Wie sicher sind Wertpapierdepots?

  • Verstanden ist:

    Bankeinlagen (z.B. Festgelder) sind durch die „Einlagensicherung“ bis 100.000 € gesichert.

    Wertpapiere (wie ETFs) im Depot sind Sondervermögen und bleiben auch bei Bank- oder Brokerpleite unbegrenzt zu 100% mein Eigentum, so dass ich in diesem Fall die Herausgabe und Übertragung in ein anderes Depot verlangen kann.


    Frage:

    Was ist aber, wenn z.B. eine Bank durch „pflichtwidriges Handeln“ (Betrug…) eines Mitarbeiters gar nicht mehr in der Lage ist, die Wertpapiere herauszugeben?

    Meines Wissens gibt es in diesem Fall lediglich eine „gesetzliche Anlegerentschädigung“ von nur 20.000 €!!!

    (Anlegerentschädigungsgesetz AnlEntG von 1998, zuletzt geändert 2021: §4 Abs. 2)


    Das wäre natürlich in Anbetracht meines erheblich darüber liegenden Depotvolumens der finanzielle SUPER-GAU!!!

    Dieses Thema betrifft sicher sehr viele Anleger, wird aber nach meinem Eindruck nirgends öffentlich (Finanztip, extraETF, Finanzfluss etc.) thematisiert. Überall fallen stets nur die beruhigenden Stichworte „Einlagensicherung“ und „Sondervermögen“.


    Der Bankenverband sagt auf tel. Rückfrage ausweichend, so ein Fall (Anlegerentschädigung nach pflichtwidrigem Handeln) sei in den letzten Jahrzehnten noch nie vorgekommen, daher spekuliere man nicht.


    Die EdW (Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen) betreut zwar keine Vollbanken, sondern ausschließlich Wertpapierhandelsunternehmen, veröffentlicht aber auf seiner Homepage über 30.000 (!) Entschädigungsfälle mit einer insgesamt geleisteten Entschädigungssumme von 282 Mio. €! Leider werden hier nicht die exakten Gründe der jeweiligen Entschädigung genannt, aber lt. tel. Aussage des EdW handelt es sich oft um betrügerische Vorgänge. Dahinter stecken vermutlich erhebliche höhere Verluste von Privatanlegern…

    Mir fällt es schwer, zu glauben, dass bei Vollbanken (auch, wenn diese strenger reguliert sein mögen) noch nie ein einziger derartiger Fall auftrat!


    - Was sagt Finanztip dazu?

    - Wer aus der Community kann hierzu etwas sagen?

    - Kann man dieses Risiko versichern? Wo?

    - Die Sparkassen-Organisation soll derartige Risiken grundsätzlich vollständig (nicht nur mit 20.000 €) entschädigen, soweit es in der Summe deren finanziellen Rahmen nicht sprengt.


    Dass ein solcher Fall eintritt, mag unwahrscheinlich sein. Aber er hätte gewaltiges Vernichtungspotential (annähernder Totalverlust meines Wertpapierdepots!) und beunruhigt mich daher.

    Wegen dieser grundsätzlichen Relevanz halte ich zudem ein Finanztip-Video hierzu für extrem wünschenswert!

  • Hallo WolfETF,


    danke für die Frage! Mich treibt aktuell genau das gleiche Thema um, ausgelöst durch die Diskussion des Umzugs von SB nach SB+.


    Gerade die Apps sind ja mit "heißer Nadel gestrickt" und ich denke, dort wird es mit großer Wahrscheinlichkeit auch Bugs und Sicherheitslücken geben. Wenn es nun irgendwelchen Hackern gelingt, über so eine Lücke Zugriff auf mein Depot zu erhalten und den Inhalt zu "entwenden", dann seh ich echt alt aus, weil so ziemlich mein gesamtes Vermögen in dem Wertpapier-Depot abgelegt ist.


    Natürlich sollen MFA und hinterlegtes Referenzkonto dazu beitragen, dass sowas nicht vorkommen kann, aber das Referenzkonto lässt sich leicht in der App ändern und da ich an Bugs / Lücken denke, kann ggfs. auch die Bestätigung per Fingerprint o.ä. umgangen werden.


    Würde mich auch sehr über Meinungen und Ideen der Community oder sogar von Finanztip selbst freuen!

  • Ich bin zwar kein Experte oder gar Jurist, aber ich würde mich sehr wundern, wenn die Bank im beschriebenen Fall nicht für den Schaden aufkommen müsste. Der Mitarbeiter handelt schließlich im Auftrag der Bank und diese hat sicherzustellen, dass dies auch ordnungsgemäß geschieht.

    Ob das AnlEntG in einem solchen Fall überhaupt zu Anwendung käme, wage ich zu bezweifeln. Hierzu der Wortlaut des Paragraph 1 Abs. 4 AnlEntG:


    "Ein Entschädigungsfall im Sinne dieses Gesetzes tritt ein, wenn die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bundesanstalt) feststellt, dass ein Institut aus Gründen, die mit seiner Finanzlage unmittelbar zusammenhängen, nicht in der Lage ist, Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften zu erfüllen und keine Aussicht auf eine spätere Erfüllung besteht."


    Demnach liegt ein solcher Entschädigungsfall nur vor, wenn die BaFin feststellt, dass ein Institut auf finanziellen Gründen nicht zahlen kann. Das ganze sollte somit nicht für einen einzelnen Betrugsfall bei einem Privantanleger zur Anwendung kommen.

    Da käme vermutlich eher der Schadenersatz nach dem BGB in Frage. Letztlich kommt es dort aber auch auf das Verschulden an. Wenn man seinen Teil dazu beigetragen hat, dass der Betrug ermöglicht wurde (z.B. in die Phishing-Falle getappt) und dieser nicht in der Sphäre der Bank liegt, dürfte es mit einem Schadenersatz schwieriger werden.


    Wie gesagt, ich bin kein Experte und empfehle daher den Gang zu einem Juristen, wenn der Fall Bauchschmerzen bereitet.

  • Nenne bitte einen Fall in Deutschland, bei der ein Anleger bei einem der 08/15 Broker in dieser Art und Weise betrogen wurde. :/

    Ich will hier nichts klein reden oder verharmlosen, aber das gesamte Bankensystem ist in der EU extrem durchreguliert. Das Risiko, dass mal eben ein Bankmitarbeiter (d)ein Depot bei einer der großen Banken leerräumt würde ich daher als extrem klein einschätzen.

    Aber natürlich bleibt immer ein (theoretisches) Restrisiko, dass Du dann nur durch die Nutzung mehrerer unabhängiger Depotbanken abmildern könntest.

    Ich schreibe bewusst Depotbanken, da viele (Neo)Broker im Hintergrund die gleiche Depotbank nutzen (z.B. Baader Bank). Bei einem anzunehmenden Betrugsfall bei der Depotbank, wären dann ja alle Broker betroffen, die die gleiche Depotbank nutzen.


    Aber, Deine Wertpapiere 'liegen' i.d.R. eh nicht wirklich bei Deiner Depotbank, sondern bei einer Verwahrstelle. Bei deutschen Aktien 'liegen' die Aktien i.d.R. bei Clearstream. Bei vielen ETF liegen die Wertpapiere bei großen US Banken (z.B. State Street). Und hast Du schon mal geschaut, ob Deine Wertpapiere wirklich in der Verwahrstelle liegen? :/

    Da müssen wir uns alle darauf verlassen, dass es diese Verwahrstelle wirklich gibt und auch Alles mit rechten Dingen abläuft.

    Tja, was waren das noch für Zeiten, als Wertpapiere noch wirklich physische Papiere waren! ;)


    Anders sieht die Sache aus, wenn Du Dein Vermögen von einem privaten Vermögensverwalter verwalten läßt und dieser für Dein Depot verantwortlich ist. Der bekannteste Fall in Deutschland dürfte wohl Phoenix Kapitaldienst gewesen sein (https://de.wikipedia.org/wiki/Phoenix_Kapitaldienst).

    Der größte Fall überhaupt war wohl Bernie Madoff. Allerdings waren da wohl keine Kleinanleger betroffen.

  • ... Das Risiko, dass mal eben ein Bankmitarbeiter (d)ein Depot bei einer der großen Banken leerräumt würde ich daher als extrem klein einschätzen. ...

    Unautorisierte Geschäfte, Untreue und Betrug in großem Stil gab es schon bei einigen europäischen Banken. Leeson bei Barings, Kerviel bei der Société Général und einer bei der UBS, dessen Name mir jetzt nicht einfällt. Dass da keine Privatkunden geschädigt wurden, lag nur daran, dass die sich nicht mit Kleinkram abgegeben haben. Und ich möchte nicht wissen, wieviel "kleine" Fälle nicht bekannt geworden sind, weil die Banken das lieber diskret geregelt haben. Ich habe so etwas vor langer Zeit einmal als studentische Aushilfe bei der DB mitbekommen. Da hat sich eine Mitarbeiterin aus selten bewegten Auslandskonten selbst bedient. Wenn Kontoinhaber den Fehlbetrag reklamiert hatten, was nur selten vorgekommen ist, wurde das "bedauerliche Versehen" durch Entnahme von einem anderen Konto ausgeglichen. Das ist nur durch Zufall aufgeflogen, weil blöderweise einmal eine Reklamation kam, als sie gerade in Urlaub war und ihr Vertreter der Ursache für den Fehlbetrag auf den Grund gegangen ist. Da ist nichts an die große Glocke gehängt worden. Die Bank hat die Differenzen ausgeglichen, die Dame ist nicht mehr zur Arbeit erschienen und hat wohl einen Auflösungsvertrag und ein Schuldanerkenntnis unterschrieben. Aber Strafanzeige ist offenbar nicht erstattet worden, jedenfalls hat man davon nie mehr etwas gehört.

  • Theoretisch ist alles möglich.

    Mann muss aber auch mal die Gegenfrage stellen was die Alternative wäre.


    Wer eine 100 % Sichere Anlage mit Rendite und Liquidität kennt kann sie gerne einführen oder erfinden 8o

    Okay, aktuell wäre das Tagesgeld. Wobei dort der Realzins i.d.R. im Negativ ist.


    Und auch hier gilt Diversifikation, gerade bei größerem Vermögen, die über mehrere Assets und Banken geht. Einfach um auch dort das Risiko zu streuen.

  • Hallo epsilon 2,


    danke für diesen sehr interessanten Beitrag! Es mag sich insgesamt um seltene Einzelfälle handeln, die von den Banken „lautlos“ zugunsten der betroffenen Anleger „gelöst“ wurden, um Imageschäden zu vermeiden.


    Daher kann der Bankenverband sogar wahrheitsgemäß aussagen, dass noch nie eine Entschädigung nach dem AnlEntG gezahlt werden musste.

    Mein Gesprächspartner beim Bankenverband war allerdings kurz angebunden und erkennbar bemüht, unser Gespräch rasch zu beenden, wohl um unangenehmen Rückfragen in die o. g. Richtung vorzubeugen.


    Das Risiko für das eigene Depot mag klein sein, aber es besteht offensichtlich.

    Solange die Banken auch künftige Einzelfälle kulant erstatten, könnte es ja egal sein - aber hierfür gibt es keine Garantie - ein Unbehagen bleibt.

    Ich bitte nochmals Finanztip um eine Stellungnahme!

  • Sicherlich sollte man über Dinge wie die Einlagensicherung Bescheid wissen. Nun aber bei Sondervermögen den Teufel an die Wand zu malen, halte ich für völlig übertrieben. Macht euch nicht verrückt - meinetwegen teilt eure Sondervermögen auf mehrere Depots auf, wenn euch das besser schlafen lässt - ich persönlich würde mir da jedoch gar keine Gedanken machen. Wir leben in einem Rechtsstaat. Abgesehen davon gilt eine Entschädigung nach dem oben genannten Gesetz nur in einem sehr besonderen Ausnahmefall. Im Normalfall haftet die Bank. Alle Spekulationen grenzen an Verschwörungstheorien. Insbesondere die Beiträge eines Nutzers von weiter oben sind mir in letzterer Hinsicht negativ aufgefallen.

  • Meines Wissens gibt es in diesem Fall lediglich eine „gesetzliche Anlegerentschädigung“ von nur 20.000 €!!!

    Du könntest dir eine französische Bank suchen (z.B. BNP Paribas, die auch hierzulande Ableger hat), da wird bis 70 k€ entschädigt, wobei ich das "Kleingedruckte" da nicht kenne.

  • Da ich jetzt total verunsichert bin und überlege mein Geld ins sicheren Hafen zu bringen.


    Keine Ahnung warum Finanzportale immer Versicherungen verteufeln aber sobald ich eine Steuergünstigen Zeitpunkt erwische - werde ich alle mein ETF verkaufen und das Geld sofort in eine Kapitallebensversicherung stecken.


    Sicher ist sicher - ich habe keine Nerven mehr für diese Zockerei

  • Da ich jetzt total verunsichert bin und überlege mein Geld ins sicheren Hafen zu bringen.


    Keine Ahnung warum Finanzportale immer Versicherungen verteufeln aber sobald ich eine Steuergünstigen Zeitpunkt erwische - werde ich alle mein ETF verkaufen und das Geld sofort in eine Kapitallebensversicherung stecken.


    Sicher ist sicher - ich habe keine Nerven mehr für diese Zockerei

    Satire?

  • Und Versicherungen legen ihr Geld unter das Kopfkissen? :/


    Da kann genauso eine Laus im Pelz sein wie bei jedem anderen Produkt wo es um Geld geht.

  • Da ich jetzt total verunsichert bin und überlege mein Geld ins sicheren Hafen zu bringen.


    Keine Ahnung warum Finanzportale immer Versicherungen verteufeln aber sobald ich eine Steuergünstigen Zeitpunkt erwische - werde ich alle mein ETF verkaufen und das Geld sofort in eine Kapitallebensversicherung stecken.


    Sicher ist sicher - ich habe keine Nerven mehr für diese Zockerei

    Ironie bitte kenntlich machen.

  • Und Versicherungen legen ihr Geld unter das Kopfkissen? :/


    Da kann genauso eine Laus im Pelz sein wie bei jedem anderen Produkt wo es um Geld geht.

    Wenn es da vernünftig arbeitet... 8o


    War da nicht etwas mit Versicherung und "Enteignungsparagraph"? Oder bin ich da im Internet wieder falsch abgebogen? :/

  • Da ich jetzt total verunsichert bin und überlege mein Geld ins sicheren Hafen zu bringen.


    Keine Ahnung warum Finanzportale immer Versicherungen verteufeln aber sobald ich eine Steuergünstigen Zeitpunkt erwische - werde ich alle mein ETF verkaufen und das Geld sofort in eine Kapitallebensversicherung stecken.


    Sicher ist sicher - ich habe keine Nerven mehr für diese Zockerei

    Wenn doch ernst gemeint, bitte erläutern.