Ehegattensplitting

  • Hallo ihr Lieben!


    Ich hoffe, hier kann mir jemand helfen. Ich schreibe zur Zeit eine Bachelorarbeit zum Ehegattensplitting, bei dem ich untersuche, ob die Pläne der neuen Regierung aus dem Koalitionsvertrag zur Überführung der Steuerklassenkombination von III/V in das Faktorverfahren von IV zur Gleichstellung von Mann und Frau in der Ehe beitragen können.

    Ich verstehe hierbei eine ganz grundlegende Prämisse nicht... und zwar die "Ersparnis" der Eheleute in der Steuerklassenkombination von III/V. Die gibt es doch eigentlich gar nicht, wenn diese Eheleute eine Steuererklärung machen (zu der sie ja theoretisch verpflichtet sind) da sie doch am Ende des Jahres, wenn man andere Faktoren außen vor nimmt, doch nachzahlen müssen, da der mit Steuerklasse III am Ende des Monats ja mehr Geld raus hat? Das Geld ist doch nicht geschenkt? Ich habe das Gefühl, ich übersehe irgendwas. Die Diskussion über das Ehegattensplitting gibt es ja schon zur Einführung dessen. Aber was genau ist das PROBLEM dabei, wenn man das Geld eigentlich eh wieder zurückgeben muss? Vielleicht versteht ja jemand worauf ich hinaus möchte, das wäre super :)


    LG

    Ricarda

  • Hallo.


    Stimmt, die Ersparnis durch die Wahl der Steuerklassen ist maximal eine Stundung.


    Die Ersparnis durch das Splitting ergibt sich bei unterschiedlichen Einkommenshöhen aus der Steuerprogression. Da ist die Steuerlast für 2 × 0,5AB geringer als die für AB. (Das hat aber mit den Steuerklassen nichts zu tun.)

  • Nach meiner Info wird die gemeinsame Veranlagung abgeschafft, wodurch dann alle höhere Steuern zahlen, die unterschiedlich hohe Einkommen haben. Dadurch wird dann eine Verschiebung der Arbeitsintensität steuerlich erzwungen, was ja das politische Ziel ist.

  • Nach meiner Info wird die gemeinsame Veranlagung abgeschafft, wodurch dann alle höhere Steuern zahlen, die unterschiedlich hohe Einkommen haben. Dadurch wird dann eine Verschiebung der Arbeitsintensität steuerlich erzwungen, was ja das politische Ziel ist.

    Schön wär's, aber soweit ich das gelesen hab sollen doch nur die Steuerklassen III und IV abgeschafft werden, nicht das Splitting selbst?

  • Schön wär's, aber soweit ich das gelesen hab sollen doch nur die Steuerklassen III und IV abgeschafft werden

    Wäre auf jeden Fall sinnvoll, weil gefühlt 99% der Steuerpflichtigen das System der Steuerklassen (gerade die Kombination III / IV) nicht kapieren, bzw. die Effekte überschätzen.

  • Ich danke euch schon mal vielmals für eure Antworten, und wie lieberjott sagt, die meisten kapieren das System der Steuerklassen nicht wirklich, mich eingeschlossen (aber ich bin ja gerad dabei das zu ändern;)).

    Eine Frage hätte ich da noch- vom Splittingeffekt profitiert man dann aber schon oder? Das heißt egal ob IV/IV oder III/V - einen Splittingeffekt gibt es, der sich ja erhöht, je unterschiedlicher die Einkommen sind (Stichwort verschiedene Progressionszonen)?

  • Ich kann die positiven Kommentare zur Abschaffung nicht nachvollziehen. De facto bedeutet dies, dass das Existenzminimum eines Partners, der weniger als den Grundfreibetrag verdient, für das Paar/Familie nicht mehr steuerfrei ist. Konsequenterweise müsste dann der Partner Anrecht auf öffentliche Leistungen ohne Anrechnung der Einkünfte des Partners haben. Das ist absolut schief.

  • Ich kann die positiven Kommentare zur Abschaffung nicht nachvollziehen. De facto bedeutet dies, dass das Existenzminimum eines Partners, der weniger als den Grundfreibetrag verdient, für das Paar/Familie nicht mehr steuerfrei ist. Konsequenterweise müsste dann der Partner Anrecht auf öffentliche Leistungen ohne Anrechnung der Einkünfte des Partners haben. Das ist absolut schief.

    Das ist natürlich eine politische Diskussion ;)

    Ich für meinen Teil verstehe nicht, warum verheiratete Paare ohne Kinder steuerlich begünstigt werden sollen, also würde das nicht am Familienstand 'verheiratet' sondern den zu versorgenden Kindern festmachen.

  • Ich danke euch schon mal vielmals für eure Antworten, und wie lieberjott sagt, die meisten kapieren das System der Steuerklassen nicht wirklich, mich eingeschlossen (aber ich bin ja gerad dabei das zu ändern;)).

    Eine Frage hätte ich da noch- vom Splittingeffekt profitiert man dann aber schon oder? Das heißt egal ob IV/IV oder III/V - einen Splittingeffekt gibt es, der sich ja erhöht, je unterschiedlicher die Einkommen sind (Stichwort verschiedene Progressionszonen)?

    So ist es. Das wäre auch so, wenn alle in Steuerklasse VI stecken würden. Splitting ist losgelöst von den Steuerklassen.

  • Ich für meinen Teil verstehe nicht, warum verheiratete Paare ohne Kinder steuerlich begünstigt werden sollen,

    Da in diesem Fall der verdienende Partner die Versorgung des nicht verdienenden Partners übernimmt und damit der Partner nicht von der Gesellschaft das leistungsfreie Grundeinkommen bekommt.

  • Konsequenterweise müsste dann der Partner Anrecht auf öffentliche Leistungen ohne Anrechnung der Einkünfte des Partners haben. Das ist absolut schief.

    Wohl schon, allerdings müsste wahrscheinlich erst ein höchstrichterliches Urteil den entsprechenden Hinweis platzieren.

  • Da in diesem Fall der verdienende Partner die Versorgung des nicht verdienenden Partners übernimmt und damit der Partner nicht von der Gesellschaft das leistungsfreie Grundeinkommen bekommt.

    Grundsätzlich nachvollziehbar. Wobei das natürlich noch nicht erklärt warum bei unverheirateten Paaren mit Kindern kein Familiensplitting möglich ist.

  • Das ist natürlich eine politische Diskussion ;)

    Ich für meinen Teil verstehe nicht, warum verheiratete Paare ohne Kinder steuerlich begünstigt werden sollen, also würde das nicht am Familienstand 'verheiratet' sondern den zu versorgenden Kindern festmachen.

    Das sollte doch einfach zu verstehen sein: sobald man sich das Ja-Wort in guten wie in schlechten Zeiten versprochen hat, ist man auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen. Solange nicht die gemeinsamen Einkünfte unterhalb des Existenzminimums liegen, wird keine Sozialkasse für das Paar mehr aufkommen. Gegenseitige Fürsorgepflicht nennt man das wohl.


    Dafür eine (geringe) steuerliche Besserstellung (was ja nicht heißt, dass ich vom Staat was bekomme, sondern lediglich, dass er mir von meinem sauer verdienten Lohn weniger wegnimmt) zu erhalten, erscheint mir billig.


    Gleiches gilt ja auch bei den Kindern, die den/m Verdiener(n) ja auch steuerlich entlastet, allerdings nicht soviel, dass man durch Kinder reich werden könnte... (allenfalls kinderreich) Ich empfände es allerdings als angeraten, die Rentenhöhe mehr durch die Zahl der Kinder beeinflussen zu lassen (da letztere ja dann künftige Beitragszahler sind - oder zumindest sein sollten).

  • Dafür eine (geringe) steuerliche Besserstellung (was ja nicht heißt, dass ich vom Staat was bekomme, sondern lediglich, dass er mir von meinem sauer verdienten Lohn weniger wegnimmt) zu erhalten, erscheint mir billig.

    Schwierig... diese steuerliche Besserstellung nützt nämlich auch nur Paaren mit sehr unterschiedlichem Einkommen. Ein Paar, bei dem beide gleich viel verdienen hat erstmal keinen steuerlichen Vorteil, aber trotzdem eine gegenseitige Fürsorgepflicht.

  • Konsequenterweise müsste dann der Partner Anrecht auf öffentliche Leistungen ohne Anrechnung der Einkünfte des Partners haben. Das ist absolut schief.

    Wenn ich mich richtig erinnere wird z.B. bei Hartz-IV auch das Einkommen des Partners unabhängig ob verheiratet oder unverheiratet berücksichtigt (Bedarfsgemeinschaft).

  • Ohne mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt zu haben, hier mein Eindruck:


    1.) Bei Steuerklassen 3/5 hat die Frau zu hohe Abzüge: In einer funktionierenden Ehe gleicht der Ehemann dies aus. Zudem zahle ich die Tilgung für das Haus alleine.

    2.) Familien mit Kindern sollen weniger Steuern zahlen: Achtung, Falle. Dies gilt für etwa 20 Jahre. Wenn die Kinder aus dem Haus sind, gilt das Ehepaar als kinderlos und zahlt die nächsten 25 Jahre das ganze doppelt und dreifach zurück.

  • Wie oben schon angedeutet, ergibt sich die steuerersparnis nicht aus der Wahl der steuerklassen, sondern aus der gemeinsamen Veranlagung. Hierdurch werden Verheiratete mit großem Einkommensunterschied gefördert. Die Kritik daran kann ich sehr wohl nachvollziehen, da es verkürzt gesagt tradierte Rollenbilder bevorzugt. Er geht arbeiten und schafft das Geld ran, sie macht Haushalt und Kinder. Etwa gleich verdienende Partner, die Arbeiten und sich Erziehung / care work teilen, erhalten keine Förderung, kann man so in 2022 m. E. Nicht ernsthaft aufrechterhalten und muss man über ernstzunehmende progressivere Fördermodelle nachdenken.

  • Hallo RiSky , mein Verständnis zur ursprünglichen Frage ist wie folgt:


    Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. So steht es in §6 GG. Innerhalb der Ehe sollen die Ehepartner selbst über die Verteilung von Aufgaben und Pflichten entscheiden können.

    In der einen Ehe gehen beide gleichviel arbeiten und teilen sich (hoffentlich) Haushalt etc.

    In einer anderen Ehe geht ein Ehepartner arbeiten, der andere kümmert sich überwiegend um Haushalt etc.

    Besteuert werden sollen die Familien nach Leistungsfähigkeit. Wenn in beiden Familien in der Summe das Gleiche verdient wird, sollen beide die gleiche Steuer zahlen. Das wird nur durch Splitting erreicht.

    Zur Leistungsfähigkeit gehören natürlich auch die Kinder. Diese werden nicht im Splitting berücksichtigt, sondern durch Kindergeld, Kinderfreibeträge, Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten etc.


    Abgerechnet wird in der jährlichen Steuererklärung. Dort ist die vorherige Wahl der Steuerklassen irrelevant. Die Steuerklassenwahl soll nur helfen, dass die Lohnsteuerbelastung möglichst nah an die Jahressteuer heran kommt, also nur geringe Nach- und Rückzahlungen stattfinden. Wenn beide zu je etwa 50% zum Familieneinkommen beitragen ist Steuerklasse IV/IV sinnvoll, das entspricht Klasse I.

    Wenn sich das Einkommen etwa 60%/40% aufteilt, ist Steuerklasse III/V passend. Hier wird der Besserverdienende entlastet und der Wenigerverdienende belastet, in der Summe passt das zur erwarteten Steuer der Steuererklärung. Vor einigen Jahren wurde das Faktorverfahren eingeführt, um die Lohnsteuer noch genauer auf die Einkommensverteilung abzustimmen.


    Rechnerisch passt das bei der Betrachtung der Familie als Ganzes soweit gut.


    Kritikpunkt ist wohl insbesondere, dass das nur dadurch rechnerisch passt, dass der Besserverdienende (traditionell eher der Mann) entlastet wird und der/die Wenigerverdienende belastet wird. Wenn der Mann der "Ernährer" der Familie ist und die Frau nach der Babypause wieder etwas hinzu verdienen will, wird sie mit einem sehr hohen Steuersatz belastet ("Lohnt sich das überhaupt, bleibe doch bei KKK").

    Das ist systemisch richtig, denn jeder hinzuverdiente Euro muss zum Grenzsteuersatz der Familie besteuert werden, egal ob die Frau etwas hinzuverdient oder der Mann sein Gehalt steigern kann. Das Gerechtigkeitsgefühl zwischen den Eheleuten trifft es definitiv nicht.


    Dieses zu ändern würde aber vermutlich einen Systembruch erfordern. In dem Moment, in dem die Frau etwas hinzuverdient, müsste sich die Lohnsteuer beim Mann erhöhen, damit die Frau eine gerechte Steuer zahlt. Die Gehälter der Eheleute müssten also unterjährig in einer Datenbank zusammen fließen, um den richtigen Steuersatz des Familieneinkommens zu ermitteln und den Arbeitgebern zur Verfügung zu stellen. Dafür gibt es vermutlich derzeit keine vernünftige Lösung.