Rebalancing (Fluch oder Segen)

  • Gesetz der Fall ich habe mich für eine Asset Allokation 75:25 entschieden.


    75% Aktien ETF

    25% Risikoarm (Tagesgeld, Geldmarkt ETF, etc etc)


    mein initial invest ist €100000

    d.H.

    €75K Aktien ETF

    €25K Risikoarm


    Rebalancing doll regelbasiert sein und ich entscheide mich am 07 . Januar jedes Jahr mein Rebalancing zu tun (falls notwendig)


    Nehmen wir an, daß unterjährig die Kurse verdoppelt haben:

    d.h

    €150k Aktien ETF

    €25K Risikoarm


    Das Verhältnis ist nun approx 85:15

    Sollte nun ein Rebalancing stattfinden?


    Gesetzt der Fall der Investor macht gar nix.


    Bis 07.Januar sind die Kurse wieder um die Hälfte gefallen sodass wir wieder beim Ausgangssituation sin:


    €75K Aktien ETF

    €25K Risikoarm



    Durch regelbasierte Rebalancing hat der Investor quasi Geld verloren.


    Taugt regelbasierte Rebalancing?

  • Wenn bis zum Zeitpunkt des eventuellen Rebalancing alles wieder bei der Ausgangslage ist, dann erfolgt doch kein Rebalancing.


    Falls vorher gerebalancingt wurde, dann stünde man doch besser da also ohne Rebalancing, oder nicht? Wenn ein Viertel des Zuwachses im Risikoteil in den risikoarmen Teil fliesst und danach ein Rücksetzer im Risikoteil erfolgt, dann habe ich doch nur 75% des Rücksetzers. Verstehe ich da etwas fslsch?

  • Ich habe gerade schon in einem anderen Beitrag geschrieben, dass ich keinen Sinn in Re-Balancing erkennen kann. Zunächst einmal ist die Festlegung, in welchem Verhältnis die verschiedenen Assets stehen sollen, eine persönliche Entscheidung des Investors. Da gibt es keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, was besser oder schlechter ist.


    Letztendlich ist Re-Balancing eine Wette, bei der man hofft, dass das schwächer performende Asset in Zukunft besser laufen wird. Die kann man gewinnen oder verlieren. Ich gehe eine solche Wette nicht ein.

  • Rebalancing kann helfen, wenn du ein bestimmtes Risikoniveau bei deiner Geldanlage sicherstellen möchtest. Der relative Risikobeitrag deiner Assets im Portfolio kann sich verschieben. In deinem Beispiel wäre das nach dem Kursanstieg des Aktienteils der Fall. Dort würde das rebalancing sicherstellen, dass du nicht ein für deine Risikotragfähigkeit zu grosses Risiko eingehst.


    Rebalancing ist renditeschädlich. Du ersetzt gut gelaufene Anteile immer durch schlechter gelaufene. Würde sich der Trend weiter fortsetzen wäre also deine Rendite durch die Neugewichtung der Anteile vermindert.


    Ziel des rebalancing ist also nie die Performance Maximierung. Stattdessen opferst du Renditechancen zugunsten eines definierten Risikoeintrages.


    Anstatt eines kalendarischen Rebalancings könntest du überlegen ob ein rebalancing nach Grenzwerten in den Asset-Anteilen (bspw bei 20% Abweichung der zielallokation) sinnig wäre.


    Zu beachten ist auch: viele US Quellen die sich auf rebalancing beziehen gehen von sehr geringer oder keiner Steuerlast beim Verkauf aus. Das ist in Deutschland nur bei Nettopolicen/Depot im Versicherungsmantel der Fall. Der Regelfall ist jedoch das gewöhnliche Depot mit Ertragsbesteuerung. Daher überwiegen für mich zumeist die negativen Aspekte des rebalancings.


    Sinvoll kann rebalancing jedoch sein, wenn du bspw. Eine risk parity Strategie in deinem Portfolio umsetzt, oder wenn du an strikte Einhaltung von Risikogrenzwerten gebunden bist.

  • Die Frage ist doch, was ist der Grund für die Verteilung 75/25?


    Wenn der Grund ist, dass man immer 75% seines Vermögens in Aktien und 25% seines Vermögens in "sicheren" Anlagen liegen haben möchte, dann führt Rebalancing in der Tat zu dem (für jemanden, der auf Sicherheit wert legt, etwas paradoxen) Ergebnis, dass man gerade dann, wenn Aktien abgestürzt sind, auch noch "sicheres" Geld nachschießen muss.


    Wenn man natürlich sagt, man möchte immer "mindestens 25%" seines Vermögens in "sicheren" Anlagen haben, dann müsste man nur rebalancen (= Aktien verkaufen), wenn der Aktienanteil zu sehr im Wert steigt.


    Alles eine Frage der Rebalancing-Regel - und die kann sich ja ohnehin jeder selbst setzen, wie er oder sie möchte.

  • Rebalancing ist wie das Schneiden von Rosen und das Gießen von Unkraut.


    Es gibt unzählige Literatur dazu. Nur dreht es sich da meistens um den amerikanischen Investor: der kann aber u.a. steuerfrei rebalancen was wir nicht können.


    Selbst bin ich im Safe Floor Asset aber wenn nicht dann würde ich es regelbasiert machen um meine persönliche Risikotragfähigkeit wieder herzustellen. Hierbei würde ich jedoch versuchen es per Cashflow zu machen indem ich die Sparraten entsprechend lenke anstatt Teilverkäufe zu machen und dadurch steuern auszulösen.

  • Gesetz der Fall ich habe mich für eine Asset Allokation 75:25 entschieden.

    Ich gehe davon aus, dass Du Dir das gut überlegt hast, abhängig von Deiner Risikotragfähigkeit. Dann würde ich das auch so durchhalten.

    Das Verhältnis ist nun approx 85:15

    Sollte nun ein Rebalancing stattfinden?

    Das entspricht nicht mehr Deinem gewünschten Risikoprofil. Also solltest Du konsequenterweise eine Anpassung vornehmen.

    Durch regelbasierte Rebalancing hat der Investor quasi Geld verloren.

    Taugt regelbasierte Rebalancing?

    Genau Dein Beispiel beschreibt, dass es etwas taugt. Du hast vor dem Crash Deine Risikoposition wieder auf das gewünschte Maß reduziert.

    dass ich keinen Sinn in Re-Balancing erkennen kann.

    Mangelnde Erkenntnis lässt sich ändern.

    Zunächst einmal ist die Festlegung, in welchem Verhältnis die verschiedenen Assets stehen sollen, eine persönliche Entscheidung des Investors.

    Korrekt. Und wenn ich mich für ein bestimmtes Risikomaß entschieden habe, ist es m.E. sinnvoll, das eigene Risikomaß nicht zukünftig dem Zufall zu überlassen.

    Letztendlich ist Re-Balancing eine Wette, bei der man hofft, dass das schwächer performende Asset in Zukunft besser laufen wird.

    Letztendlich ist das Unterlassen eine Wette, bei der man hofft, dass das besser performende Asset auch in Zukunft besser laufen wird.

    Rebalancing ist renditeschädlich.

    Oder eben renditeförderlich, siehe das Beispiel oben.

    dann führt Rebalancing in der Tat zu dem (für jemanden, der auf Sicherheit wert legt, etwas paradoxen) Ergebnis, dass man gerade dann, wenn Aktien abgestürzt sind, auch noch "sicheres" Geld nachschießen muss.

    Ich halte es nicht für paradox, Aktien nach einem Absturz nachzukaufen. Ich habe das letzte Woche getan.

    Selbst bin ich im Safe Floor Asset

    Das ist die Alternative. Wer prinzipiell bei 100% Aktien ist und nur einen Notfallpuffer vorhält, braucht kein Rebalancing. Langfristig ist das vermutlich die renditestärkste Anlage.


    Aber das ist eben nicht jedermanns Sache. Wer sich eine andere Risikoverteilung vorgenommen hat, sollte m.E. seine eigene Planung auch beachten.

  • Ich halte nichts von prozentualem Rebalancing. Jede Kombination ist doch irgendwie aus der Luft gegriffen. Bei mir gibt es einen fixen Betrag in Sicherheit, der Rest darf sich risikoreicher entwickeln. Und bei einem von mir als bedeutsam definierten Ereignis realisiere ich Gewinne und entscheide dann neu, wohin ich wie viel investiere. Auf jeden Fall jetzt nicht mehr in ETFs mit 70% US-Anteil.

  • Letztendlich ist das Unterlassen eine Wette, bei der man hofft, dass das besser performende Asset auch in Zukunft besser laufen wird.

    Oder eben renditeförderlich, siehe das Beispiel oben.

    Ja, wenn man den Kapitalmarkt und damit die Kurse als Zufallsvariable begreift, dann wird es natürlich Szenarien geben, bei denen es sich als für die Rendite günstig erweist zu rebalancen oder eben genau das zu unterlassen. Wie die Zukunft kommen wird weis eben keiner.


    Aber was können wir erwarten? Wir gehen davon aus, dass bestimmte Assets ein mehr oder weniger bekanntes Rendite-Risiko Profil haben. Ziel des rebalancing ist die Wiederherstellung unserer wohlüberlegten Wunschallokation. Davon versprechen wir uns ein bestimmtes Höchstmaß an Risiko, oder eine Wunschrendite. Wir nehmen an, dass mit einer zu großen Abweichung negative Effekte verbunden sind. Bspw. Das allgemeine überschreiten der persönlichen Risikotragfähigkeit, eine zu hohe Volatilität des Anlagewertes oder andere Kriterien wie Capital-at-Risk.


    Nur ist das hier wie die Frage Wetter vs. Klima: den ganz konkreten Verlauf in der Zukunft können wir unmöglich präzise vorhersagen, das Börsenwetter ist und bleibt unbekannte Zufallsgröße. Wir können uns aber unserer Erfahrung und bspw. den statistischen Kennzahlen unserer Assets bedienen um den Wunschkorridor unserer Anlagestrategie - quasi die Klimazone unserer Geldanlage - abzustecken. Das machen wir ja bereits implizit wenn wir unsere allocation festlegen, und versprechen uns davon irgend eine Art Vorteil.


    Was dürfen wir nun nach dem Gesetz der großen Zahlen mit annehmbarer Wahrscheinlichkeit in etwa erwarten? Im Gros der Fälle sprich unsere statistische Renditeerwartung wird mit rebalancing schlechter ausfallen. Gibt’s Gegenbeispiele? Ja! Die Kurse lassen sich statistisch nur annähern, Black Swan bzw. Tail Risk Ereignisse gibts immer wieder, und wenn da dein rebalancing in die günstigere Richtung balanced, dann hattest du Glück. Im Sinne von zufällig. Aber naja, „annehmbare Wahrscheinlichkeit“ Ist halt auch eine Frage deiner Annahmen.


    Ergänzung: Es gibt natürlich auch allokationen wie 70/30 wo du einfach sagst, hey ich will 30% EM, der Rest ist mir egal. Dann machst halt rebalancing. Die implizite Frage „wieso genau 30%?“ versteckt sich dann halt direkt am Ausgangspunkt - in der Konstruktion des Portfolios - und die ehrliche Antwort wäre wohl „weil ich das im Internet gelesen habe“.