Desaster Riester?

  • Es gäbe sehr viele Varianten vorbei an Maschmeyer und allen anderen Unternehmen die nur unser bestes wollen, allerdings ist das eine starke Lobby und damit in der Politik fest verankert und damit bei den Entscheidungen immer im Hintergrund dabei.

  • Du verdienst offensichtlich deutlich mehr als ich (was Dir gegönnt sei, kein Neid!).

    Täusch Dich da mal nicht, das geht bei knapp über 60K zu versteuerndem EK los, wenn man halt noch Kirchensteuer zahlt.

    Wenn Du auf auf ein proportional vergleichbares Altersversorgungsniveau hinsparst, mußt Du mindestens das weglegen, eventuell noch mehr, was wiederum heißt, daß der Riestervertrag von seiner Wertentwicklung für Dein Vermögen nachgeordnet ist.

    Das ist er sicherlich (auch wenn ich ein proportional vergleichbares Niveau im Alter vermutlich nicht benötigen werde). Der Punkt ist aber, dass man das ja üblicherweise abschließt, wenn man deutlich jünger ist. Und zu dem Zeitpunkt auch deutlich weniger verdient. Da war das schon ein relevanter Baustein. Damals war die Erwägung halt: wenn ich weiter so (schlecht) verdiene, wie jetzt, lohnt es sich über die Zulagen, die Steuer wird dann im Alter auch gering ausfallen. Und wenn sich der Verdienst deutlich steigern sollte, tut der Vertrag auch nicht weh. So ist es dann auch.

  • Man könnte Riester ja neben jeder anderen Form der geförderten Altersvorsorge oder Vermögensbildung einfach innerhalb der Rentenversicherung abbilden.

    ja, das wäre kurz, schmerzlos, sinnvoll, einfach zu implementieren.


    Aber ich befürchte, dass das damals einfach nicht hätte kommuniziert werden können: "wir nehmen Euch einen Teil der GRV weg, aber, hurra, Ihr dürft den freiwillig unter Gewährung von Steuererstattung, Zulagen, usw selbst wieder einzahlen." Die GRV hatte damals eh keinen guten Ruf, ich kann mich erinnern, dass viele froh um jeden Euro waren, den sie nicht dorthineingaben und anderweitig investieren konnten. Da klang es halt besser, zu schreiben, dass man privat vorsorgen dürfe, ein jeder nach seiner Risikoneigung, mit tollen Renditeerwartungen und gefühlt 7000 möglichen Sonderwegen (Entnahme, Wohnriester, Teilauzahlung, Kündbarkeit, Garantie, Übertragbarkeit, ....) die nur dummerweise alle an der Rendite nagten.

  • Du verdienst offensichtlich deutlich mehr als ich (was Dir gegönnt sei, kein Neid!).

    Täusch Dich da mal nicht, das geht bei knapp über 60K zu versteuerndem [Einkommen] los, wenn man halt noch Kirchensteuer zahlt.

    Man ist in der Tat recht schnell auf 42% (als Lediger ab etwa 80 T€ brutto). Der Soli setzt bei etwa 84 T€ ein (dann 44,3% Grenzsteuersatz) . Kirchensteuer ist (nach Bundesland unterschiedlich) etwa 3,5%, zusammen etwa 48%. Damit ist man als Lediger mit seinem Einkommen etwa bei der 90%-Perzentile (10% der Bevölkerung verdient mehr), als Paar (doppelte Beträge!) bei der 97%-Perzentile (3% der Bevölkerung verdient mehr).


    Ok, da kann man 50% als Überschlag nehmen, mit der Reichensteuer wären es dann um die 51%. Über 84 T€ brutto ist die Steuer in einem weiten Bereich flach.



    [Der Riesterbeitrag liegt maximal bei etwa 2100 €, das ist für einen Besserverdienenden im Vergleich nicht besonders viel.]

    Das ist er sicherlich (auch wenn ich ein proportional vergleichbares Niveau im Alter vermutlich nicht benötigen werde). Der Punkt ist aber, dass man das ja üblicherweise abschließt, wenn man deutlich jünger ist. Und zu dem Zeitpunkt auch deutlich weniger verdient. Da war das schon ein relevanter Baustein. Damals war die Erwägung halt: wenn ich weiter so (schlecht) verdiene, wie jetzt, lohnt es sich über die Zulagen, die Steuer wird dann im Alter auch gering ausfallen. Und wenn sich der Verdienst deutlich steigern sollte, tut der Vertrag auch nicht weh. So ist es dann auch.

    Ich bin ein Zahlenmensch. Wenn Du mich von meiner Überzeugung abbringen willst, daß sich die allermeisten Riesterverträge nicht lohnen, dann müssen Zahlen auf den Tisch.


    Je länger diese Diskussionen dauern, desto klarer wird mir das.


    Mir war beispielsweise früher nicht klar, wie sich das mit den Zuschüssen und den Steuervorteilen verhält, denn überall heißt es ja, es gebe Zuschüsse und Steuervorteile. Nein, gibt es nicht. Die Zuschüsse werden gegengerechnet, so daß jemand, der mehr Steuervorteile erhält, als der Zuschuß betrüge, per saldo überhaupt keinen Zuschuß mehr bekommt.


    Ich habe mich in diesem Zuge auch mit dem Langlebigkeitsrisiko beschäftigt, das speziell Dir ja besonders wichtig ist. Vorher war das für mich ein Dämon, der einem schon Angst einflößen könnte. Jetzt, wo ich nachgerechnet habe, sehe ich, daß das Langlebigkeitsrisiko eben kein brüllender Löwe ist, sondern ein schnurrendes Kätzchen, das man auch als Einzelmensch durchaus beherrschen kann, vermutlich sogar zu geringeren Kosten als die gewinnorientierte Versicherungsindustrie einen glauben machen möchte.


    Es ist ja toll, daß sich das Kapital Deiner Riesterversicherung bis zum Beginn der Rentenzahlung mit 6% rentiert. Aber was hast Du dann davon? Du bekommst das Geld ja allenfalls zum Teil heraus. Den Löwenanteil mußt Du zwangsweise schlecht verzinst verrenten lassen und ein sehr reichlicher Teil wird reserviert für Zeiten, in denen die Hälfte der Versicherten schon tot ist.


    Mir kommen die liebevollen Sprüche, die manche für ihre Riesterverträge übrig haben, vor wie das Pfeifen im Walde.


    Ich bleibe stattdessen weiterhin im Casino und fühle mich wohl dabei.

  • ja, das wäre kurz, schmerzlos, sinnvoll, einfach zu implementieren.


    Aber ich befürchte, dass das damals einfach nicht hätte kommuniziert werden können: "wir nehmen Euch einen Teil der GRV weg, aber, hurra, Ihr dürft den freiwillig unter Gewährung von Steuererstattung, Zulagen, usw selbst wieder einzahlen." Die GRV hatte damals eh keinen guten Ruf, ich kann mich erinnern, dass viele froh um jeden Euro waren, den sie nicht dorthineingaben und anderweitig investieren konnten. Da klang es halt besser, zu schreiben, dass man privat vorsorgen dürfe, ein jeder nach seiner Risikoneigung, mit tollen Renditeerwartungen und gefühlt 7000 möglichen Sonderwegen (Entnahme, Wohnriester, Teilauzahlung, Kündbarkeit, Garantie, Übertragbarkeit, ....) die nur dummerweise alle an der Rendite nagten.

    Daran lässt sich erahnen, ob es damals tatsächlich um die Altersvorsorge der Bevölkerung ging oder um etwas anderes.

  • Der Soli setzt bei etwa 84 T€ ein (dann 44,3% Grenzsteuersatz) . Kirchensteuer ist (nach Bundesland unterschiedlich) etwa 3,5%, zusammen etwa 48%. Damit ist man als Lediger mit seinem Einkommen etwa bei der 90%-Perzentile (10% der Bevölkerung verdient mehr), als Paar (doppelte Beträge!) bei der 97%-Perzentile (3% der Bevölkerung verdient mehr).

    Nene, Soli bei 84 T ist nur die halbe Wahrheit. Die Milderungs- oder Gleitzone setzt bei 65K zvEk (Stand 2023, das aktuelle Jahr finde ich gerade nicht) an, das sind Deine 84K Einkommen, richtig. Aber innerhalb dieser Zone wird der drunter nicht bezahlte Soli erst einmal aufgeholt. D.h. es werden knapp 12% Soli erhoben. Der Grenzsteuersatz ist dort also so lange tatsächlich bei 50%, bis alles aufgeholt wurde, dann fällt der Soli wieder auf die 5,5%.


    Siehe hier:

    Solibuckel im Grenzsteuersatz


    Da ich gemeinsam mit meinem besserverdienenden Mann veranlagt werde, komme ich auch in den Genuss dieses Grenzsteuersatzes, ohne die 84 K zu überschreiten.

    Wenn Du mich von meiner Überzeugung abbringen willst, daß sich die allermeisten Riesterverträge nicht lohnen, dann müssen Zahlen auf den Tisch.

    Das habe ich überhaupt nicht vor! Da stimme ich Dir nämlich vollauf zu.


    Nur heißt das eben nicht, dass man pauschal zu Stilllegung oder gar Kündigung raten kann, da sowohl die Bandbreite der Verträge als auch die der Voraussetzungen der einzelnen Kunden unglaublich groß ist. Um eine Einzelfallbetrachtung kommt man da nicht herum. Aber ja, in sehr vielen, vermutlich den meisten, Fällen ist Riester ein Verlustgeschäft, definitiv.

  • In meinem Vertrag sind rund 20.000 Euro, von denen ich nur einen kleinen Betrag selbst eingezahlt habe, dank der Zulagen für 3 Kinder, bzw. Einzahlungen von 5 Euro monatlich, nachdem die Kinder zu alt waren.


    Monatlich werde ich 100 Euro Rente daraus erhalten.

    Also habe ich das Geld nach 16,6 Jahren auf meinem Konto.

    Die Auszahlung beginnt mit 60.

    Also muss ich “nur” 77 Jahre alt werden, um in die Gewinnphase zu kommen.


    Ob sich das so gelohnt hat, weiß ich nicht.

    Aber ohne großartige Einzahlungen finde ich die Summe schon erstaunlich.

    Aber groß hin und her rechnen lohnt sich bei dem Betrag auch nicht.

  • Nur heißt das eben nicht, dass man pauschal zu Stilllegung oder gar Kündigung raten kann, da sowohl die Bandbreite der Verträge als auch die der Voraussetzungen der einzelnen Kunden unglaublich groß ist. Um eine Einzelfallbetrachtung kommt man da nicht herum.

    Meine Rede und das hier sind genau solche Grenzfälle, in denen selbst ein schlechter Vertrag noch eine gute Entscheidung gewesen wäre:

    Aber ohne großartige Einzahlungen finde ich die Summe schon erstaunlich.

    Aber groß hin und her rechnen lohnt sich bei dem Betrag auch nicht.

    Auch dem letzten Satz würde ich mich anschließen: Sofern man bei Riester nicht den Fehler macht, die ergänzende Altersvorsorge bzw. den dafür geeigneten Vermögensaufbau damit als abgeschlossen zu betrachten, dann kann das ganze ein geeigneter Sicherheitsbaustein im Altersvorsorgeportfolio sein! Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und klar: Sicherheit erkauft man sich wie immer durch niedrige Rendite. Aber zur Diversifikation des Gesamtkonzepts? Warum nicht? Insb. wenn man je nach Situation einen gutem Vertrag erwischt (hat)! Und sich da um den letzten Euro Gedanken machen? Mein Vorgehen wärs auch nicht… ;)

  • Nene, Soli bei 84 T ist nur die halbe Wahrheit.

    Bruttoeinkommen, nicht zu versteuerndes Einkommen. Ich habe das oben nicht genau genug beschrieben. 80 T€ brutto sind etwa 65 T€ zvE - Steuersatz 42% wird erreicht. 84 T€ brutto sind etwa 69 T€ zvE - Soli fängt an (Lediger, Ehepaare natürlich doppelt).

    Die Milderungs- oder Gleitzone setzt bei 65K zvE (Stand 2023, das aktuelle Jahr finde ich gerade nicht) an, das sind Deine 84K Einkommen, richtig. Aber innerhalb dieser Zone wird der drunter nicht bezahlte Soli erst einmal aufgeholt. D.h. es werden knapp 12% Soli erhoben. Der Grenzsteuersatz ist dort also so lange tatsächlich über 50%, bis alles aufgeholt wurde, dann fällt der Soli wieder auf die 5,5%.

    Ah! Wunderbar! Danke für den Hinweis!

    Ich dachte schon, die Formel in meinem Excel-Blatt sei falsch, die 11,9% Soli ergeben hat.

    Da ich gemeinsam mit meinem besserverdienenden Mann veranlagt werde, komme ich auch in den Genuss dieses Grenzsteuersatzes, ohne die 84 K zu überschreiten.

    Das habe ich überhaupt nicht vor! Da stimme ich Dir nämlich vollauf zu.

    Mitgefangen, mitgehangen! Manche Leute nennen das Ding am rechten Ringfinger "Fangeisen". Wenn Ihr beide Soli bezahlt, werdet Ihr zusammen wohl 168 T€ verdienen oder mehr. Gute Eheleute wirtschaften zusammen in einen Topf. :)


    Ohnehin ist es immer besser, man zahlt viel Steuer, denn dazu gehört auch ein hohes Einkommen. Entsprechend ist es meistens schlechter, weniger Steuer zu bezahlen, weil das meistens halt auch weniger Einkommen heißt. Und Verlustzuweisungen sind auch nicht so toll, weil dahinter nämlich Verluste stecken können.

    Nur heißt das eben nicht, dass man pauschal zu Stilllegung oder gar Kündigung raten kann, da sowohl die Bandbreite der Verträge als auch die der Voraussetzungen der einzelnen Kunden unglaublich groß ist. Um eine Einzelfallbetrachtung kommt man da nicht herum. Aber ja, in sehr vielen, vermutlich den meisten, Fällen ist Riester ein Verlustgeschäft, definitiv.

    Immer rechnen, immer den Einzelfall betrachten!

    Aber meistens kommt halt doch raus, daß Riester nicht so toll ist. :)

  • Ah! Wunderbar! Danke für den Hinweis!

    Ich dachte schon, die Formel in meinem Excel-Blatt sei falsch, die 11,9% Soli ergeben hat.

    Genau, 11,9%, das ist richtig.


    Ich muss sagen, ich habe auch erst im zweiten Anlauf begriffen, dass der Soli da so einen Buckel macht. Das ist schon ziemlich heftig, dieser Sprung im Grenzsteuersatz.

  • In meinem Vertrag sind rund 20.000 Euro, von denen ich nur einen kleinen Betrag selbst eingezahlt habe, dank der Zulagen für 3 Kinder, bzw. Einzahlungen von 5 Euro monatlich, nachdem die Kinder zu alt waren.

    Deswegen sieht die Bilanz bei Dir vermutlich besser aus. Auch Du könntest natürlich nachschauen, wieviel Zulagen Du tatsächlich bekommen hast und wie wenige "Steuervorteile". Zulagen sind echt geschenktes Geld, "Steuervorteile" nicht. Bei Dir ist alles das echt geschenkt, was über die "Steuervorteile" hinausgeht. Und was Du selber eingezahlt hast, kannst Du Dir auch ausrechnen.


    Die 20 T€, die dann (oder jetzt) in dem Riestervertrag stecken, hast Du vermutlich selbst nur zum kleinen Teil bezahlt.


    Auszurechnen, wann "Dein Geld" "zurückkommt", ist natürlich Spiegelfechterei. Du mußt die Auszahlung ja (wie alle) versteuern, weswegen Monat für Monat auch nur ein Teil der von Dir genannten 100 € zurückkommen wird.

    Ob sich das so gelohnt hat, weiß ich nicht.

    Aber ohne großartige Einzahlungen finde ich die Summe schon erstaunlich.

    Aber groß hin und her rechnen lohnt sich bei dem Betrag auch nicht.

    Na ja, vermögenswirksame Leistungen im weitesten Sinne (und das ist der Riesterzuschuß ja) sollten grundsätzlich weniger Betuchten zugutekommen. Und das ist ja auch gut so. Vermutlich zählst Du zur Zielgruppe :)

  • Wer als 20000€ tatsächlich 100€ Rente bekommt hat auch einen sehr ordentlichen Vertrag. Da ist der Rentenfaktor 50.


    Aber auch bei diesem hohen Rentenfaktor gilt das die Steuern ja noch herunter gerechnet werden müssen und dann bröckelt der Rentenfaktor schon wieder weg…..und die Inflation frisst auch munter weiter.


    Am Ende sind Unmengen von Zulagen in die Taschen der Versicherungsindustrie gewandert und kommen beim Sparer einfach nicht an.