Die Anlageverkäufer schlagen zurück

  • Das ist quasi ein Werbeartikel für die private Rentenversicherung mit ETF im Versicherungsmantel.

    Zitat:

    „Ein reiner Do-it-yourself-Ansatz funktioniert nur für eine kleine Minderheit mit hoher Finanzkompetenz, eiserner Disziplin und stabilen Lebensumständen über Jahrzehnte hinweg. Für die Mehrheit ist das Risiko schlicht zu hoch.“

  • Wo ich grundsätzlich zustimmen würde: Die meisten Menschen haben nicht die Disziplin über Dekaden für ihre Altersvorsorge Geld bei Seite zu legen. In gewissen Konstellationen kann da eine Rentenversicherung Sinn machen. Wobei sich dann grds. die Frage stellt, ob Menschen mit derart fehlender Weitsicht überhaupt mit irgendeiner Geldmenge gesund umgehen können.

    Man muss auf jeden Fall nicht lange suchen, um Seiten oder "Nachrichten" oder "journalistische Beiträge" zu finden, die vorm bösen ETF warnen und dann o.g. Produkte oder gar aktiv gemanagte Fonds anbieten.

    Mich würde mal interessieren, wieviele Menschen wirklich langfristig fürs Alter sparen mit ETFs. Ich glaube die wenigsten machen das. Die Aktienquote ist ja schon recht niedrig, aber ich glaube viele machen da echt nur Investments auf unbedeutendem Niveau oder gerade jüngere verbrennen sich die Finger mit Derivaten, die sie nicht verstehen. Immerhin ist der Verlust in Deutschland auf die Höhe des Investments gedeckelt (wenn man nicht selbst per Kredit zockt).

  • Wer eine ETF Rentenversicherung bespart, hat wsl eine bessere Wahl als Riester etc getroffen. Ich habe mich unlängst mit einem Produkt der Cosmosdirekt (sogenanntes Pantoffel Portfolio) befasst (Frage aus dem persönlichen Umfeld) und fand es so abwegig nicht. Leider werden Kosten nicht ausgewiesen, so dass die Produkte intransparent bleiben. Ich freue mich aber schon, wenn der Kontostand die Einzahlungen übersteigt.

    Das Argument "eiserne Disziplin" ist mE nicht von der Hand zu weisen. Allerdings kann es bei Laufzeiten von 12 Jahren schließlich doch zu einer Vorabentnahme vor Eintritt des Rentenalters kommen.

    Den Einwand zum Rebalacing finde ich nicht schlüssig, sofern der Vertrag den ETF Wechsel ohne Auflösung des bisherigen Invests zulässt.

    Mein Zwischenfazit: reflexhaftes Auflösen eines bestehenden ETF basierten Rentenversicherungsvertrags ist jedenfalls nicht empfehlenswert.

    Hoffentlich löse ich keinen Shitstorm aus.

  • Was denkt Ihr dazu?

    "Rauchen ist gesund - haben Analysen und Studien von Dr. Marlboro jetzt gezeigt" ...

    Oder noch kürzer: Cui bono ... ?

    Einerseits ...


    Nichtsdestotrotz ist es aber auch eine schlichte Tatsache, daß ein solches Finanz-Forum (samt dessen Vielschreibern) kaum etwas bis eher fast Nichts mit dem Durchschnittsbürger oder dem sogenannten "Otto Normalverbraucher" zu tun haben dürfte.

    Siehe beispielsweise hier:

    Last but not least (auch dies zum wiederholten Male): Ein solches Special Interest Forum (in dem Fall für Finanzen) ist in Sachen Kenntnisstand, Sparbereitschaft, Disziplin, Konsequenz, Durchhaltevermögen usw. - meines Erachtens - nicht ansatzweise repräsentativ für die deutsche Gesamtbevölkerung.

    Oder hier zugegebenermaßen pointiert:

    Den Ansatz, Anspruch oder die Vorstellung, daß auch "Otto Normalverbraucher" sprich der "Durchschnittsbürger" so ticken und agieren sollte, wie die Protagonisten eines solchen Special Interest Forums halte ich daher eher für eine Vision oder sogar Hybris.

    Unabhängig von der Tatsache, daß es bei nicht wenigen Menschen schon an einem Grundverständnis der Finanz-Basics mangelt und eine finanziellen Bestandsaufnahme (Vermögensbilanz) fehlt und/oder auch kein eigener Finanzplan vorhanden ist ...

    Die "Compliance" den eigenen Finanzplan betreffend (so denn ein solcher vorhanden ...) ist zudem nicht selten eine eher mediokere bis fragile. Insofern ist die börsentägliche Zugriffsmöglichkeit (oder das einfache Aussetzen eines ETF-Sparplans per Mausklick) - große oder wesentliche Bestandteile des eigenen (freien) Vermögens betreffend - über Jahrzehnte hinweg für (sehr bis hoch) disziplinierte Protagonisten kein Problem und/oder ein Segen - für unsichere Kantonisten und Protagonisten aber ggf. eher Fluch als Segen.

    Ansonsten hätte beispielsweise der eingebaute "Zwangsspareffekt" bei der eigengenutzten Immobilie in der Langzeitbetrachtung nicht derartige Folgen (Vermögensvergleich beispielsweise im Alter von 60 Jahren "Mieter vs Eigentümer" - eigentlich müßte der Vergleich in vielen Fällen genau andersherum ausfallen, was aber eben in praxi nicht der Fall ist).

    Dazu kommt noch, daß es auch "Menschen/Haushalte gibt, die Kapitalmarktanlagen unattraktiv oder sogar abschreckend finden" (die Aussage stammt von einem hier an der Universität zu solchen Themen Forschenden). Auch für solche Menschen sollte es also attraktive und kostengünstige Angebote bzw. Vehikel zum Vermögensaufbau und der privaten Altersvorsorge geben.

    Insgesamt zielführender wäre natürlich die Setzung steuerpolitische Rahmenbedingungen, die ein langes Halten von Anlagen und Kapitalmarktanlagen honoriert via entsprechender Anreizsetzung. Jedenfalls in der langen Vermögensaufbauphase - für die Entnahmephase mögen dann wieder andere Regeln gelten. Daran fehlt es aber hierzulande bis heute.

    Noch viel besser wäre natürlich eine bessere Finanzbildung samt ökonomischem Grundverständnis in breitesten Bevölkerungskreisen - dann würde sich vermutlich das Anlageverhalten hierzulande automatisch ändern. Das dürfte aber eine Langfrist- und/oder Daueraufgabenstellung sein. Mithin sind damit - sollte es denn überhaupt gelingen - jedenfalls kaum schnelle Wirkungen und Erfolge zu erwarten.

    Andererseits ...

  • Meine Partnerin und ich waren zwischenzeitlich nicht auf der gleichen Wellenlänge was langfristige Finanzen angeht. Ich habe ihr die Basics erklärt und erklärt, warum das insbesondere für sie wichtig ist, da sie später nur ne vergleichsweise kleine Rente bezieht. Ihre initiale Antwort: "Wenn es so leicht ist, warum macht das dann nicht jeder!" ... das fast es glaub ich gut zusammen. Die Leute vertrauen nicht (ok manche vertrauen zu viel).

    Da wird lieber einem Verkäufer bei der Bank oder der Versicherung Geld gegeben, der dann (anstatt einen Welt ETF zu besparen) das Geld in aktiv gemanagte Fonds oder die gleichen ETFs (nur im Rentenmantel mit hohen Kosten) steckt. Manchmal glaube ich, dass die Leute belogen werden wollen, um sich gut zu fühlen. Mit Fakten kann das jedenfalls nicht viel zu tun haben.

  • zuerstmal kann man feststellen, dass der Soester Anzeiger ein ehrliches Qualitätsmedium ist, denn ich musste wirklich erst gefühlte elfundfünfig Anzeigen wegklicken, bevor ich den Text lesen konnte.

    Und dann lerne ich (im Rahmen einer Content-Partnerschaft, soll heissen: Werbeeinblendung), dass ein Versicherungsmakler eine Versicherung empfiehlt.

    Um mit einer ähnlich kompetenten Grösse des Kapitalmarktes zu antworten: Nein! - Doch! - Ohh!

  • Zitat aus dem Artikel: "Die Kombination aus ETF-Sparplan und Rentenversicherung hingegen bietet die nötige Balance aus Rendite, Sicherheit und Planungssicherheit."

    Ergänze "gesetzliche" vor Rentenversicherung und schon stimmt (fast) alles.

    "Fast" wegen -> Wer noch eine Betriebsrente ergänzen kann, ist dann schon beim Schweizer/Niederländischen/Schwedischen Modell und kann 90-95% Rentenniveau erreichen, statt der 48% in Deutschland.

  • dude , nach meinen langjährigen Erfahrungen will sich eine bestimmte (nicht ganz kleine) Gruppe mit dem Thema "private Finanzen" entweder nur (sehr bis äußerst) ungern oder eher gar nicht beschäftigen.

    Es dürfte daher übrigens kein Zufall sein, daß der damalige (Ende der 90er nach meiner Erinnerung) "Claim" (Werbespruch als Kernbotschaft oder Versprechen) der HypoVereinsbank als einer der erfolgreichsten (im Bankbereich bzw. Bereich der Finanzdienstleister) gilt. Siehe schon hier:

    Vermutlich nicht ohne Grund war einer der erfolgreichsten Werbe-Slogans in dem Finanzbereich: "Sie leben. Wir kümmern uns um die Details" (nach meiner Erinnerung kam das von der damaligen Unicredit-Tochter Hypovereinsbank).

    Der Wunsch das als leidig empfundene Thema loszuwerden und/oder zu delegieren, dürfte in relevanten Teilen der Bevölkerung ein ausgeprägter sein.

    Das reicht hin bis zu leicht bizarren oder surrealen Gedanken (wörtlich so gehört): "Wenn das schief geht, bin wenigstens nicht ich schuld - sondern mein Banker" ...

    Ebenso ausgeprägt dürfte der Gedanken an einfache bis einfachste Lösungen sein.

    Der "Marketing-Gedanke" (und gute "Motivations-Gedanke" samt Versprechen für die "einfache Lösung") hinter beispielsweise "Geld ganz einfach" ist mir durchaus bewußt. Zumal die meisten Menschen bei dem Thema "einfache Lösungen" suchen bzw. bevorzugen.

    Insofern finde ich diesen Claim (Finanztip) als Teaser jedenfalls ziemlich gut. Eine andere Frage wäre, ob dies die Realität (Lebenswirklichkeit im Einzelfall) auch vollumfänglich abbilden kann.


    Ganz generell: Bei sachlich-nüchterner Herangehensweise schien mir schon immer ein gesundes Mißtrauen samt kritischer Distanz in beide Richtungen indiziert - also sowohl gegenüber (der privat-wirtschaftlichen Seite) Banken, Versicherungen, Finanzdienstleistern aller Art, Fondsmanagern, Vermögensverwaltern etc. pp. als auch gegenüber (der staatlichen Seite) einer GRV, einer GKV, dem staatlichen Fiat-Money, der staatlichen Einheitswährung, der staatlichen Zentralbank etc. pp.

    Wie schon mehrfach geschrieben, ist da aber - insbesondere bei den sehr staatsgläubigen Protagonisten - eine nicht selten erhebliche Asymmetrie (im Sinne der Unwucht) bei der Bewertung zu konstatieren. Eingedampft: Banken, Versicherungen usw. "böse" - Staat und staatliche Systeme usw. "gut".

    Das erscheint mir ein Bild, welches die Realität nicht kongruent abbildet.

  • In einer Zeitung des Ippen-Presseimperiums habe ich folgenden Artikel entdeckt.

    http://www.soester-anzeiger.de/wirtschaft/ver…r-94071894.html

    :cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing::cursing:

    Was denkt Ihr dazu?

    Ich halte dieses Advertorial für ausgesprochen nützlich zu lesen.

    Warum denn das?

    Ganz einfach: Es beschreibt die Argumentationslinie eines Finanzoptimierers. Man kann diese nachlesen und sich dazu stellen. Mal angenommen, ein lieber Mensch, den man selbst vor finanziellem Schaden bewahren möchte, kommt hochbegeistert von einer Beratung eines Finanzoptimierers zurück. Dessen Interesse ist doch, seinem Opfer zu vermitteln, daß nur er sein Opfer zum Heil führen kann. Dazu vermittelt er dem Opfer ein gutes Gefühl, legt aber Wert darauf, daß die Fakten im Hintergrund bleiben.

    Wenn nun aber die Argumentation gedruckt vorliegt, kann man sie sich vornehmen, und der Drucktext bleibt ja stehen. Da kann dann keiner sagen: Aber so war das doch nicht gemeint!

    Ich habe die Erfahrung gemacht, daß man anderen Menschen nur schwer zum Guten raten kann. Kommt einer vom Finanzoptimierer zurück, erzählt begeistert von der Beratung und man erlaubt sich, Wasser in den Wein zu schütten, wird das jeweilige Opfer sich typischerweise wie ein Löwe für den Finanzoptimierer verkämpfen, so daß man sinnvollerweise die Argumentation einstellt, wenn man Streit vermeiden will. Argumente hat das Opfer typischerweise keine (oder nur vage), aber es kommt mit einem unglaublich guten Gefühl aus der Beratung zurück. Genau das ist die Masche: Nicht die Argumente zählen, sondern das gute Gefühl.

    Wenn man in dieser Situation eine schriftliche Unterlage hat wie dieses Advertorial, gewinnt man vielleicht einen Zugang auf der Sachebene: Ja, genau! Das hat der Berater auch gesagt! Da hat man dann die Chance zu antworten: Und? Stimmt das denn auch? Laß uns doch mal recherchieren!

    :)

  • Populistische Sätze sind schwer zu widerlegen. Weil sie so schön eingängig sind und eine einfache Lösung bieten.

    Populistische Sätze sind recht leicht zu widerlegen, wenn sie erstmal auf dem Papier stehen.

    Zitat

    3. Denkfehler: Das Depot hält schon bis zum Lebensende

    Ein ETF-Depot ist endlich – Ihr Leben möglicherweise nicht. Angesichts steigender Lebenserwartungen droht vielen ein finanzieller Engpass im hohen Alter. Theoretische Entnahmeregelung wie die „4%-Regel“ scheitern häufig an der Realität: Unerwartete Ausgaben, Inflation oder schlechte Börsenjahre können das Kapital schneller aufzehren als geplant. Die Lösung: Nur eine lebenslange Rente schützt wirklich vor dem Langlebigkeitsrisiko. Moderne private Rentenversicherungen zahlen – einmal eingerichtet – bis zum Lebensende. Damit bleibt Ihre finanzielle Unabhängigkeit auch im hohen Alter gesichert.

    Das Leben ist möglicherweise nicht endlich? Staun! Das habe ich nicht gewußt.

    Unsinn. Die einzige Wahrheit, die im Menschenleben wirklich unumstößlich gilt, ist diese: Das Menschenleben ist endlich, allerdings höchst unterschiedlich lang.

    Wie häufig scheitern denn theoretische Entnahmeregelungen wie die 4%-Regel? Ok: Wenn man die Hoheit über das eigene Geld behält, kann man auch mehr entnehmen als den vorausberechneten Betrag. Dann ist das Geld möglicherweise schneller alle als kalkuliert. Davor ist man mit einer Rentenversicherung freilich sicher: Die zahlt auch dann nicht mehr, wenn man ausnahmsweise mehr Geld brauchen sollte als sonst.

    Die Inflation trifft eine Rentenversicherung mit ihren festverzinslichen Papieren voraussichtlich stärker als ein Aktienportfolio. Der fürchterliche Börsencrash, Angst fast aller Deutschen, trifft allerdings in der Tat das Aktienportfolio mehr als die Rentenversicherung.

    Die Lösung klingt wunderbar glatt, ist es bei Licht besehen aber nicht. Die Rentenversicherung schütze wirklich vor dem Langlebigkeitsrisiko, denn sie zahle bis zum Lebensende. Klingt schlüssig, ist es aber nicht. Die größte Gefahr für eine Rentenversicherung ist die Inflation, die der Finanzoptimierer dem Aktienportfolio in die Schuhe schiebt, die in Wirklichkeit aber für die Rentenversicherungen viel gefährlicher ist. Was hilft mir die treuherzige Auszahlung des garantierten Nominalbetrags, wenn ich mir dafür dann nichts mehr kaufen kann?

    Wie kann unter diesen Bedingungen die finanzielle Unabhängigkeit auch im hohen Alter gesichert sein?

    In den letzten 100 Jahren haben die Deutschen zweimal eine totale Geldentwertung erlebt. Einen vergleichbar schlimmen Aktiencrash hat es nicht gegeben, noch nicht einmal in der Weltwirtschaftskrise 1929 ff. Und doch stehen die Deutschen in Treue fest zu festverzinslichen Papieren und fürchten Aktien wie die Pest. Das verstehe, wer will. :)

    Ein unkalkulierbares Risiko in vielerlei Hinsicht ist die Pflegebedürftigkeit. Mit ihr wird der Lebensunterhalt derart teuer, daß dessen Kosten jede Vorausberechnung völlig über den Haufen werfen. Das läßt sich mit keinem ETF-Portfolio abfangen und auch nicht mit einer Rentenversicherung. Wobei möglicherweise die Finanzen diesbezüglich noch nicht einmal das größte Problem sind. :(

    Wie man sieht, ist es ganz einfach, gegen populistische Thesen zu argumentieren, sofern sie erstmal fixiert sind. Kommt ein lieber Mensch aber ganz beseelt von einer Beratung beim Finanzoptimierer zurück, ist das viel schwieriger, weil dann typischerweise nicht klar ist, wovon man überhaupt spricht.

  • Achim Weiss Der Satz ist ja wirklich eine Steilvorlage: „Ein ETF-Depot ist endlich – Ihr Leben möglicherweise nicht.“ 😁

    Man muss bei einem ETF-Depot nur mit einer ausreichend hohen Lebenserwartung rechnen. Wer seine Entnahme bis zum Alter von 120 Jahren plant, sollte dann wirklich auf der sicheren Seite sein.