Position zur Position
Zunächst ein großes Lob an Finanztip für die Mission, die Finanzbildung in Deutschland voranzutreiben und insbesondere auch für den Einsatz zur Verbesserung der Lage im Bereich Altersvorsorge. Danke.
Im weiteren Verlauf des Textes wird Bezug und Position genommen zum aktuellen Positionspapier von Finanztip an die Bundesregierung bzgl. der privaten Altersvorsorge. Dabei wird angenommen, dass es sich bei der angestrebten Altersvorsorge um ein ETF-gebundenes Produkt zur Grundsicherung im Alter handeln soll.
Langjährige Anlage vs. Flexibilität
Bei der Altersvorsorge mittels ETF handelt es sich um eine langjährige Anlage, deren Natur im Spannungsverhältnis zur geforderten Flexibilität steht. Jedenfalls dann, wenn der Staat als Förderer/Unterstützer eintreten soll. Auf Seiten des Bürgers besteht das Interesse an Möglichkeiten zur vorzeitigen Auszahlung sowie der Vererbung von etwaigem Restkapital und ggf. weiteren Punkten. Der Staat wiederum dürfte ein Interesse daran haben, die gesetzliche Rente/Pension auf ein Niveau zu bringen und zu halten, welches die Abhängigkeit der Bürger von Unterstützungsleistungen im Alter verringert. Weiter sollten Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels möglichst wenig kosten oder sich gar selbst tragen. Darüber hinaus muss etwaiger Missbrauch verhindert werden.
Um beiden Seiten gerecht zu werden, wird es nicht ohne Kompromisse gehen. Aus hiesiger wäre eine Einschränkung der Flexibilität auf den Teil der Altersvorsorge denkbar, der über die Gewährleistung eines zu bestimmenden Minimums hinausgeht. Dabei sollte dieses Minimum so gewählt werden, dass es die Abhängigkeit der Bürgerinnen und Bürger von Sozialleistungen im Alter deutlich reduziert. Gerade aus dieser Reduzierung dürfte sich der Gewinn für die Gesellschaft und die Attraktivität einer Finanzierung/Förderung durch den Staat ableiten lassen.
Private Altersvorsage vs. Depot in staatlicher Obhut
Im Positionspapier werden Anforderungen an Produkte benannt, wie z. B. die Deckelung der Gesamtkosten (Fondsverwaltung, Depotführung etc.). Nach hiesiger Interpretation soll der Staat die Rahmenbedingungen für die private Altersvorsorge mittels privatwirtschaftlicher Produkte schaffen und gewährleisten. Die Wirtschaftlichkeit dieser Produkte dürfte jedoch durch die Deckelung der Kosten und ggf. weiterer Vorgaben verringert werden. Derlei Produkte wären somit für etwaige Anbieter weniger attraktiv. Hier stellt sich die Frage, ob auch ein Altersvorsorgedepot in staatlicher Hand denkbar wäre. Ein solches Depot könnte als tragende Säule neben der gesetzlichen Rente ein Auskommen im Alter sichern. Bezüglich der oben erwähnten Flexibilität könnte es auf den Notwendigen Anteil der Altersvorsorge beschränkt werden, welches für das gewählte Rentenminimum erforderlich ist.
Automatischer Start mit Default-Option
Der Ansatz der maximalen Freiwilligkeit ist sicherlich ein guter. Der zu erwartende Widerstand dürfte gering ausfallen. Gleichwohl ist fraglich, ob nicht genau die Personengruppen, welche durch diese Produkte besonders unterstützt werden sollen (Geringverdiener, Berufseinsteiger, Alleinerziehende etc.), den Opt-out wählen würden, weil sie nicht die finanziellen Mittel haben, um neben dem Lebensunterhalt noch in eine Altersvorsorge zu investieren. Aus diesem Grund wäre vermutlich ein staatlich geförderter und begrenzt verpflichtender Ansatz zielführend. Die Verpflichtung ließe sich aus der voraussichtlichen künftigen Abhängigkeit des Bürgers von staatlichen Sozialleistungen ableiten lassen, sofern dessen Einkommen bzw. die zu erwartende Rente/Pension zu niedrig ist. Die Begrenzung ergibt sich dabei aus der Beschränkung auf die bereits erwähnte Absicherung des gewählten Rentenminimums.
Herangehensweise und weitere Vorgehensweise
Jedenfalls auf Youtube (Link, Zeitstempel: 0:35 bis 0:42) ist davon die Rede, dass sich mit dem Positionspapier an die Bundesregierung bzw. Herrn Merz gewandt wird. Weder im genannten Video noch im Positionspapier wird erwähnt, auf welchem Weg dies geschehen ist. Hier stellen sich daher einige Fragen:
Wie wurde an die Bundesregierung herangetreten?
Ist eine Antwort zu erwarten?
Wie sieht die weitere Vorgehensweise aus, wenn (k)eine Rückmeldung erfolgt? Fragt Finanztip eigenständig nach, ob etwaige Maßnahmen ergriffen werden?
Über diese Fragen hinaus werden nachfolgend Punkte genannt, deren Berücksichtigung möglicherweise der Umsetzung etwaiger Maßnahmen zuträglich sind:
Zuständigkeit herstellen
Warum sollte die Regierung den Vorschlag prüfen, geschweige denn umsetzen? Ergibt sich ggf. eine Pflicht, z.B. aus moralischen Gründen oder gar gesetzlichen Vorgaben, in deren Rahmen die Regierung um Prüfung des Vorschlags gebeten werden kann?
Attraktivität des Ziels herausarbeiten, sowohl für die Regierung als auch Opposition
Die Übereinstimmung des Ziels (Altersvorsorge mit Hilfe von Kapitalerträgen) mit den Zielen und Programmpunkten der Regierungsparteien, aber auch der Oppositionsparteien, steigert möglicherweise die Chancen einer Umsetzung z.B. durch direkte Unterstützung oder zumindest erschwert es den Widerspruch. Diese herauszuarbeiten, scheint daher eine geeignete Vorgehensweise, um die Motivation der entsprechenden Parteien zu steigern. Für die CDU/CSU z. B. steht in deren Grundsatzprogramm von 2024 (S. 4 Abs. 4): „Wir wollen die gesetzliche Rente durch eine verpflichtende kapitalgedeckte Altersvorsorge ergänzen.“ Und auch die SPD fordert in ihrem Regierungsprogramm von 2025 (S. 24) „Höhere Löhne, Renten und Sozialleistungen […]“.
Grundsätzlich sollte sich die Unterstützung der Altersvorsorge für den Staat und die Steuerzahler lohnen, auch in finanzieller Hinsicht.