Bitcoin wird "Status eines Gold-Ersatzes" erreichen

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  • Natürlich können Technologien politische Wertesysteme vertreten. Und gerade Bitcoin ist ein Paradebeispiel dafür. Sein Zweck ist es, Vertrauen in Institutionen überflüssig zu machen. Das ist politisch.

    Nein.

    Technologien können eine politische Dimension haben (und ja zugegeben, klar ist das bei Bitcoin der Fall), einfach weil sie neue Möglichkeiten bieten und damit die Gesellschaft beeinflussen.

    Zudem werden viele Technologien - so auch Bitcoin - überhaupt erst auf Grund gesellschaftlicher/politischer Ereignisse erschaffen (um ein vermeintliches oder reales Problem zu lösen).


    Eine Technologie an sich hat aber keine Absichten oder Überzeugungen und kann demnach auch kein Wertesystem vertreten.


    Die Nutzung der Technologie ist auch nicht per se politisch oder einer politischen Haltung zuzuordnen.


    Der Bitcoin Investor, der schlicht erkannt hat, dass ein so strukturiertes Asset enorme Renditemöglichkeiten bietet, kann durchaus ideologisch keine der Gründe aus denen heraus Bitcoin entstanden ist teilen.


    Wer Bitcoin nutzt, weil es die billigste oder evtl gar einzige Möglichkeit ist Geld an wen auch immer zu schicken, dem sind die ideologischen Hintergründe eventuell nicht nur egal sondern völlig unbekannt.


    Wer auf Social-Media täglich reißerisch von den Fiat Untergangsszenarien erzählt, BTC als Heilsbringer darstellt und über Referal Links zu Börsen gut Geld macht, glaubt vielleicht selbst daran, vielleicht aber auch nicht.


    In meiner persönlichen Wahrnehmung sind die aktuell einflussreichsten Akteure in der Szene sehr weit von den ideologischen Grundideen von Bitcoin entfernt. Da geht es einfach nur darum Geld zu machen.

  • Sein Zweck ist es, Vertrauen in Institutionen überflüssig zu machen.

    Ist das so ... ?


    Wo und wie man beim Blick in die Geld- und Währungsgeschichte und auch dem Blick in die Geschichte von Währungsunionen (wie dem Euro) ein "Vertrauen in Institutionen" - um Deine Formulierung aufzugreifen - (sei es in römische Kaiser, andere Herrscher, die Obrigkeit als Münzherr und Inhaber des Geldmonopols generell, Staaten und deren Regierungen und staatliche Notenbanken) ableiten kann, erschließt sich mir nicht (ansatzweise).


    Das "Vertrauen" galt, wenn überhaupt, immer nur für sehr überschaubare Zeiträume (währungstechnisch gesehen) und/oder für bestimmte Gebiete (Währungsräume). Auf lange Sicht ist der eindeutige "roten Faden" der Geld- und Währungsgeschichte aber der, daß dieses Vertrauen der Menschen in das Geld und/oder die Währung regelmäßig von der Obrigkeit mißbraucht und Versprechen der Obrigkeit bezüglich des Geldes bzw. der Währung regelmäßig gebrochen wurden.


    Der Euro (ein Währungsexperiment) ist dafür aktuell ein gutes Beispiel. Von dem, was den Menschen vor Einführung des Euro versprochen wurde, ist in praxi fast nichts mehr übrig geblieben (Vertrag von Maastricht, Maastricht-Kriterien, der Art. 125 AEUV "Nichtbeistandsklausel" sprich jedes Land haftet für seine Schulden selbst, der Art. 123 "Verbot der monetären Staatsfinanzierung durch die Notenbank", Art. 119 und Art. 127 AEUV mit dem prioritär einzigen Mandat der EZB sich um Preisniveaustabilität (sprich Kaufkraftstabilität) zu kümmern; das Besorgen der Schuldentragfähigkeit via EZB für einzelne Staaten ist das genaue Gegenteil von Art. 123 und den Art. 119 und 127 (das wäre die Aufgabe der Fiskalpolitik und der Politiker in den jeweiligen Ländern - und nicht Aufgabe einer als politisch unabhängig konzipierten EZB).


    Um die deutsche Geld- und Währungsgeschichte ist es übrigens nicht besser bestellt (von einer - währungstechnisch gesehen - kurzen stabilen Phase der Deutschen Mark von 1948 bis 1999 abgesehen): Neben einer Hyperinflation (1923) und einer Währungsreform (1948) bekam es der Bürger hierzulande allein seit 1923 mit sechs (und als "Bürger" der DDR mit sieben) verschiedenen Währungen zu tun.


    Aktuell ist das gerade der Euro ...


    Wo Du diesbezüglich (Geld bzw. Währung) das "Vertrauen in Institutionen" ausmachst oder hernimmst, erschließ sich mir (siehe schon oben) daher nicht ansatzweise.


    Es sei denn es liegt bei Dir generell und pauschal ein extrem hohes Staatsvertrauen (bis hin zur fast Staatsgläubigkeit) vor ...


    Die Geld- und Währungsgeschichte liefert dafür jedenfalls keine Anhaltspunkte.


    In dem Kontext und anders formuliert

    Vertrauen in Institutionen überflüssig zu machen.

    Dafür haben - beim Blick in die Geld- und Währungsgeschichte - die Institutionen (sprich die Obrigkeit als Münzherr und Inhaber des Geldmonopols) in aller Regel selbst gesorgt.



    Dir nichtsdestotrotz weiter ganz viel Glück mit Deinen privaten Finanzen !

  • Allerdings halte ich das derzeitige Geldsystem im Allgemeinen (Fiat-Money-System) und die Konstruktion einer Einheitswährung im Besonderen (Euro) für verbesserungswürdig. Allein die Folgen der Euro-"Rettungs"politik (in Anführungszeichen, da es sich um eine temporäre "Rettung" handelt - die strukturellen Konstruktionsmängel sind bis heute nicht beseitigt worden) via einer sehr langjährigen ultra-expansiven Geldpolitik (samt orchestrierter "Finanzieller Repression" mit negativen Realzinsen nach Inflation und Steuer) dürfte auch (signifikante) verteilungspolitische Folgen generiert haben (als sozusagen einer der diversen Kollateralschäden dieser Vorgehensweise)

    Wie genau würdest du - wenn du könntest - das Fiat Geldsystem anders gestalten (ganz allgemein und nicht auf die spezifischen Probleme des Euros bezogen).


    Und zum Euro:

    Was wäre konkret die besser Alternative zum Vorgehen der EZB bei der Rettung des Euros gewesen?


    Nebenbei:

    Nach allen mir vorliegenden Informationen ist Deutschland das Land das mit großem Abstand am meisten von der Einführung des Euros profitiert hat (und nach wie vor profitiert). Gefolgt von vielleicht noch den Niederlanden.

    Ändert nichts daran, dass eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik und vergleichbare Wirtschaftskraft einen Haufen Probleme mit sich bringt.... Aber wir deutschen Profitieren massiv von diesen Problemen.

  • Trader42

    Ganz generell und vorab, sehe mich lediglich

    als Finanz-Laie

    Wenn auch ein an solchen Themen Interessierter.


    Was wäre konkret die besser Alternative zum Vorgehen der EZB bei der Rettung des Euros gewesen?

    Das gab es kaum noch eine Alternative beim erreichten Stand des Desaster im Sommer 2012. Ohne das Draghische "Whatever it takes" wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit "Game over" für den Euro gewesen.


    Siehe auch hier:

    Da das Ganze rund um die Europäische Einheitswährung ein rein politisch motiviertes Projekt war - wäre es auch die originäre Aufgabe der Politik gewesen die dafür erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Das ist de facto unterblieben.


    Der Euro ist daher (leider) sozusagen (in währungstechnischen Zeiteinheiten gerechnet) direkt vom "Kreißsaal" (2002) auf die "Intensivstation" eingeliefert worden (2010) - und liegt seit spätestens 2012 (Dragi: "Whatever it takes") - um in dem Bild zu bleiben - im "Brutkasten" der EZB ...

    Sowie hier:

    Umso wichtiger wäre es gewesen das "Pferd nicht von hinten" aufzuzäumen sprich zuerst die VSE zu schaffen (Vereinigte Staaten von Europa) und dann als Krönung sozusagen den Euro einzuführen. Mit einem Finanzminister, einem Wirtschaftsminister, einer gemeinsamen Fiskalpolitik etc. pp. ...


    Eine solche Währungsunion mit zentralisierter Geldpolitik (via EZB) aber weiter dezentraler Fiskalpolitik (in der Hand der Nationen) hat auf längere Sicht - nach meinem Dafürhalten - kaum bis keine Chance. Und wird daher schon rein konstruktionsbedingt fragil bleiben.

    Alternativ hätte man die (teilweise sehr unterschiedlichen bis disparaten) Länder zunächst sukzessive wirtschaftlich einander angleichen können und auch deren Wirtschafts-. Finanz- und Fiskalpolitik (samt deren historisch bedingter Währungseinstellung sprich "Hart- versus Weichwährungsmentalität) harmonisieren können - um dann die Einheitswährung einzuführen. Das Implementierungen einer einheitlichen zumindest Amtssprache (passend zur Einheitswährung) im gemeinsamen Währungsraum wäre ebenfalls mehr als hilfreich gewesen, um die Mobilität beim wichtigen Faktor "Arbeit" zu ermöglichen sprich zu gewährleisten.


    Der Glaube allein ein gemeinsames vertragliches Regelwerk (Vertrag von Maastricht, Maastricht-Kriterien, AEUV, Wachstums- und Stabilitätspakt, eine EU-Kommission als selbst ernannte "Hüterin der EU-Verträge") könne die fragile Konstruktion des Euro ausreichend stützen hat sich jedenfalls vom ersten Tag an als Illusion erwiesen. Der Euro in seiner ersten Version muß daher als gescheitert angesehen werden. Der Ausbruch der Eurokrise (2010 ff) hat dies dann nur für jedermann auch sichtbar gemacht. Zurück zu soliden Staatsfinanzen und einer eher marktwirtschaftlichen Ausrichtung könnten daher nur noch die Märkte (für Staatsanleihen) die Eurozone bringen - davor schirmt aber die EZB gezielt die üblichen Verdächtigen (Stichwort: Italien - um nur ein Beispiel aus diversen zu nennen) ab (siehe das zuletzt verabschiedete Programm TPI - noch vor der ersten Zinserhöhung der EZB im Jahr 2022 - mit der Möglichkeit unbegrenzter Anleihekäufe seitens der EZB; m. W. nicht mehr nach Kapitalschlüssel der Länder sondern davon abweichend für einzelne Länder nach "Bedarf").


    Eine kleine Chance für eine solche Währungsunion hätte bei einer eher homogenen Zusammensetzung der beteiligten Länder bestanden - mit der Schweiz, Liechtenstein, Österreich, den Niederlanden und eventuell dem ein oder anderen skandinavischen Land beispielsweise hätte das zusammen mit Deutschland vielleicht klappen könne. Auch dann hätte man sich aber als "Conditio sine qua non" an das dafür gültige gemeinsame Vertragswerk halten müssen.


    Ein Pendant dazu wäre eine Währungsunion mit ebenso passenden Ländern wie Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Portugal usw. gewesen.

    Ändert nichts daran, dass eine gemeinsame Währung ohne gemeinsame Wirtschaftspolitik und vergleichbare Wirtschaftskraft einen Haufen Probleme mit sich bringt....

    Eine Währung ohne dazugehörigen Staat (zentralisierte Geldpolitik bei der Notenbank und ebenso zentralisierte Geldpolitik beim Staat sprich der Regierung) wird auf Dauer schwerlich funktionieren (die Vereinigten Staaten von Europa (VSE) werden meines Erachtens eine Illusion bleiben; dafür wären m. W. zudem in zig Ländern Änderungen der Verfassung bzw. Volksabstimmungen (Referenden) erforderlich. Wenn man allein nur bedenkt, daß im Jahr 2005 der EU schon die Referenden in Frankreich und den Niederlanden (beide übrigens Gründungsmitglieder der EU) lediglich zu einem "Vertrag über eine Verfassung für Europa" (VVE) "um die Ohren" geflogen sind ... (das Projekt VVE wurde danach nicht mehr weiter verfolgt; obwohl der Vertrag beschlossen und unterzeichnet war aber in den ersten beiden dazu erfolgten nationalen Referenden bereits abgelehnt wurde).

    Wie genau würdest du - wenn du könntest - das Fiat Geldsystem anders gestalten (ganz allgemein und nicht auf die spezifischen Probleme des Euros bezogen).

    Geldtheoretiker bin ich erst recht nicht (eher nur Generalist aber mit Realitätsbezug und dem Versuch mit GMV (Gesundem-Menschen-Verstand) sich solchen Themen anzunähern ...


    Siehe hierzu einige Stichworte (ist eine Aufgabe für Kundigere):

    Meine Conclusio als Finanz-Laie: Trotz der inzwischen sehr ungünstigen Rahmenbedingungen (Papiergeld als Fiat-Money-System, Umgang der Staaten und staatlichen Notenbanken damit, sich abwechselnde Boom/Bust-Phasen mit sehr großen Krisen als Peak (zuletzt Weltfinanzkrise und Eurokrise), Interventionsspiralen, Währungsexperimenten (Beispiel: Euro - und der Umgang mit den eigenen diesbezüglichen EU-Verträgen), der immer größeren Fallhöhe (Verschuldung, implizite Staatsverschuldung), orchestrierte Zurückdrängung des Bargeldes, dem Ansatz staatliches Digitalgeld (CBDC) usw. - halte ich Geld mit seinen drei Geldfunktionen (Zahlungsmittel, Recheneinheit bzw. Wertmaßstab und Wertaufbewahrungsmittel (Schatzcharakter funktionierenden Geldes) insgesamt für eine so geniale Erfindung in der gesamten Menschheitsgeschichte, daß dieser Ansatz jedenfalls nicht vollständig untergehen wird. Währungen kommen und gehen aber der Grundgedanke dürfte bestehen bleiben. Da Konkurrenz immer das Geschäft belebt, könnte mit dem staatlichen Papiergeld konkurrierendes Geld ein erster Schritt sein. Eine wie auch immer geartete Geldreform (man kann nur hoffen, daß dies keine Reform ist, die der Obrigkeit samt staatlicher Notenbank noch mehr oder dann grenzenlose Macht verleiht (Beispiel: Modern Monetary Theory (MMT)) und/oder (ggf. auch private und/oder komplementäre) Geld-Alternativen (oder Alternativen (Vollgeld) zum Fraktionalen Reserve System (Mindestreserve) generell, ein Geld für den Zahlungsverkehr und ein gedecktes Geld zum Sparen, Free Banking etc. pp.) zum derzeitigen System könnten so die geniale Idee von Geld auch in die Zukunft tragen.

    Keine Ahnung als Laie, welche Ansätze es da noch geben könnte.


    Umso schlechter jedenfalls das staatliche Papiergeld Geld aber wird (die wichtige Geldfunktion "Wertaufbewahrungsmittel" betreffend), umso größer die Krisen ausfallen (Weltfinanzkrise 2008 ff) und wenn Geld bzw. eine Währung sogar so fragil ist, daß diese in ihrer Existenz gerettet werden muß (Beispiel: Euro in 2012) - je mehr wird der Fokus auf mögliche Alternativen fallen.


    Meines Erachtens ist es kein Zufall, daß die Konstruktion "Bitcoin" im zeitlichen Zusammenhang (sprich direkt danach) mit der globalen Finanzkrise "die Bühne betrat" und mit der Eurokrise (ab 2010 ff) sowie der langjährigen ultra-expansiven Geldpolitik der EZB (und auch anderer staatlichen Notenbanken) inkl. orchestrierter "Finanzieller Repression" (mit (teilweise weit) ins Negative verschobene Realzinsen nach Inflation und Steuern) ihren immer weiteren Aufschwung erlebte.


    Jedenfalls dürfte das zutreffen

    Der Wille zur Kontinuität des Lebens erwies sich als stärker als die Labilität des Geldes

    (Stefan Zweig, "Die Welt von gestern")

    Schließlich:

    Nebenbei:

    Nach allen mir vorliegenden Informationen ist Deutschland das Land das mit großem Abstand am meisten von der Einführung des Euros profitiert hat (und nach wie vor profitiert).

    Ein weites Feld. Dazu gibt es auch dezidierte abweichende Meinungen.


    Allein die Tatsache, daß Deutschland durch den Euro und dessen Rettung in eine schier unbegrenzte Zwangs-Gläubigerschaft geführt wurde - ist nur einer dieser Aspekte (diverse Rettungsschirme (EFSM, EFSM, EFSF, ESM), Bürgschaften, Mithaftung über die inzwischen Billionen schwere EZB-Bilanz, Target2-Salden in Billionenhöhe usw.).


    Ein andere Gesichtspunkt ist, daß eine relativ starke Währung (wie früher die Deutsche Mark oder jetzt der Schweizer Franken) zu permanenter Verbesserung der Produktivität zwingt, um wettbewerbsfähig zu bleiben (auch und gerade mit seinen Produkten im Ausland). Bei einer tendenziell schwachen oder fragilen Währung wirkt diese zunächst wie ein (künstliches) Doping, langfristig kann aber die Produktivität eher sinken.


    Auch die durch den Euro und dessen Rettung ausgelösten signifikanten Fehlanreize (Moral Hazard, Tragik der Allmende, Auseinanderfallen von Handlung und Haftung, Anreize zur Verschuldung bzw. Verschuldung lohnt sich, Befeuerung von Vermögenspreisblasen etc. pp.) muß man - meines Erachtens - eindeutig unter die Nachteile subsumieren.


    Das Thema würde hier aber en Detail zu weit führen,



    Dir weiter viel Erfolg mit Deinen privaten Finanzen !

  • Es ging hier nämlich mitnichten um deine These, allein schon deshalb nicht, weil von dir keine Thesen kamen.

    Dem erlaube ich mir zu widersprechen.


    Siehe dazu schon Beitrag Nr. 10 (!) und diverse Folgebeiträge.


    Oder jüngst in Nr. 1.725:

    Umso schlechter jedenfalls das staatliche Papiergeld aber wird (die wichtige Geldfunktion "Wertaufbewahrungsmittel" betreffend), umso größer die Krisen ausfallen (Weltfinanzkrise 2008 ff) und wenn Geld bzw. eine Währung sogar so fragil ist, daß diese in ihrer Existenz gerettet werden muß (Beispiel: Euro in 2012) - je mehr wird der Fokus auf mögliche Alternativen fallen.


    Meines Erachtens ist es kein Zufall, daß die Konstruktion "Bitcoin" im zeitlichen Zusammenhang (sprich direkt danach) mit der globalen Finanzkrise "die Bühne betrat" und mit der Eurokrise (ab 2010 ff) sowie der langjährigen ultra-expansiven Geldpolitik der EZB (und auch anderer staatlichen Notenbanken) inkl. orchestrierter "Finanzieller Repression" (mit (teilweise weit) ins Negative verschobene Realzinsen nach Inflation und Steuern) ihren immer weiteren Aufschwung erlebte.

    Meine These - als Finanz-Laie - ist, daß Bitcon kein Zufall ist sondern eine Reaktion auf die Geld-, Währungs- und Finanzgeschichte im Allgemeinen sowie das jetzige Fiat-Money-System und damit auch auf den Umgang der Staaten (als Münzherr und Inhaber des Geldmonopols) und der staatlichen Notenbanken mit diesem Geldmonopol. Insbesondere in den letzten gut 15 Jahren.



    "Es gibt keine Zufälle. Es fällt nur zu, was fällig ist"

  • Es ging um die libertären bzw. marktradikalen Thesen Mazens.

    Aber ok, ich habe eine recht nette These von dir entdeckt, nämlich, dass der „freie“ Markt die Armut reduziert hätte,

    Nun, was soll ich sagen, die Armutsreduzierung basiert hauptsächlich auf den Erfolg zweier Länder mit den wohl am stärksten regulierten und staatlich beeinflussten Wirtschaften der Welt, China und Vietnam.

    Dazu kommt noch Indien, dort jedoch nur eine Senkung der Armut um 3 Prozentpunkte. Recht erfolgreich auch Tanzania mit einer Reduzierung von fast 90% auf unter 50%.

    Schaut man nun, welche Maßnahmen den Erfolg brachten, waren es fast ausschließlich Bildungs- und Sozialprogramme.

    Danke also dafür, dass du meine Argumentation so gut unterstützt. 😉

  • So ein Quatsch, das ist ja irre. Ich sehe hier nur wenige, die gegen die freie Marktwirtschaft anreden - im Gegenteil.


    Aber ein freier Markt ohne Gewaltmonopol, Sicherheit und Regeln ist nicht vorstellbar und hat noch nie existiert. Damit meine ich nicht soziale Sicherheit, sondern Schutz vor Diebstahl, Betrug, Plünderung und Mord durch Nachbarn oder benachbarte Staaten.


    Ohne Regeln und Gewaltmonopol gibt es keinen Markt und auch kein Eigentum. Allenfalls vorübergehenden Zugriff auf Dinge.


    Ein Leben ohne Sicherheit, Steuern und Regeln kann man in Orten wie Somalia, Libyen oder Südsudan bewundern. Freie Märkte sind das nicht und die Lebenserwartung scheint dort auch mit Bitcoin oder Aktien ehemals dort tätiger Unternehmen eher gering zu sein.


    Vielleicht solltest Du Dich dort einmal umschauen. Auch Gaza ist derzeit vermutlich ein staatsfreier Raum ohne Steuern…. eine Option für Dich?


    Ich glaube, du missverstehst hier den Punkt. Es geht überhaupt nicht darum, „gar keine“ Regeln oder Strukturen zu haben – sondern darum, wer diese Regeln macht, wie sie durchgesetzt werden und ob das zwingend durch ein staatliches Gewaltmonopol geschehen muss. Dass ein funktionierender Markt Sicherheit, Vertragsdurchsetzung und Eigentumsschutz braucht, bestreitet niemand. Aber die Annahme, dass das nur durch einen zentralisierten Staat mit Gewaltmonopol möglich ist, ist historisch wie logisch keineswegs alternativlos.


    Gerade die Vorstellung, dass der Staat der einzige Garant für Ordnung und Sicherheit sei, blendet aus, dass es auch marktwirtschaftliche Mechanismen gibt, um genau diese Leistungen zu erbringen – effizienter, flexibler und in echter Konkurrenz. Nehmen wir dein Beispiel: Wenn es kein staatliches Gewaltmonopol gäbe, heißt das nicht, dass wir in anarchischem Chaos versinken würden. Es heißt vielmehr, dass sich private Sicherheitsanbieter, Schiedsgerichte und Versicherungsmodelle entwickeln würden – finanziert durch freiwillige Verträge und bewertet nach Leistung, Preis und Vertrauen. Also exakt das, was in jedem anderen Marktsegment bereits funktioniert.


    Und genau das unterscheidet diese Idee auch grundlegend von den chaotischen Verhältnissen in Somalia oder Gaza, mit denen du polemisch argumentierst. Dort fehlt nicht einfach „der Staat“, sondern dort herrschen Clanstrukturen, Bürgerkrieg, Korruption und völlige Instabilität – das ist kein freier Markt, das ist das Gegenteil davon: ein Machtvakuum ohne Eigentumsgarantie, ohne Vertragsfreiheit, ohne Transparenz. Das ist kein Argument gegen den Markt – sondern gegen Despotie und willkürliche Gewalt, ob staatlich oder nicht-staatlich.


    In einer wirklich freien, friedlichen und technologisch entwickelten Gesellschaft würde der Markt sehr wohl für Sicherheit sorgen – durch freiwillige, dezentrale und skalierbare Modelle. Du würdest dich für den Anbieter entscheiden, der dir das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet – ganz so, wie du heute deinen Internetanbieter, deine Krankenversicherung oder dein E-Auto auswählst. Der Unterschied: Du hast eine Wahl. Heute hast du die nicht. Der Staat ist Monopolist – und wie bei allen Monopolen bedeutet das: schlechte Leistung, keine Transparenz, kein Wettbewerb.

    "If you don't believe it and you don't get it, I can't make you believe it."

    - Satoshi Nakamoto

  • Ich glaube, du missverstehst hier den Punkt. Es geht überhaupt nicht darum, „gar keine“ Regeln oder Strukturen zu haben – sondern darum, wer diese Regeln macht, wie sie durchgesetzt werden und ob das zwingend durch ein staatliches Gewaltmonopol geschehen muss. Dass ein funktionierender Markt Sicherheit, Vertragsdurchsetzung und Eigentumsschutz braucht, bestreitet niemand. Aber die Annahme, dass das nur durch einen zentralisierten Staat mit Gewaltmonopol möglich ist, ist historisch wie logisch keineswegs alternativlos.


    Gerade die Vorstellung, dass der Staat der einzige Garant für Ordnung und Sicherheit sei, blendet aus, dass es auch marktwirtschaftliche Mechanismen gibt, um genau diese Leistungen zu erbringen – effizienter, flexibler und in echter Konkurrenz. Nehmen wir dein Beispiel: Wenn es kein staatliches Gewaltmonopol gäbe, heißt das nicht, dass wir in anarchischem Chaos versinken würden. Es heißt vielmehr, dass sich private Sicherheitsanbieter, Schiedsgerichte und Versicherungsmodelle entwickeln würden – finanziert durch freiwillige Verträge und bewertet nach Leistung, Preis und Vertrauen. Also exakt das, was in jedem anderen Marktsegment bereits funktioniert.

    Das ist ja völlig grotesk, das glaubst Du ja selbst nicht.


    Private Sicherheitsanbieter statt staatlichem Gewaltmonopol setzen genau welche Regeln durch, wenn es keine staatlichen Regeln sind?


    Das sind die Regeln der Hamas, der Schutzgelderpresser und Plünderer, der Drogengangs in den Slums und die Auftragskiller, die Dein Nachbar auf Dich hetzt, wenn Du ihm immer den Parkplatz nimmst oder die Sicht versperrst…


    Nenne mir ein einziges glaubwürdiges Beispiel, wo in der Geschichte der Menschheit eine hoch zivilisierte Kultur ohne Staat überlebt hätte.


    Welche Legitimität hätten private Schiedsgerichte? Wer entscheidet, ob ihre Schiedssprüche befolgt werden müssen oder ob ich mich überhaupt verklagen lasse, wenn ich Dir Dein Haus wegnehme?


    Was Du beschreibst, sind die Gazas und Somalias dieser Welt, in denen die Menschen davon träumen, einmal in ihrem Leben in einem richtigen Staat leben zu dürfen mit Rechtssicherheit, Frieden und Ordnung. Ihr Leben würden sie dafür geben, dieser Hölle zu entkommen, arbeiten und Steuern zahlen zu dürfen. Zehnmal lieber als Schutzgeld.

  • Danke für den Beitrag, der noch mal die Absurditäten auf den Punkt bringt. Ich würde alles abschaffen, im Gegenzug überhaupt keine Steuern erheben und den Markt von ganz alleine alles regeln lassen, ohne Entscheidungsträger, die darüber entscheiden, was mit deinen Zwangsabgaben passiert. Gleichzeitig muss man natürlich erwähnen, dass dies ein Prozess ist, der nicht von heute auf morgen umgesetzt werden kann, sondern über Jahre und Jahrzehnte immer weiter voranschreiten müsste.


    Am Ende sind Steuern nichts anderes als Zwangsabgaben, die deswegen gezahlt werden, weil wenige Menschen (Politiker, egal welcher Partei) der Meinung sind, dass sie besser mit deinem Geld umgehen können, als du selbst.

    Allé Normen abschaffen? Alles?! In Jahrzehnten?

    Das ist so dermaßen absurd -

    wenn ich allein nur an die Vielzahl von Schutzvorschriften (Kinder, Jugend, Frauen, Familien, Tiere, Technik, Bau, innere und äußere Sicherheit, Lebensmittel, Natur- und Umwelt, Trink- und Abwasser, Brände und Katastrophen…uvm) denke,

    und dann noch weiter unten lese, dass

    Arme, Kranke und Pflegebedürftige auf freiwillige soziale Benefits angewiesen sein sollen (perspektivlos, mal mehr, mal weniger oder vlt. überhaupt nicht?!),

    dann kann ein solcher Wunsch nur von tiefer Respektlosigkeit und mangelndem Gemeinwohldenken seinen Mitmenschen gegenüber zeugen.


    Auch schon nur die Übertragung eines einzigen Finanzinstrumentes, Bitcoin, auf die umfassenden und mannigfaltigen Lebensverhältnisse von Mitmenschen ist völlig grotesk und schießt völlig über seine ursprüngliche Rolle hinaus:


    Du unterschätzt bei weitem die täglichen milliardenfachen (!) Bedürfnisse und Ansprüche deiner nur hier 83.000.000 Millionen Mitmenschen in ihrem umfassenden und dynamischen Lebensalltag, auch deine eigenen.


    Und du unterschätzt bei weitem die Natur des Menschen (Evolution, Genetik mit Instinkten wie Flucht/Kampf und Umgang mit Antrieben/Reizen, Hormone, körperliche und psychische Gesundheit z.B.) inmitten deines freien Marktes, in dem alle Bedürfnisse, insbesondere existenzielle, durch den Markt, Freiwilligkeit und soziale Benefits sich wie von selbst mit wenigen „Rahmenbedingungen“ (?) regeln sollen.


    Ein Thema, über das in den Wissenschaften und von unzähligen nicht mehr lebenden Gelehrten seit Hunderten Jahren (und länger) diskutiert, gestritten und geforscht wird, ua. mit entscheidenden Fragen, wie unter diesen menschlichen Umständen mehr individuelle Freiheit, Gerechtigkeit und Sozialisierung in einer Gesellschaft erreicht werden kann.


    Und: wenn du so sehr auf Leistung und Freiwilligkeit inmitten deines freien Marktes erpicht bist, wieso stört dich ausgerechnet eine Rente mit 70 bei steigender Lebenserwartung und einer Demografie mit entsprechenden finanziellen Herausforderungen?

    Überhaupt lebst du in einem freien Land, du musst bei der GRV nicht mitmachen.

  • In einer wirklich freien, friedlichen und technologisch entwickelten Gesellschaft würde der Markt sehr wohl für Sicherheit sorgen – durch freiwillige, dezentrale und skalierbare Modelle. Du würdest dich für den Anbieter entscheiden, der dir das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet – ganz so, wie du heute deinen Internetanbieter, deine Krankenversicherung oder dein E-Auto auswählst.

    Das halte ich für eine absolute Fehleinschätzung.


    Sicherheit nach welchen Regeln? Bestimmt die dann jeweils der, der dafür bezahlt?


    Sicherheit/Gesetz muss gelten und durchsetzbar sein, auch in Gegenden in denen es sich ökonomisch nicht lohnt.


    Das Ergebnis wären letztlich gated communities, geschützte größere attraktive Außenbereiche für die, die es sich leisten können und dazwischen dann weitestgehend rechtsfreie Räume.


    Sicherheit ist, ähnlich wie Gesundheit, nichts was nach rein kapitalistischen Maßstäben für eine Gesellschaft langfristig besonders gut funktioniert.

  • Du hast zu 100% recht, aber genau das ist das Problem mit dem Libertarismus, die wollen das so. Alle Rechte für den Starken, der Rest ist nur dazu da, deren Bedürfnisse zu befriedigen.

  • Der Staat verliert seine zentrale Zugriffsmöglichkeit – die Steuer – und damit einen Großteil seines Einflusses auf individuelle Lebensgestaltung.

    Ich will deine Ideologie ja nicht mit Fakten stören, aber das ist völliger Blödsinn. Nur weil die Währung eine andere ist kann man trotzdem besteuern - spätestens auf der Ebene der Verbrauchs- und Verkehrssteuern.

    Taxation is not charity. It is not voluntary. As we shrink the state and make government smaller, we will find that more and more people are able to take care of themselves.


    Grover Norquist


  • Die Argumentation ist – mit Verlaub – ein bisschen realitätsfern und dramatisch aufgeladen. Dass du automatisch von privaten Sicherheitsdiensten auf Bürgerkrieg, Hamas, Drogenkartelle und Wildwest-Szenarien schließt, zeigt eher, wie tief verwurzelt das Vertrauen in staatliche Strukturen ist – und wie wenig Vorstellung davon besteht, wie komplexe, zivilisierte Gesellschaften auch jenseits staatlicher Monopole organisiert werden könnten. Natürlich würde ein funktionierendes, freiheitliches Modell nicht in Somalia oder Gaza entstehen – und genau deshalb ist der Vergleich unpassend.


    Wir sprechen hier nicht von tribalisierten Konfliktzonen ohne Bildung, technologische Infrastruktur oder Rechtskultur. Wir reden von modernen, zivilisierten Gesellschaften mit digitaler Verwaltung, Blockchain-Technologie, Smart Contracts, Versicherungsmodellen und transparenten Schiedsverfahren. Glaubst du ernsthaft, dass Oma Erna plötzlich mit der Pumpgun in den Supermarkt marschiert, nur weil es kein staatliches Gewaltmonopol mehr gibt? Oder dass dein Nachbar dich bei einem Streit über den Parkplatz gleich einen Auftragskiller ruft? Oder würdest du selber versuchen, Schlupflöcher zu finden, um deine Mitmenschen über den Tisch zu ziehen? - Ganz ehrlich – das klingt mehr nach Netflix als nach ernsthafter Auseinandersetzung mit dezentraler Ordnung.


    Die Vorstellung, dass nur ein Staat für Regeln, Ordnung und Sicherheit sorgen kann, ist ein historisches Relikt. Es blendet aus, dass Vertrauen, Kooperation und Friedenssicherung in der Praxis oft besser funktionieren, wenn sie nicht über zentralisierte Gewalt durchgesetzt werden – sondern durch Reputation, Verträge, Versicherungen und freiwillige Bindung. In vielen Bereichen geschieht das heute schon ganz ohne staatliches Eingreifen: Internationale Handelsschiedsgerichte, private Schlichtungsstellen, Schiedsverfahren in Sport, Wirtschaft oder Arbeitsrecht – all das basiert nicht auf staatlicher Justizhoheit, sondern auf freiwilliger Anerkennung von Regeln durch zivilisierte Teilnehmer. Und siehe da: Es funktioniert.


    Legitimität entsteht nicht durch Zwang, sondern durch Vertrauen, Transparenz und freiwillige Teilnahme. Ein Schiedsgericht, das seine Verfahren nachvollziehbar, effizient und fair gestaltet, hat Legitimität – weil Menschen es freiwillig nutzen, Verträge darauf aufbauen und sich an Entscheidungen halten. Wer das ignoriert, übersieht die Dynamik funktionierender Marktmechanismen.


    Zu deinen polenischen Beispielen aus Kriegsgebieten. Die Wahrheit ist: Menschen dort fliehen nicht vorm freien Markt – sie fliehen vor staatlicher Gewalt, Korruption und Misswirtschaft. Die Leute in Gaza oder Somalia sehnen sich nicht nach „dem Staat“ an sich – sie sehnen sich nach Funktionalität, nach Stabilität, nach Chancen. Und genau das kann eine dezentral organisierte, freiheitliche Gesellschaft sehr wohl leisten – vorausgesetzt, sie baut auf Bildung, Wohlstand und Technologie, nicht auf staatlichen Zwang. Dass man zum jetzigen Zeitpunkt dort keinen freien Markt installieren kann steht außer Frage und würde ich nie bezweifeln.


    Die Entscheidung, ob wir unsere Zukunft mit mehr Freiheit und Eigenverantwortung gestalten wollen oder weiter auf zentralisierte Monopole setzen, liegt bei uns. Aber die ewige Gleichsetzung von Markt mit Anarchie und Staat mit Moral ist nicht nur falsch – sie ist gefährlich rückwärtsgewandt. Wer wirklich glaubt, dass der Staat der einzige ist, der gute Regeln schaffen kann, muss sich nur die Realität in Berlin, Brüssel oder den Ghettos in den USA anschauen – dann relativiert sich das schnell.

    "If you don't believe it and you don't get it, I can't make you believe it."

    - Satoshi Nakamoto


  • Es ist bemerkenswert, wie reflexhaft bei der bloßen Idee von mehr Eigenverantwortung sofort das komplette Katastrophenszenario ausgerufen wird – als würde der Vorschlag, staatliche Strukturen zu hinterfragen oder Alternativen zu denken, automatisch bedeuten, sämtliche Schutzmechanismen und zivilisatorischen Errungenschaften „abzuschaffen“. Diese Form der Überzeichnung ist genau das, was ernsthafte Diskussionen oft im Keim erstickt.


    Niemand fordert, alle Normen oder Schutzvorschriften ersatzlos zu streichen. Die Frage ist vielmehr: Wer soll diese Regeln definieren, wie transparent und effizient sie sein sollen, und wer kontrolliert die Instanz, die über sie bestimmt? Der Staat ist kein gottgegebenes Wesen, das per Definition moralisch handelt. Historisch betrachtet waren es oft staatliche Strukturen selbst, die Kinderarbeit ermöglicht, Frauen entrechtet, Natur zerstört oder Minderheiten unterdrückt haben. Der Unterschied zu einer freien Ordnung ist nicht das „Ob“ von Regeln – sondern das „Wie“ und „Wodurch“: durch freiwillige Kooperation, Marktdynamik, dezentrale Kontrolle und transparente Prozesse – anstelle von zentraler Zwangsverwaltung, politischer Willkür und träger Bürokratie.


    Was die sozialen Fragen betrifft: Ja, ein System auf Basis von Freiwilligkeit erfordert Vertrauen in die Mitmenschlichkeit – aber es gibt bereits zahllose Beispiele, wo genau das funktioniert. Und nochmals: Solidarität aus freiem Willen ist nicht nur wirksamer, sondern auch moralisch glaubwürdiger als durch Abgabenpflicht erzwungene Umverteilung, bei der am Ende oft mehr in den Verwaltungsapparaten versickert als bei den Bedürftigen ankommt.


    Zu behaupten, das sei „respektlos“ gegenüber Armen und Kranken, ist ein sehr einseitiger Vorwurf. Respekt zeigt sich nämlich auch darin, Menschen als mündige Wesen zu sehen, die Verantwortung übernehmen können – und wollen. Nicht jeder ist ein hilfloses Opfer, das ohne Staat ins Verderben rennt. Und wer Hilfe braucht, wird in einer zivilisierten, dezentralen Gesellschaft nicht im Stich gelassen – nur eben nicht mehr von einer anonymen Instanz, die Hilfe in standardisierten Formularen verwaltet, sondern durch vielfältige, passgenaue und freiwillige Angebote.


    Was die menschliche Natur angeht: Es ist ein seltsamer Widerspruch von dir, auf der einen Seite vom Menschen als triebgesteuertes Wesen zu sprechen, das nicht ohne Regeln leben kann – und gleichzeitig zu meinen, dass ausgerechnet der Staat, der ja auch nur aus Menschen besteht, diesen Instinkten überlegen sei. Staaten bestehen aus Politikern, Beamten, Lobbyisten – also denselben fehlbaren Individuen, denen man im Markt kein Vertrauen entgegenbringt. Warum also sollte man ihnen im Staatsapparat plötzlich göttliche Weisheit und moralische Überlegenheit unterstellen?


    Zur Rente mit 70: Es geht dabei nicht darum, „Leistung“ oder „Arbeit“ abzulehnen – sondern darum, dass das derzeitige System unhaltbar ist. Immer mehr Menschen zahlen immer höhere Abgaben für ein System, das mit Ansage kollabiert. Wenn ich für meine eigene Vorsorge selbstverantwortlich und effizient über Jahrzehnte Vermögen aufbaue, warum sollte ich dann in ein Zwangssystem einzahlen müssen, das mir später weniger zurückgibt, als ich selbst organisieren könnte? Das hat nichts mit Faulheit oder Egoismus zu tun – sondern mit Weitblick und Verantwortung.


    Und zum letzten Satz: „Du musst bei der GRV nicht mitmachen“ – das ist schlicht falsch. Es gibt in Deutschland keine echte Wahlfreiheit. Wer angestellt ist, zahlt. Wer sich befreien lässt (z. B. als Selbstständiger), muss sich trotzdem anderweitig absichern – und steht spätestens im Alter unter Druck, weil das System so konstruiert ist, dass individuelle Alternativen nur schwer zugänglich sind. Wer wirklich für Freiheit plädiert, müsste sich eigentlich für Wahlfreiheit in der Altersvorsorge starkmachen – nicht für den Erhalt eines Zwangssystems, das nachweislich nicht mehr funktioniert.


    Zum Schluss und dann habe ich alles gesagt, denn unsere Positionen liegen so diametral auseinander, was ich respektiere, aber am Ende zu nichts führt: Es geht nicht um Anarchie oder Weltflucht – sondern um eine moderne, zukunftsfähige Gesellschaftsordnung, in der der Einzelne nicht entmündigt wird, sondern Verantwortung tragen darf – und auch will. Wer das für naiv hält, hat vielleicht nicht genug Vertrauen in seine Mitmenschen. Oder zu viel in den Staat.

    "If you don't believe it and you don't get it, I can't make you believe it."

    - Satoshi Nakamoto

  • Du irrst gewaltig.


    Du hast trotz Aufforderung kein einziges belegbares Beispiel in der Geschichte oder der Gegenwart genannt, wo eine hoch entwickelte Zivilisation ohne Staat überlebt hätte.


    Ich habe Dir mehrere Beispiele genannt, in denen ehemals zivilisierte Gebiete durch kollabierende Staatlichkeit in Elend und Gewalt versunken sind.


    Deine Behauptungen sind reine Phanasien. Niemand akzeptiert freiwillig Regeln, die ihm nachteilig sind und ohne staatliche Legitimität und Gewaltmonopol gibt es keine allgemein akzeptierten und vor allem keine durchsetzbaren Regeln.


    Freiwillige Schiedsgerichte funktionieren nur in Staaten - denn sie werden durch Verträge geschlossen und können, wenn die andere Seite ihre Urteile plötzlich nicht mehr anerkennen will, von staatlichen Gerichten notfalls mit Gewalt durchgesetzt werden.


    Auch Versicherungen funktionieren nur, weil Du die Leistungen aus dem Vertrag vor einem staatlichen Gericht einklagen und durchsetzen kannst. Versicherungen werden nicht freiwillig zahlen, wenn es straflos bleibt nicht zu zahlen oder eine private Sicherheitsfirma Dich überreden kann, lieber still zu bleiben.


    Freiheit gibt es nur in Staaten. Im Dschungel gibt es Freiheit noch in kleinen Familienverbänden. Aber 83 Mio. Menschen ohne Staat würden entweder wie in Gaza oder Somalia leben oder irgendwann von Russland eingemeindet werden. In beiden Fällen maximal unfrei.


    Schutzgelder sind auch viel teurer als Steuern. Steuern muss man nur einmal zahlen, aber Schutzgeld wird an jeder Straßenblockade kassiert, im Zweifel mehrmals täglich.


  • Natürlich wird es in einem freien Markt auch Fehlverhalten geben – aber, was Du vergisst und in Deinen Beispielen nicht berücksichtigst, Fehlverhalten hat dort Konsequenzen.


    Um bei Deinem Beispiel zu bleiben: Eine Versicherung im freien Markt, die ihre Leistungen nicht erbringt, wird – anders als im durchregulierten Staatsmarkt – nicht durch Zwangsabgaben gestützt, sondern verliert Kunden, Reputation und Marktanteile. Vertrauen ist hier das höchste Gut. Wer Vertrauen verspielt, verschwindet vom Markt. Dementsprechend hat die Versicherung ein Interesse daran, qualitativ gute Arbeit zu leisten. Diese Form der Disziplinierung ist deutlich wirkungsvoller als staatliche „Regulierung“, bei der Fehlverhalten jahrelang durch bürokratische Strukturen gedeckt wird.


    Auch das Argument mit den Schiedsgerichten funktioniert nur im heutigen Denkrahmen. Natürlich operieren sie aktuell innerhalb eines staatlichen Rahmens, weil uns schlicht die Alternative fehlt – nicht, weil sie inhärent auf staatliche Durchsetzung angewiesen wären. In einer Gesellschaft mit freier Vertragswahl würden sich standardisierte Schiedsinstanzen herausbilden, deren Urteile durch wirtschaftliche Anreize und soziale Reputation durchgesetzt werden – nicht durch Gewalt, sondern durch Reputationsverlust, Vertragsausschluss, wirtschaftliche Isolation.


    Außerdem: Du sprichst immer wieder von Somalia oder Gaza – aber das sind keine freiheitlichen Ordnungen. Das sind gescheiterte Staatsgebilde, in denen mafiöse Machtstrukturen mit Waffengewalt um Herrschaft kämpfen. Es ist ein Missverständnis zu glauben, Anarchie bedeute Ordnungslosigkeit. Anarchie (im ursprünglichen Sinne muss man dazu sagen) ist die Abwesenheit eines Zentralgewaltmonopols – nicht die Abwesenheit von Regeln. Dass sich Menschen auch ohne Staat organisieren können, beweist jeder Verein, jede private Organisation, jede digitale Community und mittlerweile ganze Ökosysteme wie Bitcoin. Hier entstehen Vertrauen, Verträge und gemeinsame Regeln – ganz ohne Staat.


    Und zum Thema Schutzgeld und Steuern: Schutzgelder sind Zwangszahlungen an Kriminelle ohne Gegenleistung. Steuern hingegen mögen zwar legal sein – aber sie sind ebenso Zwangszahlungen, deren Verwendung ich als Individuum kaum beeinflussen kann. Wenn Du meinst, man müsse sie „nur einmal“ zahlen, dann schau Dir mal Deine Gehaltsabrechnung oder Mehrwertsteuerbelege an. Der Unterschied ist nicht der Zwang – sondern, dass der Staat sich das Monopol auf diesen Zwang gesichert hat und ihn mit vermeintlicher Legitimität überdeckt.


    Freiheit entsteht letztlich nicht durch Zwangsverwaltung, sondern durch echte Wahlfreiheit, Transparenz und Verantwortung. Genau das versucht der freie Markt abzubilden – und zwar dynamisch, dezentral und anpassungsfähig. Der Staat hingegen verwaltet Probleme, die er oft selbst erzeugt hat.

    "If you don't believe it and you don't get it, I can't make you believe it."

    - Satoshi Nakamoto

  • Um wieder zum eigentlichen Thema zurückzukommen: In dieser Woche wurde eine neue Dokumentation mit dem Titel „Moneyland – Die dunklen Geschäfte der Finanzindustrie“ veröffentlicht:


    „Seit der Finanzkrise von 2008 gelten strengere Regeln für die Branche. Doch reichen diese aus? Wer trägt die Verantwortung, wenn Vorschriften gebrochen oder umgangen werden? Regisseur Wiese möchte mit seinem Film auf die dunklen Seiten der Finanzwelt aufmerksam machen und stellt dabei die Frage nach der persönlichen Verantwortung in den Chefetagen der Banken.“


    In diesem Zusammenhang wird auch das Grundproblem konventioneller Währungen deutlich, wie es Satoshi Nakamoto treffend formulierte:


    „Das Grundproblem konventioneller Währungen ist das ganze Vertrauen, das erforderlich ist, damit sie funktionieren. Banken wird anvertraut, unser Geld zu halten, aber sie verleihen es in Wellen von Kreditblasen, wobei sie nur einen Bruchteil als Reserve behalten. Wenn sie in Schwierigkeiten geraten, müssen wir sie retten. Dennoch kann man ihnen nicht zutrauen, mit unserem Geld und unserer Privatsphäre verantwortungsvoll umzugehen.“ (Bitcoin Whitepaper)


    Vor dem Hintergrund dieses Threads wird es ab 1:01:30 besonders interessant. Viel Spaß beim Schauen und Kopfschütteln, denn auch im Jahr 2025 hat sich anscheinend nicht viel geändert im Vergleich zu 2008; im Gegenteil: Die grundlegenden Probleme der Finanzindustrie scheinen weiterhin bestehen zu bleiben. Die gleichen Mechanismen, die zu den Krisen führten, sind nach wie vor am Werk, und es wird deutlich, dass die Lehren aus der Vergangenheit ignoriert werden, einer der Gründe, warum Bitcoin überhaupt ins Leben gerufen wurde.


    Moneyland - Die dunklen Geschäfte der Finanzindustrie - hier anschauen
    In der schillernden Welt von ʺMoneylandʺ verwandelt sich schmutziges Geld auf Knopfdruck in sauberes. Regisseur Marc Wiese taucht tief ein in die Welt der…
    www.ardmediathek.de

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    - Satoshi Nakamoto