Direktversicherung (bAV) oder selbst anlegen? Mein Arbeitgeber zahlt 5.000 € pro Jahr

  • Hallo zusammen,

    ich habe schon viel recherchiert, gerechnet und nachgedacht – aber bin immer noch unsicher. Daher würde ich mich sehr über eure Meinungen und zusätzliche Perspektiven freuen!

    Mein Arbeitgeber bietet mir die Möglichkeit, eine Direktversicherung für eine Betriebsrente bei der Allianz (KomfortDynamik) abzuschließen. Dabei würde mein Arbeitgeber 5.000 € pro Jahr (ca. 416 € monatlich) komplett übernehmen – ohne eigenen Beitrag von mir.


    Alternative:

    Ich könnte mir diesen Betrag stattdessen auch auszahlen lassen und selbst anlegen (z. B. in ETFs oder gut verzinstes Tages- oder Festgeld). Da ich über der Beitragsbemessungsgrenze liege, hätte das keine negativen Auswirkungen auf meinen regulären Rentenanspruch.


    Rechnung:

    Bei einem Anlagehorizont von 30 Jahren (bis zur Rente) habe ich den Vergleich mit Steuer- und GKV-Belastungen bei der Auszahlung durchgerechnet:

    • Die bAV lohnt sich, solange der ETF nicht mindestens 2,5 % höhere Rendite pro Jahr erwirtschaftet als die bAV.
    • Der ETF bietet allerdings deutlich mehr Flexibilität, falls sich mein Arbeitgeber ändern sollte oder Projekte wie ein Immobilienkauf Flexibilität erfordern.

    Mein Dilemma:

    Ich tendiere dazu, mir den Betrag lieber auszahlen zu lassen und selbst anzulegen. Trotzdem bin ich unschlüssig, da man überall liest, dass sich eine bAV nur lohnt, wenn der Arbeitgeber "ordentlich was dazuschießt". Das tut er hier ja – und ohne Eigenbeitrag von mir.


    Kennt jemand eine ähnliche Konstellation? Habt ihr Meinungen oder Erfahrungswerte, die mir bei dieser Entscheidung helfen könnten?

    Freue mich auf eure Gedanken und vielen Dank schon im Voraus!

  • Elena H.

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Rechnung:

    Bei einem Anlagehorizont von 30 Jahren (bis zur Rente) habe ich den Vergleich mit Steuer- und GKV-Belastungen bei der Auszahlung durchgerechnet:

    • Die bAV lohnt sich, solange der ETF nicht mindestens 2,5 % höhere Rendite pro Jahr erwirtschaftet als die bAV.
    • Der ETF bietet allerdings deutlich mehr Flexibilität, falls sich mein Arbeitgeber ändern sollte oder Projekte wie ein Immobilienkauf Flexibilität erfordern.

    Was gibt die Allianz denn als Rendite für ihr Produkt an? Wie hoch ist die Rente, die sie basierend auf den 5000 € jährlich garantieren?

    Ein ETF macht 7 % pro Jahr (vor Steuern). Sagen wir ca. 5 % nach Steuern. SV-Beiträge fallen beim Verkauf nicht an. Der ETF hat Verwaltungskosten im 0,x %-Bereich, was schon im ETF enthalten ist.

    Die bAV versteuerst du mit deinem persönlichen Steuersatz (der, wenn du über der Beitragsbemessungsgrenze verdienst und eine entsprechende Rente bekommst), über 25 % liegt. Dazu zahlst du volle KV- Beiträge (zur Zeit über 17 %) darauf. In der Ansparphase nimmt die Versicherung einen ordentlichen Betrag als sog. Verwaltungsgebühren.

  • Dazu zahlst du volle KV- Beiträge (zur Zeit über 17 %) darauf. In der Ansparphase nimmt die Versicherung einen ordentlichen Betrag als sog. Verwaltungsgebühren.

    Nicht zu vergessen auch volle PV-Beiträge, damit also (zur Zeit) über 21 %

    "Unhappy Wife - Unhappy Life!" Roger Murgatroyd, 1977

  • Schau in die Kosten der Versicherung, da liegt der Hase begraben.


    Sparst du 220€ monatlich mit 6% für 30 Jahre selber hast du später knapp 190000€ und daraus kannst du dir über 40Jahre bei 3% monatlich knapp 600€ selber auszahlen.


    Um eine solchen Rente von der Allianz zu bekommen müssten nach Abzügen von Steuern und KV Beiträgen ( Pauschal jetzt einfach mal 30% Abzüge der Rente gerechnet) ca. 900€ Rente rauskommen. Bei einem Rentenfaktor von wohlwollend 25 (25€ monatlich pro 10000€ Vertragsguthaben) müssten somit ca. 360000€ im Allianzvertrag sein.

    Damit 360000€ im Allianzvertrag sein könnten muss die Rendite bei deutlich über 7% liegen.


    Fondsrechner zum Fondssparen


    Machs selber, dann hast du es auch selber in der Hand und kannst mit deinem Geld machen was du möchtest.


    Viel Erfolg bei deinen Finanzentscheidungen.

  • Dein Arbeitgeber bietet Dir eine Direktversicherung an, die er selbst bezahlt. Damit würden um die 400 € monatlich steuerfrei in die Versicherung wandern. Sozialabgaben spielen keine Rolle, Du bist über der Grenze.


    In der Auszahlungsphase wären die Leistungen der Versicherung steuer- und sozialabgabenpflichtig (letzteres spielt für Dich nur eine Rolle, wenn Du GKV-versichert bist, was ich mal annehmen mag.


    Alternative: Du bekommst eine entsprechende Lohnerhöhung, die ist steuerpflichtig, in Deinem speziellen Fall aber sozialabgabenfrei. Ich unterstelle Dir mal die Disziplin, diesen Beitrag selbst regelmäßig wegzusparen. Du hättest daraus also zu Rentenbeginn ein entsprechendes Kapital angespart, das Du dann aufbrauchen könntest. Die Rückzahlung des Kapitals wäre steuerfrei, Du versteuerst dann nur die Erträge. Ob die Krankenkasse davon etwas abhaben möchte, steht in den Sternen, nach aktueller Rechtslage vermutlich nicht.


    Es bleiben zwei weitere Unsicherheitsfaktoren a) in der Ansparphase, b) in der Entsparphase.


    Die Leute hier sind leidenschaftliche Aktien-ETF-Sparer. Die Versicherung ist damit zurückhaltend, die baut eher auf Renten, weil die berechnenbar sind - aber halt in den vergangenen Jahren renditeschwach. Wer in Aktien spart, dürfte auch in Zukunft eine höhere Rendite einfahren als mit Renten. Dafür kann ein Aktiendepot derbe einknicken, diese Gefahr ist bei einem Rentendepot deutlich geringer. Das dürftest Du von Deinem anderen Vermögen wissen.


    Eine ähnliche Vorsicht legt die Versicherung in der Auszahlungsphase an den Tag: Sie achtet sehr darauf, daß ihr das Geld nicht ausgehen kann und zahlt daher vorsichtshalber eher knapp aus. Auch in der Auszahlungsphase legt sie primär renditeschwach, aber berechenbarer in Renten an.


    Ich wäre mit einer festen Erwartung meines Alterseinkommens diesbezüglich mutiger, würde trotz der vorgezogenen Steuer eher die Direktauszahlung wählen und das Geld selbst in ETFs anlegen. Auch in der Rentenzeit übrigens, denn selbst im ungünstigsten Fall (Crash genau zu Beginn des Auszahlungszeitraums) hoffe ich auf ein hinreichend langes Leben, so daß sich mein Depot erholen kann, bevor ich das Geld daraus brauche.


    Man könnte nun natürlich einwenden, daß durch die Sofortversteuerung gleich mal die Hälfte des Geldes weg ist, das andersherum in der Versicherung Früchte tragen könnte. Das mag schon einen erheblichen Unterschied machen. Gerade ein Hochsteuerzahler spart leichter aus dem Brutto als aus dem Netto. Und doch wäre mir meine Freiheit vermutlich lieber. Man könnte sich das durchrechnen. Rechnerisch braucht der eigene ETF-Sparplan bei einer Versteuerung um die 40% etwa die 1,7fache Rendite im Vergleich zur nachgelagerten Versteuerung der Sparraten. Die halte ich für erreichbar. Möglicherweise hat die Direktversicherung auch eine Kapitaloption zu Beginn des Auszahlungszeitraums. Wenn ja, könnte man erwägen, die Ansparphase über die Versicherung zu regeln und die Auszahlphase in eigener Regie.


    Was Du aus all dem machst, ist natürlich Deine Sache. :)

  • Der ETF bietet allerdings deutlich mehr Flexibilität, falls sich mein Arbeitgeber ändern sollte oder Projekte wie ein Immobilienkauf Flexibilität erfordern.

    Genau, wenn Du das Geld vorzeitig entnimmst, ist es weg. Ob sich die Investititon dann am Ende genauso für Dein Alter auszahlt, musst Du abschätzen. Wie so vieles anderes auch, bis hin zur immer wieder erhofften Konstantrendit von 6-7% p.A. zum Zieltermin (und nicht über 25-35 Jahre, wenn die Entnahme genau in 30 Jahren beginnen soll).


    Bist Du so konsequent, das Geld immer in den ETF zu sparen, dort nie etwas zu entnehmen (eine BAV dient einzig dem Sinn, die Rente aufzubessern und nicht den Hauskauf oder die Weltreise zu finanzieren) und Dich ggf. schon ein paar Jahre vor Beginn der Rentenphase um den ETF zu kümmern (Absichern von Gewinnen, je nach Marktlage) drüftest Du mit Deiner Konstellation mit dem ETF besser fahren.


    Dafür sind die Gefahren und der Aufwand höher.


    Ob Du in 30 Jahren noch in der GRV bist, ob es die dann überhaupt noch gibt und was sich die Politik noch alles ausdenken mag, um ETF und/der BAV noch unattraktiver für das Ansparen zur Rente zu machen, kann heute noch niemand abschätzen.


    Kennt jemand eine ähnliche Konstellation?

    Nur sehr entfernt: der AG zahlt bei mir (bei einer der BAVs) nur dann Zulange, wenn ich auch selber einzahle. Das ganze mit einer Garantie auf das eingezahlte Kapital (AG+AN Anteil). Und am Ende weiss ich, dass ich bis zur Rente beim AG bleiben werde und dass dies ab Beginn des Vertrages 12 Jahre sein wird.


    So komme ich auf einen Garantiebetrag nach 12 Jahren, der nach Abzug aller Abgaben nahezu mit dem übereinstimmt, den ich erhalten würde, wenn ich die gesamte Zeit mein Geld als Netto bei 7% in einen weltweiten Aktien-ETF gesteckt hätte.


    Mögliche Renditen der BAV sind dabei nicht berücksichtigt, genauso wenig die mögliche Schwankung des ETF zum Auszahlungszeitpunkt.


    Auf 30 Jahre und ohne die Sucherheit und den Willen, bis zur Rente bei diesem AG zu bleiben, hätte ich diese BAV nicht abgeschlossen.


    dass sich eine bAV nur lohnt, wenn der Arbeitgeber "ordentlich was dazuschießt". Das tut er hier ja – und ohne Eigenbeitrag von mir.

    So, wie ich das verstehe, tut er das nicht. Du bekommst das Geld entweder als Brutto in die BAV oder als Netto ausgezahlt.


    Die allgemeinen Angaben sind immer anders angelegt:

    der AG zahlt auf Deinen Abzug vom Gehaltsbrutto zusätzlich (mehr wie die dann nötigen 15%) in die BAV. Damit wird mehr eingezahlt wie Dir vom Brutto abgehen.

  • ...da man überall liest, dass sich eine bAV nur lohnt, wenn der Arbeitgeber "ordentlich was dazuschießt". Das tut er hier ja – und ohne Eigenbeitrag von mir.

    Dein AG würde Dir aber das Geld auch direkt in die Hand drücken, damit Du es selbst anlegst. Daher hättest Du Opportunitätskosten.


    Der No-Brainer wäre es nur, wenn die bAV in einer Variante angeboten wird und es keine Alternativen gibt.

  • Schaue Dir das Produkt doch mal losgelöst von bAV genauer an, ob es zu Dir passt oder nicht.

    Es gibt verschiedene Varianten des Vertrages, es wird in ein Portfolio unterschiedlicher Assets investiert, die Allokationen werden regelmäßig angepasst, man kann unterschiedliche Garantieniveaus auswählen und es werden während der Laufzeit Gewinne abgesichert.

    Mit einem stupiden ETF-Aktiensparplan ist das nur bedingt vergleichbar.