium

    * Sabine Lautenschläger, (2019) Rücktritt aus dem EZB-Direktorium

    * Jens Weidmann, damals Bundesbank Präsident; (2021) Rücktritt aus dem EZB-Rat


    Einerseits: Für mich sind diese Rücktritte völlig nachvollziehbar. Ich würde auch nicht wollen, daß ein derartiges Vorgehen mit meiner Vita verknüpft ist (zumal bei der vorhandenen Kompetenz dieser Leute davon auszugehen ist, daß ihnen bewußt ist, wohin so was führt; Stichwort: Jens Weidmann - um nur ein Beispiel zu nennen; oder auch Prof. Otmar Issing - gilt als einer der Architekten des Euro - damals Ende der 90er Chefvolkswirt der EZB und im EZB-Direktorium. Prof. Issing hat danach über die Jahre hinweg die "Geldpolitik" der EZB immer heftiger kritisiert). Auch die Formulierungen des BVerfG in dem Kontext (EZB-Anleihekäufe) sprechen Bände "ultra vires" ("ausbrechender Rechtsakt", "jenseits der Befugnisse" usw.), "schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar" etc.


    Andererseits: Wenn die ursprünglichen EU-Verträge (siehe AEUV) eh kaum bis eher keine Rolle mehr spielen ... inwieweit ist dann der Versuch (von einzelnen) sich noch daran zu halten, überhaupt sinnvoll ?! Wenn Im Restaurant die Rechnung eh nur noch als eine gemeinsame von allen zu tragende ausgewiesen wird - warum sollte der Einzelne dann noch zurückhaltend sein bei seinen Bestellungen ? Er zahlt ohnehin zwangsweise mit, für diejenigen, die mehr und teurere Dingen bestellen und/oder über den Durst trinken. Aus subjektiver Sicht (Mikrosicht) nachvollziehbar und verständlich - von der objektiven Seite her (Makrosicht) ein Fehlanreiz und sicherlich von der Sache her und für die Sache insgesamt eher sehr schlecht.


    Bin da selbst unsicher bzw. hin und hergerissen. Zumal diese Überlegung auch Implikationen auf die zukünftige Ausrichtung des eigenen Handelns und auch der eigenen Anlagen haben könnte. Das wäre aber ein anderes Thema.

  • Zuerst werden von EZB/Zentralbank massiv Anleihen gekauft und Kredite für Unternehmen und Private verbilligt. Nebenbei wird damit das Volumen an Zentralbankgeld erhöht, was die Inflation befördert. Ausserdem wird durch die billigen Kredite die Imobilien-Aktivität gesteigert (Blase?). Dann kommen weitere Inflationstreiber in's Spiel, wie 1) der Ukrainekrieg und 2) zusätzliche Verteuerung der Energiepreise durch zusätzliche CO2-Bepreisung. Schliesslich hat man die Inflation und muss zum Gegensteuern die Zinsen erhöhen und damit Kredite wieder teurer machen. Die teureren Kredite bremsen die wirtschaftlichen Aktivitäten und den Immobiliensektor. Das Geld ist aber noch vorhanden und darf jetzt von der EZB/Notenbank für Banken zu 4% verzinst werden. Und auch andere, die über Barmittel verfügen, bekommen über steigende Zinsen für TG, FG, Anleihen ihre Verzinsung nahe 4%.

    Das sieht so aus, als ob der Zeitpunkt für den Ukrainekrieg und die zusätzlichen Verteuerung von Energie über die CO2-Bepreisung (und den MwSt Anteil) - als zusätzliche Treiber für Inflation - zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt kamen, was die Möglichkeit eines sanften Einfangens der Inflation angeht.

  • Aber: die nächste Ausgabenwelle nach Corona sind jetzt die vielfältige Kosten für den Ukrainekrieg. Werden da nicht wieder Maßnahmen für expansive Geldpolitik aufgelegt? Und befeuert das nicht wieder die Inflation?

    Wie sollen da die Zinsen sinken?