"Persönliches Investitionskonto" kommt in Polen

  • Mal über den Tellerrand geschaut, der in diesem Fall die polnische Grenze ist: In Polen will man ein "persönliches Anlagekonto" einführen, was einer sehr geringen Besteuerung unterliegen soll.

    Link (google-übersetzt): Polnisches Finanzministerium: "Vom Sparen zum Investieren"

    Zitat
    • Finanz- und Wirtschaftsminister Andrzej Domański stellte eine neue Lösung für Sparer vor, die die Entwicklung von Investitionen und Innovationen unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit der polnischen Wirtschaft steigern soll.
    • Dank der Einführung des persönlichen Anlagekontos (OKI) wird es möglich sein, bis zu 100.000 PLN steuerfrei zu investieren, einschließlich eines Sparanteils von bis zu 25.000 PLN.
    • Für Fonds über der Grenze von 100.000 PLN wird eine niedrige Vermögenssteuer von 0,8 % bis 0,9 % des Anlagewerts erhoben.
    • OKI ist die größte Entlastung für Sparer in der Geschichte und die erste Lösung dieser Art, bei der der Staat tatsächlich Investitionen unterstützt.

      ...

      Das OKI-Konzept basiert auf dem schwedischen ISK-System ( Investeringssparkonto ), das 2012 eingeführt wurde und enorme Popularität erlangt hat – es wird von 4 Millionen Bürgern genutzt, d. h. 40 % der erwachsenen Bevölkerung Schwedens.

      ...

      Ziel der geplanten Änderungen ist es, Sparen, Investitionen und Innovationsausgaben in der polnischen Wirtschaft anzukurbeln und den heimischen Kapitalmarkt zu entwickeln. Die Vorschläge könnten die Polen zudem dazu ermutigen, ihr Geld in ertragreichere Anlagen zu investieren. Ein Teil dieser Mittel könnte zur Finanzierung innovativer Projekte verwendet werden, was der Wirtschaft zugutekommt und gleichzeitig den Sparern die Möglichkeit zur Vermögenssteigerung bietet.


    Auf den ersten Blick möchte man sagen: Tja, da läuft wieder einer den Deutschen davon. Wer erklärt das mal Klingbeil und Co?

  • Mal über den Tellerrand geschaut, der in diesem Fall die polnische Grenze ist: In Polen will man ein "persönliches Anlagekonto" einführen, was einer sehr geringen Besteuerung unterliegen soll.

    Auf jeden Fall ein begrüßenswerter Ansatz ...


    In dem Kontext: Von dem EU-Projekt "Europarente"(Pan European Personal Pension Product (PEPP)) habe ich dagegen schon länger nichts mehr gehört. Gestartet wurde das Ganze vom Grundgedanken her bereits um 2013. Die PEPP-Verordnung wurde nach meiner Erinnerung im Sommer 2019 veröffentlicht und ist dann ca. ein Jahr später offiziell in Kraft getreten (2020). Ob das Ganze auch in der Praxis "Pepp" entfaltet hat oder jemals entfalten wird, wage ich aber zu ernsthaft bezweifeln ...


    Demographische Probleme im Hinblick auf das Thema "Altersvorsorge und diesbezügliche staatliche Systeme" dürften sehr viele Länder bzw. entwickelte Industrienationen haben.

    Ein großer Vorteil kann es dann zum einen sein, wenn man als Land gut aufgestellt und damit attraktiv ist für "Köpfe" (qualifizierte Zuwanderung) und/oder für "Kapital" (Anlagen/Investitionen), am besten für beides - wie beispielsweise (bislang) die USA.

    Zum anderen haben besser regierte Länder vor dem demographischen Hintergrund schon vor längere oder sehr langer Zeit strukturelle Veränderung bei dem Thema vorgenommen (wie USA, Schweden, Dänemark, Norwegen, Niederlande - in Sachen steuerlicher Rahmenbedingungen, Staatsfonds, Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge, Renteneintritt mit gewisser Kopplung an Lebenserwartung, Einbezug kapitalgedeckter Elemente via Aktien usw.).


    Hierzulande und für die EU gilt: Die Hoffnung stirbt wie immer zuletzt ...

  • In Polen will man ein "persönliches Anlagekonto" einführen, was einer sehr geringen Besteuerung unterliegen soll.

    Vielleicht spielt bei dem Ansatz auch dieser Hintergrund eine Rolle ... ?


    Erinnere mich an eine jüngere Untersuchung/Studie der OECD (aus 2023) - was immer man von solchen Untersuchungen auch halten mag - zu den "weltweiten Sparquoten" der "privaten Haushalte" in "Relation zu ihrem verfügbaren Einkommen":

    Schweiz 17,5%

    Ungarn 15,5%

    Schweden 13,6%

    Frankreich 10,9%

    Deutschland 10,4%

    ...

    USA 4,9%

    ...

    Polen 0,4%

    ...

    (nach meiner Erinnerung gab es danach auch einige wenige Länder mit einem Minus vor der Zahl sprich einem negativen Wert, der bedeutet, daß Ersparnisse aufgelöst bzw. verbraucht werden; Beispiel: Griechenland mit - 8,6%)


    Da auch Polen vermutlich ein demographisches Problem hat: Vielleicht will man via steuerlicher Anreize da etwas mehr Schwung in die Sparquote bringen ?

  • Vielleicht könnte genau das der Grund sein.

    Vielleicht nennt das polnische Finanzministerium genau diesen Aspekt deshalb auch als Ziel des Ganzen.

    Eine vergleichbare kapitalmarktorientierte und steuerlich ordentlich geförderte Anlagemöglichkeit wünsch ich mir für Deutschland trotzdem.

  • Eine vergleichbare kapitalmarktorientierte und steuerlich ordentlich geförderte Anlagemöglichkeit wünsch ich mir für Deutschland trotzdem.

    Mehr als verständlich und bestens nachvollziehbar. Zudem seit sehr vielen Jahren (präziser seit Jahrzehnten) überfällig.


    Die (auch) in dem Fall bei mir verbliebene homöopathische Resthoffnung stirbt zuletzt.

  • Eine vergleichbare kapitalmarktorientierte und steuerlich ordentlich geförderte Anlagemöglichkeit wünsch ich mir für Deutschland trotzdem.

    Hast Du das mit dem "vergleichbar" mal durchgerechnet? Selbst, wenn man den Steuerfreibetrag an das "Bruttonationaleinkommen je Einwohner" anpasst und damit für D um den Faktor 2,75 erhöht und nicht nur auf 115% des Bruttonationaleinkommens (also 63300 USD oder derzeit ca. 57000€ in D).

    Dann bleibt noch die Fragen, wie man "für Fonds über der Grenze von 100.000 PLN" zu interpretieren hat. So, wie in D die Wegzugssteuer, also je einzelnem Fonds, oder für die Gesamtsumme des Depots.

    Da es eine Sonderbehandlung für das Depot zu sein scheint, dürfte das eher um den Depotwert gehen. Oberhalb der Freigrenze wäre dann also jährlich eine Vermögenssteuer von 0,8% auf den Depotwert fällig. Da ist selbst die Vorabpauschale in D noch harmlos, wenn man nach einigen Jahren über diese Grenze kommt.

    Mag aber natürlich sein, dass 100.000 PLN auch in 20-30 Jahren in Polen noch ein relevanter Beitrag zur Altersvorsorge sein wird oder es dies zumindest heute wäre.

    Ich wünsche mit sowas (für die jüngeren) zwar auch, aber nicht mit solchen Auswüchsen, auf die sich die Leute dann wieder blind verlassen und am Ende recht dumm da stehen. Entweder würde das Depot keinen relevanten Beitrag zur Altersvorsorge (also über mind. 20 Jahre Nutzung) liefern oder die Leute hätten am Ende mehr Geld damit verloren wie sie am Anfang durch den Volkssport Nummer 1 in D gespart haben.

  • Ohne den Artikel der NZZ gelesen zu haben - wen dem so ist, wen könnte das wundern ... ?

    Meines Wissens hat der Mann keinen einzigen Tag außerhalb der Politik-Community (um die Formulierung Politik-Blase zu vermeiden) gearbeitet. Weder als Angestellter, noch als Selbständiger, geschweige denn als Unternehmer. Die klassische Karriere der drei Säle: Vom Kreißsaal über den Hörsaal in den Plenarsaal.

    Nur am Rande aber im Kontext mit dem Vizekanzler: Wäre ich Herr Klingbeil würde ich eher prioritär nach einer Antwort auf die Frage suchen, die jüngst ein gewisser SPD Genosse Lukas bei einem digitalen Treffen der SPD in den Raum gestellt hat (Carmen Wegge (SPD-Bundestagsabgeordnete und Georg Maier (SPD-Innenminister von Thüringen) beantworteten anderthalb Stunden Fragen von SPD-Mitgliedern):

    Wann kommt endlich die Aufarbeitung, warum wir in den letzten 20 Jahren mehr als die Hälfe der Wähler verloren haben ?