Liebhaberei-Verdacht trotz positiven Totalgewinns?

  • Hallo,

    ich bin seit vielen Jahren nebenberuflich freiberuflicher Autor und nehme dafür die Kleinunternehmerregelung in Anspruch. Um die Publikation kümmern sich Verlage. Im Hauptberuf verdiene ich ganz ok, aber meine Einkünfte als Autor sind leider eher gering und sehr unregelmäßig. Das bisherige Muster ist, dass ich in einem Jahr (in dem z.B. ein Buch neu erscheint) ein paar Tausend Euro Gewinn angebe und danach ein paar Jahre lang Verlust (hauptsächlich durch ein Arbeitszimmer), vereinfacht etwa so:

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    Bisher war in jedem einzelnen Jahr die Summe aller Gewinne und Verluste seit Anmeldung positiv. Auch die Summe der Steuerzahlungen für die Nebentätigkeit war stets positiv. 2022 und 2023 hat mir das Finanzamt dennoch zum ersten Mal in den Steuerbescheid geschrieben: "Die Festsetzung der Einkommensteuer ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, weil zurzeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann."

    Meine Hauptsorge ist nun, dass das Finanzamt mir eine jahrelange Durststrecke zwischendrin als Liebhaberei einstuft, aber sobald ich einen Gewinn habe, diesen wieder versteuert sehen will. Ich weiß nicht, ab welchem Betrag sie das fordern würden. Und ich durchschaue nicht, eine wie lange Durststrecke sie mir zugestehen würden. Schon gar nicht verstehe ich, wie oft das Finanzamt zwischen Liebhaberei und Gewinnerzielungsabsicht hin- und herwechseln kann. Ich finde zu all dem keine klaren Regeln, und es wirkt nicht so, als ob da jemals etwas wirklich "abschließend beurteilt" wird.

    Ich habe nach Beispielen im Netz gesucht, aber ich habe für einen solchen vorläufigen Bescheid nur Fälle gefunden, in denen jemand nur oder schon lange negativen Totalgewinn machte. Dort steht dann z.B., dass das Finanzamt den Vorläufigkeitsvermerk aufheben würde, sobald der Totalgewinn einmal positiv würde, was er bei mir aber ohnehin ist. Deswegen bin ich reichlich unsicher, was das Finanzamt überhaupt bezweckt und wie lange ich wohl diesen Vorläufigkeitsvermerk hätte. Ich rechne dieses Jahr wieder mit einigen deutlichen Einkünften, aber so ganz sicher ist die Höhe natürlich nicht.

    Danke im Voraus für jeden, der mir hilfreiche Tipps geben kann, wie ich mich verhalten sollte!

  • Elena H. 16. Juni 2025 um 12:00

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Ich bin seit vielen Jahren nebenberuflich freiberuflicher Autor und nehme dafür die Kleinunternehmerregelung in Anspruch. [...] Im Hauptberuf verdiene ich ganz ok, aber meine Einkünfte als Autor sind leider eher gering und sehr unregelmäßig. Das bisherige Muster ist, dass ich in einem Jahr (in dem z.B. ein Buch neu erscheint) ein paar Tausend Euro Gewinn angebe und danach ein paar Jahre lang Verlust (hauptsächlich durch ein Arbeitszimmer) [...]

    Bisher war in jedem einzelnen Jahr die Summe aller Gewinne und Verluste seit Anmeldung positiv. Auch die Summe der Steuerzahlungen für die Nebentätigkeit war stets positiv. 2022 und 2023 hat mir das Finanzamt dennoch zum ersten Mal in den Steuerbescheid geschrieben: "Die Festsetzung der Einkommensteuer ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, weil zurzeit die Gewinnerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden kann."

    Meine Hauptsorge ist nun, dass das Finanzamt mir eine jahrelange Durststrecke zwischendrin als Liebhaberei einstuft, aber sobald ich einen Gewinn habe, diesen wieder versteuert sehen will. [...]

    Danke im Voraus für jeden, der mir hilfreiche Tipps geben kann, wie ich mich verhalten sollte!

    1. Im Forum nicht an der Schriftgröße herumdrehen, man kann das schlecht lesen.

    2. Abwarten.

    Du führst Deine Buchhaltung über Jahre, hast somit den Überblick. Sollte tatsächlich das Finanzamt die vermutlich geringen Verluste nicht mehr akzeptieren wollen, kannst Du ja dem Finanzamt gegenüber genauso argumentieren wie Du es oben tust. Dir kann ja nichts Besseres passieren als eine schriftliche Äußerung des Finanzamtes, daß Deine selbständige Tätigkeit eine Liebhaberei ist.

    Um viel Geld kann es ohnehin nicht gehen, wenn Deine Kosten hauptsächlich das Arbeitszimmer betreffen.

  • Ich habe seit über 30 Jahren ein nebenberufliches Gewerbe, das ich nur gelegentlich nutze. Die meisten Jahre schließen also mit kleinen Verlusten ab, ähnlich wie bei Dir. Die längste steuerliche Verlustperiode dauerte 14 Jahre!

    Einen Vorläufigkeitsbeschluss hatte ich noch nie. Bisher wurde alles ungeprüft anerkannt.

    Falls sich das mal ändern sollte, würden aber auch keine nennenswerten Beträge zur Diskussion stehen. Also mache ich mir keine Gedanken. Notfalls kann man ein Gewerbe abmelden und ein neues anmelden.

    Spätestens beim nächsten Gewinnjahr sollte sich bei Dir der Vorläufigkeitsvermerk erledigen.

  • Dir kann ja nichts Besseres passieren als eine schriftliche Äußerung des Finanzamtes, daß Deine selbständige Tätigkeit eine Liebhaberei ist.

    Was passiert dann überhaupt? Man macht weiter wie bisher, hat denselben Gewinn, muss aber darauf keine Einkommensteuer bezahlen? Das wäre ja nicht so schlecht.

    In diesem konkreten Fall könnte es verdächtig sein, dass mehr als die Hälfte der Einnahmen von den Ausgaben für ein (für diese Tätigkeit eingerichtetes?) Arbeitszimmer aufgefressen werden. Ich würde wohl auch mal beim Finanzamt anrufen und nachfragen.

  • Ich habe seit über 30 Jahren ein nebenberufliches Gewerbe, das ich nur gelegentlich nutze. Die meisten Jahre schließen also mit kleinen Verlusten ab, ähnlich wie bei Dir. Die längste steuerliche Verlustperiode dauerte 14 Jahre!

    Einen Vorläufigkeitsbeschluss hatte ich noch nie. Bisher wurde alles ungeprüft anerkannt.

    Falls sich das mal ändern sollte, würden aber auch keine nennenswerten Beträge zur Diskussion stehen. Also mache ich mir keine Gedanken. Notfalls kann man ein Gewerbe abmelden und ein neues anmelden.

    Spätestens beim nächsten Gewinnjahr sollte sich bei Dir der Vorläufigkeitsvermerk erledigen.

    Wie ist das eigentlich – werden Freiberuflichkeit und Gewerbe in puncto "Liebhaberei" komplett gleich betrachtet? Also quasi "Nebenberuf ist Nebenberuf"?

  • Danke für all die Vorschläge!

    Du fragst einfach konkret bei deiner Sachbearbeiter:in beim Finanzamt nach.

    Wie sieht es aus deiner Sicht im Jahr 2024 und 2025 aus?

    Tja, Nachfragen kann ich ja mal machen. Aber das Ergebnis wird ohnehin ja nur sehr unverbindlich.

    2024 habe ich einen kleinen Verlust und 2025 auf jeden Fall einen dicken Gewinn, aber wie hoch genau, weiß ich natürlich noch nicht. 2026 kann ich nur schwer abschätzen. Das ist für einen Autor unplanbar.

    1. Im Forum nicht an der Schriftgröße herumdrehen, man kann das schlecht lesen.

    [...]Dir kann ja nichts Besseres passieren als eine schriftliche Äußerung des Finanzamtes, daß Deine selbständige Tätigkeit eine Liebhaberei ist.

    zu 1: Tut mir leid, ich hatte den Text woanders vorformuliert und nicht geahnt, dass das Forum beim Hineinkopieren die Schriftgröße behält.

    zu 2.: Aber das FA kann jederzeit die Liebhaberei wieder abstellen, glaube ich? Und nach allem, was ich gelesen habe, kann es fordern, dass ich trotzdem jedes Jahr eine EÜR vorlege. Nur zählt sie nicht für die Steuer. Ich hätte dann dieselbe Arbeit, und das FA könnte Gewinne abschöpfen, ohne vorherige Verluste anzuerkennen.

  • Notfalls kann man ein Gewerbe abmelden und ein neues anmelden.

    Das verstehe ich nicht. Es kommen ja jährlich (bislang natürlich nicht besonders hohe) Verkaufserlöse, Bibliothekstantiemen etc. zu den älteren Büchern herein, die kann ich ja nicht abstellen. Ich kann sie auch schlecht dem FA gegenüber verschweigen. Wie kann ich dann das Gewerbe abmelden?

  • Was passiert dann überhaupt? Man macht weiter wie bisher, hat denselben Gewinn, muss aber darauf keine Einkommensteuer bezahlen? Das wäre ja nicht so schlecht.

    Aus meinem laienhaften Verständnis:

    In Jahren mit Gewinn müssen Gewinne natürlich als sonstige Einkünfte versteuert werden (Freibeträge und/oder Freigrenzen mag es geben), dafür können in diesem Jahr anfallende Kosten (hier das Arbeitszimmer) aber in diesem Jahr gegengerechnet werden.

    In Jahr ohne Gewinn ist das Deine Liebhaberei. Sprich es geht auf Deine privaten Kosten und kann nicht von der Steuer abgesetzt werden. Egal, ob dies das Arbeitszimmer, Arbeitsmittel oder sonstige, auf die freiberufliche Nebentätigkeit anrechendare Kosten sind.

  • Aus meinem laienhaften Verständnis:

    In Jahren mit Gewinn müssen Gewinne natürlich als sonstige Einkünfte versteuert werden (Freibeträge und/oder Freigrenzen mag es geben), dafür können in diesem Jahr anfallende Kosten (hier das Arbeitszimmer) aber in diesem Jahr gegengerechnet werden.

    In Jahr ohne Gewinn ist das Deine Liebhaberei. Sprich es geht auf Deine privaten Kosten und kann nicht von der Steuer abgesetzt werden. Egal, ob dies das Arbeitszimmer, Arbeitsmittel oder sonstige, auf die freiberufliche Nebentätigkeit anrechendare Kosten sind.

    Das wäre aber schon ziemliches Cherrypicking durch das Finanzamt zum Nachteil des Steuerpflichtigen. Kann mir nicht vorstellen, dass das vor Gericht Stand hält.

    Tja, Nachfragen kann ich ja mal machen. Aber das Ergebnis wird ohnehin ja nur sehr unverbindlich.

    2024 habe ich einen kleinen Verlust und 2025 auf jeden Fall einen dicken Gewinn, aber wie hoch genau, weiß ich natürlich noch nicht. 2026 kann ich nur schwer abschätzen. Das ist für einen Autor unplanbar.

    Die Antwort des Finanzbeamten auf eine Anfrage, vor allem wenn diese Anfrage schriftlich erfolgt, ist alles andere als unverbindlich. Daher windet sich das Finanzamt gerne um die Beantwortung, weil damit Fakten geschaffen werden, auf die das Finanzamt später festgenagelt werden kann. Allerdings muss das Finanzamt auf legitime Anfragen reagieren. Und eine Nachfrage, wieso du einen Vorläufigkeitsvermerk hast und wie du die Gewinnerzielungsabsicht nachweisen kannst, ist durchaus legitim.

  • Hallo,

    ich bin seit vielen Jahren nebenberuflich freiberuflicher Autor und nehme dafür die Kleinunternehmerregelung in Anspruch. Um die Publikation kümmern sich Verlage.

    Mal eine Frage in die Runde:

    Wenn den Verlagen keine Liebhaberei unterstellt wird, wie kann dann dem "Zulieferer" selbiges unterstellt werden? Kann man sich als Autor über den Status des Verlages hier vor der Einstufung als Liebhaberei schützen? Oder könnte im Extremfall allen Autoren eines Verlages Liebhaberei unterstellt werden, die für einen Verlag mit Gewinnerzielungsabsicht arbeiten?

  • Die Antwort des Finanzbeamten auf eine Anfrage, vor allem wenn diese Anfrage schriftlich erfolgt, ist alles andere als unverbindlich. [...] Und eine Nachfrage, wieso du einen Vorläufigkeitsvermerk hast und wie du die Gewinnerzielungsabsicht nachweisen kannst, ist durchaus legitim.

    Unverbindlich in dem Sinne, als es keine verbindliche Zusage des FA gibt, dass etwas dauerhaft keine Liebhaberei ist. So ein Dokument existiert nicht. Bestenfalls kann ich erreichen, dass sie mir den Vorläufigkeitsvermerk streichen, aber sie können ihn einfach ein Jahr später wieder setzen. Umgekehrt kann das FA beliebig umfangreich Formulare von mir verlangen und etwa einen Businessplan von mir fordern (25-60 Seiten). Ich kann dann bestenfalls antworten, das schreibe ich nicht, ich habe doch immer positiven Totalgewinn. Dann wäre ich wieder am Startpunkt.

    Mal eine Frage in die Runde:

    Wenn den Verlagen keine Liebhaberei unterstellt wird, wie kann dann dem "Zulieferer" selbiges unterstellt werden?

    Die Verlage haben natürlich durch die zahllosen Bücher eine Mischkalkulation, mit der sie tatsächlich die Finanzen der nächsten Jahre abschätzen können. Für einen Verlag muss nicht jedes Buch laufen.

  • Unverbindlich in dem Sinne, als es keine verbindliche Zusage des FA gibt, dass etwas dauerhaft keine Liebhaberei ist. So ein Dokument existiert nicht. Bestenfalls kann ich erreichen, dass sie mir den Vorläufigkeitsvermerk streichen, aber sie können ihn einfach ein Jahr später wieder setzen. Umgekehrt kann das FA beliebig umfangreich Formulare von mir verlangen und etwa einen Businessplan von mir fordern (25-60 Seiten). Ich kann dann bestenfalls antworten, das schreibe ich nicht, ich habe doch immer positiven Totalgewinn. Dann wäre ich wieder am Startpunkt.

    Die Verlage haben natürlich durch die zahllosen Bücher eine Mischkalkulation, mit der sie tatsächlich die Finanzen der nächsten Jahre abschätzen können. Für einen Verlag muss nicht jedes Buch laufen.

    Aber wenn es läuft?

    Du hast von mehreren Verlagen gesprochen.

    Gehörte zu Deiner langfristigen Gewinnorientierung vielleicht, dass Du marketingmäßig erst einmal mehrere Verlage evaluieren musstest, um zu ermitteln, mit welchem Verlag die besten Aussichten bestehen?

    Ich habe so den Eindruck, dass ein fähiger Anwalt da mehrere Hebel hätte. Bzw. dass ein Dialog mit dem Finanzamt - vorher - doch nicht so aussichtslos ist.

  • Mal eine Frage in die Runde:

    Wenn den Verlagen keine Liebhaberei unterstellt wird, wie kann dann dem "Zulieferer" selbiges unterstellt werden? Kann man sich als Autor über den Status des Verlages hier vor der Einstufung als Liebhaberei schützen? Oder könnte im Extremfall allen Autoren eines Verlages Liebhaberei unterstellt werden, die für einen Verlag mit Gewinnerzielungsabsicht arbeiten?

    Naja, der Verlag betreibt ja Diversifikation, da für gewöhnlich mehrere Autoren unter Vertrag stehen. Auch bei einem produzierenden Unternehmen gibt es ja auch Produkte, die floppen. Da unterstellt das Finanzamt dann ja auch nicht plötzlich Liebhaberei.

    Bei den Autoren ist es aber natürlich anders. Wenn du da im Extremfall jemanden hast, der es einfach nicht kann (sich aber selber für den nächsten Literaturnobelpreisträger hält), dann wird er niemals Gewinne machen und es ist nur Liebhaberei.