Verständnisfrage zur Steuererklärung

  • Hallo liebes Forum,


    Ich bin neu hier und in Sachen Steuererklärung leider sehr unwissend.

    Es wird überall erzählt, dass man bis zu 1260€ pro Jahr anrechnen kann. Ich denke aber das man von der Steuer sicher keine 1200€ zurück bekommt. Könnt ihr mir sagen wieviel man anteilig direkt von der Steuer zurück bekommt?


    Vielen Dank und sorry ich verstehe sehr wenig von der Steuererklärung


    Viele Grüße

    Sebastian

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Lieber Sebastian,


    so wie du das schreibst hast du keinerlei Ahnung vom Steuersystem..

    Das meine ich rein sachlich und neutral.

    Wenn du bisher noch nie eine Steuererklärung abgegeben hast bzw. musstest würde ich dir einfach deinen örtlichen Lohnsteuerhilfe-Verein empfehlen.

    Das kostet nicht die Welt und du erfährst dann auch die Systematik.


    Bist du in einer Kirche, die Kirchensteuer abziehen lässt?

    Hast du einen langen Arbeitsweg?

    Spendest du irgendwas im Jahr ? Z. B. Brot für die Welt oder Fluthllfe etc. ?


    Dann bekommst du auf jeden Fall etwas zurück. Die Höhe lässt sich anhand des Grenzsteuersatzes abschätzen..

    Zahlst du bei einer Lohnerhöhung von 100 Euro z.B. 35 Euro mehr Lohnsteuer würdest du diesen Betrag zurück erhalten, wenn du z.B. 100 an jemand spendest.

  • Wenn du uns erklärst für was du die Summen zurückbekommen möchtest, können wir vielleicht antworten. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten bei der Steuer etwas anzugeben, was dann mit einer Rückzahlung belohnt wird.

  • All das, was du anrechnest, wird von deinem zu versteuernden Einkommen abgezogen.

    Beispiel - du verdienst in deinem Job 50000 € im Jahr. Davon zieht der Arbeitgeber direkt die Lohnsteuer (und einiges anderes) ab und zahlt dir das Geld aufs Konto.

    Wenn du jetzt diese 1260 € anrechnest, hast du ein Einkommen von nur noch 48740 €. Darauf fallen weniger Steuern an als auf die ursprünglichen 50000 €.

    Die Differenz an Steuern bekommst du zurück und das ist in der Tat weniger als die 1260 €.

  • Ich bin neu hier und in Sachen Steuererklärung leider sehr unwissend.

    Keine Ahnung zu haben ist nicht schlimm - so haben alle mal angefangen.

    Keine Ahnung behalten ist schlimm. Aber dagegen kann man ja was machen.


    Richte bitte Deine Schritte zur nächsten (Online-)Buchhandlung und besorge Dir folgendes Buch: Fabian Walter - Sei doch nicht besteuert.


    Es ist gerade eine Neuauflage in der Mache, die brauchst Du aber nicht unbedingt. Du willst ja erst einmal die Prinzipien der Steuer (und der Steuererklärung) begreifen. Dafür reicht auch eine ältere Auflage. Ich würde allerdings nicht im Oktober 2024 volles Geld bezahlen für ein Buch, das im Januar 2025 neu aufgelegt wird. Aber vielleicht bekommst Du ja für kleines Geld ein Altauflage z.B. bei einem bekannten Online-Buchhändler. In der Altauflage stimmen die Beträge nicht mehr (ganz), denn die werden im Steuerrecht jedes Jahr neu festgelegt. Was aber Werbungskosten sind und ähnliche Dinge, das wird Dir dort genauso erklärt wie in der Auflage, die im Januar 2025 auf den Markt kommt.

  • Hallo zusammen,

    Vielen Dank für eure Antworten.

    Ich habe tatsächlich keine Ahnung davon und habe mich die Jahre eher davor gedrückt.


    Mir wird aber in letzter Zeit immer mehr klar, dass das Unsinn war und würde mich entsprechend einarbeiten wollen.


    Ich habe mit einem Steuertool von Check24 angefangen und war verwundert, über die Rückzahlung.


    Ein Beispiel:

    Ich habe 2024 dauerhaft im Home Office gearbeitet und hatte mich gewundert, warum die Summe kleiner ist 1260€, ich denke da wird nur ein prozentualer Anteil zurücküberwiesen, richtig?


    Viele Grüße

    Sebastian

  • @Karrelgott


    "Anrechnen lassen" heißt nicht "bekommt man zurück" als Steuererstattung.


    Angenommen du spendest 100 Euro an eine gemeinnützigen Organisationen, dann könntest du diese 100 € steuerlich geltend machen.


    Angenommen dein Steuersatz läge bei 20 %, würdest du, vereinfacht gesagt, die 100 € nicht versteuern müssen. Allerdings bekommst du deshalb nicht genau 20 € zurück erstattet.


    Das liegt u.a. daran, dass es ein Freibetrag 11.604 € pro Jahr (2024) gibt. D.h. für die "ersten 11.604 €" zahlst du praktisch erstmal keine Steuern.


    Es gibt noch den sog. Grenzsteuersatz, der quasi am oberen Ende des Einkommens relevant wird. D.h. angenommen du erhältst von deinem Arbeitgeber 100 € mehr Gehalt, in dem Fall gehen nicht 20 € von der Gehaltserhöhung ab, sondern etwa 35 € an Einkommensteuer, weil dein Grenzsteuersatz dann bei etwa. 35 % liegt.


    Solche Steuer-Tabellen kannst du dir hier erzeugen:


    Einkommensteuertabelle online


    Btw., 1260 € ist wohl der Wert, denn man bei einer HomeOffice Tätigkeit ansetzen kann.


  • Ich denke aber das man von der Steuer sicher keine 1200€ zurück bekommt

    Dabei handelt es sich wahrscheinlich um den Werbungskostenpauschbetrag, der automatisch vom FinA angerechnet wird. Werbungskosten geltend zu machen, macht nur dann Sinn, wenn man diesen Pauschbetrag überschreitet, z.B. durch hohe Fahrtkosten.


    Funktionieren tut das so, dass die 1200 EUR vom Einkommen abgezogen werden und auf das resultierende zu versteuernde Einkommen wird dann die zu entrichtende Steuer berechnet. Man bekommt also keine 1200 EUR "zurück".

  • Es gibt im Steuerrecht 7 Einkunftsarten:


    Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft

    Einkünfte aus Gewerbebetrieb

    Einkünfte aus selbständiger Arbeit

    Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit

    Einkünfte aus Kapitalvermögen

    Einkünfte aus Vermietung + Verpachtung

    Einkünfte aus Sonstige


    Das Steuerrecht kennt den Grundsatz, dass alle Ausgaben steuermindernd berücksichtigt werden können die im Zusammenhang mit der Erziehung von steuerpflichtigen Einnahmen in Verbindung stehen.


    Beispiel: Du bist in einem Dienstverhältnis und beziehst Arbeitslohn. Die Fahrtkosten die du hast von deiner Wohnung zur Arbeitsstätte kannst du steuermindernd berücksichtigt da diese im Zusammenhang mit der Erzielung von steuerpflichtigen Einnahmen steht.


    Desweiteren werden noch weitere Ausgaben berücksichtigt aus bestimmten und besonderen Gründen wie eben Spenden, Krankheitskosten oder Handwerkerleidtungen.


    So werden von den Handwerkerleistungen 20 Prozent des in der Rechnung ausgewiesenen Arbeitslohns als Steuerermäßigung nach Paragraph 35a ESTG abgezogen (bis maximal 1.200 Euro) sofern die Rechnung per Überweisung oder Eintugsermächtigung bezahlt.


    All diese Ausgaben mindern die zu zahlende Steuer. Von daher ist es natürlich möglich Erstattungen zu erhalten. Auch im vierstelligen Bereich.


    Nur bedenke dass um etwas anteilig von der Steuer zurück zu bekommen du erstmal im voraus Ausgaben gehabt haben musst und das in voller Höhe.


    Soviel zum Steuerrecht in Kürze für Laien.

  • Ich finde den Impuls von Karrelgott klasse.


    Mir selber bringt er nichts, dazu stecke ich zu tief im Thema. Aber das ist es ja immer: Da macht man etwas zwanzig oder dreißig Jahre oder so immer wieder - schon kann man das!


    Aber wie hat man selbst damit angefangen? Oder wie bringt man das jemand bei, der wirklich bei 0 anfängt? Keine Ahnung. Ich kenne keine Erklärung, die wirklich bei 0 anfängt. Die paar Leute, die es oben versucht haben, dürften über den Kopf des Threadstarters hinweg geschrieben haben.


    Der Autor Fabian Walter (Steuerfabi) ist mir in der Vergangenheit schonmal über den Weg gelaufen. Er macht auch Youtube-Videos, aber leider keinen Blog. Immerhin hat er das genannte Buch geschrieben. Die Leseprobe bringt (wie immer) das Inhaltsverzeichnis, das mir vielversprechend erschien. Das Buch gab es bei Amazon in der aktuellen, aber bald veralteten Ausgabe für 2,95 €, also habe ich mir das bestellt. Das nächste Exemplar kostet 4,50 €. :) Bin mal gespannt, was drinsteht.

  • Hallo zusammen :)

    Oh man ich wusste nicht, dass ich mit meiner Frage so viele Antworten bekomme dafür bedanke ich mich schonmal sehr :)


    Die Buchempfehlung ist sehr gut und werde ich kaufen.


    Ich merke dass das Steuerthema riesig groß und kompliziert ist aber ich muss mich einarbeiten ich denke selbst als normaler Arbeiter geht da viel Geld flöten. Mein einziges "Wissen" was ich dazu habe ist ein Buch mit Tipps für Steuererklärungen, mehr aber auch nicht.

    Mich interessiert auch warum sich ein System verhält wie es sich verhält. Ich denke dann habe ich den Mechanismus verstanden.

    Vielen Dank für die vielen Kommentare!

    Sebastian :thumbup:

  • Oh man ich wusste nicht, dass ich mit meiner Frage so viele Antworten bekomme dafür bedanke ich mich schonmal sehr :)

    Dies hier ist der Stammtisch, und da freut man sich immer, wenn einer ein neues Thema aufbringt.


    Deine Frage klingt einfach, aber sie ist nicht doof. Ich weiß einigermaßen, wie das geht mit der Steuer (zumindest auf meinem Arbeitnehmerniveau), weil ich das lang genug mache. Aber wie erklärt man einem, der von der Steuer keine Ahnung hat, wie die Sache funktioniert?


    Ich habe das Buch (noch) nicht, das ich oben erwähnt habe. Aber mir hat das Inhaltsverzeichnis gefallen. Einer wollte 2,95 € dafür (und 3 € Porto, bei Amazon kommt das bei Gebrauchtbüchern immer dazu), also habe ich es mir bestellt. Ich würde (wie oben geschrieben) die aktuelle Auflage jetzt nicht mehr zum vollen Preis kaufen, sondern mir ein Gebrauchtbuch kaufen. Andererseits willst Du Deine Antwort ja jetzt. Bis die Neuauflage im Januar auf den Markt kommt, willst Du ja nicht warten.

    Ich merke, dass das Steuerthema riesig groß und kompliziert ist, aber ich muss mich einarbeiten.

    Das ist nicht so schlimm, echt nicht, gerade für einen Arbeitnehmer nicht. Ich bin mit meiner eigenen Steuererklärung fast bis auf den berühmten Bierdeckel herunter.

    Ich denke selbst als normaler Arbeiter geht da viel Geld flöten.

    Ich glaube das noch nicht einmal. Die Leute fahren irre Distanzen zum Arbeitsplatz heutzutage. Das kostet eine Menge Geld und nur ein kleiner Teil davon kommt vom Finanzamt wieder. Aber darüber freuen sich die Leute wie die Schneekönige. Besser ist es immer, Du hast überhaupt keine Ausgaben. Das ist besser, als daß Du etwas von der Steuer absetzen kannst.

    Mein einziges "Wissen" was ich dazu habe ist ein Buch mit Tipps für Steuererklärungen, mehr aber auch nicht.

    Auch das hilft Dir schon.


    Ok. Du bist Arbeitnehmer? In Ordnung. Das ist einfach. Wir nehmen mal an, daß Du ledig bist, bei verheirateten ist es schwieriger, grundsätzlich alles doppelt. Bei Leuten, die Kinder haben, auch. Aber das kann man hinterher draufsatteln, wenn Du mal weißt, wie das bei Einzelmenschen geht.


    Irgendwelche Sonderlocken lasse ich weg, die kannst Du auch hinterher draufsatteln.


    Hol Dir mal Deinen letzten Lohnzettel her, zum Vergleich.


    Du bekommst von Deinem Arbeitgeber ein Gehalt, sagen wir mal 3000 €. Man nennt das Bruttogehalt, das steht oben auf Deinem Lohnzettel. Ganz unten steht eine sehr viel kleinere Zahl, nämlich das Nettogehalt, das ist erheblich kleiner. Das ist das, was letztlich bei Dir auf dem Konto ankommt.


    Verschiedenste Körperschaften wollen Geld von Dir, namentlich die deutsche Rentenversicherung, Deine Krankenkasse (die gleich auch Pflegekasse ist) und die Arbeitslosenversicherung. Die nennt man Sozialabgaben. Andere Abgaben sind möglich, die lasse ich hier aber mal weg, zu kompliziert. Die könnten wir nachher noch einbauen.


    Auf Deinem Lohnzettel steht auch die Lohnsteuer, das ist die Steuer, die für Dein Einkommen fällig wird angesichts der Sachen, die Dein Arbeitgeber schon weiß.



    Unser Steuersystem ist progressiv. Das heißt: Wer viel verdient, zahlt mehr als der, der weniger verdient. Das ist schonmal klar: Wenn jeder sagen wir mal 10% Steuer zahlt. Dann zahlt der, der 1000 € verdient, 100 € Steuer, und der, der 5000 € verdient, 500 € Steuer. Das ist mehr - aber das ist nicht gemeint. Wenn das so wäre, wäre die Steuer proportional. Im deutschen Steuersystem zahlt der, der mehr verdient, auch prozentual mehr.


    Schau Dir mal diese Kurve hier an! Erstmal die gestrichelte Linie. Da zahlt man bis etwa 10.000 € Einkommen überhaupt nichts. Bitte hänge Dich nicht an die genauen Zahlenwerte, ich vereinfache das hier. Für die nächsten 100 € zahlst Du 14% also 14 € - nicht auf alles, sondern auf diese letzten 100 €. Wenn Du diese 14 € auf Dein ganzes Einkommen beziehst, sind das 14 € von 10014 €, also gerade mal 0,14%. Wenn Du mehr verdienst, rutscht der Steuersatz graduell auf etwa 24% (das erreichst Du bei etwa 17.000 €), dann macht die gestrichelte Linie einen Knick. Der Steuersatz steigt weiter an, aber langsamer bis etwa 67.000 €. Dort beträgt er 42%. Von dort aus geht es erstmal gerade weiter. Das ist der Steuersatz für die letzten Euros (Nicht den letzten Euro nebenher, sondern für die letzten Euros. Führt zu weit hier!). Man nennt diesen Steuersatz den Grenzsteuersatz.


    Rechnest Du die Steuer bis dahin zusammen, kommt allerdings weniger heraus. Das kannst Du an der durchgezogenen Linie ablesen. Das ist der Durchschnittssteuersatz. Peil mal von den 66.761 € (für 2024) herunter auf die gelbe Linie! Da bist Du bei etwa 26%.


    Was heißt das? Wenn Du 67.000 € versteuern muß, zahlst Du etwa 17.500 € Einkommensteuer im Jahr, also etwa 26%. Legt Dein Chef allerdings 100 € für Überstunden drauf, zahlst Du dafür nicht 26 €, also 26 % mehr, sondern 42 € oder 42% mehr.


    Bist Du noch da? Prima. Das ist das Wesen eines progressiven Steuertarifs.



    Jetzt springe ich wieder nach oben, zu Deinem Bruttogehalt und den Sozialabgaben.


    Der Staat sagt: Steuer wird auf das fällig, was tatsächlich bei Dir ankommt. Das Geld für den Rentenbeitrag und die Krankenkasse kommt aber überhaupt nicht bei Dir an, das wird ja gleich vorher abgezogen. Das Geld für die Arbeitslosenkasse kommt auch nicht bei Dir an, das kannst Du aber in aller Regel nicht mehr absetzen. :( Unlogisch, ist aber so.


    Jetzt hol Dir mal Deinen letzten Steuerbescheid her. Dort findest Du eine lange Rechnung. Oben steht Dein Bruttogehalt, dann der Renten- und der Krankenkassenbeitrag. Das wird vom Bruttogehalt abgezogen. Irgendwo einigermaßen unten findest Du die Rubrik zu versteuerndes Einkommen. Davon wird die Steuer schließlich berechnet, nicht von Deinem Bruttoeinkommen. Bei den meisten Leuten liegt das Bruttoeinkommen ganz deutlich über dem zu versteuernden Einkommen, einige tausend Euro Unterschied sind das immer.


    Ein Arbeitgeber weiß das alles bis hier auch. Wenn Du ein gleichmäßiges Einkommen hast, rechnet er Dir die Steuer so aus, daß am Jahresende die Summe stimmt. Die Steuer, die der Arbeitgeber ausrechnet und abzieht, die auf dem Lohnzettel steht, heißt Lohnsteuer. Sie ist eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer, die hinterher bei der Steuererklärung herauskommt. Wenn Dein Steuerfall so einfach ist wie bis hierher geschildert, ist das prima für Dich. Du kannst Dir dann nämlich die Mühe einer Steuererklärung sparen.


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    "Halt, halt!" sagst Du, "mein Fall ist nicht so einfach! Mein Arbeitsweg ist 20 km lang. Ich habe mir sagen lassen, das könne ich absetzen. Was heißt das überhaupt - absetzen?"


    Ich habe oben geschrieben, daß Du das versteuern mußt, was bei Dir ankommt. Wenn man es so will, kommen die Fahrtkosten ja nicht bei Dir an, das sind Ausgaben, die Du nur deswegen hast, weil Du zum Arbeitsplatz kommen mußt. Alles das, was Du für Deine Arbeit brauchst, also alle berufsbedingten Ausgaben, schreibst Du zusammen auf eine Liste. Bei den meisten Leuten sind die Fahrtkosten der größte Posten, aber auch etwa Gewerkschaftsbeiträge, Arbeitshosen (wenn Du die selber beschaffen mußt) oder sogar der Bleistift, den Du in der Arbeit brauchst. All das nennt man Werbungskosten. Total bescheuerte Bezeichnung, hat schließlich nichts mit Werbung zu tun, heißt aber so.


    Diese Werbungskosten kannst Du absetzen, das heißt: von Deinem zu versteuernden Einkommen abziehen, subtrahieren. Logischerweise machst Du das nicht selber, sondern Du schreibst die entsprechende Zahl in Deine Steuererklärung, dann zieht das Finanzamt das ab. Aber die Mathematik ist so: Werbungskosten werden (wie die Sozialabgaben) vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Allerdings: Im Tarif sind 1230 € für diesen Zweck bereits vorgesehen. Das Finanzamt (und auch schon Dein Chef) geht automatisch davon aus, daß Du im Laufe eines Jahres 1230 € für Deinen Beruf ausgibst. Heißt für Dich: Gibst Du das oder weniger aus, kannst Du Dich freuen, daß Du Geld gespart hast, aber eine Auswirkung bei der Steuer hat das nicht. Wenn Du 2000 € Werbungskosten hast, berücksichtigt das Finanzamt die. Aber nur die 770 € extra wirken sich aus, weil der Rest ja schon regelmäßig berücksichtigt wird.


    Wie aber wirkt sich das aus? Schau nach oben zum Wort Grenzsteuersatz. Du zahlst von zusätzlichem Einkommen (etwa Überstunden) graduell einen immer höheren Steuersatz, bis Du bei 42% bist. Das geht jetzt rückwärts, wenn Du etwas absetzen kannst. Du zahlst dann nicht den durchschnittlichen Steuersatz weniger (also die obengenannten 26 € für 100 €, die Du absetzen kannst), sondern den Grenzsteuersatz, also 42 € Steuer weniger für 100 €, die Du absetzen kannst.


    Wenn Du Homeoffice machen darfst, sparst Du Dir natürlich den Fahrweg, dafür brauchst Du zuhause Strom und Heizung und vielleicht auch Miete für ein Arbeitszimmer. Das wird pauschal berechnet, pro Tag kannst Du dafür 6 € Kosten angeben, ohne daß Du jetzt Belege oder so liefern mußt. Das geht bis 210 Tage pro Jahr, zusammen 1260 €. Die Zahl ist ganz ähnlich wie die 1230 € oben, hat aber damit nicht direkt etwas zu tun. Allerdings: Solltest Du tatsächlich 210 Tage Homeoffice machen, sind die oben genannten 1230 € übervoll und jeder Bleistift, den Du aus beruflichen Gründen brauchst, wirkt sich steuerlich aus.


    Was habe ich Dir jetzt erklärt?

    - daß unser Steuersystem progressiv ist und was daß bedeutet

    - daß man (wenn man ganz wenig verdient) überhaupt keine Steuer zahlt

    - was ein Grenzsteuersatz und was ein Durchschnittssteuersatz ist

    - was "absetzen" bedeutet

    - was Werbungskosten sind


    Das ist zugegebenermaßen nur ein erster Eindruck. Ich kann hier in einem Posting natürlich nicht all das erklären, worüber andere Bücher schreiben. Meine Darstellung ist auch nicht bis ins Würzelchen genau, also bitte nicht an Details herumkritisieren.


    Ich wollte einen ersten Überblick geben und hoffe, daß mir das gelungen ist.


    Meine Steuererklärung ist ganz einfach geworden. Eigentlich könnte ich sie mir sogar (legal!) schenken. Man muß dem Finanzamt nur das berichten, was es noch nicht weiß - und diesbezüglich läuft hinter den Kulissen eine ganze Menge. Das Finanzamt weiß, was Du verdienst und alle Sozialabgaben. Das Finanzamt weiß aber nicht, daß Du Dir Arbeitsschuhe gekauft hast. Das mußt Du ihm melden, wenn Du möchtest, daß Du dafür keine Steuer bezahlst, die Kosten also absetzen willst.


    Völlig weggelassen habe ich die Besteuerung von Kapitalerträgen - die hier im Forum natürlich ein Thema ist. Die ist aber auch einfach geworden, solange Du nur inländische Anlagen hast. Da führt die Bank die passende Steuer ab, und das war es dann. In vielen Fällen braucht ein Kapitalanleger seine Kapitalerträge (legal!) nicht mehr in der Steuererklärung anzugeben.


    tl;dr :)


    Siehste: Die Nachricht ist zu lang geworden! Deswegen habe ich sie teilen müssen.

  • Heißt für Dich: Gibst Du das oder weniger aus, kannst Du Dich freuen, daß Du Geld gespart hast, aber eine Auswirkung bei der Steuer hat das nicht. Wenn Du 2000 € Werbungskosten hast, berücksichtigt das Finanzamt die. Aber nur die 770 € extra wirken sich aus, weil der Rest ja schon regelmäßig berücksichtigt wird.

    Wenn man mehr als die 1230 EUR Werbungskosten hat (meist aufgrund des Fahrtweges) lohnt es sich weitere Werbungskosten anzusetzen. Hat man keine konkreten Belege, kann man versuchen im Rahmen von Nicht-Beanstandungsgrenzen ein paar Pauschalen unter zu bringen, die helfen auch ohne Nachweis noch ein paar Euro zu sparen. Je nach Beruf können da noch weitere dazu kommen. Ansetzen kann man es ungeniert, der Sachbearbeiter wird es ggf. ablehnen. Das akzeptiert man dann eben ... (einen Rechtsanspruch hat man nicht). Wie da wären:


    - Telefon-/Internetkosten: 240 EUR (vgl. BFH-Beschluss vom 16.06.2010, VI B 18/10, BFH/NV 2010 S. 1810)

    - Kontoführung: 16 EUR

    - Arbeitsmittel: 110 EUR


    Dazu kommen ggf. Reinigungskosten bei Berufskleidung oder Verpflegungsmehraufwendungen bei Dienstreisen sowie Kosten für Fort- und Weiterbildung (im beruflichen Zusammenhang) soweit nicht vom Arbeitgeber erstattet.


    Disclaimer: Keine Steuerberatung nur Infos aus eigener Erfahrung.

  • Ich merke dass das Steuerthema riesig groß und kompliziert ist aber ich muss mich einarbeiten ich denke selbst als normaler Arbeiter geht da viel Geld flöten.

    Wenn du nur das Gehalt von deinem Arbeitgeber hast und dazu evtl. noch ein paar Kapitalerträge und auf der Ausgabenseite den Weg zum Arbeitsplatz und dazu noch ein paar Versicherungen, ist das nicht soooo kompliziert. Und v.a. bleibt das relativ stabil über die Jahre, man muss nur die Beträge anpassen.

    Eine Software für 5 € beim Discounter, die es jedes Jahr im Dezember gibt, hilft schon viel, weil sie eingangs ein paar Fragen stellt (um das gesamte Szenario zu bewerten - also ob angestellt oder selbstständig usw) und dann nur noch die Details abfragt, die zum Szenario passen. Und die fragt überall, wo es Pauschalen gibt, ob die eingetragen werden sollen.

    Letztlich musst du selbst heraufinden, wie viel Aufwand du investieren willst und ob der im Verhältnis zum Ertrag steht. Ich stecke ca. 90 Minuten Aufwand rein und bekomme einen ordentlichen 4stelligen Betrag zurück. Das finde ich ok.
    Ich könnte zum Steuerberater, aber wenn der nicht das, was er mir in Rechnung stellt zusätzlich als Erstattung herausholt, lohnt sich das nicht. Vielleicht holt er noch 50 € raus, aber das deckt seine Rechnung nicht und deswegen mache ich es nicht.