Kaffee(OderTee)satzleserei: Wohin gehen die Zinssätze?

  • Ist eurer Meinung nach mit weiter steigenden Leitzinsen der EZB zu rechnen?

    Oder kommt nicht nur die Freigabe von Cannabis, sondern auch die Rückkehr zur Droge des "billigen Geldes"?

    Vielleicht weil man mögliche Konsequenzen von (raschen) Zinssteigerungen fürchtet?

    Sollte man z.B. auf den Zug von vorhandenen Anleihen schon mit langfristigeren Blick aufspringen? Oder sollte man "flüssig bleiben" für den Erwerb neuer Emissionen, die höher verzinst werden?

    Alles spekulativ - aber vieleicht gibt's ja ein paar Indizien oder Hinweise, die man ohne Diskussion komplett übersehen würde.

  • Bin der Meinung das es sehr von der Inflation abhängt, fällt diese wird es auch mit den Zinsen nicht weiter nach oben gehen. Bei der hohen Verschuldung der Länder wird man versuchen diese nicht unnötig nach oben zu schrauben und die Zinslast damit weiter zu steigern. Gleiches gilt für die Wirtschaft, auch hier werden Investitionen bei hohen Zinsen, zurück gehen. Der kleine Sparer steht bei diesen Entscheidungen nicht im Fokus.

  • https://www.deutsche-finanzage…ssionen/emissionskalender

    Stattdessen 2,3% für eine 10 jährige DE000BU2Z007

    Aber nur 1,8% für eine 30 jährige DE0001102614

    Wie kommt es zu weniger Zinsen bei längerer Bindung?


    Wenn du langfristig von einem höheren Zinsniveau ausgehst, dann sind alle aktuell langfristig ausgerichteten Anlagen zu den (zu niedrigen) Zinssätzen nachteilig.


    Wenn du davon ausgehst, dass der Zins auf einem konstanten, moderat-hohen Niveau verbleibt, bekommst du auch wieder eine "normale" Zinsstruktur. Ob das in der Eurozone wieder langfristig möglich wird, bleibt abzuwarten.

  • In einem Satz: Weil der Markt der Meinung ist, dass die Zinsen in den nächsten 30 Jahren im Schnitt höher sind als in den nächsten 10 Jahren.

    Der Markt besteht hier aus Kreditnehmer (Emittent) und Kreditgeber.

    Welcher Kreditgeber legt sich 30 jährige Anleihen in's Depot mit der Aussicht, dass die Zinsen in den nächsten 30 Jahren im Schnitt höher sind als in den nächsten 10 Jahren?

    Da nehme ich doch lieber die kürzer laufenden und höher verzinsten 10 jährigen Anleihen und lege mir die in Aussicht stehenden höher verzinsten Anleihen in's Depot, wenn sie verfügbar sind.


    Als Käufer von Anleihen, kämen 30 jährige zu 1,8% nur in Frage, wenn ich davon ausgehe, das die Zinsen nach 10 Jahren (oder früher) dauerhaft wesentlich fallen.

  • Einen Schritt zurück: Das sind zukünftige Emissionen, bei denen nur der Zins-Kupon feststeht und noch nicht der Kurs. Zu welchem Preis die jemand haben will - oder ob überhaupt - stellt sich erst noch heraus.


    Es gibt auch Zerobonds, bei denen die Rendite ganz ohne Kupon ausschließlich über einen geringeren Kaufkurs entsteht.

  • Einen Schritt zurück: Das sind zukünftige Emissionen, bei denen nur der Zins-Kupon feststeht und noch nicht der Kurs. Zu welchem Preis die jemand haben will - oder ob überhaupt - stellt sich erst noch heraus.


    Es gibt auch Zerobonds, bei denen die Rendite ganz ohne Kupon ausschließlich über einen geringeren Kaufkurs entsteht.

    Ich weiss. Wobei sich die Gesamtrendite oft angleicht - für Anleihen mit gleicher Restlaufzeit von demselben Emittenden. Wenn der Kupon hoch ist, dann ist aus dem Grund auch die Nachfrage hoch und der Kurs verteuert sich (gegenüber anderen Anleihen mit weniger Kupon oder sogar 0-Kupon). Da pendeln die sich ein.

    Aber hier ging es ja um den Kupon für unterschiedliche Laufzeiten. Und bei der Emission gilt ja der Nennwert als Preis - oder?


    Naja, ich guck mir mal die Kursentwicklungen der Anleihen an, um zu sehen, wie schnell der Markt hier auf die inverse Zinsstruktur reagiert. Der Kurs der 30 jährigen Anleihen müsste dann den vergleichsweise niedrigen Kupon wiederspiegeln.

  • Mal anhand eines anderen Beispiels gefragt: DE0001135481

    https://www.boerse-frankfurt.d…-bundesrepublik-2-5-12-44


    Aus welchem Grund waren Käufer bereit, im Jahr 2021 hierfür 170 Euro zu zahlen, bei einer Restlaufzeit von 23 Jahren und für eine Verzinsung von 2,5 %?

    Der Kupon ergibt dann 23 * 100 * 0.025 € = 57,5 €.

    D.h. 70 € Aufpreis und nur 57,5 € Rendite.

    Und bei Einbeziehung der Inflation wird das Ergebnis noch schlechter.

  • Das Umfeld mit den Negativzinsen dürfte dahinter stecken. Sich -0,4% für 23 Jahre zu "sichern" macht natürlich kein normaler Mensch. Aber es gibt reichlich institutionelle Anleger, die nur AAA-Anleihen kaufen dürfen und lange Restlaufzeiten brauchen. Zum Kaufzeitpunkt war nicht klar, wie lange das noch gehen würde oder ob sogar noch weitere Zinssenkungen tiefer in den negativen Bereich geben könnte. Begeistert waren die Käufer damals bestimmt nicht. Und heute sind sie es sicher noch viel weniger...


  • Ich meine ich habe das schon X-mal hier geschrieben, aber das ist eine am Sekundärmarkt gehandelte Staatsanleihe. Sofern die Restlaufzeit nicht unter ein Jahr fällt ist für dich nur die Zinsstrukturkurve wichtig. Und hier: https://www.bundesbank.de/de/s…-bundeswertpapiere-650724


    Der Handel am Sekundärmarkt determiniert die Zinsstruktur. Bei deiner Anleihe oben ist das die Kennzahl "Rendite in Prozent zum letzten Preis". Deine Rechnungen sind irrelevant, weil du nur die Rendite über die unterschiedlichen Laufzeiten vergleichst.


    Der Anleihemarkt wird zu 99% durch Institutionelle Anleger kontrolliert. Diese unterliegen rechtlichen Regularien, sodass sie bspw. nur bestimmte Anleihen kaufen/kaufen dürfen. Einen institutionellen Anleger interessiert die Inflation in diesem Fall nicht - das ist Privatanlegerdenkweise. Er darf einen bestimmten Typus kaufe bzw. emittieren und die daraus resultierenden Erträge gehen in seine Finanzmodelle ein, da alles planbar ist. Das kann zum Beispiel eine private Krankenversicherung sein, die immer einen gewissen Prozentsatz ihres Portfolios mit Laufzeit XY halten muss. Sie wird bzw. sie muss immer kaufen bzw. verkaufen, wenn sie (geringe) Arbitragegewinne realisieren kann.


    Das institutionelle Anleger Anleihen mit negativer Rendite kaufen ist unter normalen Umständen natürlich quatsch. Das machen sie nur, wenn sie aus rechtlichen Gründen gezwungen werden und nicht, weil sie den deutschen Staat so toll finden. Und selbst da werden sie die Emission längerer Laufzeiten aussetzen.

    Dass es zu negativen Zinssätzen einen Markt gab lag daran, dass sie EZB der maßgebliche Emittent war. Denn da die Zentralbank in der Regel weiß, wieviel die Anleger aus rechtlicher Sicht nachfragen müssen, kennt sie auch die untere Schranke der Zinssätze.

  • Die haben gerade eine hohe Urlaubsquote und brauchen Entscheidungshilfe ;)


    Ich selbst glaube nicht, dass die taumelnden Banken ihre Probleme den alten Anleihen mit Abschlägen beim Verkauf zu verdanken haben - als mögliches Argument gegen (starke) Zinserhöhungen - sondern der Tatsache, dass sie überhaupt Geld flüssig machen müssen, weil die Einlagen abgezogen werden.

  • Ich selbst glaube nicht, dass die taumelnden Banken ihre Probleme den alten Anleihen mit Abschlägen beim Verkauf zu verdanken haben - als mögliches Argument gegen (starke) Zinserhöhungen - sondern der Tatsache, dass sie überhaupt Geld flüssig machen müssen, weil die Einlagen abgezogen werden.

    Ähhm,

    :/Du weißt schon wie eine Bank funktioniert?

    Wenn Du Deine Einlagen bei einer Bank abziehst muss die Bank Dir Dein Geld auszahlen. Ist ja logisch.

    Wenn das nun ein großer Teil der Kunden einer Bank macht, hat die Bank ein Problem. Die hat nämlich Dein Geld eben nicht einfach so irgendwo in einem Tresor liegen, sondern irgendwo investiert (welche Überraschung). Entweder in Kredite an andere Kunden der Bank (Konsum oder Unternehmenskredite) oder in 'sicheren' Geldanlagen (z.B. Staatsanleihen).


    Holen also viele Kunden Ihr Geld bei einer Bank ab, muss die Bank die Kundengelder auszahlen. Dafür braucht Sie Cash. Wenn die liquiden Mittel ausgezahlt sind, muss die Bank sich entweder frisches Geld leihen (Zentralbank) und/oder Ihre sicheren Anlagen verkaufen (Was aktuell z.B. im Falle von Anleihen eher schlecht ist, denn Sie erleidet damit einen echten Verlust). Andere Vermögenswerte der Bank mögen in langfristigen Krediten an Unternehmen andere Kunden stecken. An das Geld kommt die Bank aber kurzfristig nicht heran.


    Wenn morgen alle Kunden deutscher Banken an den Schalter gehen und Ihr Geld abheben, bricht das System zusammen. Keine Bank hat das Geld um alle Kundeneinlagen auszahlen zu können.

    Das ganze FIAT Geldsystem beruht auf Vertrauen. Vertrauen darauf, dass die Kunden Ihr Geld auch bei den Banken lassen und vertrauen darauf, dass Du morgen auch Dein Geld von der Bank bekommst.