Dr.Walz und das nachgewürzte ETF-Depot

  • Überzeugt das Argument denn nicht?

    Du meinst die Gegenargumente im Video zur zugrundeliegenden These („nicht breit diversifiziert“)? Wenn es so gemeint ist: Nein, mich überzeugt es nicht.

    Klar, nach Marktkapitalisierung gewichtete Indices und Fonds haben Vorteile. Am herausragendsten ist in meinen Augen, dass sie schlank und elegant rebalancen: nämlich automatisch. Sie tun automatisch das im Kleinen, was der Aktienmarkt im Ganzen macht, und bilden ihn immer ab, ohne dass bspw. Aktien zu- oder verkauft werden müssen. Das lässt sie sehr günstig sein.

    Aber was gerade im MSCI World / FTSE Developed Markets an Konzentration auf die USA und dort auf wenige Werte stattfindet, ist keine breite Diversifizierung. Im MSCI ACWI / FTSE All-World ist es (noch) etwas besser, wird aber auch bedenklich. Es geht m. E. auch gar nicht darum, dass die Konzerne allesamt ihre Geschäfte und Gewinne weltweit machen. Sondern es geht um die generelle Abhängigkeit von ähnlichen und am Aktienmarkt ähnlich laufenden Unternehmen aus ein und dem selben Wirtschaftsraum. Im Sinne eines Risikomanagements geht es da nicht nur um die Frage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass ein schädliches Ereignis eintritt, sondern auch, wie gravierend die Auswirkungen wären, wenn es eintreten sollte. Japan hatte in den 1980ern, wenn ich es richtig weiß, um die 40 Prozent Anteil im MSCI World … schon das hatte langwirkende Effekte gehabt.

  • Du meinst die Gegenargumente im Video zur zugrundeliegenden These („nicht breit diversifiziert“)? Wenn es so gemeint ist: Nein, mich überzeugt es nicht.

    Richtig. Das ganze wirkt auch irgendwie hilflos präsentiert. Diese groteske Sache mit den Magnificent 6 ist der Punkt..,

    Da hat Hartmut Walz genau den Finger in die Wunde gelegt.

    Johan C. S. Sulilatu wirkt auch nicht so wirklich begeistert wie früher.

    Wenn 6 Firmen (die Truppe von Egon Murx zähle ich schon nicht mehr dazu) über 20 Prozent Anteil haben? Ja geht’s noch?

    Ein simples Gedankenspiel:

    Jemand will jetzt 100.000 Euro weltweit ordentlich anlegen.

    Würde der auf einen Schlag sofort 20.000 bis 25.000 Euro in die Firmen Apple, Alphabet, Amazon, Microsoft, Meta und NVIDIA stecken,

    Warum ? Weil es die Firma Morgan Stanley so will?

  • Hab ja das Buch von Charles Ellis "Winning the losers game" gelesen und da wird kurz darauf eingegangen. Er vertritt die Meinung dass Indexing das vernünftige ist was ein Investor machen kann. Und die rationalsten unter ihnen entscheiden sich für die strikte Marktkapitalisierung. Er gibt zu, dass man hier in die Blase hinein läuft. Aber man ebenso an den Aktien "kleben" bleibt, welche die Gewinner von morgen sind. Denn es ist der langfristige Investor der das Spiel gewinnt. Er meinte auch, dass man zwar grundsätzlich bestimmte Marktsegmente übergewichten kann man aber bedenken sollte dass diese Segment ETFs für institutionelle Investoren gedacht sind die für bestimmte Ereignisse zwingend absichern müssen. Das ist bei einem privaten Investor jedoch nicht gegeben. Auch sind diese bestimmte Segmente (zum Beispiel small caps) nicht so effizient, der Investor aber trotzdem besser abschneidet wenn er auch hier indexfonds verwendet statt stock picking.

  • Hallo zusammen,

    genau, Japan hatte mal die Position die jetzt die Staaten haben. Jetzt sind es die Staaten. Irgendwann ist es ein anderes „Land“.

    Hat es dem langfristigen Investor geschadet?

    (Finanztip empfiehlt einige Welt ETFs in den unterschiedlichsten Ausgestaltungen alle richten sich unter anderem nach der Marktkapitalisierung).

    LG

  • Das ist alles richtig. Sehr kritisch sehe ich zum Beispiel die oft vertretende Ansicht, man müsse unbedingt selbst noch zusätzlich EM-ETF „beimischen“. Da reicht in einem weltweit ETF wirklich der Anteil, der dort drin steckt.

    Ellis wurde vielleicht anders denken, wenn ihr die heutige Situation sehen würde,

    Weltweit ist natürlich eine tolle Sache, aber nicht mit diesen sechs oder sieben extrem hochbewerteten Titeln.

  • Gab es die wirklich? Kannst du diese langwirkenden Effekte mal im MSCI World Renditedreieck aufzeigen:

    https://www.dai.de/fileadmin/user…-Dreick_Web.pdf

    Welche Effekte? :/

    Ihr wollt jetzt nicht ernsthaft in Frage stellen, dass das den MSCI World länger negativ beeinfluss hat, oder? ^^

    Im Renditedreick für die Einmalanlage sieht man es eigentlich ganz gut, wie eine 1989er Einmalanlage gelaufen ist. Sechs Jahre hintereinander mit negativem Vorzeichen hat man nicht allzu oft in dem Dreieck. Ihr könnt Euch auch bei zB Curvo anschauen, wie der Kursverlauf des MSCI World ab Mitte/Ende der 1980er ausgeschaut hat und ab wann dann die damaligen Höchststände endlich wieder nachhaltig überschritten wurden.

    Und da haben rund 40 Prozent Japan die Probleme gemacht … der US-Anteil liegt jetzt bei nahezu 75 Prozent.

  • Inzwischen habe ich den Eindruck, dass der MSC World für manche schon so eine Art unantastbares religiöses überhöhtes Ding ist.


    Ich kann nur für die vielen engagierten SparerInnen hoffen, dass die ganze Sache gut geht. Zumindest sollte man sich nicht wundern, wenn das wenigstens in einer Art Sägezahnmarkt ein Jahr oder länger seitlich läuft.

  • Ich kann nur für die vielen engagierten SparerInnen hoffen, dass die ganze Sache gut geht. Zumindest sollte man sich nicht wundern, wenn das wenigstens in einer Art Sägezahnmarkt ein Jahr oder länger seitlich läuft.

    Wer legt denn sein Geld für ein Jahr im Aktienmarkt an? "oder länger" klingt hier auch eher nach wenigen Jahren, nicht aber nach den empfohlenen 10-15.

  • Zumindest sollte man sich nicht wundern, wenn das wenigstens in einer Art Sägezahnmarkt ein Jahr oder länger seitlich läuft.

    Ein Jahr lang seitlich? Stell dir vor, es könnte sogar mal wieder ein oder zwei Jahre nach unten gehen. Die Börse ist nun mal keine Einbahnstraße und das sollte auch jeder Wissen, der in Aktien investiert.

  • Wer legt denn sein Geld für ein Jahr im Aktienmarkt an? "oder länger" klingt hier auch eher nach wenigen Jahren, nicht aber nach den empfohlenen 10-15.

    Ich meinte damit nicht eine Anlage Dauer von einem Jahr, sondern die Möglichkeit, dass sich in diesem Bereich für ein Jahr lang gar nichts mehr tut. Viele erfolgsverwöhnte Menschen. Wird alleine das verrückt machen….

    Es gibt inzwischen auch Produkte, ohne die völlig überbewertet Aktien.

    Amundi versucht natürlich, hier Geld zu verdienen:

    Amundi MSCI USA Ex Mega Cap UCITS ETF | IE000XL4IXU1 | ETF222
    Alle wichtigen Informationen und Vergleiche zum Amundi MSCI USA Ex Mega Cap UCITS ETF (IE000XL4IXU1 | ETF222) – extraETF – Das ETF Portal
    extraetf.com

    Wurde im letzten November aufgelegt und hat jetzt in einem Monat knapp 10 % verloren.

    Hoffen wir mal, dass Amundi das nicht wieder mit irgendetwas verschmilzt…

  • Ihr wollt jetzt nicht ernsthaft in Frage stellen, dass das den MSCI World länger negativ beeinfluss hat, oder? ^^

    Im Renditedreick für die Einmalanlage sieht man es eigentlich ganz gut, wie eine 1989er Einmalanlage gelaufen ist. Sechs Jahre hintereinander mit negativem Vorzeichen hat man nicht allzu oft in dem Dreieck. Ihr könnt Euch auch bei zB Curvo anschauen, wie der Kursverlauf des MSCI World ab Mitte/Ende der 1980er ausgeschaut hat und ab wann dann die damaligen Höchststände endlich wieder nachhaltig überschritten wurden.

    Und da haben rund 40 Prozent Japan die Probleme gemacht … der US-Anteil liegt jetzt bei nahezu 75 Prozent.

    Ja, aber das ist/war doch ein völlig normales (erwartbares!) Verhalten. :/

    Und natürlich, wenn ich wüsste, welche Region/Land die beste Rendite im Zeitraum X liefert, wäre ich ja blöd, wenn ich nicht in diesem Zeitraum 100% in dieses Land/Region investieren würde.

    Nur weiß ich es eben nicht!

    Und natürlich kann ich auch eine von der reinen MCAP der Aktienmärkte abweichende Gewichtung im Depot abbilden. Nur die Chance dabei im Zeitraum X besser/schlechter als mit einer Gewichtung nach MCAP abzuschneiden ist 50/50.

    Ich weiß erstmal nur eine Sache: Die Kosten meiner Geldanlage habe ich zu zahlen. Daher versuche ich die Kosten möglichst klein zu halten.

    1. Ein möglichst kostengünstiger ETF.

    2. Möglichst geringe Transaktionskosten

    3. Möglichst keine Steuerzahlungen durch Umschichtung im Depot.

    Und natürlich kann z.B. ein Kommer ETF oder ein gleichgewichteter MSCI World im Zeitraum X eine bessere Rendite liefern als ein rein MCAP gewichteter ETF. Nur weiß man das eben erst hinterher. Die 0,33% p.a. höheren Kosten habe ich aber 100%ig zu zahlen.

    Zeitraum X = Investitionszeitraum (15 - 80 Jahre).

    Inzwischen habe ich den Eindruck, dass der MSC World für manche schon so eine Art unantastbares religiöses überhöhtes Ding ist.

    Keine Ahnung, welchen Eindruck Du hast. Es ist einfach ein Index. Für mich wäre der Index nicht 'gut genug', weil ich dauerhaft einen Großteil der (Aktien)Welt ausschließe. Daher bevorzuge ich lieber den MSCI ACWI oder FTSE All World.

    Aber auch ein ETF auf den MSCI World ist langfristig 'gut genug' um das Ziel für einen Großteil der Anleger zu erfüllen: Nicht arm sterben.

  • Ja, aber das ist/war doch ein völlig normales (erwartbares!) Verhalten. :/

    Ich sage auch nicht, dass es unerwartet und angesichts der Indexkonstruktion unnormal ist. Gut finde ich es aber dennoch nicht, und deshalb sehe ich eine zu starke Konzentration auf ein Land kritisch. Man soll nicht alle Eier in einen Korb legen … und ich finde es schon zu viel, 75 Prozent der Eier in einen Korb zu legen.

  • … und ich finde es schon zu viel, 75 Prozent der Eier in einen Korb zu legen.

    Allein meine Ansprüche an die GRV summieren sich bei (angedachten) 25 Jahren Bezugszeit schon zu einer ganz schönen Summe auf. Dazu noch mein KLV und meine bAV, die wohl überwiegend in deutschen Staatsanleihen investiert sind.

    Insofern relativiert sich das mit den 75% der Eier in einem Korb dann schon. Und ja, ich wäre auch froh, wenn der US-Anteil an der weltweiten Aktienmarktkapitalisierung kleiner wäre.

    Und aktuell sinkt der US-Anteil ja auch gerade. ;)

    Es ist halt wie es ist.

  • Das ist alles richtig. Sehr kritisch sehe ich zum Beispiel die oft vertretende Ansicht, man müsse unbedingt selbst noch zusätzlich EM-ETF „beimischen“. Da reicht in einem weltweit ETF wirklich der Anteil, der dort drin steckt.

    Ellis wurde vielleicht anders denken, wenn ihr die heutige Situation sehen würde,

    Weltweit ist natürlich eine tolle Sache, aber nicht mit diesen sechs oder sieben extrem hochbewerteten Titeln.

    Auch in dem neuesten Interview sagt er es so. Also ist er sich der Situation bewusst. Es muss natürlich jeder für sich entscheiden.

  • Und natürlich kann ich auch eine von der reinen MCAP der Aktienmärkte abweichende Gewichtung im Depot abbilden. Nur die Chance dabei im Zeitraum X besser/schlechter als mit einer Gewichtung nach MCAP abzuschneiden ist 50/50.

    Da wäre ich mir nicht sicher, dass diese Chance 50/50 ist. Das würde ja heißen, dass es völlig egal ist, wie man gewichtet und jede beliebige Gewichtung in Relation zur Marktkapitalisierung die gleiche Chance auf Erfolg hat.

    Das sehe ich genauso.

    Und ehrlich gesagt, die ca. 60-70% US-Anteil in Welt-ETFs nach Marktkapitalisierung gibt es schon seit vielen Jahren. Trotzdem kommen JETZT plötzlich alle auf die Idee, man müsse "nachwürzen", "umschichten", "die US-Blase reduzieren". Warum bloß? Wenn das nicht Market Timing in Reinform ist, weiß ich auch nicht.

    Ob ein nach Marktkapitalisierung gewichteter ETF am Ende die bestmögliche Variante ist? Man weiß es nicht, und vermutlich ist es für jeden einzelnen Anleger unterschiedlich (je nach Ansparzeiträumen und -beträgen, je nach Anlagezeitraum, je nach Entnahmestrategie). Was ich aber beurteilen kann: Ich kann den Ansatz rational nachvollziehen. Und das fehlt mir, ehrlich gesagt, bei einem irgendwie nach Bauchgefühl "nachgewürzten" Portfolio. Wieso soll Hartmut Walz es besser wissen als der Markt?

  • Ob ein nach Marktkapitalisierung gewichteter ETF am Ende die bestmögliche Variante ist? Man weiß es nicht, und vermutlich ist es für jeden einzelnen Anleger unterschiedlich (je nach Ansparzeiträumen und -beträgen, je nach Anlagezeitraum, je nach Entnahmestrategie). Was ich aber beurteilen kann: Ich kann den Ansatz rational nachvollziehen. Und das fehlt mir, ehrlich gesagt, bei einem irgendwie nach Bauchgefühl "nachgewürzten" Portfolio. Wieso soll Hartmut Walz es besser wissen als der Markt?

    So sieht es aus.

    Ich kann auch den Ansatz von Herrn Kommer mit seinem ETF oder auch den Ansatz von Herrn Weber mit seinem Fonds nachvollziehen. Nur sind die Produkte deutlich teurer ohne dass ich eine Garantie dafür habe, dass diese Ansätze ich den nächsten 30-40 Jahren einen belegbaren Renditevorteil haben werden.

    BTW: Ich habe ja ohnehin noch einen mehr als doppelt so hohen Anteil von Schwellenländern im Depot als rein nach MCAP. Die letzten 5 Jahre war das auf jedem Fall ein Griff ins Klo. Ich werde es ja hoffentlich erleben, dass sich das Investment dann irgendwann nochmal auszahlt. Insofern habe ich schon nachgewürzt als andere noch 100% MSCI World investiert haben. ;)