AUFFÜLLBETRAG

  • Hallo,

    Mein Mann hat soeben sein Ein-Mann-Gewerbe altersbedingt eingestellt.


    Wir hatten uns bewusst für die gesetzliche Krankenkasse entscheiden, trotz der „doppelten“ (Arbeitgeber + Arbeitnehmer) Beiträge – und dort war er auch in den vergangenen knapp vierzig Jahren Mitglied.


    Insgesamt erhält er heute Bezüge von €716,11 monatlich. Das liegt über der Beitragsfreiheit, keine Frage, aber es liegt auch deutlich unter dem „Mindesteinkommen“.


    Und um dorthin zu gelangen, wird ihm zur Beitragsberechnung ein „Auffüllbetrag“ zugerechnet (462,22) ,für den er auch als „Rentner“ Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag leisten muss.


    Wir haben uns hierzu bereits an die Kasse selber gewandt, an das Gesundheitsministerium und Verwandte angesprochen, die sich beruflich in diesem Bereich bewegen.


    Alle sagen das selbe: das sollte nicht so sein, ist aber korrekt.


    Ich bin aber der Ansicht, dass das dem Prinzip der sozialen Gerechtigkeit widerspricht und auch so nicht gemeint gewesen sein konnte.


    Vielleicht haben sie einen Vorschlag an wen wir uns außerdem wenden könnten.


    Wir wären Ihnen sehr dankbar

  • Hallo.


    Diesen "Auffüllbetrag" meint Ihr sicher nicht.


    Auffüllbetrag
    Der Auffüllbetrag soll den nach dem Recht der DDR bis 31. Dezember 1991 erworbenen Rentenanspruch sichern. Er ist zu zahlen, wenn die zwischen dem  1. Juli…
    www.deutsche-rentenversicherung.de



    Ohne den Sachverhalt komplett erfasst zu haben, biete ich folgende Vermutung an:


    Wenn Unternehmen eingestellt wurde, dann sollte die Krankenversicherung der Rentner als Pflichtversicherung greifen und die Beiträge sich nur aus der Rente berechnen.


    Solange eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit besteht, greift die Versicherung als freiwilliges Mitglied (mit dem ominösen Mindesteinkommen).

  • Dein Mann hat sich bewußt für die GKV entschieden. Er hat sich vermutlich bewußt gegen die gesetzliche Rentenversicherung entschieden, obwohl eine freiwillige Versicherung ja möglich gewesen wäre.


    Jetzt ist Dein Mann im Ruhestand. Die Voraussetzungen dafür, im Ruhestand gesetzlich krankenversichert zu sein, hat er nicht geschaffen, also ist er jetzt weiter unter den vorher bereits bekannten Bedingungen freiwillig versichert. Zu diesen Bedingungen gehört, daß es für freiwillige Versicherte einen Mindestbeitrag gibt, der sich an einem (fiktiven) Mindesteinkommen orientiert.


    Das ist die geltende Rechtslage. Man mag es bedauern, aber ich sehe da keine Möglichkeit.

  • Denn handelt es sich um die "Mindesteinnahme"?


    Aber da steht ganz klar "Mindest­bei­trag für haupt­be­ruf­lich Selbst­stän­dige" und nicht für ehemals Selbstständige in Rente. Hat da jemand ein falsches Kreuzchen gemacht (lässt sich für bis zu vier Jahre rückwirkend korrigieren) oder gibt es einen Grund, warum die Selbstständigkeit formal weiterbesteht?

  • Wir hatten das Thema schon so oft! Ich bin erstaunt, daß Du nun offenbar wieder daran herumdefinieren möchtest.


    Man kann in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sein (während der Berufstätigkeit oder in der Rentenzeit) oder man kann freiwillig versichert sein.


    Ist man pflichtversichert, geht das mit der Krankenkasse quasi automatisch, denn der Arbeitgeber oder der Rentenversicherungsträger rechnet den Beitrag aus und führt ihn auch ohne Mitwirkung des Versicherten ab.


    Ist man aber freiwillig versichert, muß man mehr tun als Versicherter, man muß seinen Beitrag nämlich selber bezahlen. Fragt sich halt, wie hoch der Beitrag ist. Bei Angestellten ist das noch relativ einfach, denn diese können nur dann freiwillig versichert sein, wenn sie über der sog. Beitragsbemessungsgrenze verdienen. Sie zahlen dann den Maximalbeitrag der Versicherung.


    Fraglich ist lediglich ein kleiner Restbestand an Versicherten, etwa Selbständige oder Ruheständler, die es eben nicht in die "Krankenversicherung der Rentner" geschafft haben, also in ihrem Ruhestand freiwillig versichert sind, und die monatlich weniger Geld zur Verfügung haben als die Beitragsbemessungsgrenze.


    Diese Leute müssen ihrer Krankenversicherung ihre Einkünfte nachweisen, damit der Beitrag berechnet werden kann. Dabei zählen alle Einkünfte, egal aus welchen Quellen, vielleicht sogar auch noch die Einkünfte des Ehepartners, sofern dieser PKV-versichert ist. Außerdem gibt es für freiwillig GKV-Versicherte einen Mindestbeitrag. Damit das Prinzip des Hebesatzes nicht durchbrochen wird, rechnet man aus diesem Mindestbeitrag (genauer: auch den beiden Mindestbeiträgen, einmal mit, einmal ohne Krankengeldanspruch) ein Einkommen hoch, für das diese Mindestbeiträge fällig würden. Ob der freiwillig Versicherte dieses Einkommen überhaupt hat, spielt keine Rolle.


    Ein Pflichtversicherter kann diesen Mindestbeitrag locker unterbieten, indem er nämlich einen Midi-Job ausführt, der um genau 1 Cent über der Minijobgrenze liegt, er aktuell also im Monat 538,01 € verdient. Auch alle KVdR-Rentner, die weniger als die aktuell etwa 1170 € Rente(n) im Monat haben, zahlen weniger.


    Man mag das für ungerecht halten oder nicht: Es ist die aktuelle Rechtslage, an der die Threadstarterin aktuell nichts ändern kann.

  • Wir hatten uns bewusst für die gesetzliche Krankenkasse entscheiden, (...) – und dort war er auch in den vergangenen knapp vierzig Jahren Mitglied.


    Insgesamt erhält er heute Bezüge von €716,11 monatlich. (...)

    Hattet Ihr Euch denn auch bewusst GEGEN die gesetzliche Rentenversicherung entschieden?


    Denn wenn die 716,11 EUR eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wären, wäre Dein Mann in der Krankenversicherung pflichtversichert und würde, wie Achim Weiss schreibt, nur einen Beitragsanteil auf diese 716,11 EUR Rente bezahlen (die GRV würde quasi noch eine Art "Arbeitgeberbeitrag" dazu bezahlen).


    Hat Dein Mann nie in die GRV eingezahlt (freiwillig oder pflichtversichert)? Fünf Beitragsjahre hätten für eine kleine GRV-Rente ausgereicht.


    Ich weiß nicht, ob es evtl. eine Möglichkeit wäre, jetzt noch freiwillige Beiträge in die GRV zu zahlen, um die 5 Jahre voll zu bekommen (vielleicht fehlen ja nur noch ein paar Monate?). Dazu solltet Ihr Euch evtl. einmal beraten lassen (von der GRV), ob das möglich ist.

  • Bei Angestellten ist das noch relativ einfach, denn diese können nur dann freiwillig versichert sein, wenn sie über der sog. Beitragsbemessungsgrenze verdienen.

    Die Beitragsbemessungsgrenze ist nicht die Jahresentgeldgrenze. Dazwischen liegen noch mehrere Tausend Euro. Man kann zwischen Privat- oder freiwilliger Versicherung in der GKV wählen, wenn man über der JAEG verdient (momentan um die 69k). Die Beitragsbemessungsgrenze liegt bei ca 62k. Da ist man aber trotzdem als normaler Angestellter immer noch in der GKV pflichtversichert.

    So war zumindest immer mein Verständnis, bitte korrigieren ^^

  • Die Vermutung aus #6 hatte ich nicht beim parallelen Schreiben meines Beitrags nicht gesehen. Ich war davon ausgegangen, dass der Mann schon Rentner war, parallel noch selbstständig gearbeitet hatte. Da stand aber "Rentner" und nicht Rentner...


    Die TK hat mit dem "Mindest­bei­trag für haupt­be­ruf­lich Selbst­stän­dige" zu meiner Verwirrung beigetragen, denn darum geht es hier ja nicht (mehr). Aber hat der Mann wirklich gar keine Rentenansprüche? Die drei Jahre aus der Lehre und diese dann ausbezahlt?


    Das läuft nicht gut mit den kleinen Selbstständigen. Wo sind in Diskussionen wie diesen eigentlich diejenigen, die immer für den schlanken Staat und die Eigenverantwortlichkeit der mündigen Bürger argumentieren und gegen Vorschriften und Zwänge? Der Mann hat seine Freiheit genutzt, in Eigenverantwortung für sich vorzusorgen und nach sorgfältiger Beratung durch den Kegelbruder und DVAG-Berater auch einiges Geld in entsprechende Produkte gesteckt. Steuerbegünstigt und Harz-IV-sicher waren die, sicher auch. Um (als Einzelperson betrachtet) im Ergebnis weniger als das Bürgergeld zu bekommen. Hoffen wir, dass wenigstens die Frau viele Jahre Vollzeit in einem gutbezahlten Job gearbeitet hat und eine ordentliche Rente bekommt.

  • Die Vermutung aus #6

    ... nämlich daß der nun arme Ruheständler sich als Selbständiger gegen die Option "gesetzliche Rentenversicherung" entschieden hat ...

    ... hatte ich nicht beim parallelen Schreiben meines Beitrags nicht gesehen.


    Das läuft nicht gut mit den kleinen Selbstständigen.

    Das mag schon sein. Allerdings wird das mit dem Herrn waetsch schon ziemlich lang nicht gut gegangen sein. Er wußte ja schon viele Jahre, daß er so gut wie keine Alterseinkünfte hat (nämlich deswegen, weil er weder einen Rentenanspruch, noch ein Vermögen aufgebaut hat).

    Wo sind in Diskussionen wie diesen eigentlich diejenigen, die immer für den schlanken Staat und die Eigenverantwortlichkeit der mündigen Bürger argumentieren und gegen Vorschriften und Zwänge? Der Mann hat seine Freiheit genutzt, in Eigenverantwortung für sich vorzusorgen und nach sorgfältiger Beratung durch den Kegelbruder und DVAG-Berater auch einiges Geld in entsprechende Produkte gesteckt.

    Nö. Das hat er nicht. Er hat die Freiheit genutzt, die Altersvorsorge (fast) auf Lücke zu setzen.
    Er hat viel zu wenig in seine Altersvorsorge gesteckt, und das hätte er auch wissen können.


    Hier im Forum sind immer wieder Stimmen zu lesen, die sagen, 50.000 € seien richtig viel Geld. Das sind sie nicht, wenn man einen ganzen Ruhestand davon finanzieren muß. Nur sehr wenige Untertanen führen sich vor Augen, daß 1000 € Monatsrente ein Kapital von 250.000 € brauchen und 2000 € Monatsrente eine halbe Million. Deswegen zwingt der Staat ja einen Gutteil seiner Untertanen zum Sparen (nämlich alle Angestellten und einen Gutteil der Selbständigen auch). Ich finde das nicht so toll, ich würde auch ohne staatlichen Zwang sparen (bzw. habe das in den letzten Jahren ja auch bewiesen, daß ich es tue). Aber ich muß zugestehen, daß es Leute gibt, die aus dieser Freiheit heraus die Altersvorsorge auf Lücke setzen.


    Die Ehefrau meint, daß es gegen die soziale Gerechtigkeit verstoße, wenn jemand, der keine entsprechende Altersversorgung aufgebaut hat, im Ruhestand einen relativ hohen Krankenkassenbeitrag bezahlen müsse. Diese Auffassung teile ich nicht.


    Der Staat - also wir alle - werden ihn in letzter Konsequenz tragen. Allerdings wird er im Ruhestand nicht auf Rosen gebettet sein.

  • Wo sind in Diskussionen wie diesen eigentlich diejenigen, die immer für den schlanken Staat und die Eigenverantwortlichkeit der mündigen Bürger argumentieren und gegen Vorschriften und Zwänge?

    Hier, aber ich muss gestehen, dass ich den Sachverhalt bis jetzt nicht komplett verstanden habe.

    Der Selbstständige war freiwillig GKV-Versichert und ist jetzt in Rente?

    Welche Art von Rente? GRV?

    Deswegen zwingt der Staat ja einen Gutteil seiner Untertanen zum Sparen (nämlich alle Angestellten und einen Gutteil der Selbständigen auch). Ich finde das nicht so toll, ich würde auch ohne staatlichen Zwang sparen (bzw. habe das in den letzten Jahren ja auch bewiesen, daß ich es tue). Aber ich muß zugestehen, daß es Leute gibt, die aus dieser Freiheit heraus die Altersvorsorge auf Lücke setzen.

    Aber - ohne das diskutieren zu wollen, weil es den Thread sprengen würde- der staatliche Sparzwang ist nicht sonderlich ergiebig.

    Bei der besten Ehefrau der Welt (seit 20 Jahren im Berufsleben, Kindererziehungszeiten für 2 Kinder) läge laut Rentenbescheid die Regelaltersrente - unter Annahme von durchschnittlichen Rentenerhöhungen- bei knapp 1000 €. Sieht man sich die Steigerung des Bürgergelds an, dürfte der Bürgergeldempfänger, der nie gearbeitet hat, besser fahren.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist

  • Wie man dazu steht ist Ansichtssache, allerdings würde ohne Pflichtversicherung ein großer Anteil an Mitbürgern, ohne jegliche Altersvorsorge dastehen und der Steuerzahler komplett für diese Leute aufkommen müssen.

  • Hallo,


    um einmal auf die Frage unserer TE zurückzukommen:

    Vielleicht haben sie einen Vorschlag an wen wir uns außerdem wenden könnten.

    Für die Änderung politischer Rahmenbedingungen ist immer der MdB des Wahlkreises der erste Ansprechpartner. Aber selbst im positivsten Fall löst es das aktuelle Problem nicht. Da bleibt nur die Reduzierung der Einnahmen Ihres Mannes unter die Grenze der Familienversicherung oder die deutliche Erhöhung, z.B. durch einen sozialversicherungspflichtigen Job.


    Gruß Pumphut

  • Welche Art von Rente? GRV?

    Eben nicht. Deswegen ist er wohl aus Sicht der GKV kein "Rentner" und seine Beitragshöhe wird wie für einen Selbstständigen "aufgestockt". Wir reden hier nicht über KVdR. Der hier gebuchte Tarif liegt preislich noch über dem normalen für Freiwillige - aber nur bei geringem Einkommen, sonst ist er gleich. Das sind Dinge, die kaum einer kennt und die meisten auch nicht wissen müssen.


    Wenn waetsch hier noch mitliest: Den Hinweis oben von @wanderlust auf eine mögliche freiwillige Zahlung von Beiträgen in die GRV, um die Mindestversicherungszeit von 60 Monaten noch zu erreichen. Ich finde keinen Hinweis auf eine Begrenzung des maximalen Alters dabei, nur eine Altersrente darf man noch nicht beziehen. Das ist hier ja gerade kein Problem. Vielleicht gibt es auch noch eine Regel, nach der man in der Vergangenheit von der DRV erstattete Beiträge wieder zurückzahlen kann. Wer weiß? Die Rentenberatung weiß sowas. Da sollte man in so einer Situation dringend hin. Besser schon früher, aber früher war früher.

  • Aber - ohne das diskutieren zu wollen, weil es den Thread sprengen würde- der staatliche Sparzwang ist nicht sonderlich ergiebig.

    Bei der besten Ehefrau der Welt (seit 20 Jahren im Berufsleben, Kindererziehungszeiten für 2 Kinder) läge laut Rentenbescheid die Regelaltersrente - unter Annahme von durchschnittlichen Rentenerhöhungen - bei knapp 1000 €. Sieht man sich die Steigerung des Bürgergelds an, dürfte der Bürgergeldempfänger, der nie gearbeitet hat, besser fahren.

    Oder man wird halt Beamter. Da zahlt man überhaupt nichts ein, bekommt aber eine vergleichsweise traumhafte Altersversorgung. Das ist für den Ruhestandsbezügebezieher die beste Option.

  • Eben nicht. Deswegen ist er wohl aus Sicht der GKV kein "Rentner" und seine Beitragshöhe wird wie für einen Selbstständigen "aufgestockt". Wir reden hier nicht über KVdR. Der hier gebuchte Tarif liegt preislich noch über dem normalen für Freiwillige - aber nur bei geringem Einkommen, sonst ist er gleich. Das sind Dinge, die kaum einer kennt und die meisten auch nicht wissen müssen.


    Wenn waetsch hier noch mitliest: Den Hinweis oben von @wanderlust auf eine mögliche freiwillige Zahlung von Beiträgen in die GRV, um die Mindestversicherungszeit von 60 Monaten noch zu erreichen. Ich finde keinen Hinweis auf eine Begrenzung des maximalen Alters dabei, nur eine Altersrente darf man noch nicht beziehen. Das ist hier ja gerade kein Problem. Vielleicht gibt es auch noch eine Regel, nach der man in der Vergangenheit von der DRV erstattete Beiträge wieder zurückzahlen kann. Wer weiß? Die Rentenberatung weiß sowas. Da sollte man in so einer Situation dringend hin. Besser schon früher, aber früher war früher.

    Freiwillige Versicherung geht immer, sofern keine Versicherungspflicht besteht und keine Vollrente nach Erreichen der Regelaltersgrenze bezogen wird.