Pilotprojet in Hessen - Finanzamt erstellt Steuererklärung

  • Und dieser Punkt hier ist irrelevant bei der ganzen Diskussion?

    Wer einen fehlerhaften Bescheid rechtskräftig werden lässt, der muss mit den Konsequenzen leben.

    In Hessen schicken die ja einen Entwurf und wenn keine Gegenwehr kommt, dann erlassen die erst einen gleichlautenden Bescheid, gegen den mit normalen Fristen (ein Monat Einspruchsfrist) Rechtsmittel möglich sind. (So zumindest mein Verständnis.)

  • Wer einen fehlerhaften Bescheid rechtskräftig werden lässt, der muss mit den Konsequenzen leben.

    In Hessen schicken die ja einen Entwurf und wenn keine Gegenwehr kommt, dann erlassen die erst einen gleichlautenden Bescheid, gegen den mit normalen Fristen (ein Monat Einspruchsfrist) Rechtsmittel möglich sind. (So zumindest mein Verständnis.)

    Stell Dir mal vor, Du bist längere Zeit krank oder aus anderen Gründen verhindert, Dich um Deine Steuererklärung zu kümmern und kannst in dem Zusammenhang die konsequenzen einer verspäteten Steuererklärung tragen. Mit dem Automtismus wird daraus dann eine falsche Steuererklärung mit ganz anderen Konsequenzen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas juristisch Bestand hat.

  • Aber ist es nicht auch so, dass sehr viele, Stand jetzt keine Erstattung bekommen, weil sie keine Steuererklärung angeben? WISO etc. machen doch damit Werbung.


    in ö gibts jetzt schon ein paar Jahre den antragslosrn Steuerausgleich für jene die nur unselbständige Einkünfte haben und bei denen eine Steuergutschrift rauskommt.

    die üblichen 5 Jahre einen eigenen Antrag zu stellen und also die Daten richtig zu stellen hat man trotzdem.

    Ist ein großer Vorteil für jene die sonst gar keinen Ausgleich machen würden und jährlich Geld liegen gelassen haben.

    Nachteil kann ich keinen erkennen.

  • Stell Dir mal vor, Du bist längere Zeit krank oder aus anderen Gründen verhindert, Dich um Deine Steuererklärung zu kümmern und kannst in dem Zusammenhang die konsequenzen einer verspäteten Steuererklärung tragen. Mit dem Automtismus wird daraus dann eine falsche Steuererklärung mit ganz anderen Konsequenzen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas juristisch Bestand hat.


    So unterschiedlich wird das deutsche Verwaltungsrecht zum österreichischen wohl nicht sein, daher nehme ich stark an, dass bei nachweislicher Verhinderung durch Erkrankung etc. Verwaltungsbescheide die bestimmte Voraussetzungen erfüllen (der hier diskutierte fällt darunter) aufgehoben werden können und das Verfahren in den vorigen Stand zurückgesetzt wird.

    Aber das wird vermutlich in diesem Fall auch in D gar nicht nötig sein, denn auch hier wird vermutlich wie in Ö der Steuerpflichtige die übliche Frist (5 Jahre in Ö) haben selbst seine Steuererklärung abzugeben, die dann einen neuen Bescheid bewirkt.

  • In Ö gibts jetzt schon ein paar Jahre den antragslosen Steuerausgleich für jene, die nur unselbständige Einkünfte haben und bei denen eine Steuergutschrift rauskommt.

    Die üblichen 5 Jahre, einen eigenen Antrag zu stellen und also die Daten richtig zu stellen, hat man trotzdem.

    Ist ein großer Vorteil für jene, die sonst gar keinen Ausgleich machen würden und jährlich Geld liegen gelassen haben.

    Nachteil kann ich keinen erkennen.

    Auch gut.

    Die in diesem Thread besprochene Initiative zielt wohl sinngemäß in die gleiche Richtung.

    Der von Dir genannte abhängig beschäftigte Angestellte braucht das noch nicht einmal. Dem wird typischerweise schon vom Lohn die richtige Steuer abgezogen. Solche Leute sind schon seit etlichen Jahren nicht mehr verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben.

    Ein wachsendes Problem ergibt sich aber bei den Rentnern. Das mögen Leute sein, die über viele Jahre legal keine Steuererklärung abgeben mußten, nun aber, im Ruhestand, werden sie plötzlich abgabepflichtig. Bekommt einer Lohn, zieht ihm der Arbeitgeber die Steuer davon ab. Von der Rente zahlt man die Steuer selber. Gerade bildungsferne Menschen kann die Steuererklärung sehr wohl überfordern; sie sind bisher dazu verpflichtet, sich (kostenpflichtig!) Hilfe zu holen. Man könnte sagen, die Steuer für diese Leute ist viel höher als sie in der Liste steht, weil zur Steuer in der Liste zwingend die Kosten für einen Steuerberater oder eine Lohnsteuerhilfe dazukommt.

    Ich begrüße es aus sozialen Gründen sehr, daß der Staat nun versucht, hier kostenlos für Abhilfe zu sorgen - und die meisten Daten bekommt er ja ohne Interaktion des Steuerpflichtigen ja bereits zugespielt.

    Die Steuererklärung eines Normalsteuerzahlers ist kein Hexenwerk: Das Bruttoeinkommen steht fest, die Sozialabgaben auch (beides wird dem Finanzamt gemeldet), abzusetzen sind Werbungskosten, außergewöhnliche Belastungen, Spenden und Handwerkerleistungen. Die kann man zusammenschreiben, mit den Pauschalen vergleichen und demgemäß entscheiden, ob man sich die Mühe einer Steuererklärung macht oder nicht.

    Wer als betroffener Rentner erkennt, daß eine Ergänzung der Steuererklärung ihm einen Vorteil bringt, kann das ja allemal noch nachschieben.

  • Stell Dir mal vor, Du bist längere Zeit krank oder aus anderen Gründen verhindert, Dich um Deine Steuererklärung zu kümmern und kannst in dem Zusammenhang die konsequenzen einer verspäteten Steuererklärung tragen. Mit dem Automtismus wird daraus dann eine falsche Steuererklärung mit ganz anderen Konsequenzen.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas juristisch Bestand hat.

    Mach' doch ein konkretes Szenario auf.

  • Man kann das ja kombinieren:

    Die Rentenversicherung behält die Steuern direkt ein (müssen ja nicht direkt 42% sein) und das Finanzamt schickt den Entwurf eines Steuerbescheides. Dann wäre Oma Erna mit wenig Aufwand keine Steuersünderin, die sie ggf. derzeit ist.

    Wäre eine Idee, ja.

    Die GRV kann die Steuern genau auf die Weise einbehalten, wie es ein Arbeitgeber macht. Wenn die Person noch weitere Einkünfte oder Ausgaben hat, muss sie die halt in der Steuererklärung angeben.

  • Ein wachsendes Problem ergibt sich aber bei den Rentnern. Das mögen Leute sein, die über viele Jahre legal keine Steuererklärung abgeben mußten, nun aber, im Ruhestand, werden sie plötzlich abgabepflichtig.

    Eine wirkliche Vereinfachung wäre das, was Referat Janders oben vorgeschlagen hat: Die GRV führt die Steuer direkt ab.


    Wenn der Anlass für das Pilotprojekt in Kassel wäre, dass man die Rentner erwischt, die heute keine Erklärung abgeben, obwohl sie es müssten, dann würde ich es strikt ablehnen. Es wäre nämlich keine Vereinfachung, sondern der Versuch, einen mangelhaften Prozess durch technische Ergänzungen brauchbar zu machen.

  • Wenn ich eine Steuererklärung selbst erstelle und dabei die Kosten für die Kinderbetreuung vergesse, ist der Bescheid auch falsch...

    Wissen ist Macht.

    Wenn man weiß, daß man Kosten für Kinderbetreuung bei der Steuererklärung angeben kann und das dann zu einer Steuerminderung oder -erstattung führt, dann macht man das. Wenn nicht, dann nicht.

    Wenn man weiß, daß es bei * sein Lieblingsbier diese Woche im Sonderangebot gibt, dann fährt man hin und kauft es sich dort. Wenn man das nicht weiß, fährt man zum Getränkemarkt und zahlt den üblichen Preis.

    Die GRV kann die Steuern genau auf die Weise einbehalten, wie es ein Arbeitgeber macht. Wenn die Person noch weitere Einkünfte oder Ausgaben hat, muss sie die halt in der Steuererklärung angeben.

    Der durchschnittliche Arbeitnehmer hat 1 Job bei 1 Arbeitgeber. Somit ist eine Besteuerung an der Quelle technisch einfach.

    Sehr viele Rentner haben aber mehrere Einkünfte, etwa GRV, Betriebsrente und Riesterrente, die alle besteuert und verbeitragt werden wollen. Das ist im Vergleich zum Arbeitnehmer mit nur 1 Einkunftsquelle technisch schlichtweg schwieriger - und es trifft die Leute möglicherweise zu einem Zeitpunkt, zu dem sie sich mit Bürokratie schwerer tun.

    Die Renten sind in den vergangenen Jahren über der Inflation (und über der Entwicklung der Steuertarife) gestiegen. Wenn das so weitergeht, kann es sein, daß Rentner erst nach einigen Jahren in die Steuerpflicht hineinwachsen. Da bekommt dann ein Rentnerpaar, das seit vielen Jahren keine Steuererklärung mehr abgeben mußte, mit 75 plötzlich ein Schreiben ihres Finanzamts, das sie zur Abgabe einer Steuererklärung auffordert. Sowas ist mißlich.

    Ich finde es gut, daß sich der Staat Gedanken darüber macht, wie er diesen Fall abfängt.

  • Mach' doch ein konkretes Szenario auf.

    Du machst ein Sabatical und reist zwei Jahre durch die Welt. Dabei willst Du von Katmandu aus keine Einkommensteuererklärung einreichen und nimmst in Kauf, dass du irgendwie abgemahnt wirst, vielleicht auch Verzugszinsen zahlen musst. Das holst du dann nach Deiner Reise nach - einschließlich der Angabe Deiner Miteinnahmen. Stattdessen läuft jetzt die automatische Einkommensteuererklärung, die auch automatisch zum Bescheid wird. Später wird festgestellt, dass Du Mieteinnahmen hast und dann fangen die Mühlen von unabhängigen anderen Abteilungen an zu arbeiten und den falschen Bescheid abzuarbeiten. Nach Deiner Rückkehr findest du in deinem Briefkasten eine Vorladung vom Gericht wegen Steuerbetrug.

  • Das könnte dann ein Grund werden, dem Finanzamt immer mehr Daten zuzuführen, damit es "seine Aufgabe erledigen kann".

    Naja, es ist schon ziemlich absurd, wenn der Steuerzahler staatlichen Stellen Infos mitteilen muss, die (anderen) staatlichen Stellen längst vorliegen und in den Verdacht der Steuerhinterziehung gerät, wenn man diese Mitteilung nicht macht.

    Aber natürlich muss das in beide Richtungen gehen, d.h. irgendein Automatismus muss auch dazu führen, dass Rückerstattungen automatisch gezahlt werden oder zumindest vorgeschlagen werden.

  • Naja, es ist schon ziemlich absurd, wenn der Steuerzahler staatlichen Stellen Infos mitteilen muss, die (anderen) staatlichen Stellen längst vorliegen und in den Verdacht der Steuerhinterziehung gerät, wenn man diese Mitteilung nicht macht.

    Die Trennung oder Zusammenführen von Daten staatlicher Stellen ist ein heikles Thema. "Der Staat" hat nicht automatisch an allen Stellen Zugriff auf alle Daten. Und das hat gute Gründe.

  • Du machst ein Sabbatical und reist zwei Jahre durch die Welt. Dabei willst Du von Kathmandu aus keine Einkommensteuererklärung einreichen ...

    ... obwohl das in einer vernetzten Welt ja durchaus möglich wäre ...

    ... und nimmst in Kauf, dass du irgendwie abgemahnt wirst, vielleicht auch Verzugszinsen zahlen musst. Das holst du dann nach Deiner Reise nach - einschließlich der Angabe Deiner Miteinnahmen. Stattdessen läuft jetzt die automatische Einkommensteuererklärung, die auch automatisch zum Bescheid wird. Später wird festgestellt, dass Du Mieteinnahmen hast und dann fangen die Mühlen von unabhängigen anderen Abteilungen an zu arbeiten und den falschen Bescheid abzuarbeiten. Nach Deiner Rückkehr findest du in deinem Briefkasten eine Vorladung vom Gericht wegen Steuerbetrug.

    Das ist ja fürchterlich!

    Für die vielen Millionen Bundesbürger, die ein mehrjähriges Sabbatical in Kathmandu machen, wird sich schon eine angemessene Lösung finden.

    Deutsche sind Leute, die weder einfach machen, noch Dinge tatkräftig angehen, sondern bei allen Neuerungen primär mal Bedenken äußern, daß irgendwelche Spezialfälle nicht angemessen berücksichtigt seien.

    Die Zukunft gewinnt man mit solcher Denkweise nicht.

  • ... obwohl das in einer vernetzten Welt ja durchaus möglich wäre ...

    Das ist ja fürchterlich!

    Für die vielen Millionen Bundesbürger, die ein mehrjähriges Sabbatical in Kathmandu machen, wird sich schon eine angemessene Lösung finden.

    Deutsche sind Leute, die weder einfach machen, noch Dinge tatkräftig angehen, sondern bei allen Neuerungen primär mal Bedenken äußern, daß irgendwelche Spezialfälle nicht angemessen berücksichtigt seien.

    Die Zukunft gewinnt man mit solcher Denkweise nicht.

    Das war nur ein Beispiel. Es ist m.E.n. nicht ok, wenn eine rechtswirksams ERKLÄRUNG von jemanden anderen als mir selbst abgegeben wird (bzw. von Meinem Steuerberater in meinem Auftrag). Da sollte man besser erst mal an anderen Stellschrauben drehen, um die Bürokratie abzubauen

  • Die Trennung oder Zusammenführen von Daten staatlicher Stellen ist ein heikles Thema. "Der Staat" hat nicht automatisch an allen Stellen Zugriff auf alle Daten. Und das hat gute Gründe.

    Jetzt wirds grundsätzlich ;)

    Wenn staatliche Stellen nicht miteinander kommunizieren (dürfen), dann kann meiner Ansicht nach dem Steuerzahler kein Strick daraus gedreht werden, wenn er diese längst vorliegende Info nicht nochmal mitteilt.

    Und ich bin soweit dabei, dass diese Kommunikation weiterhin lückenhaft bleiben sollte, solange die nur dafür genutzt wird, z.B. zusätzliche Steuereinnahmen zu generieren, nicht aber dazu genutzt wird, dem Bürger Steuererstattungen (z.B. über eine freiwillige Steuererklärung) zukommen zu lassen.

    Kennt jemand zufällig Zahlen, welche Beträge die Finanzbehörden für sich behalten, weil Leute eben keine freiwillige Steuererklärung machen und so auf Erstattungen verzichten?