100% Finanzierung mit 1% Tilgung - wer bietet das an?

  • Dass die Zinssteigerung keine Auswirkung auf die Immobilienpreise haben wird, halte ich für naiven Optimismus. Eine Immobilie zur Vermietung ist dadurch absolut unattraktiv, bei Preisen >30 Jahreskaltmieten sind die Zinsen höher als die Miete. Da ist noch kein Euro abbezahlt und keine Rücklage gebildet. Eine deutliche Mieterhöhung um die Konstruktion wirtschaftlich zu machen dürfte am Widerstand der Politik scheitern.


    Für Selbstnutzer gilt das gleiche, dazu dürfte oft die Bank mangels Bonität die Finanzierung verweigern. Denn die gestiegenen Zinsen haben innerhalb eines halben Jahres aus einer eigentlich komfortablen 4% Tilgung eine 1,5% Tilgung gemacht. Für eine allgemeine Rückkehr zur 1% Tilgung sind 3% Zins aber noch zu niedrig und die Laufzeiten zu lange. Entsprechend fangen die ersten Häuser an länger in den Portalen zu stehen. In einigen Monaten werden die Verkäufer dann Torschlusspanik bekommen und die Preise senken

  • Das hängt natürlich von der Frage ab warum man verkauft. Es gibt genügend Gruppen die das nicht ewig aussitzen werden:

    Ein sehr großer Teil auf dem Markt sind meinem Eindruck nach geerbt und von den Erben hat keiner Interesse das zu bewohnen und seine Miterben auszuzahlen. Die wollen nicht ewig ein Haus am Bein haben.

    Dann gibt es die Leute die umziehen und das Geld für eine neue Immobilie woanders brauchen. Die sind eher bereit runter zu gehen weil sie das Geld brauchen und sie ja zwei Immobiliem zu ähnlichen Zeitpunkten im Zyklus tauschen.

    Und dann gibt es noch die Gruppe die auf steigende Preise spekuliert hat. Sobald sich abzeichnet dass das nicht mehr passiert, wollen die alle gleichzeitig zum Notausgang.

  • Bei uns gab es vor einem halben Jahr kaum Angebote auf Immoscout. IInzwischen "unzählige", also 43. Allerdings sind die Preisvorstellungen weiter hoch.

    Das kann ich für meine Region bestätigen, dass sich bei ImmoScout etwas getan hat. Mir fallen v. a. viele Angebote auf, die vor sechs oder zwölf oder 18 Monaten innerhalb weniger Tage verkauft wieder rausgenommen worden wären, und nun aber schon wochenlang angeboten werden.

  • Das kann ich für meine Region bestätigen, dass sich bei ImmoScout etwas getan hat. Mir fallen v. a. viele Angebote auf, die vor sechs oder zwölf oder 18 Monaten innerhalb weniger Tage verkauft wieder rausgenommen worden wären, und nun aber schon wochenlang angeboten werden.

    Also könnte man von der Rückkehr zur Normalität sprechen?

  • Wir kennen auch 2 Pärchen die schon länger nach der geeigneten Immobile suchen. Nach deren Schilderung sind einige Häuser zwar jetzt länger auf dem Markt als vorher, allerdings haben sich die Voraussetzungen in der Substanz auch gerade "massiv" verändert.


    Seit dem Februar, bzw. natürlich etwas später, ist der Fokus auf das Thema Energieeffizienz enorm in die höhe geschossen. Häuser mit Heizkörpern und/oder Ölheizungen sind aktuell wohl länger auf dem Markt als solche die Energetisch schon besser aufgestellt sind oder sich durch z.B. vorhandener Fußbodenheizung etc. schneller Sanieren lassen.


    Auch das speilt inzwischen eine Rolle warum bei einigen Bestandsgebäuden die Bepreisung zu hoch ist bzw. einige Gebäude schwerer zu vermitteln sind.

    Denn aktuell weiß ja auch keiner so genau wo die Energiewende noch hingeht und selbst wenn, man muss erstmal jemanden finden der liefern und installieren kann.

  • Also könnte man von der Rückkehr zur Normalität sprechen?

    Ärgerlich ist für die Menschen, die jetzt gerade Finanzieren müssen. Bei einigen dürfte der Traum vom Eigenheim platzen andere werden sich übernehmen um Ihren Traum zu ermöglichen.


    Interessant dürfte es werden, wenn die Immobilienpreise stagnieren oder gar fallen.

  • Ärgerlich ist für die Menschen, die jetzt gerade Finanzieren müssen. Bei einigen dürfte der Traum vom Eigenheim platzen andere werden sich übernehmen um Ihren Traum zu ermöglichen.


    Interessant dürfte es werden, wenn die Immobilienpreise stagnieren oder gar fallen.

    Das ist natürlich mordsmäßig ärgerlich / erschütternd...! Zumal der Traum vom Eigenheim dich so angenehm träumt und quasi Kulturgut ist.


    Ich hoffe nur, dass es nicht allzuviel Leuten finanziell das Genick bricht.


    Diese Zwischphase "Finanzierung teuer und Haus auch" trifft ja noch anders als die Phase "Zinsen hoch aber Haus erschwinglich".


    Mein Bruder flucht auch weil die Junggesellenbude für die baldige Familie ungeeignet ist, aber nix bezahlbares zu greifen ist.


    Es bleibt spannend.

  • Interessant dürfte bei knapp gestrickten Finanzierungen auch das Kapitel Energie werden, wenn da auf einmal mehr als das Doppelte fällig wird. Ich befürchte den Amtsgerichten steht viel Arbeit bevor.

  • Häuser mit Heizkörpern und/oder Ölheizungen sind aktuell wohl länger auf dem Markt als solche die Energetisch schon besser aufgestellt sind oder sich durch z.B. vorhandener Fußbodenheizung etc. schneller Sanieren lassen.

    Genau. Wir schleichen um einen Bungalow mit 240qm WF und 1300 qm Grund für 250 T€ rum. Allerdings Ölheizung, Heizkörper, Energieklasse H. Läuft wahrscheinlich auf Abriss raus.

  • Interessant dürfte es werden, wenn die Immobilienpreise stagnieren oder gar fallen.

    Das denke ich auch. Da der Barwert/Zeitwert von Vermögenswerten (Beispiel: Immobilie) über die zukünftigen Erträge ermittelt wird, die mit dem Zins diskontiert werden, sieht es vereinfacht so aus: Ist dieser Zins sehr niedrig (oder tendiert sogar gegen Null) ist der Vermögenswert sehr hoch (oder tendiert sogar gegen unendlich - sieht man hier bei Immobilien in Top-Citylage über die letzten 10 Jahre sehr plastisch). Ist dieser Zins aber relativ hoch oder fängt deutlich an zu steigen ... dann ist der Vermögenspreis niedriger oder fängt denknotwendig an zu sinken.


    Ein etwas gegenläufiger Effekt: Bei Realzinsen, die derart weit im Negativen liegen wie hierzulande, könnten Immobilien dennoch einen (Rest)Charme behalten - denke/hoffe ich zumindest (habe ja selbst welche).


    "Interessant" zum einen für so manchen "Betroffenen" (Banken fordern dann - Stichwort: Sinkende Immobilienpreise - beispielsweise gerne mal eine sog. "Nachbesicherung" ein; ansonsten droht Kündigung, müßte im § 490 BGB geregelt sein. Insbesondere bei relativ hohen Beleihungsausläufen).


    "Interessant" wird es dann aber auch für die ECB; Stichwort: "Finanzmarktstabilität" (Financial Stability). Hängen die ganzen Immobilienkredite (ganz nette Volumina übrigens) doch in den Bilanzen der Banken drin. Bekommen Banken aber ein Problem ...


    Das ist ganz putzig miteinander verknüpft: Dreht man am Schalter, um via Zinserhöhungen wieder stabiles Geld zu erhalten (Preisniveaustabilität), dann kann dies die Stabilität an anderer Stelle (Finanzmarktstabilität und Stabilität der Eurozone (Schuldendiensttragfähigkeit hochverschuldeter Länder) gefährden. Macht man das aber nicht, gefährdet man weiterhin die Preisniveaustabilität (Kaufkraftstabilität). Wartet man zu lange damit und/oder macht zu wenig, muß man schließlich so stark am Schalter drehen, daß es ziemlich rumpelt (Rezession oder noch Schlimmeres).


    Wie im richtigen Leben: Die Sünden der Vergangenheit holen einen manchmal eben ein ...

  • Seit dem Februar, bzw. natürlich etwas später, ist der Fokus auf das Thema Energieeffizienz enorm in die höhe geschossen. Häuser mit Heizkörpern und/oder Ölheizungen sind aktuell wohl länger auf dem Markt als solche die Energetisch schon besser aufgestellt sind oder sich durch z.B. vorhandener Fußbodenheizung etc. schneller Sanieren lassen.

    Ich habe schon vor der aktuellen Energie(preis)krise für mich festgelegt gehabt, dass die zukünftige Immobilie entweder neuen Baujahrs oder in jüngerer Vergangenheit kernsaniert sein muss. Auch Fußbodenheizung und ein guter Energieausweis waren Pflichtkriterien bei der Suche.

  • Interessant dürfte bei knapp gestrickten Finanzierungen auch das Kapitel Energie werden, wenn da auf einmal mehr als das Doppelte fällig wird. Ich befürchte den Amtsgerichten steht viel Arbeit bevor.

    Die Befürchtungen teile ich. Wenn die Banken künftig die Werthaltigkeit ihrer Forderungen strenger beurteilen (müssen), dann wird die Luft noch einmal enger.

  • Interessant dürfte es werden, wenn die Immobilienpreise stagnieren oder gar fallen.

    Die Stagnation findet schon statt. Während übers Jahr betrachtet für Q1/22 noch 12% Steigerung gemessen wurden, sind es zum Vorquartal gerade einmal 0,3%. Also nix.

    Und wohlgemerkt, Q1 beinhaltet noch einige Finanzierungen vom Januar mit relativ niedrigen Zinsen. Ich vermute dass der Vergleich Q1 zu Q2 in '22 bereits einen kleinen Rückgang zeigt.

    Bei aktuellen Preisen und Zinsen ist die Finanzierbarkeit bis in die gehobene Mittelschicht fraglich. Selbst ohne die Aussicht 20 Cent/kWh für Gas zu zahlen. Überspitzt formuliert: die meisten Leute die heute zu einer Besichtigung gehen, wissen noch gar nicht dass sie sich den Kredit nicht mehr leisten können


    Wir kennen auch 2 Pärchen die schon länger nach der geeigneten Immobile suchen. Nach deren Schilderung sind einige Häuser zwar jetzt länger auf dem Markt als vorher, allerdings haben sich die Voraussetzungen in der Substanz auch gerade "massiv" verändert.

    Energetisch war auch vorher schon einiges Wahnsinn. Den allermeisten war das nur nicht bewusst. Die Gasheizung war schon politisch tot als wir Herbst '20 nach einer Immobilie gesucht haben. Im Altbau bleibt aber halt oft nix anderes übrig um den Ölbrenner zu ersetzen. Die einzige Alternative im Hochtemperaturbereich sind Pellets. Alle Wärmepumpen sind Niedertemperaturbereich und ohne Fußbodenheizung ist der COP einfach unterirdisch.

  • Am Wochenende habe ich mal wieder einen alten Freund getroffen. Es werden in seiner Kommune mehrere Baugrundstücke wieder zurück gegeben. Das ist seiner Erinnerung nach in dieser Kommune noch nie vorgekommen. Zumindest nicht in dieser Häufung.

    Den Bauherren läuft Ihre Finanzierung komplett aus dem Ruder, wobei die Zinssituation nur einen Teilaspekt ausmacht. Genau so groß ist das Problem, dass die Handwerker keine Preisgarantien mehr geben können. So wird die Finanzierung vollends zum Blindflug.

  • monstermania

    In der Straße gegenüber von uns werden/wurden 6 Häuser neu gebaut.

    2 davon können von den aktuellen Eigentümern wohl nicht mehr zu Ende gebracht werden da sich die Kosten für Handwerker/Rohstoffe und Finanzierung so verschoben haben.

    Angeblich will ein paar ihre beiden Autos verkaufen um das Haus zu Ende zu bekommen und die monatlichen Kosten zu stemmen.


    Das ist natürlich der Super Gau: Man selbst müsste sich um das Projekt zu Ende zu bringen bis über die Ohren verschulden, wenn man es dann überhaut halten kann, oder jemanden Finden der einem sowas abkauft und einen entsprechenden Preis zahlt.


    Im Dezember/Januar hat uns (fast) jeder davon abgeraten ein Forward Darlehen mit 60 Monaten Vorlaufszeit abzuschließen. Wir haben es dennoch gemacht und uns somit die Zinsen für die letzten 15 Jahre (10 Jahre Zinsbindung+ Forward) für 1,37 % gesichert, dann sind wir eh durch.

    Aber für alle die es nicht gemacht haben oder konnten kann das, je nach Restschuld, echt übel aussehen in (naher-) Zukunft.