Firmenübernahme / Schließung / Kündigung - was beachten?

  • Hallo in die Runde,


    unsere Firma wurde verkauft und es ist wahrscheinlich, dass sie nun geschlossen und alle Mitarbeiter entlassen werden sollen. Weitere Infos werden in den nächsten Tagen folgen.


    Ich möchte nicht komplett unvorbereitet von den bevorstehenden Ereignissen überrumpelt werden, deswegen die Bitte um ein paar Tipps.


    Was gibt es jetzt von Mitarbeiterseite zu beachten?

    Welche Schritte sollte man eventuell im Vorfeld einleiten?


    Die Firma hat knapp über 10 MA, die meisten seit mehreren Jahren dabei.


    Berufs-Rechtschutz ist vorhanden.


    Danke für eure Hilfe :)

  • Ich kann Dir da mit persönlicher Erfahrung leider nicht helfen.


    Aus dem Bauch heraus, natürlich erst mal kein Angebot/Aufhebungsvertrag einfach so unterschreiben, ohne es geprüft zu haben

    und

    mal mit deiner Rechtsschutzversicherung sprechen (die bieten meistens ein Vorabgespräch mit einem Fachanwalt an) oder empfehlen Dir, je nach Lage direkt zu einem Anwalt zu gehen und lassen Dir eine Kostenübernahme für den Anwalt zukommen.


    Google sagt dazu:

    Kündigung und Abfindung bei Betriebsübergang | Die Kündigungsschutzkanzlei
    Nach einer Kündigung wegen Betriebsübergang haben Sie oft gute Chancen auf eine Abfindung. Wir erklären, was zu tun ist.
    www.die-kuendigungsschutzkanzlei.de

  • Moin,

    vor einigen Jahren ist mir ähnliches passiert: wenige Wochen, nachdem ich den Job gewechselt hatte, wurde das Unternehmen von der Person, die mich wenige Wochen zuvor von einem anderen Unternehmen abgeworben hatte, verkauft. Da ich mich noch beim neuen Unternehmen in der Probezeit befand, hatte ich die goldene A....karte - Danke für nichts!


    Ich würde Dir raten - sofern Du Gewerkschaftsmitglied bist - mit einem Anwalt der Gewerkschaft zu sprechen. Solltest Du kein Gewerkschaftsmitglied sein, würde ich ebenfalls das Gespräch mit einem spezialisierten Fachanwalt für Arbeitsrecht suchen. Da spielen auch Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Familienstand, Alter, Betriebsgrösse etc. auch eine Rolle.


    Viel Erfolg!

  • Mit eigener Erfahrung kann ich auch nicht dienen. Wofür wurde die Firma denn gekauft? Das Fachwissen der Mitarbeiter scheint es ja nicht zu sein und die Produktion vor Ort auch nicht?


    Grundsätzlich kannst du erstmal abwarten, was passiert. Zum Anwalt brauchst du erst gehen, wenn du offizielle Informationen hast. Du kannst aber natürlich schon mal überlegen, welche Aufgaben du die letzten Jahre hattest und wie die sich in Arbeitszeugnis und Lebenslauf niederschlagen sollen. Außerdem würde ich für den Fall der Fälle die Protokolle der letzten Jahresgespräche sichern, das macht es im Zweifelsfall einfacher zu belegen, dass du immer gute Bewertungen hattest. Und es lohnt sich schonmal, die Fühler nach neuen Jobs auszustrecken, vielleicht hast du ja im Bekanntenkreis jemand, dessen Firma gerade sucht.

  • Recherchiere am besten schon jetzt nach einem guten Fachanwalt für Arbeitsrecht. Halte deinen Arbeitsvertrag und weitere relevante Unterlagen bereit, damit du im Fall einer Kündigung keine Zeit verlierst. Aktualisiere deine Bewerbungsunterlagen. Unterschreibe auf keinen Fall etwas, was dein Arbeitgeber vorlegt, ohne es vorher von einem Anwalt prüfen zu lassen. Wichtig immer Fachanwalt für Arbeitsrecht! War auch mal in dieser Situation. Wünsche Dir viel Glück.

  • Hallo akstr,


    m.E. der wichtigste Punkt: Beginnen Sie heute mit Bewerbungen für einen neuen Job. Sie schreiben nicht, in welchem Beruf Sie tätig und wie alt Sie sind. Aber selbst bei optimalem Ablauf vergehen mehrere Monate bis zur neuen Stelle. Noch ist die Entlassung nur ein böses Gerücht. Wenn Sie tatsächlich gekündigt wurden, rast die Zeit.


    Viel Erfolg und Gruß Pumphut

  • Wieso sollten denn Kündigungen in einem kleinen Unternehmer ausgeprochen werden, wenn dieses gerade erst akquiriert wurde?

    In der Regel, sind es doch gerade die Menschen im Unternehmen die einen großen Wert des Unternehmens ausmachen.

  • Wieso sollten denn Kündigungen in einem kleinen Unternehmer ausgeprochen werden, wenn dieses gerade erst akquiriert wurde?

    In der Regel, sind es doch gerade die Menschen im Unternehmen die einen großen Wert des Unternehmens ausmachen.

    Naja, da der Threadersteller nichts Näheres zum Arbeitgeber geschrieben hat (Branche etc.), kann man nur spekulieren. Eventuell geht es auch einfach nur um einen gewissen Markennamen oder ein immaterielles Wirtschaftsgut. Man braucht z.B. nicht zwingend den Produktentwickler, wenn man selber genug hat, diese kleine Firma aber das Patent für den hottest shit on earth hält. Also wird das Unternehmen komplett übernommen, die Filetstücke übertragen und der Rest liquidiert.

  • Hallo akstr!

    ohne die Firma und die Situation genauer zu kennen ist es immer schwer einzuschätzen was sinnvolle nächste Schritte für dich wären.


    Das wäre mein persönliches Vorgehen, ich bin keine Anwältin, also alle Angaben ohne Gewähr dafür wie vorteilhaft/sinnig das für dich ist:

    - die örtliche Arbeitskammer kontaktieren, da kann man sich auch oft telefonisch beraten lassen und für detailliertere Fragen einen Folgetermin vereinbaren (die haben mir schon sehr gut und kompetent in den unterschiedlichsten Fragen zum Thema Arbeitsrecht weitergeholfen)

    - die Bewerbungsunterlagen (Lebenslauf etc.) soweit aktualisieren, dass man sich sofort neu bewerben kann (und das auch tun)

    - meine sonstigen Unterlagen soweit vorbereiten, dass ich mich (falls es notwendig wird) sofort arbeitssuchend / arbeitslos melden kann

    (kann sinnvoll sein je nach Branche, Länge der Betriebszugehörigkeit: ein aktuelles Zwischenzeugnis anfordern für Bewerbungsunterlagen)


    Und zu guter Letzt, dass was schon viele vorab geschrieben haben: nichts, aber auch wirklich nichts, mündlich oder schriftlich vereinbaren über die Zukunft mit dem aktuellen oder zukünftigen Arbeitgeber. Aufhebungsverträge & Abfindungen sind z. B. tricky und das noch mehr, wenn man Arbeitslosengeld beantragen muss um den Lebensunterhalt zu sichern weil man noch keinen neuen Job hat. Da würde ich keinen Schritt ohne Fachanwalt oder Arbeitskammer machen.

  • Naja, da der Threadersteller nichts Näheres zum Arbeitgeber geschrieben hat (Branche etc.), kann man nur spekulieren. Eventuell geht es auch einfach nur um einen gewissen Markennamen oder ein immaterielles Wirtschaftsgut. Man braucht z.B. nicht zwingend den Produktentwickler, wenn man selber genug hat, diese kleine Firma aber das Patent für den hottest shit on earth hält. Also wird das Unternehmen komplett übernommen, die Filetstücke übertragen und der Rest liquidiert.

    Wobei der Markennamen bei einer Firma mit 10 Mann eher unwahrscheinlich wäre. Gibt es relevante Patente oder Technologien, lohnt es sich in der Regel auch, die Leute zu behalten. Denn die Produktentwickler der Käuferfirma können sich zwar grundsätzlich einarbeiten, müssen das aber auch erstmal tun. Und auch dann werden sie noch für sehr lange Zeit viele Details nicht wissen...

  • Im Kapitalismus kauft man ab einer gewissen Größe einfach potentielle Konkurrenz auf solange sie klein sind und wirft sie weg.

    Genau das ist das Szenario.


    Die "Angebote" wurden heute an alle verteilt, wir haben paar Tage Bedenkzeit.


    Vielen Dank schon mal für die Infos an alle. Ich werde es mir nun erstmal in Ruhe durchlesen und dann Rechtschutzversicherung bzw. Anwalt kontaktieren.

  • Randbemerkung:

    Arbeitskammer gibt es nur in Österreich, Saarland und Bremen. Da ist jeder Arbeitnehmer Pflichtmitglied. Im restlichen Bundesgebiet muss man Gewerkschaftsmitglied sein.

    Ich habe lange im Saarland gelebt, daher dachte ich das sei überall so.


    Danke für den Hinweis!

  • […]

    Außerdem würde ich für den Fall der Fälle die Protokolle der letzten Jahresgespräche sichern, das macht es im Zweifelsfall einfacher zu belegen, dass du immer gute Bewertungen hattest.

    […]

    Von so einem Brauchtum habe ich zwar auch schon einmal gehört, es ist mir aber selbst in meinem 47-jährigen Arbeitsleben nicht ein einziges Mal begegnet. Merkwürdige Brauchtumspflege habt ihr im Süden… 😉


    Aber da fällt mir etwas viel Wichtigeres ein, akstr: lass Dir unbedingt von Deinem Vorgesetzten ein Zwischenzeugnis anlässlich der Betriebsübernahme ausstellen, in dem dann auch Dein Arbeits- und Verantwortungsbereich dargelegt wird! Das habe ich bei solchen Gelegenheiten immer machen lassen. (Wobei ich gestehen muss, dass nie ein Vorgesetzter in der Lage war, ein korrektes bzw. detailliertes qualifiziertes Arbeitszeugnis zu schreiben, so dass ich am Ende die Zeugnisse selbst geschrieben und zur Unterschrift vorgelegt habe. Nur einmal hat sich ein bockiger ahnungsloser Personalchef geweigert, letztendlich entschied aber dann das Arbeitsgericht in meinem Sinne…)


    Nochmals viel Erfolg und Kopf hoch!

  • Nach einiger Recherche und weiteren Entwicklungen, bräuchte ich bitte nochmals eure Einschätzung.


    Das vorgelegte Angebot habe ich abgelehnt. Für ein Gegenangebot sehe ich 2 Optionen:

    Option 1:

    • Einhaltung der Kündigungsfrist (bei mir 6M von AG Seite), mit sofortiger Freistellung
    • Faktor x pro Betriebsjahr


    Option 2:

    • sofortige Beendigung (entspricht vorgelegtem Angebot)
    • Faktor x pro Betriebsjahr
    • PLUS:
      • Ausgleich für 6M Gehalt / ALG Ruhezeit
      • Ausgleich für 6M GKV/GPV zu Maximalbetrag (während der Ruhezeit besteht kein Anspruch auf ALG und KV / PV)
      • ??


    Da die Firma liquidiert werden soll, sehe ich die Gefahr, dass am Ende kein Geld da ist für die Zahlung einer Abfindung. Dies würde für Option 2 sprechen. Ansonsten wäre eigentlich Option 1 komfortabler.


    Gibt es noch Punkte, die ich bei Option 2 bedenken muss, die ich noch nicht auf dem Schirm hatte? Rentenversicherung?


    Da ich erstmal sowieso keinen Anspruch auf ALG habe (Ruhezeit / Sperrzeit), hatte ich vor mich erstmal bei der Agentur für Arbeit nicht anzumelden und mich auf eigene Faust um alle Angelegenheiten zu kümmern.

    Ich bin im IT Sektor tätig, Mitte 40. Ich hoffe die Stellensuche wird nicht allzu lange dauern.


    Wäre euch dankbar für die Einschätzung der 2 Optionen und jegliche weitere Tipps.

    Herzlichen Dank!

  • Nach einiger Recherche und weiteren Entwicklungen, bräuchte ich bitte nochmals eure Einschätzung.

    Nach meiner Einschätzung sparst Du an der falschen Stelle. Man hat Dir geraten, einen Arbeitsrechtler zu mandatieren. Ich würde das tun. Der holt für Dich voraussichtlich mehr heraus, als er kostet.

    Wenn Deine Firma zum Zweck der Liquidation aufgekauft wurde, sollte auch das Geld für Abfindungen da sein.


    Wie gesagt: Ich würde sowas nicht ohne rechtlichen Beistand angehen.

    Da ich erstmal sowieso keinen Anspruch auf ALG habe (Ruhezeit / Sperrzeit), hatte ich vor mich erstmal bei der Agentur für Arbeit nicht anzumelden und mich auf eigene Faust um alle Angelegenheiten zu kümmern.


    Ich bin im IT Sektor tätig, Mitte 40. Ich hoffe die Stellensuche wird nicht allzu lange dauern.

    Ich überblicke all das nicht, außerdem kommt es bei rechtlichen Dingen extremst aufs Detail an. Ich würde mich in den Hintern beißen, wenn ich mich um die 1000 oder 2000 € Rechtsanwaltskonorar herumgedrückt hätte und ich hinterher erführe, daß mich das 10.000 € Arbeitslosengeld gekostet hat.

  • Da ich erstmal sowieso keinen Anspruch auf ALG habe (Ruhezeit / Sperrzeit), hatte ich vor mich erstmal bei der Agentur für Arbeit nicht anzumelden und mich auf eigene Faust um alle Angelegenheiten zu kümmern.

    Bezüglich der Angebote bzgl. Auflösung Arbeitsvertrag / Abfindung rate ich unbedingt auch zu einer anwaltlichen Beratung. Ich habe das persönlich und in der Familie schon durch. HR-Profis in dem Bereich ziehen einen als nicht juristisch findigen Arbeitnehmer so schnell "über den Tisch", dass du die Reibung als Nestwärme empfindest.


    Wegen der Sache mit dem Arbeitsamt gebe ich zu bedenken das du während einer Arbeitslosenmeldung über die Agentur für Arbeit versichert bist, auch wenn du wegen Sperrzeit kein ALG erhältst (Krankenversicherung, Pflegeversicherung)! Du wirst dann entweder kostenpflichtig freiwillig versichert oder kannst dich (nach meinem Wissen) auch kostenfrei familienversichern falls du verheiratet bist.


    ALG-Anwartsschaftszeiten zählen mit rein bei der Rentenversicherung - wie sich das bei einer Arbeitslosmeldung ohne Leistungsbezug verhält vermag ich jedoch nicht sicher zu sagen.