Warum gilt eine langfristige ETF-Anlage als "sicher"?

  • Hallo,

    ich stoße immer wieder auf Aussagen, wonach eine Anlage/ein Sparplan in ETFs, der auf mindestens 10-15 Jahre ausgelegt ist, viele Risiken ausmerzt und man mit um die 7% Rendite rechnen könnte.

    Woher kommt diese Annahme? Wenn ich jetzt ETF-Anteile für beispielweise je 100 EUR kaufe, warum sollten diese in 15 Jahren nicht auch bei nur noch 80 EUR liegen können?

    Hoffe man versteht, was ich meine. Vielleicht liegt auch etwas (finanz-)mathematisches dahinter, was ich noch nicht ganz durchschaue. Mich würden bei der Betrachtung beide Varianten interessieren, also die Einmalanlage und ein Sparplan.

  • Die Zukunft können wir nicht gesichert voraussagen.

    Wir können aber aus der Vergangenheit Erfahrungen machen und damit Prognosen für die zukünftige Entwicklung erstellen.

    Neben der Dauer noch zusätzlich wichtig:

    Weltweit breit streuen, also nicht auf einzelne Länder oder Branchen setzen.

  • Da müssen wir ein paar Dinge auseinanderklamüsern:

    - ein ETF ist in der Hinsicht relativ sicher, dass er sich ein Stück der Weltwirtschaft kauft. Geht die langfristig den Bach runter, haben wir ganz andere Probleme als der Kurs.

    - das andere sind die oft genannten 15 Jahre. Die kommen aus historischer Betrachtung und es ist gut möglich, dass in Zukunft auch mal nach 16 Jahren Verlust eingefahren wird. Je länger der Zeitraum, desto unwahrscheinlicher wird es aber, dass man im Minus steht

  • Die Annahme kommt daher, dass es in der Vergangenheit immer so war.

    In einem 15 Jahreszeitraum hat man in der Vergangenheit nie einen Verlust gemacht.

    Was auch nicht so wirklich stimmt, wenn man sich Renditedreiecke des MSCI World anschaut. Zumindest 0,x% p.a. gab es, meine ich, auch über 15 Jahre (wenn man im schlechtesten Fall z.B. das Geld kurz vor Crash angelegt hatte und im nächsten Crash komplett entnehmen musste). Und das auch nur nominal, also vor Inflation und auch vor Steuern.

    Deshalb heißt es ja auch "mindestens" 15 Jahre. Mein Plan ist, dass das eingezahlte Geld deutlich länger liegen bleibt.

    Ich würde Geld, das ich in exakt 15 Jahren an einem konkreten Stichtag komplett benötige, vermutlich auch nicht oder nicht vollständig in ETFs anlegen. Aber da hat jeder eine andere Risikotoleranz.

    Es ist jedenfalls nicht so, dass man auf 15 Jahre definitiv und sicher 7% p.a. Rendite bekommt (auch wenn das in manchen euphorischen Youtube-Videos mitunter so klingt). Das war der Durchschnitt in der langfristigen Vergangenheit über sämtliche 15-Jahres-Zeiträume. Man konnte aber immer schon einen deutlich besseren oder auch deutlich schlechteren erwischen, und es gibt keine Garantie, dass es nicht künftig nochmal einen "worst case" gibt, der den bisherigen "worst case" in den Schatten stellt.

  • Solche Vergangenheitsbetrachtungen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen.

    Nicht nur, dass Statistiken aus der Vergangenheit keine Garantie für die Zukunft liefern.

    Es gibt auch theoretische Modelle, die auf Probleme hindeuten.

    In der Theorie geht man davon aus, dass die erwarteten Aktienrenditen eine Prämie auf den risikofreien Zins darstellen. Diese Prämie Betrug in der Vergangenheit etwa 3-4% pro Jahr.

    Die erwarteten langfristigen Renditen sind also der langfristige Zinssatz + 3 bis 4%.

    Da der langfristige Zinssatz in der Vergangenheit durchgehend gesunken ist, ist das kein gutes Zeichen für die Zukunft.

    Die extrem und weit überdurchschnittlichen Aktienmarktrenditen in der Zeit immer weiter sinkender Zinsen spricht da übrigens nicht gegen, sondern bestärkt diese Theorie sogar.

    Wenn eine Aktie vor dieser Zeit noch 10% erwartete Rendite hatte, muss sie nunmal um 100% zusätzlich steigen, damit sie danach nur noch 5% erwartete Rendite hat.

    Die historische hohen Bewertungen könnten genau aus dieser Anpassung kommen und für die Zukunft nur noch niedrige Gewinne versprechen.

    Zusätzlich ist die Prämie von 3-4% rational betrachtet viel zu hoch für das Risiko. Es gibt verschiedene Theorien, warum diese so hoch ist.

    Der vereinfachte Zugang zum Aktienmarkt und die einfache Streuung durch ETFs könnte nun aber dazu führen, dass diese in der Theorie zu hohe Prämie sinkt.

    Wenn nun beides, der risikofreien Zins und die Aktienprämie sinkt, könnte dies die Renditen aus der Vergangenheit zu einem machen: Renditen der Vergangenheit.

  • Warum gilt eine langfristige ETF-Anlage als "sicher"?

    Was verstehst du denn unter dem Punkt "Sicherheit"?

    Sicherheit bedeutet für mich, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt oder eben nicht. In diesem Fall ist die Frage so zu verstehen, dass man mit einer Anlage in einem ETF keinen Verlust erleiden wird, wenn man nur eine Laufzeit von 15 Jahren oder länger einhält.


    Diese Annahme ist falsch - das kann durchaus passieren, dass man eben keinen Gewinn aus der Anlage erzielt. Es gibt auch keinerlei Garantie, dass eine bestimmte Rendite nach X Jahren erzielt werden kann.
    Es kann nach 13 oder 14 Jahren der größte Anlageerfolg eingetreten sein und zum Ende des 14. Jahres geben die Börsen aus welchem Grund auch immer um X% nach.

    Bei der Laufzeit ist ebenfalls noch zu berücksichtigen, ob es sich um eine Einmalanlage oder einen Sparplan handelt, der über den Zeitraum läuft. Bei letzterem beträgt die mittlere Laufzeit nämlich nur 7,5 Jahre.

    Wer Sicherheit ohne Risiko sucht, der sollte nicht in ETF (schon gar nicht in Aktien ETF) sein Geld anlegen.

    Wer eine höhere Rendite als bei Rentenpapieren oder Sparbriefen oder was auch immer sucht, der sollte wissen, dass mit der Anlage in Aktien oder Aktien ETF zwar die Chance auf eine bessere Rendite besteht, aber IMMER auch mit einen Risiko verbunden ist und niemand eine bestimmte Rendite voraussagen kann.

    Die Betrachtung der Vergangenheit zeigt jedoch, dass das Risiko eines Verlustes und einer schlechten Rendite gemindert wird, je länger der Anlagehorizont wird.
    Das bedeutet, dass das Verlustrisiko bei kurzen Laufzeiten prozentual am höchsten ist, während bei sehr langfristigen Anlagen dieses Risiko prozentual zwar immer geringer wird, aber niemals auf "Null" geht.

    Eine Garantie, dass die Zukunft genau so verläuft, wie die Vergangenheit, gibt es ebenfalls nicht, genau so wenig ist die Aussage für die Zukunft möglich, welche Renditen erzielbar sind.

  • Das stimmt nur teilweise. Die langfristigen, durchschnittlichen Renditen von Eigenkapital waren schon immer sehr ähnlich. Und zwar nicht nur in den letzten 120 Jahren, sondern bis weit ins 16. Jahrhundert zurück. Eigenkapitalrenditen sind kein Zufall, sondern ergeben sich aus der Funktionsweise der Kapitalmärkte. Je länger der Zeitraum, desto mehr bewegen sich die Renditen auf einen Durchschnitt von 5-6% p.a. nach Inflation. Das muss auch so sein, weil Investoren für ihr Risiko kompensiert werden wollen und bei geringeren Rendite automatisch aus dem Asset flüchten und die Kurse drücken (langfristig). Eine langfristige Underperformance von Eigenkapital im Vergleich zu Fremdkapital, Immobilien usw. ist faktisch unmöglich. 15 Jahre sind allerdings zu kurz.

  • 100% Aktien für jedes Alter?

    Thomas.Schreiber
    27. August 2024 um 12:15
  • 100% Aktien für jedes Alter?

    Thomas.Schreiber
    27. August 2024 um 12:15

    Und? Hast du die Studie verstanden? Welche Zeiträume werden darin betrachtet?

  • Bitte kapert den Thread hier nicht mit einem Revival der Diskussion. Die könnt ihr gerne in ihrem Thread weiterführen.

    Die Frage ist berechtigt und gehört zum Thread. Warum 15 Jahre? Das macht überhaupt keinen Sinn. Nur weil die Daten sagen, dass bisher nach 15 Jahren kein Verlust eingetreten ist? Was soll das bringen?

    Um die Renditen von verschiedenen Assets und deren Sicherheit zu beurteilen sollte man viele Szenarien mit realistischem Zeithorizont berechnen (z.B. Ansparphase 40 Jahre, Entnahmephase 30 Jahre). Erst dann sieht man wie unsinnig solche ,,Sicherheitsbedenken" sind. Seit Hunderten von Jahren gibt es bei solchen Zeiträumen nicht ein Szenario in denen Eigenkapital nicht deutlich positiv nach Inflation rentiert hat und alles andere geschlagen hat. Alles andere ist irrelevant.

  • ich stoße immer wieder auf Aussagen, wonach eine Anlage/ein Sparplan in ETFs, der auf mindestens 10-15 Jahre ausgelegt ist, viele Risiken ausmerzt und man mit um die 7% Rendite rechnen könnte.

    Schau mal hier:

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  • Je länger der Zeitraum, desto mehr bewegen sich die Renditen auf einen Durchschnitt von 5-6% p.a. nach Inflation. Das muss auch so sein, weil Investoren für ihr Risiko kompensiert werden wollen und bei geringeren Rendite automatisch aus dem Asset flüchten und die Kurse drücken (langfristig). Eine langfristige Underperformance von Eigenkapital im Vergleich zu Fremdkapital, Immobilien usw. ist faktisch unmöglich. 15 Jahre sind allerdings zu kurz.

    Richtig, im Vergleich zu Fremdkapital.

    Und was kann dann folgerichtig passieren, wenn die Rendite von Fremdkapital sinkt?

    Baufinanzierungen, die eine sehr gute Benchmark für langfristige Fremdkapitalrenditen sind, sind bis vor 2 Jahren von über 10% auf fast 0 kontinuierlich über viele Jahre gefallen.

    Und nun warten alle, dass sie wieder fallen, weil sie ja wahnsinnige 3,x% kosten.

    Während Zinsen fallen, steigen Aktien. Wenn die Zinsen aber bei 0 angekommen sind, ist auch eine Anlage mit 3% erwarteter Rendite plötzlich gut.

    Auch bei Immobilienpreisen sieht man das sehr gut.

    Daher wäre ich mit dem Renditedreieck vorsichtig.

  • Richtig, im Vergleich zu Fremdkapital.

    Und was kann dann folgerichtig passieren, wenn die Rendite von Fremdkapital sinkt?

    Baufinanzierungen, die eine sehr gute Benchmark für langfristige Fremdkapitalrenditen sind, sind bis vor 2 Jahren von über 10% auf fast 0 kontinuierlich über viele Jahre gefallen.

    Und nun warten alle, dass sie wieder fallen, weil sie ja wahnsinnige 3,x% kosten.

    Inflationsbereinigt haben sich die Zinsen sehr wenig verändert.

    Es spielt langfristig auch keine Rolle wie hoch die Zinsen bei Fremdkapital sind. Eigenkapital muss sich langfristig mehr rentieren, weil es riskanter ist und Investoren nur investieren, wenn sie eine Risikoprämie erhalten. Ist die nicht vorhanden, wandern sie ab und die Kurse sinken.

  • Hallo,

    ich stoße immer wieder auf Aussagen, wonach eine Anlage/ein Sparplan in ETFs, der auf mindestens 10-15 Jahre ausgelegt ist, viele Risiken ausmerzt und man mit um die 7% Rendite rechnen könnte.

    Woher kommt diese Annahme? Wenn ich jetzt ETF-Anteile für beispielweise je 100 EUR kaufe, warum sollten diese in 15 Jahren nicht auch bei nur noch 80 EUR liegen können?

    Hoffe man versteht, was ich meine. Vielleicht liegt auch etwas (finanz-)mathematisches dahinter, was ich noch nicht ganz durchschaue. Mich würden bei der Betrachtung beide Varianten interessieren, also die Einmalanlage und ein Sparplan.

    Selbstverständlich können deine 100€ in 15 Jahren bei 80€ liegen. Die können auch bei 50€ liegen.

    Prinzipiell wird überall sofort darauf hingewiesen dass man Aktienkurse niemals aus der Vergangenheit für die Zukunft prognostizieren soll. Das natürlich auch voll und ganz zu recht. Wieso ein Sammelsurium von Aktien in einem ETF anders betrachtet werden sollen erklärt sich mir erstmal nicht.

    Extreme Argumente wie "wenn das nicht eintritt dann haben wir andere ganz andere Probleme" verleiten zu glauben dass es schon nicht so kommen wird. Man hat das Bild vor Augen, dass Dinge wie ein Weltkrieg oder die Apokalypse oder andere gravierende Einschnitte nötig wären damit das passiert. Ist das so?

    ein ETF auf EM, also China, Indien, Taiwan, Südkorea, Brasilien, Saudi-Arabien und viele mehr hat von 2009 bis heute 116% plus gemacht. Also so grob 5% pro Jahr.

    Sonderlich viel ist das nicht (für das Risiko).

    Und meiner Meinung nach sind die Länder weit weg von "ganz andere Probleme"

    Man kann natürlich zusätzlich noch Pech haben weil man zu einer sehr ungünstigen Zeit das Geld möchte weil man in z. B. in Rente geht. Dann können aus 5% auch 0% werden.

    Also alles in allem, auch ein World ETF ist ein zocken, wenn auch nicht so hart gezockt wie eine einzelne Aktie