Berechtige Mit-Erbin meldet sich nicht - was kommt auf mich zu?

  • Hallo zusammen:)!

    Folgende Situation:

    meine Schwester und ich werden in einigen Jahren ein Haus und ein gewisses (mir noch unbekanntes) Maß an Vermögen erben und sind zu gleichen Teilen berechtigt. Dies bitte als soweit nicht änderbare Prämisse annehmen.

    Nun ist es so, dass meine Schwester seit geraumer Zeit quasi "verschollen" ist und sich von der Familie mutmaßlich losgesagt hat, ohne, dass wir ihren exakten Aufenthaltsort oder sonstige Umstände wüssten. Das ansich ist tragisch genug und soll hier in der Tiefe auch gar nicht Thema sein, aber rein erbrechtlich stellt sich die Frage, was das für mich eines Tages bedeutet. Konkret gefragt:

    1) Wie viel wird "in bewegung gesetzt", um Menschen wie sie ggf. ausfindig zu machen? Und: muss ich die Kosten tragen?

    2) Falls ich die Kosten nicht tragen kann - ich bin kein Gutverdiener, absolut nicht - was passiert dann?

    3) Was kann ich ggf. selbst hier und heute bereits vorausschauend proaktiv tun, und auch hier: wass kostet das (der Größenordnung nach)?

    Es tut mir leid, falls das emotional kalt klingt. Ich hatte viel Zeit, das Geschehen zu verarbeiten, bevor ich diesen Post hier schrieb. Und auch sowas will halt geklärt sein.

    Vielen Dank Euch:):thumbup:!

  • Kater.Ka 9. Dezember 2025 um 15:35

    Hat das Thema freigeschaltet.
  • Hallo Fabe86 und willkommen im Forum,
    ich versuche einmal die Fragen soweit ich kann zu beantworten.


    1. Wird nach deiner Schwester gesucht und wer zahlt die Suche:
    Ja, es wird gesucht, denn das Nachlassgericht ist verpflichtet alle Erben zu ermitteln

    2. Wer trägt die Kosten:
    Die Kosten gehen zuerst immer aus dem Nachlass.

    3. Du kannst die Kosten nicht tragen:
    Du haftest nicht mit deinem Privatvermögen.

    4. Was wäre jetz schon Sinvolles zu tun:
    Nachlassgericht frühzeitig informieren (kostenlos)
    Testament + Nachlassverzeichnis der Eltern klären (wichtig!)
    Sicherstellen, dass du auf dein Erbe trotzdem zugreifen kannst

    Im schlimmsten Fall, dass Deine Schwester nicht gefunden werden kann bzw. nie wieder auftaucht

    • Ihr Erbteil bleibt:
      • verwahrt
      • oder fließt nach vielen Jahren evtl. an den Staat
    • Dein Anteil bleibt unangetastet
    • Du verlierst keinen Euro wegen ihres Verschwindens

    So, ich hoffe das ausführlich genug und lediglich nach meinem Wissenstand zusammengefügt.

  • Ihr könntet den Spiess ja auch umdrehen: deine Eltern setzten dich als Alleinerben ein.

    Dagegen kann deine Schwester natürlich angehen, und ihren Pflichtteil einfordern, aber dazu müsste sie dann halt auch selber aktiv werden und sich "sichtbar", soll heissen "kontaktierbar" machen.

    Und wenn du magst kannst du dann freiwillig auch das Erbe ganz geschwisterlich 50/50 mit ihr teilen. Vielleicht findet ihr ja so doch noch wieder zusammen?

  • 4. Was wäre jetz schon Sinvolles zu tun:
    Nachlassgericht frühzeitig informieren (kostenlos)

    Das klappt nicht, denn das zuständige Nachlassgericht steht erst beim Ableben fest und wird erst dann tätig.


    Welche Möglichkeiten hast du heute:

    Falls der Erblasser noch testtierfähig und nicht an ein gemeinschaftliches Testament/Erbvertrag gebunden ist, kann z.B. ein Testamentsvollstrecker durch ein Testament ernannt werden. Es ist auch möglich, dass die Schwester enterbt wird. Sollte sie einen Pflichtteil haben, würde das die Nachlassangelegenheit nicht blockieren, da es nur ein Geldanspruch ist. Man braucht ihre Mitwirkung nicht.

    Wenn das nicht mehr möglich ist, wird das Nachlassgericht einen Nachlasspfleger einsetzen, der die Erben ermittelt und den Nachlass solange verwaltet.

  • Hallo Fabe86,

    1. Wird nach deiner Schwester gesucht und wer zahlt die Suche:
    Ja, es wird gesucht, denn das Nachlassgericht ist verpflichtet alle Erben zu ermitteln

    Jein. Die „Schwester“ als Miterbin zu 50% ist namentlich bekannt und wird im Erbschein – soweit beantragt – auftauchen. Dass sie nicht auffindbar ist, ist nicht mehr die Sache des Nachlassgerichts. Das Nachlassgericht wird nur aktiv, wenn die Erben gänzlich unbekannt sind. Dann wird ein Nachlasspfleger eingesetzt, der die Erben sucht. Dessen Kosten trägt die Erbmasse, oder wenn nicht vorhanden der Steuerzahler.

    Um das Erbe auseinandersetzen zu können, d.h. wer bekommt was, ist es allein Ihr Problem Ihre Schwester zu finden und zur Mitarbeit zu bewegen. Allerdings kann im Grundbuch auch Jahrzehnte stehen, Eigentümer ungeteilte Erbengemeinschaft nach XY. Solange Sie die Grundsteuern und alle anderen Lasten und Gebühren bezahlen, wird sich niemand daran stören. Sie können das Haus auch selbst bewohnen, nur verkaufen können Sie es nicht. Dazu müssen Sie zwingend Ihre Schwester finden oder für tot erklären lassen.

    Falls jetzt noch etwas zu regeln ist, haben meine Vorposter schon die Hinweise gegeben.

    Gruß Pumphut

  • Ihr könntet den Spiess ja auch umdrehen: deine Eltern setzten dich als Alleinerben ein.

    Dagegen kann deine Schwester natürlich angehen, und ihren Pflichtteil einfordern, aber dazu müsste sie dann halt auch selber aktiv werden und sich "sichtbar", soll heissen "kontaktierbar" machen.

    Und wenn du magst kannst du dann freiwillig auch das Erbe ganz geschwisterlich 50/50 mit ihr teilen. Vielleicht findet ihr ja so doch noch wieder zusammen?

    Da könnte dann evtl. unnötig viel Schenkungssteuer-/Erbschaftsteuer anfallen: Zum einen beim TE als Alleinerbe der beiden Elternteile (Freibetrag jeweils 400.000) und bei der Schwester in Höhe der Schenkung durch den TE (25% des jeweiligen Erbes; Freibetrag aber nur 20.000!). Besser wäre es, den TE testamentarisch zum Alleinerben zu machen und der Schwester ein Vermächtnis etwa in Höhe ihres Erbteils zuzusprechen, anrechenbar auf den Pflichtteil. Genaue Ausformulierung unbedingt durch einen spezialisierten Notar.

  • Allerdings kann im Grundbuch auch Jahrzehnte stehen, Eigentümer ungeteilte Erbengemeinschaft nach XY. Solange Sie die Grundsteuern und alle anderen Lasten und Gebühren bezahlen, wird sich niemand daran stören. Sie können das Haus auch selbst bewohnen, nur verkaufen können Sie es nicht. Dazu müssen Sie zwingend Ihre Schwester finden oder für tot erklären lassen.

    Wenn das Geldvermögen in der Erbmasse hinreichend groß ist, kann auch das Haus an den hier Fragenden testamentarisch vererbt werden, und das Geld an die verschollene Schwester.

    Dann ist zumindest der Grundbucheintrag "sauber". Das könnte man auch schon zu Lebzeiten als Schenkung durchziehen.

  • Da könnte dann evtl. unnötig viel Schenkungssteuer-/Erbschaftsteuer anfallen: Zum einen beim TE als Alleinerbe der beiden Elternteile (Freibetrag jeweils 400.000) und bei der Schwester in Höhe der Schenkung durch den TE (25% des jeweiligen Erbes; Freibetrag aber nur 20.000!). Besser wäre es, den TE testamentarisch zum Alleinerben zu machen und der Schwester ein Vermächtnis etwa in Höhe ihres Erbteils zuzusprechen, anrechenbar auf den Pflichtteil. Genaue Ausformulierung unbedingt durch einen spezialisierten Notar.

    Sittliche Pflicht und Anstand käme hier sicher in Betracht und dann hätte die Schwester ihren "elterlichen" Freibetrag.

  • Hallo Fabe86,

    Jein. Die „Schwester“ als Miterbin zu 50% ist namentlich bekannt und wird im Erbschein – soweit beantragt – auftauchen. Dass sie nicht auffindbar ist, ist nicht mehr die Sache des Nachlassgerichts. Das Nachlassgericht wird nur aktiv, wenn die Erben gänzlich unbekannt sind. Dann wird ein Nachlasspfleger eingesetzt, der die Erben sucht. Dessen Kosten trägt die Erbmasse, oder wenn nicht vorhanden der Steuerzahler.

    Um das Erbe auseinandersetzen zu können, d.h. wer bekommt was, ist es allein Ihr Problem Ihre Schwester zu finden und zur Mitarbeit zu bewegen. Allerdings kann im Grundbuch auch Jahrzehnte stehen, Eigentümer ungeteilte Erbengemeinschaft nach XY. Solange Sie die Grundsteuern und alle anderen Lasten und Gebühren bezahlen, wird sich niemand daran stören. Sie können das Haus auch selbst bewohnen, nur verkaufen können Sie es nicht. Dazu müssen Sie zwingend Ihre Schwester finden oder für tot erklären lassen.

    Falls jetzt noch etwas zu regeln ist, haben meine Vorposter schon die Hinweise gegeben.

    Gruß Pumphut

    Ein Erbe darf im Erbschein erst aufgenommen werden, wenn sicher ist, dass er das Erbe angenommen hat, das kann er aber erst nach Kenntnis vom Erbfall und Grund der Berufung. Es könnte auch sein, dass die Schwester vor verstorben ist. Dann wäre der Erbschein auch falsch.

  • Hallo,

    Ein Erbe darf im Erbschein erst aufgenommen werden, wenn sicher ist, dass er das Erbe angenommen hat, das kann er aber erst nach Kenntnis vom Erbfall und Grund der Berufung. Es könnte auch sein, dass die Schwester vor verstorben ist. Dann wäre der Erbschein auch falsch.

    Ein Erbe muss nicht aktiv angenommen, sondern wenn man es nicht will, aktiv ausgeschlagen werden. Selbstverständlich muss der potentielle Erbe überhaupt vom Erbfall Kenntnis haben. Hier beginnt die Grauzone. Das Nachlassgericht informiert nicht einmal über die gesetzliche Erbfolge der ersten Ordnung. Die Kenntnis wird einfach vorausgesetzt und wenn unsere TE bei der Beantragung des Erbscheins nicht erzählt, dass ihre Schwester verschwunden ist, sondern Name, Geburtsdatum und letzte Wohnanschrift angibt, dürfte der Ausstellung nichts entgegenstehen. Erst wenn der Erbschein nicht zugestellt werden kann, beginnen die Fragen. Ob der Erbschein dann wieder eingezogen wird?

    Und wenn unsere TE sagt, die Schwester ist verschwunden, wird einfach kein Gesamterbschein ausgestellt oder sie kann einen Teilerbschein für ihren Anteil beantragen. In der Grundkonstellation lässt das Nachlassgericht garantiert nicht nach dem zweiten Erben suchen, was ja die Frage unserer TE war.

    Gruß Pumphut

  • Pumphut Bei der Beantragung eines Erbscheins müssen alle Erben mit vollständigen Personalien (einschließlich Anschrift) angegeben werden. Weiter (u.a.) muss an Eides statt vor Nachlassgericht oder Notar versichert werden, dass alle Erben die Erbschaft angenommen haben. Der nicht den Antrag stellende Miterbe erhält durch das Nachlassgericht rechtliches Gehör. Natürlich gibt es Wege, dies alles zu umgehen, aber zum Betrug raten, kann nicht Aufgabe des Forums sein.

    Ein Teilerbschein ist wertlos, die Bank z.B. zählt nicht die Hälfte des Guthabens aus.

  • Und wenn unsere TE sagt, die Schwester ist verschwunden, wird einfach kein Gesamterbschein ausgestellt oder sie kann einen Teilerbschein für ihren Anteil beantragen. In der Grundkonstellation lässt das Nachlassgericht garantiert nicht nach dem zweiten Erben suchen, was ja die Frage unserer TE war.

    Gruß Pumphut

    Danke Euch zunächst mal allen sehr für Eure Beiträge; mit so vielen nützlichen Infos in so kurzer Zeit hatte ich gar nicht gerechnet!

    Ich werde nochmals ALLES in Ruhe durchlesen und mir Notizen machen, aber im Wesentlichen verstehe ich es jetzt so:

    Wir befinden uns in einer art Grauzone, da meine Schwester als erbberechtigte Person zwar mit allen Personalien (außer der exakten Adresse) bekannt ist, aber eben ggf. nicht auf die Anfrage des Nachlassgerichts reagiert. Daruas folgend ergeben sich für mich hier und heute folgende Optionen:

    1) mit meinen Eltern sprechen und das Testament anpassen lassen.

    2) Zu gegebener Zeit einen Teilerbschein beantragen.

    Nachteil bei Punkt 1 könnte der geringe Schenkungs-Freibetrag zwischen Geschwistern sein. Hier würde mich noch interessieren, ob und wo man da evtl. klarere Zahlen findet. Dennoch wäre es, so, wie ich es rauslese, sinnvoll, die Gestaltung zu ändern, da der Fall - ich wiederholfe mich - eben in einer Grauzone liegt und der Teilerbschein womöglich nicht ausreicht.

    Habe ich das einigermaßen korrekt verstanden? Ich bin wirklich ganz neu in der Materie und auch mit den Fachbegriffen noch nicht vertraut, arbeite mich aber aktiv ein.

    Danke!

  • Hallo Fabe86,

    wenn Ihre Eltern noch testierfähig und willig sind, was aus dem bisherigen Vortrag nicht ganz hervorging, halte ich doch den Vorschlag von Tomarcy als den sinnvollsten. Sie werden Alleinerbin nach dem letztversterbenden Elternteil, aber mit dem Vermächtnis beschwert, Ihrer Schwester einen Geldbetrag X auszuzahlen. X sollte so bemessen werden, dass es zwischen dem Pflichtteilsanspruch (1/4) und der Hälfte des vermutlichen Gesamterbes (Haus plus Geld) liegt.

    Der Vorteil, Sie werden ohne Klimmzüge und Tricks sofort alleinige Eigentümerin des Hauses und Ihre Schwester muss sich melden, wenn sie das Geld haben will. Wenn sie sich nicht meldet, dann eben nicht.

    Da es hier einige Fallstricke lauern, auch hinsichtlich des Erbes nach dem erstversterbenden Elternteil, sollten Sie und Ihre Eltern überlegen, ein notarielles Testament aufsetzen zu lassen. Der Notar berät Ihre Eltern auch zur besten Gestaltung und Details (z.B. sollte festgehalten werden, dass X ein Nominalbetrag ist, der nicht verzinst wird). So ein notarielles Testament kostet zwar einige tausend Euro, dafür brauchen Sie dann keinen Erbschein mehr, der auch Geld kostet, das Testament wird dann nur noch eröffnet.

    Gruß Pumphut

  • Hallo,

    Weiter (u.a.) muss an Eides statt vor Nachlassgericht oder Notar versichert werden, dass alle Erben die Erbschaft angenommen haben.

    Haben Sie dafür eine Quelle? Nochmal, da ein Erbe nicht aktiv angenommen werden muss, kann auch niemand an Eides statt erklären, ein anderer hätte das Erbe angenommen. Und ob ein Erbe ausgeschlagen wurde, weiß das Nachlassgericht allein und viel zuverlässiger als ein Miterbe.

    Gruß Pumphut

  • Hallo,

    Haben Sie dafür eine Quelle? Nochmal, da ein Erbe nicht aktiv angenommen werden muss, kann auch niemand an Eides statt erklären, ein anderer hätte das Erbe angenommen. Und ob ein Erbe ausgeschlagen wurde, weiß das Nachlassgericht allein und viel zuverlässiger als ein Miterbe.

    Gruß Pumphut

    Ja, Paragraph 352 FamFG