Anleihen in Juniordepot sinnvoll?

  • Ich möchte meinem Nachwuchs Geld als Einmalanlage übertragen und in ein Junior-Depot einzahlen bzw. dort langfristig investieren. Der Anlagezeitraum ist dabei sehr lang, also deutlich oberhalb von 15 Jahren. Die Risikobereitschaft / -tragfähigkeit ist sehr hoch bzw. die Marktschwankungen werden mit stoischer Gelassenheit hingenommen 8) Das Kapital wird in einem oder mehreren Aktien ETFs investiert. Dies möglichst breit gestreut / international diversifiziert.


    Nun stelle ich mir die Frage ob es Sinn macht, Anleihen hinzuzunehmen. Bspw. "nur" 90% oder 80% in obiges Aktienportfolio und zusätzlich 10% oder 20% in Anleihe ETFs. Diese ebenfalls breit diversifiziert. Und dann zwischen diesen beiden Anlageklassen (sowie innerhalb derer) ein regelbasiertes Rebalancing.


    Ist eine solche Hinzunahme von Anleihen bspw. mit 90/10 oder 80/20 Aufteilung bei einem derart langen Anlagehorizont und einer hohen Risikotragfähigkeit sinnvoll? Kann das Rebalancing bei starken Marktschwankungen die entgangene Aktienmarktrendite überkompensieren? Oder geht das dann letztlich nur zu Lasten der Rendite gegenüber einer 100/0 Strategie? Alle steuerlichen und sonstige Fragen mal außen vor gelassen.

  • ICH würde auf 100% Aktien gehen bzw. bei meinem Nachwuchs gehe ich sogar momentan auf 100%. Und ich habe keine Überlegungen bisher, daran was zu ändern ;)

    Ja, mein Bauchgefühl sagt mir das auch. Ich frage mich nur ob das nicht nur auf Basis der Erfahrungen der letzten 10-15 Jahre als sinnvoll erscheint. Oder es auch auf lange Sicht tatsächlich immer die beste Strategie ist.

    Ich habe sogar mal versucht das mit curvo.eu zu simulieren. Als Backtest bzw. das Tool erstellt dann eine Prognose für Rendite, Max. Drawdown, Sharpe Ratio, etc.

    Das Tool ist super. Die Ergebnisse haben mich aber trotzdem am Ende eher nur noch mehr verwirrt ^^ Vielleicht liegt das aber auch nur daran, daß die Datenhistorie der ETFs noch nicht lange genug ist für eine solche Betrachtung.

  • Wichtiger als die über Optimierung eines Kinderdepots ist es meiner Meinung nach den Kindern zur gegebenen Zeit auch zu erklären was da alles im Depot ist.

    Die Unterschiede in der Performance zwischen 80/20 oder 73,4/26,6 wird man sowieso nur feststellen wenn man 2 Depots exakt nebeneinander herlaufen lässt und da bringt der Blick in den Rückspiegel nix.

    Anleihen kann man dazu packen, aber ich bin schon froh wenn die Leute AktienETFs und Tagesgeld verstehen.


    Es geht nicht darum das Maximale raus zu holen sondern die größten Fehler nicht zu machen.


    Viel Erfolg bei euren Finanzentscheidungen.

  • Sinn machen würden 20% Anleihen m.M.n. als gestufte Investitionsreserve: Leute wie Andreas Beck sehen perspektivisch eine spürbare Überrendite, wenn man diese abgestuft bei Aktienmarkteinbrüchen investiert. Er rät die Hälfte (10%) zu investieren, wenn der Aktienmarkt (z.B. der MSCI-World) 20% seines Alzeithochs unterschreitet und die andere Hälfte (10%), wenn 40% des Allzeithochs unterschritten werden. Antizyklisches Investieren nach Regeln sozusagen… ;)

  • Sinn machen würden 20% Anleihen m.M.n. als gestufte Investitionsreserve: Leute wie Andreas Beck sehen perspektivisch eine spürbare Überrendite, wenn man diese abgestuft bei Aktienmarkteinbrüchen investiert. Er rät die Hälfte (10%) zu investieren, wenn der Aktienmarkt (z.B. der MSCI-World) 20% seines Alzeithochs unterschreitet und die andere Hälfte (10%), wenn 40% des Allzeithochs unterschritten werden. Antizyklisches Investieren nach Regeln sozusagen… ;)

    Also Market Timing.


    Was wenn sehr lange kein Einbruch kommt? Dann lässt man mit den Anleihen massig Rendite liegen.


    Wir legen für unser Kind auch 100% in einen Aktien-ETF an (FTSE All World). Bei einem Anlagehorizont von 80 Jahren soll das ruhig schwanken, ich bin da entspannt.

  • Nicht der Versuch, den Markteinstieg diffus timen zu wollen, sondern eben regelbasiert antizyklisches Investieren!

    Laut den Rechnungen von Beck werden die Phasen mit entgangener Rendite ziemlich deutlich überkompensiert durch den günstigeren Nachkauf. Und nein: Man muss dafür nicht seinen Fonds kaufen, Nachbau in Eigenregie reicht völlig aus… 😉


    PS: Nachgerechnet habe ich es nicht, aber er hat den Doktor in Mathe von uns beiden! 😜

  • Ja, der Ansatz von Beck ist durchaus interessant. Und ich schätze die Meinung und das Fachwissen von ihm auch sehr. Aber ob das noch passives Investieren ist kann man vortrefflich drüber streiten und würde hier zu weit führen ;) Es ist dort ja allerdings keine dauerhafte Anlage in Anleihen mehr, sondern eher ein temporäres "nicht voll in Aktien". Meine Frage zielt hingegen eher darauf ab ob eine ständige Investition eines Teils des Kapitals in Anleihen mit Rebalancing sich positiv auswirkt oder nicht.

    Es geht nicht darum das Maximale raus zu holen sondern die größten Fehler nicht zu machen.

    Ja, absolut richtig. Ich bin eigentlich auch ein Anhänger des Mottos "done is better than perfect". Und je einfacher die Struktur, desto einfacher ist es später zu erklären. Wobei 3 statt 2 ETFs im Depot es nicht so kompliziert machen würden. Die Frage ist aber zugegebenermaßen eher akademischer Natur :S An der Performance wird es keinen nennenswerten Unterschied machen. Und beides ist natürlich 1000x besser als das Geld auf nem Sparbuch rumgammeln zu lassen oder unters Kopfkissen zu stecken.

    Wir legen für unser Kind auch 100% in einen Aktien-ETF an (FTSE All World). Bei einem Anlagehorizont von 80 Jahren soll das ruhig schwanken, ich bin da entspannt.

    Ja, ihr habt natürlich völlig Recht. Ihr braucht mich da auch nicht katholisch machen. So bin ich selbst ja auch seit vielen Jahren investiert. Die Schwankungen stecke ich nach Neuem Markt, Finanzkrise und Corona völlig entspannt weg. Mittlerweile kippt das fast ins Gegenteil und ich freue mich sogar fast wenns runter geht. Ist dann wie so ne Art Rabattaktion. Aber nur dann wenn ich liquide bin, wobei wir wieder beim Beck wären ^^

    Ich war bis vor einem Jahr auch immer nur voll auf Aktien (ETFs) und bin erst seit kurzem teilweise in Anleihen. Aber mit dem Thema Anleihen fremdel ich immer noch ein wenig. Da rührt auch die ursprüngliche Frage her.

  • Meine Frage zielt hingegen eher darauf ab ob eine ständige Investition eines Teils des Kapitals in Anleihen mit Rebalancing sich positiv auswirkt oder nicht.

    Das Rebalancing an sich wirkt antizyklisch und sich positiv aus auf die Vola / Portfolioschwankungen und auch im Fall von Ausfällen von Einzelwerten oder Assetklassen (wollen wir nicht hoffen) begrenzt ein Anleiheanteil Risiken.


    Wenn du aber überzeugt bist, dass die Aktien-ETF a) langfristig die deutlich höhere Rendite haben, sie b) aus deiner Sicht ausfallsicher sind und dich c) die Schwankungen nicht jucken, dann scheint mir 100% Aktienquote über die genannte Dauer die logische Konsequenz…

  • Wenn du aber überzeugt bist, dass die Aktien-ETF a) langfristig die deutlich höhere Rendite haben, sie b) aus deiner Sicht ausfallsicher sind und dich c) die Schwankungen nicht jucken, dann scheint mir 100% Aktienquote über die genannte Dauer die logische Konsequenz…

    3xja


    Das Rebalancing an sich wirkt antizyklisch

    Da sind wir beim Pudels Kern meiner ursprünglichen Frage: antizyklisch bedeutet doch bei einem Rückgang der Aktienmärkte, den Anleihenteil zugunsten des Aktienteils zu reduzieren. Oder im Boom umgekehrt. Aber eben nicht wie bei Beck das zusätzlich aktiv zu "übersteuern", sondern einfach die definierte Sollgewichtung wieder herzustellen. Aber um mir die Frage selbst zu beantworten: höchstwahrscheinlich reicht das auf lange Sicht nicht aus um die entgangene Performance der Aktien zu überkompensierten.

  • Genau… 😉 Das was Beck macht, ist wie Rebalancing, nur krasser. Und wenn deine Anleihen langfristig 2-3% machen und die Aktien 7-8%, dann reicht das normale Rebalancing nicht aus, um die Gewinne einer 100% Aktienquote zu übertreffen. Vorteil dabei wäre vor allem auch, dass dein Risikoprofil (Anleiheanteil) gleich bleibt.


    Und das ganze funktioniert wie gesagt nur, wenn deine Einschätzungen a-c oben dann auch tatsächlich alle zutreffen…

  • Und wenn deine Anleihen langfristig 2-3% machen und die Aktien 7-8%, dann reicht das normale Rebalancing nicht aus, um die Gewinne einer 100% Aktienquote zu übertreffen.

    Yep, das ist der Punkt. Sonst bräuchte der Beck ja auch nicht "krasser" zu Rebalancen. Er hats ja offensichtlich nachgerechnet, was ich leider nicht hinbekomme ^^

    Mein Problem mit dem Ansatz von Beck - wobei wir etwas von der ursprünglichen Frage abschweifen - ist ein psychologisches: Ich schaffe es zwar ganz easy im Crash zu kaufen und Liquidität abzubauen. Ich schaffe es nur nicht im Boom meine schönen Aktien wieder herzugeben und eine Reserve aufzubauen. Gar nicht so sehr weil sie gerade so gut laufen. Es ist eher der Warren Buffett in mir der mich daran hindert. Bevorzugte Haltedauer: am liebsten für immer ;)

  • Wir legen für unser Kind auch 100% in einen Aktien-ETF an (FTSE All World). Bei einem Anlagehorizont von 80 Jahren soll das ruhig schwanken

    Wichtig ist, dass dein Kind einen guten Start mit einer soliden Ausbildung bekommt. Das sollte aber nicht 80 Jahre dauern ...

  • Wichtig ist, dass dein Kind einen guten Start mit einer soliden Ausbildung bekommt. Das sollte aber nicht 80 Jahre dauern ...

    Klar, aber das schließt sich ja nicht aus. Bzw. das Geld, das wir anlegen, ist nicht zwingend für seine Ausbildung gedacht. Einen guten Start bekommt er so oder so (soweit das in unserer Macht steht), dafür ist dieses Geld nicht erforderlich. Und grundsätzlich hat ein kleines Kind eben schon noch sehr viel Zeit, um Schwankungen auszusitzen, wenn das Geld nicht für irgendwas fest verplant ist kann es durchaus Jahrzehnte angelegt bleiben.


    Mal so als Perspektive: 18 Jahre nur monatlich das Kindergeld von 250 EUR in einen World-ETF anlegen resultiert bei durchschnittlicher Entwicklung in ca. 100.000 EUR zum 18. Geburtstag.


    Zahlt man keinen Cent weiter ein (stoppt also am 18. Geburtstag den Sparplan) und geht von 7% Rendite über die nächsten 50 Jahre aus, werden daraus zur Rente 2,3 Millionen nach Steuer (Annahme: 30% Teilfreistellung, 1.000 EUR Freibetrag, 2,29% Basiszins für Vorabpauschale): https://www.zinsen-berechnen.d…er.php?paramid=d8jgfnd08a Selbst unter Berücksichtigung von Inflation ist das richtig viel Geld. Selbst wenn kurz vor der Rente der Crash um 50% kommt immer noch. Vor allem wenn man berücksichtigt, dass der Betrag auf Einzahlungen von gerade mal gut 50.000 EUR zurückzuführen ist. Klar kann man da Pech haben. Aber mit der Hälfte des Vermögens in Anleihen ist schon vorher klar, dass man das Wachstum massiv ausbremst.

  • Tatsächlich hatten meine Kinder auch schon im Alter von wenigen Monaten ein eigenes Depot. Ich habe aber gleich bei Beginn einen ordentlichen Betrag eingezahlt und keine laufenden Beträge. Dadurch konnte nicht nur von Anfang an der Zinseszinseffekt besser wirken, sondern ich habe auch von Anfang an deren steuerlichen Freibeträge genutzt.

  • Ich habe aber gleich bei Beginn einen ordentlichen Betrag eingezahlt und keine laufenden Beträge.

    Wir machen beides.


    sondern ich habe auch von Anfang an deren steuerlichen Freibeträge genutzt.

    Das machen wir bisher anders, der ETF läuft auf unseren Namen, aus diversen Gründen. Noch ist die Vorabpauschale überschaubar. Ob/wann wir das Depot übertragen, haben wir noch nicht entschieden.


    So oder so, wir haben nichtmal in „unserem“ Depot Anleihen, da sehe ich für unser Kind erst recht keinen Grund.

  • Nun stelle ich mir die Frage ob es Sinn macht, Anleihen hinzuzunehmen.

    Ich habe für unsere beiden Kinder jeweils ein separates Depot mit nur einem ETF (FTSE Developed World) ohne Anleihen seit über 5 Jahren. Der Anlagehorizont ist immer noch bei 40+ Jahren und somit besteht noch keine Bedarf für Anleihen im Depot.


    Becks Global Portfolio One ist eher für "vermögende" Kunden gedacht, d.h die bereits ein gewisses Vermögen haben und sich nicht aktiv um die Auswahl der ETFs und das Rebalacing zwischen den Anlageklassen kümmern wollen.

  • Nicht der Versuch, den Markteinstieg diffus timen zu wollen, sondern eben regelbasiert antizyklisches Investieren!

    Laut den Rechnungen von Beck werden die Phasen mit entgangener Rendite ziemlich deutlich überkompensiert durch den günstigeren Nachkauf. Und nein: Man muss dafür nicht seinen Fonds kaufen, Nachbau in Eigenregie reicht völlig aus… 😉

    Zumindest Georg kommt auf seinem Blog zu einem anderen (Rechen)Ergebnis:

    Ist das Global Portfolio One einer klassischen Buy and Hold Strategie überlegen?
    So oder so ähnlich lauteten viele Fragen in der Leserpost, die ich in den letzten Wochen erhalten habe. Mir war dieses Produkt bis zu diesem Zeitpunkt nicht be
    www.finanzen-erklaert.de


    Und wenn man die Rendite des Beck'schen GPO mit einem deutlich billigeren Welt-ETF vergleicht war es mit der Kompensation im Corona Crash auch nicht so weit her.

    Vergleichen - fondsweb


    Ob man nun mit einem Nachbau in Eigenregie besser fährt lasse ich mal offen. Der nächste Crash wird dann möglicherweise zeigen, ob der Beck'sche Ansatz wirklich etwas bringt.:/ Nur wohlmöglich hat man mit einem 08/15 Welt-ETF zwischenzeitlich gegenüber dem GPO so viel gut gemacht, dass es dann auch das antizyklische Investieren nicht mehr rausreißt.

    Ich höre Beck trotzdem ganz gern zu.

  • Also Market Timing.


    Was wenn sehr lange kein Einbruch kommt? Dann lässt man mit den Anleihen massig Rendite liegen.


    Das ist kein Market Timing, sondern Regelbasiertes Investment. So funktionieren ziemlich viele Fonds. Die Frage ist halt, wann die die 20% Anleihereserve aufbaust.


    Ansonsten in Sachen Kind: 100% Aktien. Alles andere ist weggeworfene Rendite.