Wie man als langfristig Anleger hohe Abgeltungssteuer vermeidet

  • Warum bevorzugen viele Deutsche monatliche Rentenzahlungen von privaten Rentenversicherungen anstatt sie bei Rentenantritt zu kapitalisieren? Die meisten fühlen sich genau von dieser Jahresplanung überfordert (wie lange lebe ich und was kann ich jährlich entnehmen?) und lassen sich lieber monatliche Häppchen überreichen. Und das auf die Gefahr hin, das Break-even des Investments bei ca 85 Jahre erst gar nicht zu erreichen.

    Da vermischst du ein paar Sachen. Der eine Aspekt ist die Planbarkeit im Sinn eines konstanten Cashflows. Der ist bei der Entnahme durch Teilverkäufe ebenso gegeben, wie bei einer Verrentung. Ein anderer Aspekt ist die Planbarkeit im Sinn des Langlebigkeitsrisikos, da ist die Verrentung naturgemäß im Vorteil. Zumindest so lange man den niedrigeren Auszahlbetrag verglichen mit einer sicheren Entnahmerate ignoriert. Und dann ist da noch der steuerliche Aspekt, der die Verrentung in der Regel deutlich besser stellt als die einmalige Auszahlung. Man könnte an der Stelle auch noch das Thema schlechte Beratung einwerfen. Finanzlaien werden hier von den Versicherungsvertretern "beraten", die natürlich die Vorteile der Verrentung herausstellen. Ist man aber kein Finanzlaie (und das gilt für alle hier regelmäßig aktiven) und traut sich die Beschäftigung mit der gar nicht so komplizierten Thematik, ist die Entnahme durch Teilverkäufe der Weg, der Entnahme und Sicherheit maximiert.

  • Und vielen Menschen fehlt auch schlichtweg die notwendige Disziplin einen ETF-Sparplan über Jahrzehnte durchzuhalten. Bin mal gespannt wie viele der heutigen Börseneinsteiger es in 30 oder 40 Jahren konsequent durchgehalten haben jeden Monat Summe X im Sparplan zu sparen ohne nicht mal irgendwann vom 'großen Kuchen' zu naschen. ;)

    Das stimmt. Bei vielen Leuten hilft die Variante "aus den Augen, aus dem Sinn" ganz gut.


    Andererseits ist die Kehrseite, dass man bei vielen dieser Versicherungsprodukte an das gebundene Kapital tatsächlich nicht früher drankommen KANN, selbst wenn man das Geld wirklich braucht oder gute Gründe hat, früher dran zu wollen.


    Damit meine ich jetzt nicht, dass jemand mit großen Vorsätzen einen ETF-Sparplan für die Altersvorsorge aufsetzt und für jeden Urlaub oder neuen Fernseher ETF-Anteile verkauft. Sondern eher Fälle wie z.B. Unfall oder Krankheit mit begrenzter Lebenserwartung, wo einem das Geld im Hier und Jetzt sehr viel mehr nutzt (Pflege, barrierefreier Umbau, Hilfsmittel...) und / oder Freude bereitet (Weltreise, Erlebnisse...) als die Rente, die auf dem Papier irgendwann im Alter von 67 fällig wird, die man aber nicht mehr erleben wird.

  • Warum bevorzugen viele Deutsche monatliche Rentenzahlungen von privaten Rentenversicherungen anstatt sie bei Rentenantritt zu kapitalisieren? Die meisten fühlen sich genau von dieser Jahresplanung überfordert (Wie lange lebe ich und was kann ich jährlich entnehmen?) und lassen sich lieber monatliche Häppchen überreichen. Und das auf die Gefahr hin, das Break-even des Investments bei ca 85 Jahre erst gar nicht zu erreichen.

    Jou! :)

    Der eine Aspekt ist die Planbarkeit im Sinn eines konstanten Cashflows. Der ist bei der Entnahme durch Teilverkäufe ebenso gegeben, wie bei einer Verrentung.


    Ein anderer Aspekt ist die Planbarkeit im Sinn des Langlebigkeitsrisikos, da ist die Verrentung naturgemäß im Vorteil. Zumindest so lange man den niedrigeren Auszahlbetrag verglichen mit einer sicheren Entnahmerate ignoriert.


    Und dann ist da noch der steuerliche Aspekt, der die Verrentung in der Regel deutlich besser stellt als die einmalige Auszahlung.

    Je nach Datum des Vertragsabschlusses. Bei Vertragsabschluß vor 2005 war die Kapitalauszahlung steuerfrei; bei Vertragsabschlüssen danach ist der Kapitalertrag zur Hälfte zu versteuern.


    Die Deutschen sind verrückt nach Sicherheit. Die nehmen eine ganze Menge Einschränkungen hin, wenn nur sichergestellt ist, daß die Auszahlungen ein Leben lang andauern.


    Es gibt Riesterkonstruktionen, bei der die Auszahlphase mit einem Auszahlplan gestaltet ist. Weil ein Riestervertrag aber lebenslang zahlen muß, läuft ein solcher Auszahlplan regelmäßig mit einer Rentenversicherung kombiniert, die erst ab dem 85. Lebensjahr zahlt (also einem Alter, das viele Kunden überhaupt nicht erreichen). Für diese Rentenversicherung werden üblicherweise 30% des Kapitals reserviert, also fast ein Drittel. Überschlägig zahlen also 2/3 des Kapitals 20 Jahre Auszahlplan, das weitere 1/3 müßte dann für weitere 10 Jahre ausreichen. 95 Jahre kalkulatorisches Endalter bei einem durchschnittlichen Endalter 83 eines männlichen Versicherten. Ok: Bei den Frauen sind es nur 7 Jahre mehr, die werden im Durchschnitt 87, wenn sie schon einmal 65 sind.


    Trotzdem: Fürs gleiche Geld würde ich meinen Auszahlplan selber machen. Dann hätte ich ein Problem, wenn ich mehr als 95 würde, dafür bliebe Geld übrig, wenn ich vorher stürbe.

  • Wenn ich mal die Zeit und die Nerven habe, …

    Solche Irgendwann-Planungen werden seltenst umgesetzt!


    Besser sind konkrete Planungen: "Dieses Wochenende erstelle ich ein Excel-Sheet, das mein Depot abbildet und nach Eingabe aktueller Kurse meinen gesamten Depotwert berechnet".


    Das ist schnell umgesetzt. Wichtig ist, dass ein Anfang gemacht ist. Erweiterungen (z.B. Steuerthemen) kommen Stück für Stück später, "fertig" ist so ein Excelsheet sowieso nie.

  • Dynastisch gesehen wäre es günstig, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten sein Depot umsetzt, also die Abgeltungsteuer auf die Gewinne bezahlt, und seinen Erben ein abgeltungversteuertes Depot hinterläßt.

    Ich bin mir da gar nicht so sicher. Ich habe das einmal für einen Altbestand (vor 2008 angeschafft) von MSCI World ETF durchgerechnet. Wenn da der Erblasser ein abgeltungversteuertes Depot hinterlässt und der Erbe sofort verkauft, erlöst der Erbe etwas mehr als im Fall eines unversteuerten Depots. Wenn der Erblasser aber keine Abgeltungssteuer auf die Gewinne zahlt, das Kapital stattdessen im Depot belässt ergibt sich bei einer Rendite von 8 % schon nach 3-4 Jahren kein Unterschied mehr. Danach wird es sogar günstiger

  • Dynastisch gesehen wäre es günstig, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten sein Depot umsetzt, also die Abgeltungsteuer auf die Gewinne bezahlt, und seinen Erben ein abgeltungversteuertes Depot hinterläßt.

    Ich bin mir da gar nicht so sicher. [...] Wenn der Erblasser ... keine Abgeltungsteuer auf die Gewinne zahlt, das Kapital stattdessen im Depot belässt, ergibt sich bei einer Rendite von 8 % schon nach 3-4 Jahren kein Unterschied mehr. Danach wird es sogar günstiger.

    Das stimmt, das habe ich offensichtlich nicht zu Ende gedacht.


    Mir ging es um die Reduktion der Erbschaftsteuer. Ich habe gesagt: Besser, der Erblasser zahlt die implizite Abgeltungsteuer seines Depots, bezahlen muß man sie ohnehin, wenn nicht der Erblasser, dann der Erbe. Wenn sie der Erbe bezahlt, muß er für die Steuer Steuer zahlen, also den Betrag, der später mal ohnehin als Abgeltungsteuer weggeht, auch noch Erbschaftsteuer bezahlen.


    Du sagst aber richtig: Lieber das Geld im Depot behalten, auch wenn das Erbschaftsteuer kostet. Wenn der Erbe das Depot behält, trägt der Rest (nach Erbschaftsteuer) hinterher weiter Früchte, die die Erbschaftsteuer überkompensieren.


    Kurz nachgerechnet:


    Wird ein Depot in Höhe von 1.000.000 € an ein Kind vererbt, so hat dieses Kind einen Freibetrag von 400 T€. Also bleibt ein steuerpflichtiges Erbe in Höhe von 600 T€ übrig. Die Erbschaftsteuer darauf beträgt 15%, also 90 T€. 910 T€ Erbe bleiben übrig.


    Angenommen, in dieser Million stecken Kursgewinne von 500 T€, so hätte der schwerkranke Erblasser, der sein Ende kommen sah, das Depot umsetzen können, die Abgeltungsteuer auf die Gewinne also bezahlen können. Das wären 132 T€ gewesen.


    Das Depot wäre somit von 1 Million auf 868 T€ geschrumpft. Erbschaftsteuer etwa 70 T€ also etwa 20 T€ weniger. 798 T€ Erbe bleiben übrig. Differenz: 112 T€.


    Wenn es sich bei dem Erbe um ein ETF-Depot handelt, könnte das 8% Rendite bringen, nach Steuer also etwa 6%, das wären etwa 6700 € im Jahr nach Steuer. Damit hätte der Erbe die höhere Erbschaftsteuer in der Tat in drei bis vier Jahren heraus. Es ist so, wie Du oben schreibst.


    Das zitierte Posting kann ich nicht mehr ändern (Ich müßte es streichen), also habe ich wenigstens das Zitat durchgestrichen.


    Anmerkung am Rande: Ein Altbestand spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, der ist mittlerweile steuerfrei. Für den könnte der Erblasser ja überhaupt nicht erwägen, die Gewinn vor dem Erbfall zu versteuern.

  • Hallo,

    mit der Technik kann man auch Altaktien (vor 2009) im Depot von Zukäufen trennen um die Altaktien zu erhalten.

    Dazu müsste man nicht unbedingt vor 2009 gekauft haben. Das gelingt so auch beim Überträgen durch Schenkung oder Erbschaft.

  • Mit der Technik kann man auch Altaktien (vor 2009) im Depot von Zukäufen trennen um die Altaktien zu erhalten.


    Dazu müsste man nicht unbedingt vor 2009 gekauft haben. Das gelingt so auch beim Überträgen durch Schenkung oder Erbschaft.

    Tote Threads wiederzubeleben ist nicht so praktisch.


    Wenn Du ein akutes Problem hast, fang besser einen neuen Thread an!