Leveraged ETFs besser für Altersvorsorge?

  • Hey Saidi, hey Finanztip community,

    habe ich einen Denkfehler, oder würde nicht bei der Strategie zur Altersvorsorge, die ihr empfehlt, ein ETF auf den MSCI World, der noch mit einem Faktor versehen ist (leveraged), also z.B. WKN A0X8ZS (Faktor x2), noch besser funktionieren?

    Bei einem langfristig angelegtem Sparplan sollte das Risiko ja letztlich nicht höher sein als beim normalen MSCI World, wo ihr ja mit einer konstanten Rendite rechnet auf einen sehr langen Anlagezeitraum.

    Bis auf die geringfügig höheren Kosten, würde die x2 Variante dann doch auf lange Sicht den normalen ETF auf den gleichen Index deutlich schlagen, oder übersehe ich einen wesentlichen Punkt?

    Vielen Dank vorab für euer Feedback, oder gerne auch ausführlich in einem eurer Podcasts.

  • Langfristig war eine Aktienanlage die renditestärkste Anlage unter den üblichen Assetklassen. Daher wird diese Assetklasse ja auch für eine langfristige Anlage empfohlen.


    Unterschiedliche Meinungen gibt es über die Höhe der Aktienquote. Einige meinen, man sollte möglichst 100% in Aktien investiert sein (eben weil es in der Vergangenheit langfristig die renditestärkste Assetklasse war), andere heben den Wert einer Diversifikation hervor und legen z.B. 60% Aktien plus 40% Renten an.


    Du schlägst jetzt den gehebelten Weg vor: 200% Aktien und -100% Renten. Denn in diesem Produkt wird der Hebel im Prinzip durch einen Kredit dargestellt.


    Kann man machen. Muss man aber nicht. Ich lehne Aktien auf Kredit ab. Auf jedem Fall sollte Dir klar sein, welches Risiko Du da fährst, alleine in diesem Jahr ist der ETF mal von 26€ auf 15€ gefallen. Das muss man aus- und durchhalten können, denn sinnvoll kann eine solche Strategie nur sein, wenn man diese Vola wirklich sehr lange durchhält!

  • ..., ein ETF auf den MSCI World, der noch mit einem Faktor versehen ist (leveraged), also z.B. WKN A0X8ZS (Faktor x2), noch besser funktionieren?

    Das ist aber kein gehebelter ETF auf den MSCI World, sondern ein 2 x gehebelter ETF auf den MSCI USA!

    Der ist im Internet auch als 'Amumbo' bekannt.

    Bei einem langfristig angelegtem Sparplan sollte das Risiko ja letztlich nicht höher sein als beim normalen MSCI World, wo ihr ja mit einer konstanten Rendite rechnet auf einen sehr langen Anlagezeitraum.

    Ist aber eben kein ETF auf den MSCI World! ;)

    Die USA sind eben nur ein Land.

    Bis auf die geringfügig höheren Kosten, würde die x2 Variante dann doch auf lange Sicht den normalen ETF auf den gleichen Index deutlich schlagen, oder übersehe ich einen wesentlichen Punkt?

    Wie mein Vorposter bereits schrieb.

    Man kann so etwas machen, wenn man sich der Risiken bewusst ist. Ich befürchte nur, dass Du noch keine Börsenphase wie 2000-2009 mit so einem Produkt erlebt hast. Das hat nämlich noch keiner der 'Amumbo-Jünger'. :/

    Wir hatten jetzt die letzten 15 Jahre eine ausgesprochene Schönwetterbörse ohne lange Verlustzeiträume.

  • Einmal vorweg: wer hier im Forum antwortet, der arbeitet in der Regel nicht bei Finanztip. Die Reaktion liest hier nicht mit.


    Du hast im Zusammenhang mit dem MSCI World bestimmt gehört, dass man in etwa 15 Jahre an Anlagezeit mitbringen sollte um davon ausgehen zu dürfen, dass man am Ende kein Verlust macht. An der Börse gibt’s bekanntlich Auf und Ab, aber langfristig gehts bei gut gestreuten Anlagen eben eher Aufwärts.


    Wenn man nun die Methodik mit der man beim MSCI World auf die 15 Jahre gekommen ist auf den genannten Amumbo ETF überträgt, dann landet man basierend auf den bisherigen historischen Kursen im etwa bei 22 Jahren Anlagedauer: in der Vergangenheit gab es keinen Anlagezeitraum einer Einmalanlage von länger als 22 Jahren bei dem man im 2x gehebelten S&P 500 Index (in US Dollar) einen Verlust hätte realisieren müssen.


    Das ist schon eine deutliche Ecke länger als 15 Jahre, aber besonders beim Sparziel Altersvorsorge auch nicht unrealistisch.


    Wie du schon mitbekommen hast ist der Amumbo kein Welt-ETF. Der Index liegt mit dem MSCI USA sehr sehr nah am S&P 500 Index, beinhaltet also ausschließlich amerikanische Konzerne. Da darf man die Frage stellen, ob einem das als Anlageuniversum genügt. Falls nicht, müsste man sich durch Mischung verschiedener ETF behelfen, hier kommt vor allem eine Kombination mit dem MSCI World Ex USA infrage, der die „fehlenden“ Welt-Teile beisteuern könnte. Den gibt’s aktuell aber nur gewöhnlich, also ohne leverage.


    Außerdem ist es vielleicht ganz interessant zu fragen ob man seine gesamte Portfolioallokation nur auf dem Amumbo aufbauen möchte, das wäre dann ein Hebel von 2x also 200%. Durch den hohen Fremdkapitalanteil steigt die Volatilität und damit das Risiko sehr stark. Während du bei einem normalen World ETF in etwa einen Rückgang von höchstens 50% in der Vergangenheit verkraften hätten müsstest solltest du im Hebel-ETF bis zu 80% an Rückgang erdulden können. Das ist schon ein beträchtlicher Wertverlust den man auch auf der psychologischen Ebene verarbeiten können sollte. Schließlich gilt es unüberlegte Panikverkäufe auszuschließen.


    Aus Total-Return Perspektive ist so ein Hebel-Investment durchaus sinnvoll, da du deine Aktienquote so über 100% steigern kannst. Es gibst allerdings gute Gründe hier vielleicht nicht den vollen 2x Hebel auszuschöpfen, sondern sich mit einem Leverage Faktor von 1.3x, 1.5x oder auch 1.8x genügsamer aufzustellen. Denn damit reduziert sich das stark erhöhte Risiko bereits ungemein. Eine offensive Allokation wäre beispielsweise eine Verteilung von 60% Amumbo in Kombination mit 40% World Ex USA. Das gibt Hebel 1.6x und hat in-etwa1 die aktuelle Länderverteilung eines gewöhnlichen World ETF.


    Wichtig ist zu verstehen, dass leverage dein Risiko überproportional steigert. Es gibt nix geschenkt. Intern bezahlt der Amumbo Zinsen für die Erhöhung der Exposure, und durch den täglich zurücksetzenden Hebel kommen Effekte ins Depot, die man von normalen ETF nicht gewohnt ist. Wer damit Konform geht, einen nennenswerten Anlagehorizont von deutlich über 22 Jahren hat, und Nerven aus Stahl wenn aus dem 500.000€ Rentendepot plötzlich weniger als 100.000€ werden, der kann hier prognosefrei die Marktrendite challengen.




    1) Ja, das kommt nicht exakt hin, aber 60:40 mit 1.6x hält es einfach. Wer hier perfektionistisch veranlagt ist der rechnet sich das gern aus.