Tilgen oder Sicherheit

  • Hallo zusammen, folgende Situation:

    Restschuld Immokredit ca. 80.000. 3 % Zinsen. Rate 650 €. Damit kommen wir sehr gut klar.

    Theoretisch wäre Barvermögen vorhanden um den Kredit relativ schnell zu tilgen. Wäre auch möglich, lt. Kreditvertrag.

    Da wir aber Selbstständig sind und unsere Einnahmen sehr stark schwanken... gibt auch Monate wo wir nichts verdienen und trotzdem kosten haben...

    So haben wir unsere Bargeldreserve für diese Monate. Klar, ohne Kredit hätten wir weniger Belastung pro Monat, aber halt kaum noch Barreserve...

    Bin hin und her gerissen.

    Vielleicht habt ihr ja ein paar Tipps und Anregungen.

  • Hallo,

    wieviel Barvermögen habt ihr denn da so rumliegen?

    Und wie lange läuft der 80t Euro Immobilienkredit noch?

    "Cash is king" würde ich allgemein sagen, wenn ihr beide selbstständig seid.

    Erste Tendenz (ohne weitere Infos von dir zu haben) wäre:

    Barvermögen (sicher) in einen Geldmarkt-ETF (z.B. der DBX0AN) parken.

    Keine Sondertilgung des Immobilienkredites.

    Bis zum Ende der Darlehenszeit warten und dann "Kassensturz" machen und schauen, wie das Kreditniveau ist.

    Mit dieser Lösung zahlt ihr zwar etwas mehr Zinsen für den Immobilienkredit, aber bleibt halt sicher liquide - Cash is king.

  • Restschuld Immokredit ca. 80.000. 3 % Zinsen. Rate 650 €. Damit kommen wir sehr gut klar.

    Theoretisch wäre Barvermögen vorhanden um den Kredit relativ schnell zu tilgen. Wäre auch möglich, lt. Kreditvertrag.

    Da wir aber Selbstständig sind und unsere Einnahmen sehr stark schwanken... gibt auch Monate wo wir nichts verdienen und trotzdem kosten haben...

    So haben wir unsere Bargeldreserve für diese Monate. Klar, ohne Kredit hätten wir weniger Belastung pro Monat, aber halt kaum noch Barreserve...

    Als Selbständiger ist es sicherlich anders zu bewerten, als bei abhängig Beschäftigten, die ihr Gehalt regelmäßig auf das Konto bekommen.

    Ich persönlich bin für "Unabhängigkeit" - also unabhängig von einer Bank. Die Monatsrate fällt IMMER an egal, ob du Einnahmen hast oder nicht.

    Ein Kompromiss kann sein, dass man den Kredit mit einer Sondertilgung soweit zurückführt, dass auch noch eine gewisse Reserve auf dem Tagesgeldkonto verbleibt. Du könntest nach einer solchen Sondertilgung deine Bank fragen, ob sie dir die monatliche Kreditrate neu berechnen kann, um damit bei Bedarf die regelmäßige Belastung zu verringern.

  • Du könntest nach einer solchen Sondertilgung deine Bank fragen, ob sie dir die monatliche Kreditrate neu berechnen kann, um damit bei Bedarf die regelmäßige Belastung zu verringern.

    Kann man probieren.

    Meiner Erfahrung nach machen das Banken so gut wie nie. Die verdienen schließlich am Zinsgeschäft.

    Zudem sind Banken bei Selbstständigen oft "nervös". Wenn die was geändert haben wollen, sind die Banken oft misstrauisch, warum das geändert werden soll.

    Aber klar, fragen kostet nichts.

    Ich persönlich würde aber so oder so nicht zu einer Sondertilgung raten.

    3% Zins ist nicht hoch.

  • Ähhh, wo kriegt man denn momentan 3% p.a. NACH steuern?

    Historisch gesehen sind 3% Zins nicht hoch.

    Und ich habe ja auch geschrieben:

    Es gibt natürlich einen "Zinsverlust", wenn man nicht sondertilgt und nur auf z.B. DBX0AN parkt.

    Wenn aber beide einer selbstständigen Arbeit nachgehen, wäre die finanzielle Sicherheit mir persönlich wichtiger als die Zinszahlungen.

    Wie hoch das Sicherheitsvermögen sein soll, dass kann wohl nur Jonnemeter selber entscheiden.

    In welcher Branche arbeiten sie, wie alt sind sie (möglicher Gehlatsausfall durch Krankheit) etc.

  • Der Kredit kann jederzeit komplett getilgt werden. Ich müsste da auf keinen bestimmten Zeitpunkt warten.

    Die Laufzeit sind 13 Jahre. Also dann wäre er abbezahlt ohne Sonderzahlungen.

    Ich sehe das grundsätzlich so wie SioMio : Auch wenn man mit einer sicheren Anlage derzeit eher keine 3% nach Steuern schlägt, rein rechnerisch nach aktuellem Zinsniveau eine Sondertilgung finanziell also vielleicht sogar einen kleinen Vorteil hätte, die Flexibilität ist viel wert, gerade wenn ihr selbständig seid. Was einmal als Sondertilgung im Kredit gelandet ist, ist unwiderruflich weg, das bekommt ihr auch im Worst Case nicht mehr wieder.

    Trotzdem, wenn Du gerne sondertilgen möchtest, kannst Du ja auch einen Mittelweg wählen, es gibt ja nicht nur "null Reserve, alles in die Sondertilgung" oder "bloß nicht sondertilgen, alles aufs Tagesgeld".

    Was ich machen würde: Überlegen, wieviel Reserve ihr als Puffer für schlechte Zeiten realistischerweise benötigt, zur Sicherheit noch ein bisschen was draufschlagen, und das Geld auf dem Tagesgeld parken. Was darüber hinausgeht in die Sondertilgung stecken, um den Kredit vielleicht noch ein bisschen schneller loszuwerden.

  • Restschuld Immokredit ca. 80.000. 3 % Zinsen. Rate 650 €. [läuft noch 13 Jahre] Damit kommen wir sehr gut klar.

    Theoretisch wäre Barvermögen vorhanden, um den Kredit relativ schnell zu tilgen. Wäre auch möglich, lt. Kreditvertrag.

    Da wir aber selbstständig sind und unsere Einnahmen sehr stark schwanken ...

    So haben wir unsere Bargeldreserve für diese Monate. Klar, ohne Kredit hätten wir weniger Belastung pro Monat, aber halt kaum noch Barreserve ...

    Es gibt auf Deine berechtigte Fragt keine klare Antwort, zumal Du bezüglich Deiner Barreserve schwammig bleibst.

    Mal angenommen, Du hättest 80 T€ liegen, könntest den Kredit also sofort ablösen, wenn Du das wolltest. Ich würde mich als Selbständiger nicht blank machen wollen. Der Immokredit ist vergleichsweise niedrig verzinst verglichen etwa mit dem Dispo oder auch einem Konsumentenkredit, den Du dann für Deine Lebensführung bräuchtest. Die primäre Frage ist halt: Hast Du von Deiner Geschäftstätigkeit tendenziell etwas über oder bist Du tendenziell knapp. Im ersten Fall könnte man an eine Sondertilgung denken, im zweiten eher nicht.

    Man müßte die Zahlen kennen, dann könnte man vielleicht raten. :)

  • Jonnemeter

    Bin nur Finanz-Laie, wenn auch ein an solchen Themen Interessierter, mit zudem ein bißchen eigenen Erfahrungen. Habe zudem nur Deinen Beitrag Nr. 1 überflogen.


    Vorab: Liquidität hat für mich generell eine besondere Bedeutung, weil diese für mich über eine Rücklage hinausgehende Zwecke erfüllt (würde en Detail hier aber zu weit führen).

    Dem alten Ansatz "Cash is King" kann ich daher einiges abgewinnen.

    Da ich sowohl als fest Angestellter unterwegs war als als auch (noch viel länger) als Selbständiger

    Da wir aber Selbstständig sind und unsere Einnahmen sehr stark schwanken... gibt auch Monate wo wir nichts verdienen und trotzdem kosten haben...

    sind meine Erfahrungen aufgrund von Beobachtungen in meinem Umfeld:

    So lange Banken bei Immobiliendarlehen ihre Annuität erhalten bzw. einziehen können, ist ihnen praktisch alles egal (auch wenn in Immobiliendarlehens-Verträgen oftmals anderes stehen mag). Ist das nicht mehr der Fall drohen aber sofort Stress und Ärger. Entscheidend aus meiner Sicht: Und zwar unabhängig davon, wie der aktuelle Beleihungsauslauf ist. Also selbst, wenn das Ganze längst im Realkreditbereich spielt und die Restschuld nur noch 10% vom Beleihungswert der Bank ausmacht.

    Bei eher überschaubarem Vermögen und/oder knappem Budget ist dies - meines Erachtens - in die Abwägung zwingend mit einzubeziehen.

    Dazu kommt - insbesondere nach Implementierung der EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie (EU-WIKR) im März 2016 - daß der Status "Selbständiger" bei den meisten Banken jedenfalls noch strenger geprüft wird, als durch die WIKR ohnehin schon vorgegeben (Stichwort: "Kapitaldienstfähigkeit über die gesamte Darlehenslaufzeit" im Rahmen der sog. "Kreditwürdigkeitsprüfung").

    Anderes ergibt sich nur, wenn der Bank bewußt ist, daß der Darlehensnehmer das Darlehen (bzw. sämtliche Darlehen im Haus) "wertmäßig" börsentäglich ablösen könnte (unabhängig vom Vertrag, der natürlich einzuhalten ist und Zinsbindungsfristen, Vorfälligkeitsentschädigungen usw.) und/oder parallel auch anderweitige Sicherheiten (Depots und/oder lastenfreie Immobilien) vorhanden sind. Dies kann zwar dann die EU-WIKR nicht ändern - aber es ändert meist den Umgang der Bank damit und den Umgang der Bank mit dem betreffenden Kunden.

    Daher würde ich diese Entscheidung von Deinen Zahlen abhängig machen. Generierst Du halbwegs regelmäßig und zuverlässig solides Einkommen (Überschüsse) wäre das anders zu beurteilen, als wenn das eher etwas fragil und auf Kante genäht läuft. Dann würde ich nicht dazu raten Geld als Sondertilgung sozusagen aus der Hand zu geben.

    Von Pauschalregeln oder Formeln halte ich eher wenig. Das gilt auch für die "üblichen drei Netto-Monatsgehälter" als Rücklage. Für Selbständige mit Immobilie und einem diesbezüglichen Darlehen gelten oftmals (ganz) andere Regeln. Da können - je nach Einzelfall - auch 6, 12 oder 24 Monate als Rücklage sinnvoll sein.

    Die besagte Restschuld klingt (jedenfalls für eine Immobilie) ohnehin eher sehr gering (auch ohne etwas zum Objekt, der Region, der Lage usw. zu wissen). Von daher spricht dies zusätzlich dafür, daß ein Plus an Liquidität vorteilhafter sein könnte (zumal ihr ja wohl beide selbständig tätig seid).

    Nur am Rande aber mit dem Titel "Tilgen oder Sicherheit" tue ich mich etwas schwer. Nach meinen Erfahrungen existieren in dem Bereich (Finanzen) keine "Sicherheiten", da es nur (mehr oder weniger) "risikoarme" und "risikoreiche" Vorgehensweisen gibt - "sicher" sind in dem Bereich nur die Inflation, die Steuern und die Kosten bzw. Gebühren bei jedem Investment.


    Dir gute Gedanken und dann ebensolche Finanz-Entscheidungen !