100% Aktien für jedes Alter?

  • Es setzt voraus, dass die Investoren stets rational handeln und es bislang immer so weiter geht wie bisher.

    Nur ist nicht jeder Investor stets rational. Ich gehe zwar auch davon aus dass es so weiter geht wie bisher aber wir kennen die Zukunft nicht und eventuelle Black Swans von denen wir noch nichts wissen oder vorstellen können.

    Der Autor der Studie sagt deutlich, dass es am Ende auf die Emotionen, der Anleger ankommt. Also, ob jemand diese Strategie durchhalten kann. Das ist ein wichtige Punkt, aber es kann ja nicht sein, dass man dem Anleger zunächst emotionale Instabilität unterstellt und ihm dann ein in allen relevanten Punkten bzgl. Rendite und Risiko schlechteres Portfolio aufbaut.

    Wäre es nicht andersherum besser? Man baut zuerst das nach allen relevanten Kriterien beste Portfolio und fokussiert sich dann darauf, wie man die Emotionen des Anlegers ,,kontrollieren" kann. Vielleicht gibt es hier jemanden, der Möglichkeiten hat, wie dies umzusetzen wäre.

  • Darum geht es ja nicht, sondern um stetige Entnahmen. Ist schon klar, dass das alles nicht funktioniert, wenn ich plane im kommenden Jahr 30% meines erwarteten Portfoliowertes entnehmen möchte.

    Kommt darauf an. Wenn ein reines Aktien-Portfolio drei Mal so viel Volumen hat wie ein Misch-Portfolio, weil die Renditen besser waren, ist die 30% Entnahme im kommenden Jahr auch nach einem 50% drawdown besser aus einem reinen Aktienportfolio zu entnehmen.

    Man sollte auch bedenken wie wahrscheinlich große Entnahmen im Alter sind. Wie viele 70-jährige haben denn plötzlich einen rationalen Finanzbedarf von 300.000 Euro? Klar, kann man immer sagen, dass sich vielleicht jemand ein Wohnmobil mit Hubschrauberlandeplatz kaufen will, aber sind wir doch mal ehrlich: Den meisten Menschen geht es um ein vernünftiges monatliches Einkommen bis zum Ableben. Große Anschaffungen oder großen Finanzbedarf sollte man ohnehin langfristig planen (z.B. Übertragung von Vermögen an die Kinder und Enkel, Renovierungen usw.).

  • Wäre es nicht andersherum besser? Man baut zuerst das nach allen relevanten Kriterien beste Portfolio und fokussiert sich dann darauf, wie man die Emotionen des Anlegers ,,kontrollieren" kann. Vielleicht gibt es hier jemanden, der Möglichkeiten hat, wie dies umzusetzen wäre.

    Ja, vielleicht ein Autist, der blind ist für alle systematischen Zusammenhänge. Der nicht versteht, wo die Erträge des Finanzsystems herkommen und wo sie hingehen. Der Wirtschaft für eine Maschine hält, die man ähnlich wie bei einem Lego-Technik-Baukasten überblicken kann und die immer macht, was sie "schon immer" gemacht hat. Der würde so vorgehen!

    Er würde dann aber die Welt nicht mehr verstehen, wenn er im Alter pleite geht, weil er zentrale relevante Risiken bei seiner reduzierten Betrachtung der Zusammenhänge ausgeblendet hat und völlig verblendet alles auf eine Karte gesetzt hat... ;)

  • Der Autor der Studie sagt deutlich, dass es am Ende auf die Emotionen, der Anleger ankommt. Also, ob jemand diese Strategie durchhalten kann. Das ist ein wichtige Punkt, aber es kann ja nicht sein, dass man dem Anleger zunächst emotionale Instabilität unterstellt und ihm dann ein in allen relevanten Punkten bzgl. Rendite und Risiko schlechteres Portfolio aufbaut.

    Wäre es nicht andersherum besser? Man baut zuerst das nach allen relevanten Kriterien beste Portfolio und fokussiert sich dann darauf, wie man die Emotionen des Anlegers ,,kontrollieren" kann. Vielleicht gibt es hier jemanden, der Möglichkeiten hat, wie dies umzusetzen wäre.

    Ich würde es nicht emotionale Instabilität nennen auch wenn ich weiß wie du es meinst. Menschen sind nun einmal unterschiedlich und haben unterschiedliche Bedürfnisse und Sicherheitsempfinden. Demnach gibt es nach meiner Ansicht nicht DIE Asset Allokation und auch nicht DAS perfekte Portfolio. Das perfekte Portfolio kann in der Theorie bestehen oder für einen selbst aber nicht ein Portfolio für alle weil eben nicht alle gleich sind. Gerd Kommer und Prof Walz empfehlen ja auch Anlegern die mit dem Risiko nicht klar kommen einen höheren Sicherheitsbaustein zu halten, weil - wie du es nennst - bei emotionaler Instabilität der Schaden größer als der Nutzen ist. Das ist m. E. auch die breite Meinung von French, Malkiel, Ellis, Ferri, Bernstein, Bogle, Collies.

    Aber um auf deine Frage einzugehen wie man das lösen könnte fällt mir nur plump ein: Weniger ins Portfolio sehen, weniger Finanzporno, sich weniger mit Finanzen beschäftigen und mehr oder weniger an seinem Mindset zu arbeiten. Denn schließlich kann ich die Dinge die um mich herum geschehen nicht beeinflussen sondern nur wie ich damit umgehe.

    Nichts desto trotz bleibt aber das unbekannte Unbekannte: Black Swans.

    Und was mir noch einfällt ein Zitat von John Bogle (dem echten ; nicht von mir 😅):

    Der Tod eines guten Plans ist das Streben nach einem perfekten.

  • Du gehst von sinkenden Bewertungen beim S&P500 aus?

    Wir müssen nicht von sinkenden Bewertungen ausgehen, um ein großes Fragezeichen unter

    die Renditen der Vergangenheit zu setzen. Ich verlinke einfach mal folgenden Chart:

    S&P 500 PE Ratio - Multpl

    Median für den S&P500 (den nehme ich jetzt her weil es einfacher ist Daten zu bekommen und ein Weltindex ohnehin zu 70% aus US-Werten besteht) liegt bei P/E=15, der Durchschnitt liegt bei 16

    Das bedeutet, wir haben historisch betrachtet eine sehr hohe Bewertung. Eine Verdopplung der Bewertung geht (bei sonst gleichen Unternehmenskennzahlen, insbesondere Gewinn) mit einer Verdopplung des Aktienkurses einher. Und das wirkt sich natürlich auch auf die langfristige Rendite aus. Eine Steigerung des P/E auf ein langfristiges Niveau von 60 wäre extrem unwahrscheinlich. Das müssen wir durch einen gewissen Abschlag kompensieren, wenn wir aus der Vergangenheit eine Erwartung für die Zukunft ableiten wollen. Die Zukunft ist keine bloße Fortschreibung der Vergangenheit.

    Diskutieren wir noch über ein Portfolie mit 100% Aktien oder was verstehst Du unter einem"diversiviziertes Portfolio"

    Schau in die angegebene Quelle, gibt es auch kostenlos als E-Book. Das Büchlein vergleicht diverse Portfolios, von sehr aktienlastig bis sehr anleihenlastig. Mit und ohne Rohstoffe, etc.

    Die lustige Erkenntnis ist, dass sich das über den betrachten Zeitraum kaum was nimmt und alles in einem relativ engen Bereich rauskommt.

  • Nichts desto trotz bleibt aber das unbekannte Unbekannte: Black Swans.

    Dieser Black Swan müsste die durchschnittlichen, langfristigen Eigenkapitalrenditen von 5000-8000 Unternehmen dieses Planeten unter die durchschnittlichen, langfristigen Renditen von Fremdkapital (Unternehmen und Staaten) bringen. Das ist unmöglich.

  • Allein schon deshalb ist 100% Aktienquote im Kern irrational. Eben weil das Ausfallrisiko des Aktienmarktes nicht Null ist, auch nicht breit gestreut. Aber wer's mag...

    Soso, der globale Aktienmarkt kann also auf Null fallen, während Fremdkapital weiter relativ stabil bleibt. :D

  • Dieser Black Swan müsste die durchschnittlichen, langfristigen Eigenkapitalrenditen von 5000-8000 Unternehmen dieses Planeten unter die durchschnittlichen, langfristigen Renditen von Fremdkapital (Unternehmen und Staaten) bringen. Das ist unmöglich.

    Nein, auch dafür gibt es viele andere Wege und Möglichkeiten, aber genau die blendest du systematisch aus: Handelsembargos (wie kürzlich in Russland), Enteignungen, ein simples nicht-mehr-Respektieren von Eigentumsrechten (nichts anderes sind deine Aktien im ETF), kurzum: Die Folgen einer Rückabwicklung der Globalisierung wie wir sie gerade erleben.

    Die Eigenkapitalrenditen am anderen Ende der Welt können sich schlagartig völlig anders entwickeln als der Kurs des ETFs in deinem Depot. Ist historisch immer wieder vorgekommen und es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass dies zukünftig nicht mehr so wäre.

    Aber wenn du solche Risiken nicht sehen willst: Fahr ruhig 100% Aktienquote. Und lasst dann wirklich in 20-30 Jahren mal schauen und vergleichen, wo mit deinen "rationalen" Annahmen ("unmöglich") dann gelandet bist...

  • Auf Null nicht, aber 90% hatten wir historisch schon einmal. 90% Minus bedeutet, dass du 80% verlierst und sich der Kurs dann noch einmal halbiert. Für alle Beteiligten hier ist unvorstellbar, was das tatsächlich bedeutet.

    Bitte benenne den Zeitraum in dem der globale Aktienmarkt 90% gefallen ist. Bitte belege, dass sich in dem Zeitraum und in den 10 Jahren danach Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und der Geldmarkt real besser entwickelt haben.

  • Dann ist Sparen im Kern auch irrational. Das Risiko, dass unser jetziges Wirtschaftssystem zusammenbricht ist auch nicht Null.

    Der erste Satz folgt nicht zwingend aus dem was ich geschrieben habe, im Gegenteil! Und gerade weil jedes menschengemachte System ("Wirtschaftssystem") Instabilitäten und Risiken beinhaltet, investieren manche z.B. auch in Land, Immobilien, Gold, etc. in der Erwartung, so einen Zusammenbruch dann auch kompensieren zu können. Hat historisch gesehen oft funktioniert, auch wenn die Verwerfungen für alle heftig waren...

  • Nein, auch dafür gibt es viele andere Wege und Möglichkeiten, aber genau die blendest du systematisch aus: Handelsembargos (wie kürzlich in Russland), Enteignungen, ein simples nicht-mehr-Respektieren von Eigentumsrechten (nichts anderes sind deine Aktien im ETF), kurzum: Die Folgen einer Rückabwicklung der Globalisierung wie wir sie gerade erleben.

    Die Eigenkapitalrenditen am anderen Ende der Welt können sich schlagartig völlig anders entwickeln als der Kurs des ETFs in deinem Depot. Ist historisch immer wieder vorgekommen und es gibt keinen vernünftigen Grund anzunehmen, dass dies zukünftig nicht mehr so wäre.

    Aber wenn du solche Risiken nicht sehen willst: Fahr ruhig 100% Aktienquote. Und lasst dann wirklich in 20-30 Jahren mal schauen und vergleichen, wo mit deinen "rationalen" Annahmen ("unmöglich") dann gelandet bist...

    Sorry, ich kann jemanden, der eine globale Enteignung von Eigentumsrechten bei gleichzeitiger ,,Nicht-Enteignung" anderer Assets wie z.B. Fremdkapital eine Wahrscheinlichkeit einräumt ,nicht für voll nehmen. Ich kann mit solchen abstrusen Theorien nichts anfangen.

  • Dann ist Sparen im Kern auch irrational. Das Risiko, dass unser jetziges Wirtschaftssystem zusammenbricht ist auch nicht Null.

    Die Fiktion, dass andere Assets als Eigenkapital eine Sicherheit innehätten, die sie vor allen Eventualitäten schützt, ist faszinierend und erschrecken zugleich. Das hat noch nie gestimmt und wird auch nie stimmen. Um das zu erkennen, fehlt vermutlich geschichtliches Wissen.

    Man stelle sich eine Welt vor in der alle Unternehmen dieses Planeten kein Geld mehr verdienen (können). Ob dann ein Geldmarkt-ETF in Euro, eine Staatsanleihe oder ein paar Münzen Gold noch eine Relevanz haben? Vermutlich wäre dann eine Investition in Handfeuerwaffen und einen sicheren Bunker besser.

  • Sorry, ich kann jemanden, der eine globale Enteignung von Eigentumsrechten bei gleichzeitiger ,,Nicht-Enteignung" anderer Assets wie z.B. Fremdkapital eine Wahrscheinlichkeit einräumt ,nicht für voll nehmen. Ich kann mit solchen abstrusen Theorien nichts anfangen.

    Was ist denn daran abstrus? Schau doch mal in die Geschichte! Ist immer wieder vorgekommen, dass "Assets" bzw. Eigentumsrechte völlig unterschiedlich behandelt wurden. Gerade in Krisenzeiten und den Kriegen des letzten Jahrhunderts! Ländereien im Osten wurden enteignet, die im Westen nicht. Sondersteuern bzw. Abgaben gab es auf bestimmte Anlageformen, andere waren ausgenommen. Es wäre völlig naiv zu glauben, dass so ein fragiles Instrument wie ein global streuender Fonds/ETF bis in alle Ewigkeit weltweit in unterschiedlichen Ländern das macht, was er in den letzten 2-3 Jahrzehnten gemacht hat. Russland ist z.B. plötzlich aus dem ACWI verschwunden. Was wäre der Fall, wenn das bei China auch passieren würde? Wie stände Taiwan bei einem Konflikt mit China da? Was wäre, wenn die Staatsschulden in den USA endgültig kippen und du mit 70% in US-Aktien investiert warst?

    Scheinst du alles ernsthaft als "unmöglich" anzusehen. Kann man machen, würde ich aber wirklich niemandem empfehlen! ;)