Portfolio-Rebalancing trotz Steuer sinnvoll?

  • Ich bin da anderer Meinung. Erstens ist häufig eine gewisse Toleranz im Rebalancing sogar vorteilhaft. Ich habe bspw. gerade ein Backtest auf curvo.eu für ein 70/30 (70% MSCI World und 30% EM) Portfolio über den längstmöglichen Zeitraum erstellt. Die beste Performance hätte man dabei mit einem Rebalancing mit einer Toleranz von 15% erzielt.


    Hinzu kommt: wenn ich, bereits ohne den Taschenrechner oder gar excel auszupacken, per einfachem überschlägigem Kopfrechnen feststelle, daß die Transaktionskosten und Steuern höher sind als ein eventueller Performancegewinn einer "korrekten Portfoliogewichtung"... Dann geh ich in der Zeit lieber meinen Golfschwung optimieren als mein Portfolio ;)

    Danke für die sinnvolle Ergänzung! Tatsächlich sollte man natürlich eine gewisse Schwankung akzeptieren. Dies würde ich ebenfalls machen und bei einem 30%-Anteil erst rebalancen, wenn er über 35% oder unter 25% fällt.


    Auch ist der Hinweis berechtigt, dass diese Überlegungen natürlich nur bei einer gewissen Positionsgröße sinnvoll sind.

  • Ich habe bspw. gerade ein Backtest auf curvo.eu für ein 70/30 (70% MSCI World und 30% EM) Portfolio über den längstmöglichen Zeitraum erstellt. Die beste Performance hätte man dabei mit einem Rebalancing mit einer Toleranz von 15% erzielt.

    Mich hat das Ergebnis in dem Beispiel selbst etwas überrascht. Wir reden ja über 15 Prozentpunkte. Das hätte also bedeutet, innerhalb eines Toleranzbereiches von 55%-85% World / 15%-45% EM hätte man nicht rebalanced und wäre damit am besten gefahren.


    Siehe hier im Detail mit 70% SPDR MSCI World (IE00BFY0GT14) und 30% SPDR MSCI EM (IE00B469F816) über einen Zeitraum von 1988 bis heute:



    Selbstverständlich darf man dieses Ergebnis nicht verallgemeinern. Eine Veränderung der Zielgewichtung und des Backtest-Zeitraums bringt sofort andere Ergebnisse.

  • Hier reden wir unter Umständen von zwei verschiedenen Dingen. Das eine sind Rücklagen für größere Ausgaben, meist unter dem Stichwort Notgroschen zusammengefasst. Das gehört auf jeden Fall in absoluten Zahlen festgelegt. Das andere ist die Allokation der Assetklassen. Dabei geht es dann um mehr als nur Schwankungen und unter Umständen auch um mehr als nur Aktien und Zinsprodukte. Hier macht eine prozentuale Aufteilung schon Sinn.

    Ich glaub wir gehen hier einfach ein bisschen von anderen Standpunkten aus. Ich persönlich halte für mich eine Allokation der verschiedene Assetklassen insofern für weniger relevant, als ich eben nur einen einzigen Renditebaustein hab und (zumindest aktuell) haben will und gleichzeitig sage, dass ich keinen Sicherheitsbaustein brauche, sondern mir eben der "Notgroschen", wie man ihn zusammenfassend nennen kann*, ausreicht. Anders gesagt ist der Notgroschen, sind meine Rücklagen eben mein Sicherheitsbaustein und insofern Teil meiner Gesamtallokation. Wobei ich davon ausgehe, dass auch dieser Baustein mit der Zeit wächst, auch wenn ich nicht fest sage, dass es 20, 30, 40% ausmachen muss. Wenn vielleicht eine Immobilie hinzukommt, oder man der Meinung ist, dass man auch ein bisschen auf Gold setzen möchte, um sich zu versichern, dann sieht es natürlich komplizierter aus. Die Notwendigkeit sehe ich für mich aktuell nicht und, ggf. von der selbstgenutzten Immobilie mal abgesehen, halte ich in Zukunft nicht für notwendig. Aber darüber kann man streiten bzw. kann auch einfach unterschiedlicher Meinung sein, ist außerdem sehr individuell. Ich finde es jedenfalls schwierig generell zu unterscheiden zwischen der Assetallokation (langfristigen Vermögensaufbaus) in risikoarm und renditestark und der Frage wieviel Notgroschen oder Rücklagen man benötigt. Hier hat meiner bisherigen Forumserfahrung nach Jeder teils völlig andere Definitionen. Das soll hier auch nicht das Thema sein.


    Aus Interesse: was außer Schwankungen/Volatilität meinst du, um was es geht bei der Allokation von Assetklassen, also alles über weltweit gestreute Aktien hinaus, wenn man davon ausgeht, dass diese immer weiter steigen langfristig? Eine Diversifizierung für den Fall, dass genau das mal nicht so sein wird? Die Frage ist letztlich wofür man eine solche Allokation vornimmt.


    * Ich finde den Begriff "Notgroschen" etwas schwierig wenn es um planbare Ausgaben geht (die häufig genannte Waschmaschine nach 10 Jahren ist planbar meiner Meinung nach), weswegen ich das eben eher als Rücklagen bezeichne. Ein Notgroschen ist für mich eher für ungeplante bzw. unplanbare Ereignisse im Leben. Da hat wohl Jeder andere Definitionen.

  • Die gibt es noch noch gar nicht so lange, oder?

    FAQ Curvo zu Annahmen der Simulation:

    • Die Fonds bilden ihren Index perfekt ab. Die meisten Fonds wurden erst kürzlich aufgelegt, während ihr zugrunde liegender Index viel älter ist. Um ein möglichst umfassendes Backtesting durchführen zu können, verwenden wir daher die historische Wertentwicklung des Index, nicht des Fonds.
  • Teilweise stellen die Indexanbieter die (zurückgerechneten) historischen Daten zur Verfügung.

    Den MSCI World gibt es als Index seit 1986. Zurückgerechnet gibt es wohl Daten bis 1970.

    Den MSCI EM gibt es als Index seit 1989. Zurückgerechnet keine Ahnung! :/


    Spielt eigentlich auch keine Rolle. ETF gibt es eh erst seit Anfang 2000. Der älteste ETF auf den MSCI World in Deutschland wurde 2005 aufgelegt. Die großen, bekannten ETF kamen dann so ab 2009 auf den Markt.

  • Teilweise stellen die Indexanbieter die (zurückgerechneten) historischen Daten zur Verfügung.

    Den MSCI World gibt es als Index seit 1986. Zurückgerechnet gibt es wohl Daten bis 1970.

    Den MSCI EM gibt es als Index seit 1989. Zurückgerechnet keine Ahnung! :/


    Spielt eigentlich auch keine Rolle. ETF gibt es eh erst seit Anfang 2000. Der älteste ETF auf den MSCI World in Deutschland wurde 2005 aufgelegt. Die großen, bekannten ETF kamen dann so ab 2009 auf den Markt.

    Ja, das ist richtig. So lang zurückliegende Zeitreihen wie im obigen Beispiel sind auch selten.

    Aber wenn man damit etwas herumspielt stellt man fest, dass häufig ein toleranzbasiertes Rebalancing mit ca. 5-15% Toleranz besser ist als ein stichtagsbezogenes, bspw. 1x jährlich.

  • Rebalancen, das große Thema.

    Ich halte es immer für wichtig, dass man sich eine Strategie festlegt und diese dann auch durchzieht. Wenn man merkt, dass die Strategie nicht 1:1 aufgeht bzw. zu teuer ist, kann man leicht modifizieren. Das wäre hier, dass man sich vorher festgelegt hat „ich rebalance jährlich“ und dann eben feststellt, dass das praktisch ab einer bestimmten Höhe kaum noch erschwinglich möglich ist

    Erst einmal jährlich prüfen ob die Strategie der Finanzanlagen noch stimmt und wie "scharf" man dahinter steht.

    Aufteilung im Risikobereich: Soll ich ändern, oder kann ich mit der aktuellen Aufteilung leben.

    Wenn es statt 60/40 jetzt 70/30 oder 80/20 ist, bin ich doch vielleicht zufrieden. Warum in der Ansparphase "unnötig" Kosten erzeugen?

    Aufteilung Risikoreich - Risikoarm: hier ist Rebalancing wichtiger.

    Stimmen meine Rücklagen in TG/FG/Geldmarkt-Fond noch?

    Hat sich meine Lebenssituation geändert? Brauche ich mehr/weniger sichere Rücklagen?

    Hier sind meiner Meinung nach eine Handlung gefragt. Hier sind auch evtl, Steuerzahlungen egal.

    Die Wahl des Portfolios hatte hoffentlich immer einen Sinn. Das Rebalancing zwingt Dich jetzt darüber nachzudenken ob dieser Weg für Dich noch richtig ist.

    Genau. Rebalancing bedeutet als erstes zu prüfen, ob die vor Jahr/Jahren festgelegte Regel noch der "richtige" Weg ist. Im Alter wächst die Toleranz und manchmal auch die Weisheit. :)

  • Aufteilung Risikoreich - Risikoarm: hier ist Rebalancing wichtiger.

    Stimmen meine Rücklagen in TG/FG/Geldmarkt-Fond noch?

    Hat sich meine Lebenssituation geändert? Brauche ich mehr/weniger sichere Rücklagen?

    Hier sind meiner Meinung nach eine Handlung gefragt. Hier sind auch evtl, Steuerzahlungen egal.

    Hmm,

    bis 2019 war ich als Endvierziger noch komplett 'börsenfrei' unterwegs. Mein bis dahin aufgebautes Vermögen lag komplett in 'sicheren' Geldanlagen (Cash, Bausparer, Kapitallebensversicherungen von 1990, bAV). Wohlgemerkt alles Geld, dass ich in den letzten 25 Jahren nicht gebraucht hatte.

    Ende 2019 ging es dann so los: ca. 30% Risiko / 70% 'sicher'

    Bis Ende 2021 wurden dann die Bausparer aufgelöst und investiert, die Kapitallebensversicherung kostenoptimiert, die bAV liegt fest bis 2037: ca: 60% Risiko / 40% 'sicher'

    Aktuell sieht es so aus: 70% Risiko / 30% 'sicher'

    Und wenn nächsten Monat mein Depot um 50% einbricht, dann stehe ich halt bei ca. 50/50. Auch 2022 lag meine 'sicherer' Anteil schon mal > 45%


    Warum sollte ich meinen 'sicheren' Anlageteil krampfhaft bei x-Prozent halten wollen?

    Der aktuelle 30% Anteil ist wertmäßig deutlich größer als der 40%-Anteil von Ende 2021.

    So lange ich jedes Jahr aus meinem Gehalt einen 5-stelligen Betrag in meinen Vermögensaufbau investiere, sehe ich schlichtweg keine Notwendigkeit darin eine feste prozentuale Aufteilung zwischen Risiko/'sicher' anzustreben. Das Geld aus den Sparraten fließt zu 85% in den Risikoteil und zu 15% in den 'sicheren' Teil (fast vollständig in die Kapitallebensversicherung). Die aktuellen Zinsen auf das Tagesgeld nehme ich als Inflationsausgleich gern mit.

    Das mag sich einige Jahre vor meinem Renteneintritt und der dann beginnenden Entnahmephase anders darstellen. Aber so weit denke ich jetzt einfach noch nicht voraus.

    JustMy2Cent

  • Warum sollte ich meinen 'sicheren' Anlageteil krampfhaft bei x-Prozent halten wollen?

    Da hatte ich einfach zu wenige Worte geschrieben:

    Unter:

    "Aufteilung Risikoreich - Risikoarm: hier ist Rebalancing wichtiger.

    Stimmen meine Rücklagen in TG/FG/Geldmarkt-Fond noch?"

    ..... meinte ich keine %-Werte sondern totale €-Werte.

  • Da hatte ich einfach zu wenige Worte geschrieben:

    Unter:

    "Aufteilung Risikoreich - Risikoarm: hier ist Rebalancing wichtiger.

    Stimmen meine Rücklagen in TG/FG/Geldmarkt-Fond noch?"

    ..... meinte ich keine %-Werte sondern totale €-Werte.

    OK,

    dann sind wir uns ja völlig einig.

    Ich halte meinen 'sicheren' Vermögensteil ja auch konstant bespart. ;)

  • Da hatte ich einfach zu wenige Worte geschrieben:

    Unter:

    "Aufteilung Risikoreich - Risikoarm: hier ist Rebalancing wichtiger.

    Stimmen meine Rücklagen in TG/FG/Geldmarkt-Fond noch?"

    ..... meinte ich keine %-Werte sondern totale €-Werte.

    Gerd Kommer hat einen Blog Beitrag bezüglich Rebalancing. Da nimmt er auf das von monstermania praktizierte Rebalancing Stellung. Nennt sich glaube ich safe floor Rebalancing oder so ähnlich.


    Ich mache es auch wie monstermania. Warum sollte ich Rebalancing wenn der Sicherheitsbaustein bzw risikoarme Teil schon groß genug ist und langt ?

  • Gerd Kommer hat einen Blog Beitrag bezüglich Rebalancing. Da nimmt er auf das von monstermania praktizierte Rebalancing Stellung. Nennt sich glaube ich safe floor Rebalancing oder so ähnlich.

    Geil, dass ich dafür zukünftig sogar einen Toll klingenden Namen verwenden kann! :D

    Für mich war das einfach nur die logische Konsequenz daraus, dass ich von meinen Ersparnissen (unabhängig ob nun Risiko/'sicher') voraussichtlich auch die nächsten 10 Jahre nicht einen Cent benötigen werde.

    Schließlich habe ich von dem Geld die letzten 30 Jahre auch nichts benötigt.

  • Gerd Kommer hat einen Blog Beitrag bezüglich Rebalancing. Da nimmt er auf das von monstermania praktizierte Rebalancing Stellung. Nennt sich glaube ich safe floor Rebalancing oder so ähnlich.

    Geil, dass ich dafür zukünftig sogar einen Toll klingenden Namen verwenden kann! :D

    Rebalancing: Vorteile, Methoden, Prinzipien – Gerd Kommer
    In diesem Blog-Beitrag befassen wir uns mit den Vorteilen, Methoden und Prinzipien von Rebalancing und erläutern wieso es wichtig ist.
    gerd-kommer.de


    "Safe Asset Floor Rebalancing": Ein alternativer Rebalancing-Ansatz – Gerd Kommer
    In diesem Beitrag stellen wir eine alternative Rebalancing-Methode für passive Anleger vor.
    gerd-kommer.de


    Das müssten wohl die Artikel sein, die du meinst John Bogle ? Klingt spannend. Werde ich mir mal durchlesen.

  • Geil, dass ich dafür zukünftig sogar einen Toll klingenden Namen verwenden kann! :D

    Für mich war das einfach nur die logische Konsequenz daraus, dass ich von meinen Ersparnissen (unabhängig ob nun Risiko/'sicher') voraussichtlich auch die nächsten 10 Jahre nicht einen Cent benötigen werde.

    Schließlich habe ich von dem Geld die letzten 30 Jahre auch nichts benötigt.

    liebend gerne 😉


    "Safe Asset Floor Rebalancing": Ein alternativer Rebalancing-Ansatz – Gerd Kommer
    In diesem Beitrag stellen wir eine alternative Rebalancing-Methode für passive Anleger vor.
    gerd-kommer.de

  • So ganz kann ich das krampfhafte Rebalancen nicht nachvollziehen.


    Argument: Man hat sich für eine Strategie entschieden und soll die durchziehen daher Rebalancing verpflichtend.


    Gegenargument 1: Rebalancing kostet Steuerstundung und somit Rendite.


    Gegenargument 2: Es kann ja im laufe der Zeit neue Erkenntnisse geben, warum muss noch krampfhaft das richtig sein was man mal vor 10 Jahren so meinte.


    Gegenargument 3: Es wird ja immer wieder gesagt ob MSCI World oder FTSE All World oder MSCI ACWI oder MSCI ACWI IMI ist sekundär warum dann krampfhaft zw. SmallCaps / EmergingMarkets und Developed World rebalancen?


    Gegenargument 4: Bei z.B. 2 ETFs A/B mit 70:30 Verhältnis kann ja ein Rebalancing von A->B nur notwendig sein wenn sich A merklich besser entwickelte. (Warum dann künstlich aufs lahmende Pferd setzen?) Das entspricht doch ungefähr dem ETF vs Einzelaktien Gedanke. Man weiß normalerweise nicht was sich wie entwickeln würde (daher keine Einzelaktien sondern ETF und lässt den in Ruhe machen)



    Gegen einen groben Zuschnitt (wenns denn passt) ist nichts auszusetzen, aber ich bezweifle das hier übermäßiges Balancing die Rendite optimiert