Sinnvolle und einfache Entnahmestrategie bei Rentenbeginn

  • Hallo zusammen,

    ich habe bereits hier einige Kommentare gelesen und auch schon sonstige Recherchen durchgeführt.

    Mein Ziel kurz und Knapp:
    Sinnvolle und einfache Entnahmestrategie
    Das Töpfe-Prinzip wird ja nicht so empfohlen, wenn es einfach sein soll.

    Situation: Alter 66, Rentenbeginn ab 01.01.2026
    Verhältnis Risikoarme / Risikoreiche Anlagen: 50/50 - dabei möchte ich gerne die nächsten 5 Jahre bleiben (jährliches Rebalancing), danach kann die Verteilung ruhig etwas "sicherer" sein.

    Mein normaler Renteneingang sollte für meine monatlichen erforderliche Ausgaben ausreichen. Mein Vermögen soll bis zum Ableben verbraucht sein.
    Entnahmen sind für Reisen, Hobby (Fotografie) sowie unerwartete Kosten (Auto etc.) geplant. Ich kalkuliere in meinen Berechnungen mit einem Lebensalter 90 Jahre. Da können natürlich auch noch unerwartet hohe gesundheitliche Kosten eine bedeutende Rolle spielen.
    In den nächsten 5 Jahren möchte ich noch 8 längere Fernreisen machen, und da auch nicht sparen. Diese Reisen gehen natürlich ins Geld. Über 70 werden sich meine Reisen dann wohl eher auf Europa beschränken.

    Meine Überlegung: denke ich: Einfach monatlich das entnehmen was ich brauche - nicht mehr.

    Meine Frage:
    Aus welchem Anlagenteil? Hier habe ich ja schon öfters gelesen: wenn das Wertpapierdepot schlecht läuft -> aus TG-Depot, wenn das das Wertpapierdepot gut läuft, aus dem Depot verkaufen. Man erwischt halt nur nie den richtigen Zeitpunkt :)

    Wie handhabt ihr das denn so in vergleichbarer Situation?

  • Da kommt es sehr darauf an, wieviel Du im Depot und wieviel Du im "sicheren" Teil an Geld liegen hast.

    Wenn es ohnehin mehr ist, als Du verbrauchen kannst, musst Du Dir über großartige Strategien keine Gedanken machen.

    Wenn die Ausgaben für Dich eher optional sind (schön, wenn das Geld reicht, wenn nicht dann halt nicht), musst Du Dir ggf. auch eher wenig Gedanken machen.

    Ansonsten musst Du Dir überlegen, wieviel die aus Deiner Sicht "unverzichtbaren" Dinge kosten und wie sich das zu Deinem Vermögen verhält. Wenn Du also z.B. sagst, die acht längeren Fernreisen in den nächsten fünf Jahren sind ein Muss, dann solltest Du sicherstellen, dass das Geld dafür auf jeden Fall reicht.

    Eine konkrete Strategie ohne Zahlen ist schwierig.

  • Entscheidend sind die Höhe und der Zeitpunkt des Bedarfs und deine Risikobereitschaft. Danach könnte man einen Plan erstellen. Meiner läuft auf 5 Jahre Vorlauf in TG und Geldmarkt ETF, der Rest schlummert im weltweiten Aktien ETF, bei, für mich, guten Stand wird rüber zum sichereren Teil geschoben, um die 5 Jahre immer im Vorlauf zu haben. Risikobereitschaft ist bei jedem anders, manche brauchen 2 und andere 10 Jahre Vorlauf, musst du mit dir selbst ausmachen. Viel Erfolg!

  • Eine sinnvolle Entnahmestrategie zu planen ist deutlich komplizierter als anzusparen. Hauptsächlich weil man viele Variablen hat: Ausgaben, Restlebenszeit, Renditereihenfolge,... Eine genaue Planung ist eigentlich unmöglich. Dynamische Konsumansätze sind meines Erachtens am besten geeignet:

    https://www.behavioral-finance.de/wp-content/uploads/go-x/u/cf830ad9-b702-4725-ad30-ff52aacfa8f7/BF_BAND_01.pdf

    Wenn genug da ist und/oder die Grundbedürfnisse bereits gedeckt sind, kann man es sich auch einfach machen und alles in einen ETF packen. Muss ja nicht 100% Aktien sein. Dann die Anteile durch die Monate der Restlebenserwartung+60 Monate teilen und jeden Monat diese Anzahl verkaufen. Fertig.

    Mehrere Töpfe und komplizierte Strategien haben halt einen Nachteil: Man muss sich damit beschäftigen und die Parameter sind schwammig. ,,Im Crash verkaufe ich aus dem Tagesgeld" ist halt immer so eine Sache. Wann ist Crash und wann ist er vorbei? Was mache ich wenn er länger dauert? Was wenn er lange nicht kommt? Sind Minus 10% ein Crash? Oder 20%? Das kann auch zur mentalen Herausforderung werden.

  • Dann die Anteile durch die Monate der Restlebenserwartung+60 Monate teilen und jeden Monat diese Anzahl verkaufen. Fertig.

    +60 Monate als 5 Jahre zusätzlichen Puffer, wenn man doch fünf Jahre länger lebt als erwartet, oder wofür?

    Den Ansatz finde ich ganz charmant. Er sorgt eben ggf. für relativ große Schwankungen im Entnahmebetrag je nach Kursentwicklung (100 Anteile zu 15 EUR sind eben was anderes als 100 Anteile zu 30 EUR), und wenn man einfach so verkauft, kommen dank FIFO schon wegen der unterschiedlich hohen Steuer am Anfang tendenziell kleinere Beträge raus als am Ende. Aber das ist ja ggf. auch eine Frage des Feintunings bzw. auch einfach egal, wenn man mit den Entnahmen nur Extras decken will und keine Lebenshaltungskosten.

  • Es gibt eine Menge guter Entnahmestrategien. Je knapper das Budget ist, desto wichtiger ist eine gute Strategie, die das Optimum rausholt. Wenn genug Geld da ist, würde ich die Bequemlichkeit in den Vordergrund nehmen. Noch bist Du fit und kannst alles steuern, aber was wird in zehn oder zwanzig Jahren sein? Dann ist ein einfaches Modell auch für potentielle Erben oder Betreuer von Vorteil.

    Ich würde vorschlagen die folgenden Schritte abzuarbeiten

    1) Bestandsaufnahme über das liquidierbare Vermögen ggf. mit Fälligkeiten. Dabei auch anstehende Einmalzahlungen in der nächsten Zeit berücksichtigen.

    2) Grobe Liquiditätsplanung für die nächsten fünf Jahre und darüber hinaus. Z. B. Reisen 100k für die nächsten fünf Jahre, danach monatlich 500/1000 Euro für Rentnerluxus.

    3) Gibt es einen Partner, der mit abgesichert werden muss? Kann der mit den Geldanlagen umgehen? Falls ja, alles fein. Falls nein, eine möglichst einfache Struktur anstreben.

    Sollte das erste Ergebnis der Analyse sein, dass das Geld bequem ausreicht, ist die intensive Beschäftigung mit Entnahmestrategien optional. Es schadet natürlich nicht, sich da einzuarbeiten. Sofern im Zweifel auch etwas vererbt werden soll schadet es nicht, "vernünftig" mit dem Geld umzugehen.

    Grundsätzlich ist ein häufig vorgeschlagener Weg, dass man zu Beginn des Rentnerdaseins etwas mehr Liquidität vorhält und später den Aktienanteil steigen lässt. Hier beispielsweise der wissenschaftliche Blickwinkel https://www.kitces.com/blog/should-eq…ctually-better/

    Es gibt aber auch ein paar gute Blogs, wo man sich einarbeiten kann. Ich mag den hier sehr gerne, ist aber auch auf englisch https://earlyretirementnow.com/. Oder den hier auf deutsch findet man auch viel zum Thema https://www.finanzen-erklaert.de/

  • 1st_Replicant

    Ohne genaue Zahlen aber auch ohne Angaben zur subjektiven Risikobereitschaft (Risikotoleranz) - wie Höhe eines Puffers, Mitdenken eines längeren Pflegefalls, generell noch akzeptierte Pleitewahrscheinlichkeit in Bezug auf die Entnahmehöhe - sind diesbezügliche konkrete Hinweise schwierig oder müssen schwammig bleiben.

    Nur am Rande aber in dem Kontext:

    Mein Vermögen soll bis zum Ableben verbraucht sein.

    Klingt vordergründig gut oder schick ("Die with Zero" oder wie es früher in den USA oftmals hieß als sozusagen der Idealfall: "Der letzte Scheck des Lebens muß platzen"). In praxi aber schwer bis kaum "punktgenau" zu timen (suizidales Vorgehen beispielsweise mal ausgenommen).

    Die andere Variante ("am Ende des Geldes bzw. des freien Vermögens ist noch (reichlich) Leben übrig") erscheint mir, ganz persönlich, als die ungleich unangenehmere ...

    Ich kalkuliere in meinen Berechnungen mit einem Lebensalter 90 Jahre.

    Jeder Plan geht (muß) von Vorgaben und/oder Kalkulationen aus (gehen).

    In dem speziellen "Spiel" (Entnahme oder Entsparen) hat es halt (leider) diverse Imponderabilien (neben der Entwicklung der Märkte, der Inflation, den steuerlichen Rahmenbedingungen usw.) - wie eben auch die eigene Restlebenserwartung. Kenne diverse Fälle, in denen so geplant wurde (bis 90) - die aber dann doch 95, 97 oder noch älter wurden. Dazu fielen in einigen Fällen auch noch erhöhten Kosten (Pflegebedürftigkeit) an. Dabei wird es bezüglich der Berücksichtigung (Gewichtung) dieser Aspekte wieder entscheidend auf die eigene Haltung (Risikotoleranz) ankommen.

    Eine (längere) Pflegebedürftigkeit kann aber ziemlich bis mächtig ins Geld gehen - wie ich in meinem familiären Umfeld mehrfach selbst erlebt aber auch im weiteren Umfeld diverse Male gesehen habe. Jedenfalls, wenn man sich dann noch einen Rest an Lebensqualität bewahren will.

    Wie handhabt ihr das denn so in vergleichbarer Situation?

    Für meinen Teil bin ich nicht in einer vergleichbaren Situation (allein die Erträge aus meinem Vermögen betragen ein Vielfaches meines Bedarfs).

    Es gibt aber einige Protagonisten in meinem Umfeld mit (vermutlich) eher vergleichbarer Situation der Deinigen. Diese arbeiten und/oder mit (unterschiedlich) hohem risikoarm vorgehaltenem Puffer, teil-dynamischer Entnahmerate (falls nötig), generell einer von Anbeginn eher modearten (defensiven) Entnahmerate (2,5 bis max. 3% - statt der früher mal propagierten 4%) , einer (sehr) unterschiedlichen Berücksichtigung des Themas (langjähriger) "Pflegefall" usw.

    In den nächsten 5 Jahren möchte ich noch 8 längere Fernreisen machen, und da auch nicht sparen. Diese Reisen gehen natürlich ins Geld.

    Meine ganz persönliche Sicht: Bei eher überschaubarem bis knappem Budget würde ich auf jeden Fall dafür sorgen, daß ein solche Wunsch (oder Lebenstraum) sprich das "Extra" noch finanziell realisiert werden kann, so lange man dazu (gesundheitsbedingt) in der Lage ist.

    Über 70 werden sich meine Reisen dann wohl eher auf Europa beschränken.

    Mit solchen Prognosen wäre ich eher zurückhaltend. Kenne einige Fälle, in denen auch etwas betagtere Senioren auf den Reisegeschmack gekommen sind und in höherem Alter noch gerne andere Kontinente bereist haben. So lange das die Gesundheit hergab jedenfalls. Bei einigen immerhin war das bis ins hohe Alter so.


    Viel Erfolg bei Deinem Vorhaben wünsche ich Dir !

  • Hi,

    bei aller Wissenschaftlichkeit, dynamisch, fester Prozentsatz etc habe ich jetzt drei Blöcke, aus denen ich mein Geld per Ausschüttung entnehme:

    Vanguard LS 60 dis (50%)

    Ishares Edge Value Europe dis (25%)

    Bundesanleihen/Tagesgeld (25%)

    Nach dem Motto KISS ( keep ist simple, Stupid) ist es jetzt für mich maximal einfach. Wertsteigerung bleibt erstmal im Depot, entnehme ich nicht, potentielle Verluste beim Wert spielen nach Plan auch keine Rolle.

  • Ich bin 7J im Ruhestand. Wie beim TE sind meine Renten auskömmlich und ich möchte möglichst alles verzehren.

    Risikobehaftete Anlagen dienen mir der Diversifikation, zur Minderung meines Klumpenrisikos „alles (Renten, Cash, Bankeinlagen, Immobilie, Geldmarktfonds) steckt in Deutschland/Europa/Euro”. Renditeerwartungen über Inflation sind zweitrangig.

    Ich könnte auch 100% Aktien gehen, aber „genug ist mir genug“. Und wie der Finanzwesir sagte ~ „im Alter sieht man sowieso nur noch die Rücklichter des Renditezuges".

    Für Robustheit (gegen Ausfälle, Sperrungen) habe ich 2 Banken. Hier meine Töpfe:

    Bei der Bank mit dem aktiveren Girokonto habe ich im Depot den Geldmarktfonds für meinen Verbrauch. Im Depot der anderen Bank meinen Anleihenfonds für ein paar Jahre Verbrauch (zum Puffern gegen Aktienmarktkrisen) und mein Investitionsportfolio.

    Mein Plan:

    Ich habe keine feste Entnahmerate, sondern entnehme so viel, wie ich brauche, wenn ich es brauche. Rechnungen zu Entnahmestrategien habe ich nur gemacht, um zu sehen, in welchem Bereich meine Entnahmen liegen könnten.

    Aktuell spare ich aber versehentlich, statt zu verzehren.

    Einmal jährlich (nach Ausschüttungstermin und aktuellem Steuerbescheid):

    • Prüfe ich meinen Finanzstatus
      (tatsächlicher Verbrauch, Entwicklung meiner Lebensumstände, Depotzusammensetzung, Inflationsrate, Marktentwicklung)
    • Stocke TG und Geldmarktfonds aus Zinstopf oder Investitionstopf (je nach Marktlage) auf meinen geplanten Jahresbedarf auf
    • Rebalance gggf. zwischen Zinstopf und Investitionstopf und im Investitionstopf

    Diese Gestaltung erscheint mir einfach. Falls meine geistigen Fähigkeiten nachlassen oder ich keine Lust mehr habe, mich um meine Finanzen zu kümmern, könnte ich weiter vereinfachen:

    • Habe bereits vor Kurzem vereinfacht, durch Umschichtung meines Investmentportfolios in ARERO
    • Zinstopf und Investitionstopf in 1 Mischfonds (LifeStrategy, ARERO ?) zusammenfassen.
      Vereinfacht das Portfolio und entbindet von der Entscheidung, ob gerade (weiterhin) eine Krise ist. Der Mischfonds rebalanced automatisch.
    • Statt Geldmarkt + Fonds alles in Geldmarkt oder Fonds
    • Nur noch eine (Filial)Bank
    • Auch Depot bei dieser Bank
    • Großteil des Kapitals in Sofortrente
      oder in automatischen Auszahlplan
  • Naja, alles verzehren ist wahrscheinlich unmöglich, besser man hat am bitterem Ende was übrig als es geht einem geraume Zeit voraus das Geld aus. Meine Rente reicht, ist immer eine Momentaufnahme, da können viele Dinge eine Änderung von jetzt auf gleich auslösen. Auch das Thema Pflege kann noch wichtig werden, um nur einen entscheidenden Punkt zu nennen. Ich habe da in meinem Umfeld schon zu viele Erfahrungen machen müssen…..

  • besser man hat am bitterem Ende was übrig als es geht einem geraume Zeit voraus das Geld aus.

    Der TE hat auskömmliche Renten, also darf prinzipiell das Kapital vor dem Tod ausgehen.

    Schwierig ist, wenn man den Eigenanteil an den Pflegekosten einplanen will, das sind aktuell 3T€+: Wird man überhaupt pflegebedürftig? Wie lange? Wie entwickeln sich die Kosten? Man kann aber auch planen: Meine Renten stehen zur Verfügung, darüber springt das Sozialamt ein.

  • Auch bei mir reichen die sicheren Renten (gesetzlich + ZVK) + Kapitalerträge (Ausschüttungen, Zinsen) i.d.R. zur Ausgabendeckung, es bleibt etwas übrig das für Extras verwendet wird. Seit 7 Jahren im Ruhestand, seitdem kein Entnahmeverzehrbedarf. Ich halte es so das ich den EVENTUAL-Bedarf für 10 Jahre (1/3 der Ø mtl. Ausgaben X 12 X 10) in risikoarm halte (GMF, TG, Giro). Darüber hinaus gehendes ist (und bleibt) in 3 Aktien-ETFs (davon 90 % weltweit und 10 % EUROSTOXX600). Das ist pflegeleicht und ich schaue 1 X je Woche drauf, reicht.

  • Vielleicht hilft das Video vom geschätzten Dr Beck:

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