Ist Deutschland reif für Eurobonds?

  • Bei "Rene will Rendite" hört es sich so an, als ob Deutschland jetzt in einem Zustand ist, wo es Eurobonds eher zustimmen könnte:

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    "Nachtigall ick hör' Dir trapsen"

  • Hallo,


    „Deutschland“ will keine Eurobonds, einige interessierte Kreise sicher. Glücklicherweise gehört die aktuelle Bundesregierung nicht zu diesen Kreisen, wie man an der Ablehnung der Übernahme der Commerzbank durch die UniCredit sehen kann. Ich hoffe, sie bleiben standhaft.


    Gruß Pumphut

  • Meinst du im Sinne von: "Die haben uns reif geschossen"? Oder im Sinne von: "Das ist super sinnvoll für uns und Euro-Bonds werden genauso sicher sein wie deutsche Staatsanleihen"?


    Ich lehne jegliche gemeinsame Haftung ab, da manche unserer Nachbarn schon immer jeglichen Handlungsspielraum zu ihren Gunsten ausgenutzt haben (siehe 110% Förderung in Italien). Denen ist egal, ob sie damit den Euro zerstören, die nutzen gnadenlos alles was geht aus und fordern immer noch mehr.

  • Meinst du im Sinne von: "Die haben uns reif geschossen"? Oder im Sinne von: "Das ist super sinnvoll für uns und Euro-Bonds werden genauso sicher sein wie deutsche Staatsanleihen"?


    Ich lehne jegliche gemeinsame Haftung ab, da manche unserer Nachbarn schon immer jeglichen Handlungsspielraum zu ihren Gunsten ausgenutzt haben (siehe 110% Förderung in Italien). Denen ist egal, ob sie damit den Euro zerstören, die nutzen gnadenlos alles was geht aus und fordern immer noch mehr.

    Vor einem Jahr wäre ich noch strikt gegen Eurobonds gewesen.

    Jetzt erinnert mich die Situation an den Film "2012", wo US Amerikaner über die Grenze nach Mexiko geflüchtet sind, um der Katastrophe zu entgehen, wenn man sich im o.g. Video ansieht, wo Frankreich und Deutschland stehen - im Vergleich zu Südländern wie Spanien, Portugal und Griechenland.

  • Eurolandbonds, nicht Eurobonds... Politiker und selbsternannte Produktplatzierer/Verkäufer/Infuencer sind nicht gut in Wortefinden, siehe zB Public Viewing, Bodybag & Co.

    Eurobonds und den dazugehörigen Eurobondmarkt gibt es schon seit annähernd 60 Jahren. Lediglich in Finanzfachpublikationen und bei bestimmten Handelsblatt-Autoren wird der Unterschied klar eingehalten und gemacht.

    Für die seit Jahrzehnten bestehenden Eurobonds gibt es bestehende Regularien und Gesetze... wenn dann finanzwissenunbeleckte Politiker neue Vorgaben unter Verwendung des Begriffes Eurobond erlassen, wird das Chaos perfekt sein...aber da diese meist von Lobbyisten geschrieben werden, hoffe ich auf etwas Finanzmarktwissen.

    Wenn also jemand den einen oder den anderen Begriff verwendet, kann man diesen und die gemachten Aussagen schon grob in eine Schublade stecken

    Desweiteren gibt es schon Eurolandbonds seit Corona und seit letztem Jahr in noch größerem Stil über das NextGen-Programm in Billiinenhöhe.

  • Bei "Rene will Rendite" hört es sich so an, als ob Deutschland jetzt in einem Zustand ist, wo es Eurobonds eher zustimmen könnte:

    Wieso "zustimmen könnte" ?


    In praxi und von der Wirkung her gibt es (sozusagen inoffiziell) längst "Eurobonds" im Sinne einer Art der "gemeinsamen Haftung": Angefangen von der gigantischen sprich Billionen schweren EZB-Bilanz (in der die aufgekauften Staatsanleihen drinhängen; hierbei haftet gemäß dem Kapitalschlüssel Deutschland mit der größten Prozentzahl aller Euroländer) über die Target2-Salden (unbesicherter Kredit an andere Länder in Billionenhöhe) bis hin zu den ganzen Rettungsschirmen samt Bürgschaften (implementiert mit der Eurokrise).


    Auch der sog. "EU-Wiederaufbaufonds" (Hintergrund: Coronakrise) ist - in praxi und de jure - die erste (und zwar ganz offizielle) gemeinsame Verschuldung der real existierenden EU. Die EU-Verträge sehen auch diesbezüglich das exakte Gegenteil vor - gem. Art 311 AEUV (als Verbot einer gemeinsamen Verschuldung) ist der EU-Haushalt ausnahmslos aus Eigenmitteln zu bestreiten - und gerade und explizit nicht aus gemeinsamer Verschuldung.


    Nur am Rande aber genau in dem Kontext: Herr Draghi - der die EU laut seinem jüngsten Gutachten in einer Art "Existenzkrise" und "Todeskampf" sieht (das sehe ich bezüglich des Euro seit 1999 so) - hat kürzlich in besagtem Gutachten vorgeschlagen daraus (EU-Wiederaufbaufonds) eine neue, gemeinsame und dauerhafte Verschuldung der EU zu machen. Prof. Otmar Issing (der als Architekt des Euro gilt und acht Jahre Chefökonom der Deutschen Bundesbank und danach acht Jahre Chefökonom der EZB war) meinte dazu nur: "Was Herr Draghi als Analyse anbietet, ist erschreckend aber nicht neu. Was er als Lösung anbietet, ist nicht neu aber erschreckend" ... Dem ist aus meiner Sicht in Sachen Bewertung des Vorschlags von Herrn Draghi nichts hinzuzufügen. Auch im Sinne des Setzens von (immer weiteren) Fehlanreizen samt Aushebelung der EU-Verträge.


    Die Tragik an der ganzen Sache des Euro-Dilemma ist schon konstruktionsbedingt der verhängnisvolle Ansatz der einerseits zentralisierten und einheitlichen supranationalen Geldpolitik (für 20 Länder) von und bei der EZB - bei parallel aber weiter einer Fiskalpolitik (der 20 Länder) auf der rein nationalen Ebene liegend.


    Eine schon konzeptionell höchst fragile Angelegenheit, wenn es sich noch dazu (wie in der Eurozone) um sehr unterschiedliche, teilweise sogar disparate, Länder handelt was die Wirtschafts-, Finanz- und Fiskalpolitik aber auch das Währungsverständnis (Hart- versus Weichwährungsmentalität) - betrifft. Die denknotwendig noch fragiler wird, wenn man sich vom ersten Tag an nicht an die gemeinsamen diesbezüglichen EU-Verträge hält (Stichwort: Vertrag von Maastricht und Maastricht-Kriterien - um nur ein Beispiel zu nennen).


    Dazu kommt erschwerden: Viele Länder (typisches Beispiel: Frankreich) erwarten wie selbstverständlich, daß eine EZB sie "rauspaukt" (via Anleihekäufe), wenn die Zinsen für ihre Staatsanleihen steigen (Gläubiger verlangen höhere Zinsen als Risikoaufschlag wegen unsolider Haushaltspolitik und/oder immer höherer Verschuldung) und das daher in Sachen Schuldentragfähigkeit unangenehm wird (obwohl dies gem. Art. 123 AEUV explizit verboten ist - "Verbot der monetären Staatsfinanzierung durch die EZB") - Frankreich "verbietet" sich aber gleichzeitig wie selbstverständlich jede Einmischung in das Königsrecht ihres Parlaments sprich das Budgetrecht (Haushaltsplanung). Ein unauflösbarer Widerspruch.


    Da die EZB damals (2012) dem Euro nicht beim Platzen zuschauen wollte - als die Spreads sprich Zinsaufschläge für die unterschiedlichen Länder massiv auseinanderliefen (ohne Euro hätte es ja auch keine EZB mehr gebraucht ...) - begann sie eben im Sinne des Draghischen "Whatever it takes" (also koste es, was es wolle) mit massiven Staatsanleihekäufen, um die Zinsen auf die Anleihen der betroffenen Länder wieder zu drücken und das Platzen des Euro zu vermeiden (obwohl Art. 123 AEUV eine solche Staatsfinanzierung durch die EZB explizit verbietet).


    Nur am Rande: Eines der vielen weiteren Probleme auf der unteren und profanen rein praktischen Ebene: Wäre ich im EZB-Rat (da sei Gott vor ...) wüßte ich auch nicht, wie ich eine passende sprich adäquate Geldpolitik machen sollte für ein Land wie Irland mit einer aktuellen Inflationsrate von 0,2% und gleichzeitig Belgien mit einer aktuellen Inflationsrate von 4,5% mithin also einer Inflationsrate um dem Faktor 22,5 höher als in Irland ... Für beide Länder gibt es nur einen Einheits-Leitzins der EZB ... Im Vergleich zu den oben angedeuteten strukturellen Problemen aber nur noch eine Petitesse.

  • Eurolandbonds, nicht Eurobonds...

    Mit der sprachlichen Unterscheidung (bezüglich der Euromarkt-Anleihen) liegst Du aus meiner Sicht richtig (siehe den EU-Wiederaufbaufonds bzw. das EU-Next-Generation Programm als echte Eurobonds (gesamtschuldnerische Haftung) im Sinner einer offiziellen gemeinsamen Verschuldung der EU). Umgangssprachlich hatte sich aber offensichtlich die Terminologie "Eurobonds" als Synonym für "gemeinsame EU-Verschuldung" etabliert. Habe ich so auch selbst schon von Fachleuten und Finanzexperten gehört. Auch wenn das keine präziser Formulierung ist.


    In Sachen Kreditwürdigkeit (Bonität und daraus resultierende Spreads) bin ich da bezüglich der EU-Anleihen eher skeptisch. Es erscheint mir mehr als fraglich, ob diese jemals eine Art "Safe Asset" wie US-Treasuries werden könnten.


    Um den Autor (Friedrich Heinemann - aus einer jüngsten Studie (ZEW, Mannheim; "Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung") zu zitieren: "Die Hoffnungen die EU-Anleihen könnten ein über alle Zweifel erhabenes "Safe Asset" schaffen, haben sich nicht erfüllt. Daran werde sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern. Die EU bleibe auf den Rückzahlungswillen ihrer Mitgliedsstaaten angewiesen. Ihre Kreditwürdigkeit leite sich aus der Bonität der nationalen Garantien für die EU-Schulden ab. "Safe Assets" stellen allenfalls die Papiere Deutschlands oder der Niederlande dar".


    Anmerkung meinerseits: Und selbst schon da beträgt der Spread bei der 10-jährigen Staatsanleihe 28 Basispunkte (im Vergleich Deutschland vs Niederlande). Der Spread von Deutschland zur EU und deren Anleihen liegt dann bei schon 63 Basispunkten - und die EU damit nur knapp besser als beispielsweise ein Land wie Zypern (Spread 73 Basispunkte zu deutschen 10-jährigen Staatsanleihe).


    Die steigenden Zinsen auf solche EU-Anleihen dürften generell ein Problem sein. Die EU-Kommission hatte zu Beginn des Corona-Programms nur mit einem Anstieg der Verzinsung von 0,55% in 2021 auf 1,15% im Jahr 2027 kalkuliert. Aktuell liegen die Zinsen aber bei 2,5 bis 3%. Das belastet den EU-Haushalt erheblich. Von 2028 an, wenn vertragsgemäß die Tilgung der Corona-Schulden beginnen soll, wächst der Druck. weiter. Nach der Studie des ZEW könnten die Zins- und Tilgungskosten dann etwa 30 Mrd. € betragen, was einem Sechstel des aktuellen EU-Haushalts entspricht. Dazu kommt, daß sich Bonitätsverschlechterungen großer Mitgliedsstaaten (Frankreich, Italien usw.) auf die EU übertragen dürften. Eine neue europäische Schuldenkrise könnte dann auch den Emittenten EU selbst erfassen.


    Jedenfalls macht die eher mittelmäßige Bonität der EU neue und gemeinsame EU-Schulden teurer und damit vermutlich auch etwas unwahrscheinlicher.


    Aber in der EU gilt schon lange das Toyota-Motto: Nichts ist (mehr) unmöglich ...