ETF Steuern sparen als Frugalist - wenn ich nach der 4% Regel von den Zinsen dauerhaft leben will?

  • Hallo,


    ich möchte meinen ETF bald mit meinem Festgeld füllen, wär dann auf 170.000€. Monatliche Sparrate wären dann 1000€ und ich plane so in 8-10 Jahren über 400.000 zu haben um nach der 4% Methode genug Zinsen zu haben um damit zum Teil leben zu können (plus dann nur noch kleiner Job).


    Wenn ich aber mir dann jeden Monat so um die 1000 - 1500€ auszahle, mach ich das doch immer von den ältesten Anteilen wo der meiste Gewinn drauf ist den ich versteuern muss, oder?


    Es gibt ja hier das neue Video und den Artikel von der 3x10 Methode, aber das passt ja weder von der Laufzeit noch ansonsten bei mir. Wie geht man das in diesem Fall am geschicktesten an?


    Weil wenn ich die Auszahlungen immer nur von den neuen Anteilen machen könnte müsste ich ja praktisch dauerhaft fast nix versteuern (der alte Brocken bleibt ja theoretisch für immer liegen) und hätte den Freibetrag für den Tagesgeldpuffer.

  • Hallo Bernd123 und Herzlich-Willkommen im FT-Forum,

    ich möchte meinen ETF bald mit meinem Festgeld füllen, wär dann auf 170.000€. Monatliche Sparrate wären dann 1000€ und ich plane so in 8-10 Jahren über 400.000 zu haben um nach der 4% Methode genug Zinsen zu haben um damit zum Teil leben zu können (plus dann nur noch kleiner Job).

    Ja, wenn es immer so einfach wäre...

    Was passiert, wenn wir die nächsten 10 Jahre eine 'verlorene Dekade' haben. Gab es in den letzten 100 Jahren 3 mal?

    https://www.spiegel.de/wirtsch…rene-dekade-a-668870.html


    Nicht das ich das erwarte, aber man sollte zumindest die realistische Erwartung haben, dass so etwas passieren könnte und sich für diesen Fall einen 'Plan B' parat legen.

    Wenn ich aber mir dann jeden Monat so um die 1000 - 1500€ auszahle, mach ich das doch immer von den ältesten Anteilen wo der meiste Gewinn drauf ist den ich versteuern muss, oder?

    Warum jeden Monat Auszahlungen vornehmen? Wäre es nicht sinnvoller gleich den Bedarf von 1, 2, 3 oder 5 Jahren zu entnehmen und das Geld dann sicher zu parken (z.B. Festgeld).

    Es gibt ja hier das neue Video und den Artikel von der 3x10 Methode, aber das passt ja weder von der Laufzeit noch ansonsten bei mir. Wie geht man das in diesem Fall am geschicktesten an?

    Man kann auch, wenn es an den Verkauf geht einfach ein weiteres Depot bei einem anderen Broker eröffnen und dann beliebig viele ETF-Anteile vom Altern Depot in das neue Depot verschieben (FIFO). Die 'neueren gekauften' Anteile bleiben dann im alten Depot und können hieraus vor den zuerst gekauften Anteilen verkauft werden.


    Zur 'kurzen' Laufzeit habe ich ja bereits oben etwas geschrieben. Dein Plan kann funktionieren, kann aber auch schief gehen. Das Risiko liegt so bei 30%, wenn man die Daten der Vergangenheit als Basis heranzieht.

    Ich würde also zumindest einen 'Plan B' in der Hinterhand bereit halten.

  • Grundsätzlich ist das Prinzip verschiedener Steuertöpfe auf beliebige Summen und Laufzeiten anwendbar. Ob man den Topf über ETFs oder unterschiedliche Depots umsetzt, ist egal. Die ersten Töpfe bringen dabei am meisten, mit jedem weiteren Topf wird der mögliche Vorteil kleiner. In der Realität geht es auch nicht immer schön nach oben


    4% als jüngerer Mensch ist recht riskant und 400k sind auch kein besonders großes Polster. Du vergisst bei deiner Rechnung auch die Inflation. Ich bezweifle, dass man im Jahr 2035 mit 1000€ weit kommt

  • Spannendes aber ziemlich anspruchsvolles da komplexes Thema.


    Die steuerlichen Aspekt sind dabei nur ein Thema. Würde mein Augenmerk zunächst eher zuerst mal auf die Grundlagen richten.


    Nur am Rande und vorab: Die ominöse 4% Entnahme(Regel) ist - auch nach meinen Berechnungen - schon lange hinfällig. Schon wegen dem sog. Rendite-Reihenfolge-Risiko (Sequence of Return Risk - umso unangenehmer bis fataler in der Auswirkung übrigens, desto früher ein Börsenabschwung oder gar Börsencrash in der Entnahmephase erfolgt).


    Zumeist wird daher mit dem Vorhalten eines Cashpuffers für einige Jahre und/oder mit einer variablen Entnahmerate gearbeitet.


    Diese Entnahmerate (dazu hatte ich mal umfangreichere Berechnungen angestellt) würde ich aber ohnehin bei eher max. 3% ansetzen. Jedenfalls, wenn eine hohe Sicherheit gewünscht wird. Die ist aus meiner Sicht im Alter indiziert.


    Mit (altersbedingt) abnehmendem Humankapital (irgendwann ab 65 + tendiert das Humankapital fast immer gegen Null) würde für mich jedenfalls Sicherheit im Vordergrund stehen. In der Ansparphase kann man (notfalls) mehr arbeiten, eine besser bezahlte Arbeit suchen, die Sparquote erhöhen, die Ausgaben senken usw. - was macht man dagegen (als älterer Mensch) in der Entnahmephase, wenn es mit den Börsen schlecht läuft ... ?!


    Zudem basieren die meisten dieser (vielen) Berechnungen auf US-Daten bzw. haben eine US-Background. Noch dazu waren die letzten 50 Jahre eine Zeit ohne große Kriege, mit überwiegend einem wirtschaftlichen Aufschwung, insbesondere für die USA ist es wirtschaftlich sehr gut gelaufen. Kurz gesagt: Aus meiner Sicht beruhen sehr viele dieser (US)Berechnungen auf sehr bis äußerst "gutmütigen" Daten. Pointiert formuliert könnte man auch von "Schönwetterrechnungen" sprechen ...


    Hatte mal mit einem Profi zusammen z. B. für Deutschland und z. B. über längere Zeiträume gerechnet: Da kam andere Entnahmeraten als 4% raus. Ab 1955 ca. 3,7%, ab 1944 ca. 1,4% und ab 1914 nur noch ca. 0,8%. Das aber nur am Rande.


    Dazu kommen dann noch - neben SoRR - eine tendenziell generell steigende Lebenserwartung (biometrisches Risiko; individuell natürlich verschieden) und Dein Alter bei Einstieg in die Entnahmephase (desto länger die Entnahmephase dauert, desto anspruchsvoller wird das Ganze) und auch die Berücksichtigung der Inflation.


    Zu bedenken wären natürlich auch Deine sonstigen Rahmenbedingungen: Neben der Entnahme sicheres ergänzendes Sockeleinkommen (ab einem gewissen Alter) vorhanden ? Mußt Du nur Dich oder auch noch einen Partner/Partnerin versorgen ? Nicht kostenfreies aber wenigstens mietfreies Wohnen vorhanden ? KV-Status: GKV, irgendwann KVdR oder PKV - um nur vier Beispiele zu nennen.


    Aus meiner Sicht würde ich mich zunächst damit einmal etwas näher beschäftigen - bevor es an dann die steuerliche Optimierung geht.


    Nur meine bescheidene persönliche Meinung.

  • Ich glaube mal die Steuern sind bei dieser Berechnung das kleinste Problem. 10 Jahre alles in einen ETF mit Gewinnerwartung, egal welche Höhe, ist da weit Unsicherer. Selbst wenn es jetzt sehr gut läuft, kann nach 9 Jahren auch ein Crash die Börse erschüttern. Wie bereits oben erwähnt, wird die Inflation Dir in 10 Jahren etwa 20% + - 10% „rauben“. Sollte es halbwegs Sicher sein, sind 2 Säulen, allein für die monatlichen Auszahlungen wichtig. Einmal dein ETF und wenn der gerade satt ins minus rutscht, eine sichere Anlage. Bei Finanztest Pantoffel genannt, bei anderen seriösen Ratgebern anders genannt, aber vom Sinn her, ähneln sich alle.

  • Hast Du es denn auch mal mit 'Schweizer Börsendaten' von Deinem Experten durchrechnen lassen?

    Ich meine nur, weil auch die Schweiz in den letzten 200 Jahren nicht von Kriegsereignissen im eigenen Land direkt betroffen war. :/

    Ja, es stimmt das die Berechnungen vorrangig auf US Daten beruhen. Allein schon deshalb, weil die US Finanzmarktdaten die längste Historie bietet (z.B. Daten des S&P 500).

    Da würde mich z.B. interessieren, welche Daten Dein Experte für Deutschland angenommen hat. Den DAX gibt es z.B. erst seit 1988. Rückgerechnet habe ich auch schon mal Daten bis 1959 gesehen. Woher sind z.B. die Daten des Aktienmarktes von 1914? :/

    Dazu kommt dann, dass in Deutschland die Kapitalmärkte historisch immer schon extrem unterentwickelt waren und noch dazu 2 verlorene WK in einem Zeitraum von 30 Jahren.


    Daher nimmt man ja als Aktieninvestment nach Möglichkeit einen weltweiten Aktienpool, der inzwischen allerdings von den US Werten beherrscht wird (BTW: Ende der 80'er war Japan der größte Fisch im Becken). Wer aber seit 1988 stur einen Indexfonds auf den MSCI World bespart hätte, wäre trotzdem ganz gut gefahren. Zumindest besser als mit einem DAX-Indexfonds.

    Nehmen wir einfach mal an, der weltweite Aktien-Topf entwickelt sich in den nächsten 40 auch nur halbwegs so weiter, wie in den letzten 40 Jahren, dann sehe ich zumindest ganz entspannt in die Zukunft (rein finanztechnisch).

    Du hast es ja so schön 'Schönwetterrechnung' genannt. Nun, zumindest für meinen Teil geht es nicht ohne 'Schönwetterrechnung'. Ich bin z.B. darauf angewiesen, dass meine Heimat mir auch die nächsten 40-50 Jahre mein Auskommen sichert (aktuell Arbeit, später Rente). Das uns unsere Wohnung erhalten bleibt und nicht weggebombt wird.

    Selbst wenn meine Aktien sich wie in den letzten 40 Jahren entwickeln, würde es wohl allein nicht reichen, wenn ich mit 70 keine Rente und kein Dach mehr über der Kopf hätte.

    Meine Altersvorsorgeplanung mag so machen Sturm aushalten, aber halt keinen kompletten, dauerhaften Schaden einer Säule.

    Ich könnte mir vorstellen, dass einem Gros der Menschen ganz ähnlich geht und nur eine absolute Minderheit finanziell und organisatorisch so aufgestellt ist, dass z.B. ein Krieg im eigenen Land nicht wenigstens substantiellen finanzielle Auswirkungen hätte.

  • Wow danke für die schnellen Antworten!


    Also mein Ziel ist einfach recht schnell (wäre dann nach den 10 Jahren 40) mein Leben angenehmer gestalten zu können. Derzeit verbrauche ich trotz Miete nur ca. 1100€ im Monat ohne ein Gefühl das ich mich irgendwie einschränken würde.


    Wenn ich dann später 1000+€ jeden Monat einfach so hätte wär das für mich gigantisch. Klar werde ich trotzdem arbeiten müssen weil ich ja sonst auch noch selbst die Krankenversicherung zahlen müsste und wie ihr sagt, später wird das Leben teurer werden. Aber ich könnte mir ganz frei einen Job suchen, mich ausprobieren und weniger Stunden arbeiten, mehr zum „Spaß“ wie zum „ich muss halt“.


    Und in der Rente, ich bekomm ja trotzdem auch noch Rente, im Notfall kann ich auch mein Kapital verzehren. Vermutlich bekomm ich auch die Wohnung (Eigentum) meiner Eltern vererbt wenn nichts unvorhergesehenes passiert.


    Achja, ob es mal in der Börse runter geht wär nicht so dramatisch, ich hab vor vielleicht so 20-30k flüssig zu haben, damit könnte ich einiges überbrücken oder günstig nachkaufen bei einem Crash. Nebenbei hab ich vor noch ca. 10k in Aktien (Apple, MS) und zum kleinen Teil Crypto zu halten.


    Das die 4% Regel nicht mehr gilt und ich nur max 3% oder noch weit drunter abgreifen kann schockiert mich allerdings! Dann wären die derzeitigen Tagesgeld und Festgeld Zinsen ja weitaus attraktiver und ein ETF würde gerade gar kein Sin machen??? Das kann doch nicht sein, oder?

  • monstermania


    Diese spezielle Thematik ("Sichere Entnahmerate" bzw. "Safe Withdrawal Rate" (SWR)) hier fundiert und in allen Einzelheiten zu diskutieren würde vermutlich den Rahmen sprengen. Zudem dürfte es nur einen eher überschaubaren Kreis ernsthaft interessieren (nämlich die, die von den Entnahmen wesentlich, überwiegend oder vollständig ihr (restliches) Leben bestreiten wollen oder müssen). Daher nur einige allgemeine und eher kompakte Antworten (einige Deine Einwürfe kann ich übrigens gut nachvollziehen).


    Es dürfte ein signifikanter - um nicht zu sagen riesengroßer - Unterschied sein, ob a) die Entnahme (aus dem über sehr lange Zeit aufgebauten und wie auch immer aufgestellten) Depot sozusagen nur die "Kirsche" auf der "Altersvorsorge-Torte" ist (neben einer (meist ja kleinen bis überschaubaren) gesetzlichen Rente und/oder einer ebensolchen betrieblichen Rente, und/oder mietfreiem Wohnen in lastenfreiem Wohneigentum, und/oder einer noch fällig werden KLV, und/oder einer weiteren dauerhaften Einnahmequelle (Mieteinnahme beispielsweise) - oder aber ob b) mittels der Entnahme - hauptsächlich oder sogar vollumfänglich - das restliche Leben (sozusagen bis zum Tod) zu bestreiten ist.


    Diese a) Fälle dürften zumeist keine jedenfalls richtig großen Probleme bereiten. So wie ich das sehe, gehörst Du zu den a) Fällen und bewegst Dich auf eher sehr sicherem Terrain.


    Unter a) sind natürlich auch die Fälle zu subsumieren, wo das (sichere) Sockeleinkommen schon per relativ hoch ist bzw. im Alter hoch sein wird (Politiker, höhere Beamte, Freiberufler mit einem gut funktionierenden bzw. gut geführten Versorgungswerk, teilweise auch Öffentlicher Dienst beispielsweise).


    Zudem macht es übrigens einen großen - um nicht zu sagen riesengroßen - (emotionalen) Unterschied (nach meiner Erfahrung), ob ein Depot noch während der Erwerbstätigkeit mal crasht (und man hat noch > 10 Jahre Erwerbstätigkeit vor sich) oder ob man schon im Rentenalter ist (Humankapital tendiert perspektivisch gegen Null) bzw. man schon definitiv "ausgestiegen" ist (beispielsweise als sog. Frugalist) - und müßte sich dann eventuell mit dem Gedanken an einen "Wiedereinstig" in die Erwerbsarbeit auseinandersetzen.


    Meine generelle Erfahrung: Sehr vielen (den meisten ?) ist eher nicht bewußt, daß auch sehr große Summen (bei den b) Fällen) dann plötzlich eher klein erscheinen. Bei realitätsbezogener Herangehensweise jedenfalls - und unter bei Einbezug der nicht selten "sportlichen" Vorgaben.


    Nur bei Interesse lesen ... Mal ein Fall (Kategorie b) aus der jüngeren Vergangenheit: Eine Bekannte hatte mich zu dem Fall hinzugebeten: Mann (44) (ihr Sohnemann), mit langjähriger Lebensabschnittpartnerin (35) und deren Kind aus erste Ehe (8) hatte seine Firma verkauft (diese hatte er über knapp 20 Jahre erfolgreich aufgebaut). Nach Steuer standen 2,07 Mio. (der gesamte Verkaufserlös) zur freien Verfügung (ansonsten waren "nur" noch ca. 110.000 als Tages- und Festgeld vorhanden). Er fühlte sich sozusagen als Multi-Millionär. Und wollte von nun an nix mehr arbeiten. "Das muß bei dem Vermögen doch möglich sein" (vermute er war in der Firma eher für das Kreative und nicht für das Kaufmännische verantwortlich ...). Seine Vorgabe (präziser würde ich von Wünschen sprechen): Monatliche Entnahme bzw. Bedarf von 6-7 Tsd. netto lebenslang (tendenziell "eher etwas mehr, da nun mehr Zeit für Freizeit, Reisen usw. vorhanden sei"). Mieter in einem Ballungsgebiet. Kein späterer Rentenanspruch (die Partnerin nur einen minimalen; aufgrund Versorgungsausgleich aus der Scheidung, nach meiner Vermutung), alle in der PKV. Zitat: "Die Firma habe ich immer als meine Altersvorsorge gesehen". Weiter: "Die Entnahmen sollen natürlich mit der Inflation mitwachsen". Und: "Für meine Partnerin samt Kind soll auf jeden Fall ein relevantes Erbe übrig bleiben, möglichst also Kapitalerhalt" ("falls ich vor diesen ablebe"). Um es kurz zu machen: Unter Berücksichtigung von SoRR, der gewünschten (relativ hohen aber realistischen) Entnahmerate, den gegebenen Rahmenbedingungen (Miete, PKV), dem Alter (der gute Mann könnte noch ein halbes Jahrhundert vor sich haben (seine Liebsten deutlich mehr)), der Tatsache, daß er nicht nur sich (als Single) sondern drei Menschen zu versorgen hat usw. - eine praktisch nicht lösbare Aufgabe. Selbst dann nicht, wenn man von 4% anfänglicher Entnahmerate ausgeht (was ich bei derart langen Zeiträumen nie empfehlen würde) und eine sehr hohe Aktienquote (z. B. 90%) fährt. Es könnte vielleicht klappen, wenn wirklich alles top bzw. ideal läuft (ich würde da eher von undenkbar sprechen) - die Pleitewahrscheinlichkeit bewegt sich aber in einem Bereich, der m. E. nicht empfehlenswert präziser nicht verantwortbar wäre. Conclusio: Noch einige Jahre weiterarbeiten und möglichst auch weiter Kapital akkumulieren oder die Vorgaben ändern (herunterschrauben). Oder eine Mischung aus beidem. Einige seiner Schlußsätze (nachdem er noch "Hochdividendenwerte" ins Spiel gebracht hatte ...): "O. K. sehe ich ein". "Hätte ich aber nie gedacht" ... "Trotzdem sehe ich jetzt klarer" und "Die Firma hätte ich glücklicherweise jetzt so oder so verkauft ... Also kein Totalschaden sozusagen.


    Ich könnte mir vorstellen, dass einem Gros der Menschen ganz ähnlich geht und nur eine absolute Minderheit finanziell und organisatorisch so aufgestellt ist, dass z.B. ein Krieg im eigenen Land nicht wenigstens substantiellen finanzielle Auswirkungen hätte.

    Sehe ich exakt ebenso. Ein Weltkrieg oder auch "nur" ein Krieg im eigenen Land (sowie beispielsweise auch ein zweites "1929" samt Folgejahre - wobei da heutzutage vermutlich die Notenbanken eine konzertierte weltweite Aktion starten würden) hätte wohl für 99% aller Menschen substantielle bzw. essentielle finanzielle Auswirkungen. Vermutlich dürften die Finanzen dann aber noch zu den eher geringeren Sorgen und Problemen zählen.


    Dir weiter viel Erfolg bei Deinen realistischen und bodenständigen Plänen. Das klingt in sich schlüssig.

  • Das die 4% Regel nicht mehr gilt und ich nur max 3% oder noch weit drunter abgreifen kann schockiert mich allerdings! Dann wären die derzeitigen Tagesgeld und Festgeld Zinsen ja weitaus attraktiver und ein ETF würde gerade gar kein Sin machen??? Das kann doch nicht sein, oder?

    Vermutlich eher doch (um mit Deiner letzten Frage zu beginnen).


    Bei entsprechend hoher Risikobereitschaft (und/oder Cashpuffer und/oder variabler Entnahme) kann man es nichtsdestotrotz mit 4% versuchen. Insbesondere bei guten sonstigen Rahmenbedingungen (günstige Miete, keine Miete, günstige KV, man braucht nur sich selbst versorgen sprich keine weiteren Personen usw.).


    Hast Du Dich mal mit "SWR" - hier insbesondere auch "SoRR" - näher beschäftigt ?


    Und bei den Zinsen auf sogenannte "sichere Anlagen" mit den Themen "Steuern" und Inflation" - sowie deren Wirkung auf Deine Zuflüsse/Entnahmen über längere Zeiträume ? Das Thema "Finanzielle Repression" würde ich in dem Kontext unbedingt auch noch mit dazunehmen.


    Zudem: Keine Frage, Aktien sind über sehr lange Zeiträume die Assetklasse mit der theoretisch und auch statistisch höchsten Rendite. Es kann aber - auch durchaus über längere Zeiträume - mit Aktien deutlich schlechter laufen. Natürlich auch deutlich besser als gedacht. Deine subjektive Risikobereitschaft bzw. individuelle objektive Risikotragfähigkeit kennst Du aber sicherlich am besten. Wenn es um längere Zeiträume geht, rechnen die meisten (die ich kenne) mit um die 3%. Startet man die Entnahme z. B. erst mit 70 Jahren könnte man sicherlich eine etwas höhere Entnahmerate vertreten.


    Nur meine bescheidene Meinung.

  • Das die 4% Regel nicht mehr gilt und ich nur max 3% oder noch weit drunter abgreifen kann schockiert mich allerdings! Dann wären die derzeitigen Tagesgeld und Festgeld Zinsen ja weitaus attraktiver und ein ETF würde gerade gar kein Sin machen??? Das kann doch nicht sein, oder?

    Du musst unterscheiden zwischen der Rendite und der sicheren Entnahmerate. Letztere ist deutlich niedriger als die Rendite, weil zum einen der Wert der Anlage schwanken kann und zum anderen die Inflation berücksichtigt werden muss. Übrigens nicht nur die Verbraucherpreisinflation, auch die Lifestyle-Inflation. Denn du wirst sicherlich nicht mit 40 in Rente wollen, um dann den ganzen Tag nur in der 1-Zimmer-Wohnung zu sitzen.

    Zum ganzen Thema kann ich dir nur wärmstens den Blog von Georg empfehlen, hier zum Beispiel den Artikel zur Entnahmerate: https://www.finanzen-erklaert.de/mut-zum-risiko/


    Grundsätzlich will ich dich aber vor zu viel Optimismus warnen. Du nimmst deine aktuelle Situation und schreibst das 1:1 in die Zukunft fort. Dein Leben wird vielleicht nicht so weitergehen, wie bisher. Das muss übrigens nicht schlecht sein. Partner und Kinder können ein Leben sehr bereichern. Der Plan, mit 1100€ zu leben, wird dann in der Regel aber hinfällig. Und wie schon angedeutet, wenn man in der vielen freien Zeit etwas erleben will, kostet das auch Geld.

  • Ich ... plane so in 8-10 Jahren über 400.000 zu haben um nach der 4% Methode genug Zinsen zu haben um damit zum Teil leben zu können (plus dann nur noch kleiner Job).

    Du schreibst nichts von Deinem Alter (was abschätzen ließe, wie lang das Geld reichen müßte), Du schreibst nichts von Rentenansprüchen.

    Wenn Du 1500 € mal 12 Monate mal 21 Jahre nimmst (durchschnittliche Rentenlaufzeit), bist Du schon in der Größenordnung von 400 T€. Für ein Leben reichen 400 T€ nach meiner Einschätzung nicht.

    Wenn ich aber mir dann jeden Monat so um die 1000 - 1500€ auszahle, mach ich das doch immer von den ältesten Anteilen wo der meiste Gewinn drauf ist den ich versteuern muss, oder?

    Die Steuer ist nicht das große Problem. Wenn Du kein "normales" Einkommen hast, zahlst Du auf schätzungsweise 20 T€ Erträge aus Aktien-ETFs überhaupt keine Steuer. Wenn es partout sein muß, bekommst Du auch die neuesten Anteile zuerst verkauft.

    Weil wenn ich die Auszahlungen immer nur von den neuen Anteilen machen könnte müsste ich ja praktisch dauerhaft fast nix versteuern (der alte Brocken bleibt ja theoretisch für immer liegen) und hätte den Freibetrag für den Tagesgeldpuffer.

    Wenn Du kein "normales Einkommen" hast, kannst Du eine ganze Menge Kapitaleinkünfte haben, von denen Du wenig versteuerst, entscheidend weniger jedenfalls als mit der Kapitalertragsteuer (Stichwort: Günstigerprüfung).

  • Aber ich könnte mir ganz frei einen Job suchen, mich ausprobieren und weniger Stunden arbeiten, mehr zum „Spaß“ wie zum „ich muss halt“.

    Bei solchen Aussagen frage ich mich, wie eine Gesellschaft noch funktionieren soll, in der Leute nur noch zum Spaß arbeiten, wo Kompetenzen unterwentwickelt sind, Verantwortung ein Fremdwort wird.


    Gestern hörte ich von einer Landschaftsarchitektin (Bachelor), die sich in einem Gartenbaubetrieb bewarb - für maximal 4 x 6 Stunden in der Woche, was organisatorisch von der Baustelle am frühen Nachmittag mit einem Shuttle-Service funktionieren könnte, den der AG bitte bereitzustellen hätte? Keine praktischen Erfahrungen, keine CAD-Kenntnisse, keine Erfahrungen bei Mengenermittlungen, keine Erfahrungen, einen Pflanzplan zu erstellen. Gruselig, wenn man so was hochrechnet. Ist auch eine Anfrage ans Bildungssystem.


    Vielleicht ließe sich ja Müssen (oh wie schlimm) durch Motivation ersetzen?


    Diese Nebenbemerkung musste jetzt mal sein.

  • Vielleicht ließe sich ja Müssen (oh wie schlimm) durch Motivation ersetzen?


    Diese Nebenbemerkung musste jetzt mal sein.

    Das geht doch völlig an der Sache vorbei. Wenn wir alle bis 80 voll arbeiten, brauchen wir auch weniger Altersvorsorge. Viele hier haben das nicht vor, noch nichtmal bis 67. Warum? Weil sie es sich leisten können.


    An dem Punkt sehe ich übrigens das Problem beim Threadstarter. Mit nur 400.000 EUR mit gerade mal 40 (bzw. eigentlich ja jetzt schon) nur auf Gelegenheits-/Teilzeitjobs setzen könnte eng werden. Denn das Geld muss lange reichen, und mit Mitte 50 feststellen, dass das Sequence-of-Return-Risiko zugeschlagen hat bzw. die Rendite bisher leider nicht bei erhofften 7-8, sondern 3% (vor Inflation…) gelegen hat, wäre unschön.

  • Das geht doch völlig an der Sache vorbei. Wenn wir alle bis 80 voll arbeiten, brauchen wir auch weniger Altersvorsorge. Viele hier haben das nicht vor, noch nichtmal bis 67. Warum? Weil sie es sich leisten können.

    Zwischen 40 und 80 aufhören zu arbeiten, ist ein sehr weiter Bereich. Bin ja auch für individuelle Lösungen und verstehe den Einzelfall. Für die Gesellschaft wird es aber problematisch, wenn Befähigung und Motivation abnehmen.

    Ja, ich sehe das Problem für den TE mit 400k Euro ab 40 ebenso. Ob die bei FT immer wieder angebrachten 7 % Ertrag bei Aktien-ETF langfristig noch mal erreicht werden, wer weiß.

  • Das die 4% Regel nicht mehr gilt und ich nur max 3% oder noch weit drunter abgreifen kann schockiert mich allerdings! Dann wären die derzeitigen Tagesgeld und Festgeld Zinsen ja weitaus attraktiver und ein ETF würde gerade gar kein Sin machen??? Das kann doch nicht sein, oder?

    Du solltest Dich auf jedem Fall nochmal eingehend mit der '4%-Regel' beschäftigen. Insbesondere mit der Herkunft, Grenzen und Risiken dieser Regel.

    Der wesentliche Punkt: Die '4%-Regel' ist nie für eine 'ewige' Rente berechnet worden, sondern gilt für einen Zeitraum von 30 Jahren!

    Wer also mit 40 mit gemäß der '4%-Regel' entnehmen will, geht ein sehr hohes Risiko ein, dass einem mit 70+ irgendwann das Geld ausgeht.

    Der Blog von Georg wurde ja bereits genannt (https://www.finanzen-erklaert.de/). M.E. die wertvollste Quelle zum Thema Entnahmepläne in Deutschland. Mach Dich dort mal schlau und ggf. wirst Du Deinen Plan dann nochmal überdenken.

  • Du musst unterscheiden zwischen der Rendite und der sicheren Entnahmerate.

    Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Denkfehler beim Threadstarter, und daraus resultieren dann weitere Fehlannahmen.

    • Die Vorstellung "ich bekomme bei ETFs doch 7% Rendite, dann kann ich locker 4% entnehmen" - so funktionieren ETFs nicht. Die Rendite kommt (anders als bei Festgeld) nicht zuverlässig und gleichmäßig jedes Jahr obendrauf, sondern es gibt Ausschläge in beide Richtungen und kann auch mal jahrelang seitwärts oder gar runter gehen (Stichwort SoRR).
    • Die Vorstellung "Da bekomme ich ja derzeit für Tages-/Festgeld mehr" - genau, derzeit. Die letzten 10 Jahre gab es für Tages-/Festgeld fast nichts, da wäre das Geld bei 4% Entnahme im Jahr schnell dahingeschmolzen.

    Wenn man mit Entnahmen nicht nur als "kleines Zubrot" in der Rente irgendwann über 60 kalkuliert, sondern schon ab dem Alter von gerade mal 40 zu einem wesentlichen Teil davon leben will, hat man plötzlich eben nicht mehr +/-30 Jahre, die das Geld reichen muss, sondern +/-50 Jahre. Das drückt die Safe Withdrawal Rate, bzw. man muss sich sehr viel mehr und gründlicher mit (ggf. auch flexibleren) Entnahmestrategien beschäftigen. Und ich befürchte, wenn Du Bernd123 das tust, wirst Du merken, dass nur 400.000 EUR dafür schlicht zu knapp sein werden.

  • Sovereign

    Ich nehme mal an, dass Du auch im WPF dabei bist.

    Dort tauchen ja auch immer solche Fälle wie der von Dir geschilderte Fall auf (Firmenverkauf, Erbe und plötzlich Millionär). Kürzlich gerade wieder, und teilweise muss ich wirklich schmunzeln, wenn ich die Kommentare so lese (auch die 'Vorgaben' der Millionäre).

    Zumindest sollte ein mehrfacher Millionär etliche Sorgen weniger haben, wobei ich das Gefühl habe, für manche fangen die Sorgen dann erst an. ;)

    Das ein komplettes 'Nicht mehr arbeiten' für einen Menschen eine eher schlechte Wahl ist, dürfte inzwischen auch weitgehend bekannt sein. So werde ich mir als (Un)Ruheständler mit Sicherheit eine Aufgabe suchen. Entweder ehrenamtlich oder in Teilzeit. Der Unterschied ist halt, dass ich mir meine Zeit dann einteilen kann wie ich will.

    Eine Aufgabe wäre mir allein schon wichtig um mich weiter mit anderen Menschen auszutauschen und 'gebraucht' zu werden. Ein Beruf ist für mich weit mehr als ausschließlich die eigentliche Arbeit.

    Wir gehen auch mal in die unsere Kiezkneipe. Dort sehe ich dann die Beispiele von Rentnern, die einsam, ohne Aufgabe nichts besseres mehr mit Ihrem Leben anzufangen wissen, als jeden Tag dort 'abzuhängen' und sich mit Ihrem Bier das 'Ohr' der Tresenkraft zu 'erkaufen'. Einfach Schrecklich!

  • Ich könnte mir ganz frei einen Job suchen, mich ausprobieren und weniger Stunden arbeiten, mehr zum „Spaß“ wie zum „ich muss halt“.

    Bei solchen Aussagen frage ich mich, wie eine Gesellschaft noch funktionieren soll, in der Leute nur noch zum Spaß arbeiten, wo Kompetenzen unterentwickelt sind, Verantwortung ein Fremdwort wird.

    Wie Du von dem Wunsch, nur noch nach Bedarf zu arbeiten, zu dem Schluß kommst, daß damit Kompetenzen unterentwickelt seien und Verantwortung ein Fremdwort sei, erschließt sich mir nicht.


    Es wäre sicherlich zu kritisieren, wenn jemand sein Leben auf die soziale Hängematte baut.


    Wenn jemand aber freiwillig seine Arbeitszeit reduziert, weil er sein Leben so bescheiden führt, daß ihm ein reduziertes Einkommen trotzdem reicht, ohne daß er der Gesellschaft zur Last fällt, so sollte ihm in einer freiheitlichen Gesellschaft eine solche Lebensführung freistehen. Ein Ehepaar, bei dem die Frau bewußt bei den Kindern bleibt und dafür ihre Berufstätigkeit aufgibt, handelt prinzipiell genau so.

  • Allein im Hinblick auf die Krankenversicherung (ich vermute aufgrund der obigen Erwähnung einfach einmal gKV) würde eine Beschäftigung zu mindestens 521 Euro Sinn ergeben, bis die Rente beginnt. (Stand heute 63, Tendenz steigend)


    Im Zweifel wäre ich auch eher dafür, 2-3 Jahre länger zu arbeiten (bzw. in diesem Zeitraum mehr zu arbeiten) als die Kalkulation erfordert.


    Das entspringt aber meinem persönlichen Sicherheitsbedürfnis, andere können das gerne anders sehen.