Wie genau erfolgt die Sondertilgung?

  • Es ist doch gerade in so einem Szenario (Zinsanstieg in Richtung 10%) super riskant und totales Zocken, alles auf einen Zeitpunkt zu setzen! Angenommen, man kauft jetzt für 800K ein Haus, hat kredittechnisch alles auf einen Baustein gesetzt und nutzt die hier in Deutschland üblichen 10 Jahre Zinsfestschreibung. Dann liegt der Kreditzins im blödesten Fall exakt zu diesem Zeitpunkt bei 8% und mehr für die verbleibende Summe (z.B. 500K). Und dann?

    Wenn man das als realistisches Risiko einschätzt, sollte man gleich auf eine lange Laufzeit gehen. Kommt viel billiger als nach 5 Jahren das erste Drittel zu 10% zu prolongieren und nach 10 Jahren das zweite Drittel. Klar kostet die lange Zinsbindung etwas, aber letztendlich ist das der Versicherungsbeitrag gegen steigende Zinsen.

    Es stimmt übrigens nicht, dass man vollkommen wehrlos ausgeliefert ist. Zum einen hat man die Möglichkeit, 5 Jahre vorher per Forward zu prolongieren. Einige schlaue Leute haben das genutzt, um 2020/21 ihre Anschlussfinanzierung zeitig unterzubringen. Das nützt natürlich nichts, wenn die Zinsen kurz nach Abschluss stark steigen und langfristig hoch bleiben. Da kommt aber der zweite Punkt ins Spiel: langfristig sehr hohe Zinsen bedingen eine hohe Inflationsrate und entsprechende Zuwächse beim Einkommen. Wer hier diszipliniert ist, kann einen größeren Teil der Finanzierung aus Ersparnissen ablösen.

    Und letztendlich halte ich es für keine sinnvolle Konstruktion, mit einer Anschlussfinanzierung von 500k nach 10 Jahren zu planen. Hier wäre auf jeden Fall eine längere Zinsbindung sowie höhere Tilgung angesagt, auch wenn die in diesem Fall gar nicht so schlecht ist. Aber wer teure Häuser kauft, muss auch das notwendige Kleingeld haben. Ich für meinen Teil werde Ende 2031 auf gute 200k rauskommen, da sind 10% unangenehm und verlängern die Restlaufzeit von 10 auf 15 Jahre, aber beherrschbar.

  • Uii, das Forum läuft wieder!!!

    Wenn man das als realistisches Risiko einschätzt, ...

    Es geht nicht darum, was man als realistisch einschätzt. Es gibt heute schlichtweg keine seriöse Zinsschätzung für Ende 2031. Du kannst bei der Prolongation also Glück haben oder eben Pech.

    Hättest Du 2 Fälligkeiten, z.B. 2029 und 2033, hättest Du das Risiko eben verteilt. Aber wenn Du sagst, dass der eine Block bei Dir klein genug ist, um beherrschbar zu sein, hast Du natürlich trotzdem alles richtig gemacht.

    Ich bin mir jedoch sicher, dass viele Finanzierungen, die vor 6-10 Jahren abgeschlossen wurden, oft zu 0,xx% und oft mit 1% Tilgung, die Immobilienbesitzer demnächst überfordern werden.

  • Eben, und man müsste ja wirklich annehmen, dass das Zinsniveau a) massiv steigt und b) dauerhaft / konstant hoch bleibt, was es historisch nicht gab! Die Schwankungen der Zinssätze über die Jahre sind beträchtlich und das glättet man eben mit so einer Aufteilung.

  • Wenn man das als realistisches Risiko einschätzt, sollte man gleich auf eine lange Laufzeit gehen. Kommt viel billiger als nach 5 Jahren das erste Drittel zu 10% zu prolongieren und nach 10 Jahren das zweite Drittel. Klar kostet die lange Zinsbindung etwas, aber letztendlich ist das der Versicherungsbeitrag gegen steigende Zinsen.

    Ja. Und Flexibilität kann man auch bei nur einem Annuitätsdarlehen einbauen (bei uns z.B. 5% Sondertilgung im Jahr, freie Ratenanpassung zwischen 1% und 10% Tilgung während der Laufzeit), da kann man schon auf Zinsänderungen reagieren. Wir hatten ohnehin mit kompletter Tilgung innerhalb der 15 Jahre Zinsbindung geplant, aber wäre das nicht realistisch, hätten wir eine längere Zinsbindung gewählt. Die Aufpreise dafür waren 2020, als wir abgeschlossen haben, minimal.

    Wir hätten damals auch nur 10 Jahre Zinsbindung wählen können, das hätte mit ziemlicher Sicherheit auch ohne Anschlussfinanzierung geklappt, entweder mit Sondertilgungen oder Ansparen und Ablösen aus Eigenkapital nach 10 Jahren. Aber der Unterschied zwischen 10 und 15 Jahren lag in der Größenordnung 0,1-0,3 beim Zinssatz. Wir wollten lieber mehr Sicherheit. Lustigerweise wirkt sich diese "Versicherung" bei uns gar nicht als Mehrkosten aus, sondern gibt uns noch 5 Jahre mehr Zeit für lohnende Zinsdifferenzgeschäfte, bringt uns also sehr viel mehr Geld, als es damals gekostet hat.

    Es stimmt übrigens nicht, dass man vollkommen wehrlos ausgeliefert ist. Zum einen hat man die Möglichkeit, 5 Jahre vorher per Forward zu prolongieren. Einige schlaue Leute haben das genutzt, um 2020/21 ihre Anschlussfinanzierung zeitig unterzubringen.

    Stimmt. Freunde / Bekannte von uns haben das so gemacht. 2014 mit 3,x% finanziert auf 10 Jahre, 2021 dann ein Forwarddarlehen ab 2024 klargemacht auf die gesamte restliche Laufzeit zu 1,x%.

    Und letztendlich halte ich es für keine sinnvolle Konstruktion, mit einer Anschlussfinanzierung von 500k nach 10 Jahren zu planen. Hier wäre auf jeden Fall eine längere Zinsbindung sowie höhere Tilgung angesagt, auch wenn die in diesem Fall gar nicht so schlecht ist. Aber wer teure Häuser kauft, muss auch das notwendige Kleingeld haben.

    Volle Zustimmung. Wer so geplant hat oder plant, bewegt sich schlicht außerhalb dessen, was er sich realistischerweise leisten kann. Außer er hat ein derart hohes Einkommen, dass ihm das egal bei welchem Zinssatz nicht wehtut, oder weiß sicher, dass er bis dahin ein paar 100k erbt.

    Wir haben damals auch bei weitem nicht ausgereizt, was die Bank uns maximal gegeben hätte. Klar, zum damaligen Zinssatz wäre auch ein deutlich höherer Kredit stemmbar gewesen, und wir hätten dann auch niemals auf 10 oder 15 Jahre Zinsbindung finanziert, sondern auf 20 oder 25 (nach 10,5 Jahren hat man ja ohnehin ein gesetzliches (Teil-)Kündigungsrecht)).

    Aber die Aussicht, nach 10 Jahren mit der Finanzierung quasi durch zu sein (der KfW-Anteil ist fest auf 10 Jahre bis zur vollen Tilgung, und beim Annuitätendarlehen werden wir dank Zinsdifferenzgeschäft voraussichtlich auch schon nach 10 Jahren die erforderliche Ablösesumme für zum Ende der Zinsbindung nach 15 Jahren zusammen haben) und auch jetzt schon parallel ordentlich was in ETFs ansparen zu können, ist ein echt gutes Gefühl. Das hätte mit 300k mehr Kredit nicht geklappt.

  • Ich bin mir jedoch sicher, dass viele Finanzierungen, die vor 6-10 Jahren abgeschlossen wurden, oft zu 0,xx% und oft mit 1% Tilgung, die Immobilienbesitzer demnächst überfordern werden.

    Hat jemand eine Statistik zur Hand, wie viele schlecht beratene Kreditnehmer wirklich die niedrigst mögliche Rate in Verbindung mit niedrigen Zinsen gewählt haben?

  • Hat jemand eine Statistik zur Hand, wie viele schlecht beratene Kreditnehmer wirklich die niedrigst mögliche Rate in Verbindung mit niedrigen Zinsen gewählt haben?

    Die wären ja nur schlecht beraten, wenn die die eingesparten Renten in Lifestyle umgesetzt hätten. Wenn die das Geld alternativ angelegt haben, dann muss das kein Genickbruch sein, wenn die Rate jetzt höher wird, dann wird eben der ETF-Sparplan gestutzt und vernünftig getilgt.

  • Alles richtige und nachvollziehbare Beschreibung! Aber widerlegt das auch nur eines der Vorteile, die ich in #35 aufgezählt habe? Die mit Zinsaufschlägen bezahlte Flexibiliät hättest du mit dem von mir vorgeschlagenen Ansatz auch haben können, darüber aber kostenlos... ;)

  • Es geht nicht darum, was man als realistisch einschätzt.

    Doch genau darum geht es. Absicherung gegen Risiko kostet. Wer das Risiko scheut, nimmt 20-30 Jahre Zinsbindung und einen Volltilger. Der ist natürlich teurer als 10 Jahre Zinsbindung, deshalb entscheiden sich die meisten dagegen. Wer keinen Volltiger fixiert, geht ein Zinsrisiko ein. Ab jetzt geht es nur noch um die Frage, wie man das Risiko kontrolliert und da wir von einer ungewissen Zukunft reden, gehen es genau darum, wie man das Risiko einschätzt.

    Wenn du vollkommene Unsicherheit als Argument gegen mich bringst, dann ist die einzige rationale Entscheidung, einen Volltilger abzuschließen.

    Die Verteilung der Laufzeiten ist eine Strategie, um das Risiko zu kontrollieren. Von vorneherein eine längere Zinsbindung zu wählen, ist eine andere Strategie. Eine höhere Tilgung, zeitige Prolongation per Forward, Sondertilgunen, etc. sind andere Strategien, die auch durchaus miteinander kombiniert werden können. Implizit in der Verteilungs-Strategie ist aber die Annahme, dass die Zinsen nicht vor der ersten Prolongation stark steigen und dauerhaft hoch bleiben. Genau diese Situation ist aber doch nach aktuellem Stand jetzt eingetreten. Wer zu 0,x% Zeiten seine Laufzeiten gestreut hat, hat auf jeden Fall deutlich höhere Anschlussfinanzierungen. Nach aktuellem Stand wäre es meistens besser gewesen, statt 5, 10, 15 Jahren einfach alles auf 15 oder 20 Jahre zu fixieren.

  • Alles richtige und nachvollziehbare Beschreibung! Aber widerlegt das auch nur eines der Vorteile, die ich in #35 aufgezählt habe? Die mit Zinsaufschlägen bezahlte Flexibiliät hättest du mit dem von mir vorgeschlagenen Ansatz auch haben können, darüber aber kostenlos... ;)

    Aber dann hätte ich doch nur für einen Teil der Summe 15 Jahre Zinsbindung, für den Rest z.B. 5 Jahre oder 10 Jahre - das wäre zwar etwas günstiger, gewesen, dafür hätte ich eben auch keine 15 Jahre Zinsdifferenzgeschäft (und müsste den Teil auf 5 Jahre jetzt schon abbezahlen oder deutlich teurer neu finanzieren).

    Und nach 10,5 Jahren kann man doch ohnehin (teil-)kündigen und neu finanzieren, für die Flexibilität muss man nicht splitten.

    Mal als Beispiel (sind nicht meine Zahlen, aber ca. realistische nach meiner Erinnerung für 2020):

    2020 einen Betrag von 300.000 EUR finanziert, davon

    - 100.000 EUR zu 0,5% auf 5 Jahre

    - 100.000 EUR zu 0,7% auf 10 Jahre

    - 100.000 EUR zu 1% auf 20 Jahre

    Entweder bei einer Bank (dann eine Grundschuld im ersten Rang über 300.000 EUR), oder bei unterschiedlichen Banken (dann sind die ersten drei Ränge belegt).

    2025 muss man entweder den Rest von 100.000 EUR abbezahlen (wenn man kann) oder für wahrscheinlich 3,x% verlängern (und dafür erstmal eine Bank finden - viele bieten Immobilienfinanzierungen überhaupt erst ab 50.000 EUR oder 100.000 EUR an, dazu die Frage mit dem Rang im Grundbuch...). Klar, man hat die ersten fünf Jahre 0,5% Zinsen gespart, dafür hat man das Zinsänderungsrisiko. Wenn die Zinsen 2025 für eine Anschluss-Volltilger-Finanzierung bei 0,2% lägen, würde man sich freuen, klar. Aber man weiß es nicht vorher.

    Das ist keine "kostenlose" Flexibilität. Die Flexibilität bezahlt man mit dem Zinsänderungsrisiko, und wenn die Zinsen bis zur Anschlussfinanzierung steigen, bezahlt man ggf. deutlich mehr als bei einheitlicher Finanzierung.

    Ich sehe das genauso wie die meisten anderen hier - eine längere Zinsbindung der gesamten Summe sichert eben auch das Zinsänderungsrisiko für die gesamte Summe ab. Frühere Sondertilgungen / Ratenanpassungen kann man auch da vereinbaren, und nach 10,5 Jahren ist man ohnehin flexibel dank gesetzlichem Kündigungsrecht.